Titel: Ueber die galvanoplastische Versilberung des Stahls; von Desbordeaux.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LVII., S. 194
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LVII. Ueber die galvanoplastische Versilberung des Stahls; von Desbordeaux. Aus den Comptes rendus, Dec. 1844, Nr. 27. Desbordeaux, über die galvanoplastische Versilberung des Stahls. Bisher konnte man den Stahl nur auf die Art mit einem fest haftenden Silberüberzug versehen, daß man ihn zuvor verkupferte. Das Verkupfern muß zu diesem Zwek mittelst des Doppelsalzes von Cyankupfer und Cyankalium bewerkstelligt werden, denn die Verkupferung, welche man durch bloßes Eintauchen des Stahls in Kupfervitriol erhält, ist nicht zureichend, selbst wenn man, wie angerathen wurde, dabei den Contact von Zink anwendet, indem man zwischen lezteres und den Stahl einen metallischen Leiter bringt; in einem solchen Fall erfolgt nämlich auf der Oberfläche des Stahls immer eine schwache Oxydation, welche die vollkommene Adhärenz der Kupferschicht verhindert. In den bisher erschienenen Schriften über Galvanoplastik hat man hinsichtlich der Versilberung zwischen Eisen und Stahl keinen Unterschied gemacht; das Eisen kann sich aber versilbern, ohne daß es vorher verkupfert wurde, und dieser Unterschied zwischen ihm und dem Stahl muß von dem Kohlenstoffgehalt des lezteren herrühren, denn wenn man den Stahl auch enthärtet, so ist es dennoch unmöglich das Silber darauf festhaftend zu machen. Nach dem vorläufigen Verkupfern des Stahls bietet sich aber noch eine Schwierigkeit dar, welche darin besteht, daß sich die Kupferschicht in dem Silberbad, in welches der Gegenstand sodann getaucht wird, stellenweise oft ganz auflöst: die Folge davon ist, daß an allen Punkten wo das Kupfer verschwand, das Silber sich nicht ablagert oder wenigstens bei der geringsten Reibung losreißt. Dieser Fall tritt um so sicherer ein, je dünner die Kupferschicht ist, daher man, um ihn zu vermeiden, die Operation des Verkupferns stets eine gewisse Zeit lang fortsezen muß; auch muß man sich wohl hüten bei dieser ersten Operation für die Anode das im Handel vorkommende Rothkupfer anzuwenden, weil dasselbe Zink enthält, wovon die geringste Menge hinreicht, um der Adhärenz des Kupferüberzugs zu schaden. Diese Schwierigkeiten beim Verkupfern des Stahls veranlaßten mich ein neues Verfahren zur Versilberung desselben auszumitteln, und ich glaube, daß folgendes wenig zu wünschen übrig läßt. Es besteht darin, den Stahl einige Augenblike in eine ganz schwache Auflösung von salpetersaurem Silber und salpetersaurem Queksilberoxyd zu tauchen, welche man mit einigen Tropfen Salpetersäure versezt. Um diese Auflösung zu bereiten, genügt es einerseits 1 Gramm salpetersaures Silber in 60 Grammen Wasser und andererseits 1 Gramm salpetersaures Queksilberoxyd in eben so viel Wasser aufzulösen; man vermischt sodann beide Auflösungen und versezt sie mit 4 Grammen Salpetersäure von 40° Baumé. Vielleicht sind diese Verhältnisse nicht streng richtig, aber der Zusaz von Salpetersäure ist unumgänglich nöthig. Man darf natürlich kein Wasser anwenden, welches salzsauren Kalk oder organische Stoffe enthält, weil sonst das salpetersaure Silber zum Theil zersezt würde; wo möglich sollte man nur destillirtes Wasser benuzen. Das salpetersaure Queksilberoxyd löst sich niemals vollständig in Wasser auf, weil es sich darin in ein basisches Salz, welches als grünlichgelbes Pulver niederfällt, und in ein saures Salz, welches aufgelöst bleibt, verwandelt; jenen Niederschlag muß man in der Auflösung, welche zum Versilbern dient, aufbewahren. Das salpetersaure Silber braucht nicht chemisch rein zu seyn; mit 1/10 Kupfer legirtes Silber, welches man in Salpetersäure auflöst, leistet dieselben Dienste. Wenn man den Stahl in die gemischte Auflösung von salpetersaurem Queksilber und Silber taucht, überzieht er sich fast augenbliklich mit einer dünnen schwärzlichen Schicht, welche leicht zu beseitigen ist, indem man seine Oberfläche mit einem Leinenzeug überfährt. Der Stahl ist dann vollkommen gereinigt (abgebrannt) und zugleich mit einem außerordentlich dünnen Silberhäutchen überzogen, das ihm ganz fest adhärirt. Der entstehende schwärzliche Ueberzug scheint fast nur aus Kohlenstoff zu bestehen; ich habe schon oben bemerkt, daß sich bei dem gewöhnlichen Verfahren, der Ablagerung des Silbers auf dem Stahl bloß die Gegenwart dieses Körpers widersezt. Nach dieser einfachen Vorbereitung ist der stählerne Gegenstand vollkommen disponirt die Silberschicht anzunehmen, welche sich mit der größten Leichtigkeit bildet und ihm so fest anhaftet, daß sie nicht nur die stärkste Politur verträgt, sondern auch ohne den geringsten Nachtheil der Rothglühhize widerstehen kann. Auch bei dem neuen Verfahren muß jedoch die Silberschicht, welche man mittelst der galvanischen Säule auf den Stahl niederschlägt, eine gewisse Dike erreichen, damit der Stahl vollkommen vor Oxydation geschüzt bleibt. Ein sehr einfaches Verfahren zu ermitteln, ob die Silberschicht dik genug geworden ist, besteht darin, einen sehr kleinen Theil des versilberten Gegenstandes eine gewisse Zeit lang in eine saure Auflösung von schwefelsaurem Kupfer zu tauchen. So lange das Silber darin eine gelbe Farbe annimmt, ist dieß ein sicheres Zeichen, daß die Silberschicht unzureichend ist; sie ist dann noch durchdringlich, weil sie dem Stahl gestattet auf das schwefelsaure Kupfer einzuwirken. Uebrigens muß man diesen Versuch nicht eher anstellen, als bis man fast sicher seyn kann, die gehörige Dike erreicht zu haben, weil sich das Silber dabei (wenn auch noch so wenig) nur auf Kosten seiner Adhärenz verkupfern kann; es ist immer besser die Silberschicht eher zu dik zu machen. Je diker die Silberschicht ist, desto weniger hat man eine Oxydation des Stahls zu befürchten.