Titel: Neue Versuche über die Verdichtung der Gasarten; von M. Faraday.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXIII., S. 232
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LXIII. Neue Versuche uͤber die Verdichtung der Gasarten; von M. Faraday. Aus den Annales de Chimie et de Physique, Jan. 1845, S. 121. Faraday's Versuche über die Verdichtung der Gasarten. Cagniard-Latour hat durch seine Versuche über den Aether bewiesen, daß bei einer gewissen Temperatur die Flüssigkeiten sich in Dampf verwandeln, ohne ihr Volum zu verändern. Wenn nun, wie es wahrscheinlich ist, die flüchtigsten und leichtesten Körper, welche als Gase existiren, nur bei einem niedrigeren Temperaturgrad als die anderen Gase flüssig werden, so haben wir wenig Hoffnung Substanzen wie Wasserstoff, Sauerstoff oder Stikstoff selbst bei dem höchsten Druk in flüssigen Zustand zu versezen, so lange sie sich auf der gewöhnlichen Temperatur befinden. Von dieser Ansicht ging ich bei meinen Versuchen aus. Zuerst suchte ich eine sehr niedrige Temperatur zu erzielen und benuzte dazu Thilorier's Bad von fester Kohlensäure und Aether, und zwar wandte ich dasselbe unter dem Recipient der Luftpumpe an. Dadurch, daß ich beständig das Vacuum unterhielt, erniedrigte ich die Temperatur so sehr, daß die Kohlensäure nicht mehr flüchtiger war als Wasser bei einer Temperatur von 30° C.; der Barometer der Luftpumpe zeigte nämlich 28,2 Zoll, während der äußere 29,4 zeigte. Ich verband kleine Röhren aus Glas und Kupfer vermittelst Stöpseln und Hähnen mit einander, so daß ich durch zwei Pumpen verschiedene Gase auf 40 Atmosphären comprimiren und sie zugleich der starken Kälte unter der Luftpumpe aussezen konnte. Dadurch gelang es mir Gase in festen Zustand zu versezen, welche durch den bloßen Druk nicht so weit verdichtet werden konnten. Ich stelle im Folgenden die Resultate meiner Versuche zusammen. Oehlerzeugendes Gas wird zu einer klaren, farblosen und durchsichtigen Flüssigkeit verdichtet, geht aber nicht in festen Zustand über. Jodwasserstoff läßt sich sowohl in flüssigen als festen Zustand versezen; die feste Säure ist sehr klar, farblos und durchsichtig, gewöhnlichem Eis ähnlich. Die Bromwasserstoffsäure kann man ebenfalls als klare und farblose Flüssigkeit oder als klaren und durchsichtigen festen Körper erhalten. Die Kieselflußsäure läßt sich nur bei der niedrigsten Temperatur zu einer Flüssigkeit verdichten; sie ist äußerst flüssig und beweglich wie heißer Aether; sie bringt einen Druk von 9 Atmosphären hervor, ist durchsichtig und farblos, läßt sich aber nicht in festen Zustand versezen. Die Chlorwasserstoffsäure wird schon bei weniger als 1 Atmosphäre Druk flüssig, aber nicht fest. Schwefelwasserstoff wird fest und bildet eine dem Kampher ähnliche weiße krystallinische Masse. Wenn die Kohlensäure vom flüssigen in den festen Zustand übergeht, ohne sich als Schnee zu zerstreuen, bildet sie eine Masse, welche so durchsichtig wie Krystallglas ist. Die feste Kohlensäure übt einen Druk von 6 Atmosphären aus, daher die flüssige Säure sehr leicht fest werden muß, wenn man sie in einem offenen Gefäß verdunsten läßt. Das Chloroxyd ist eine orangerothe krystallinische Substanz, sehr zerreiblich, welche nicht explodirt. Das Stikoxydulgas habe ich schon früher einmal verdichtet. Wie ich aus den Journalen ersehe hat Hr. Natterer in Wien meine Versuche wiederholt und das Gas mittelst einer Pumpe in flüssigen Zustand versezt. Ich habe es mittelst meiner Pumpe ebenfalls zu einer Flüssigkeit verdichtet, aber überdieß durch das kalte Bad in festen Zustand versezt. Es bildet dann einen durchsichtigen krystallinischen Körper; der Dampf desselben hält aber dem Druk von einer Atmosphäre das Gleichgewicht nicht, welches Resultat mit folgendem Versuch übereinstimmt: als ich ein Gefäß mit flüssigem Stikoxydul öffnete, verdampfte ein Theil davon und kühlte den Rest ab, ohne ihn jedoch in festen Zustand überzuführen. Die Kälte, welche durch diese Verdampfung entsteht, ist sehr groß, was sich zeigte, als ich die Röhre mit ihrem Inhalt in ein Bad von fester Kohlensäure und Aether stekte. Dieses Bad, welches beim Zutritt der Luft das Queksilber sogleich zum Gefrieren bringt, verhielt sich wie ein mit einer heißen Flüssigkeit gefülltes Gefäß und brachte das Stikoxydul augenbliklich in heftiges Kochen. Ich beabsichtige nun das flüssige Stikoxydul zu neuen Versuchen über Sauerstoff, Wasserstoff und Stikstoff zu benuzen, indem ich ein Bad von dieser Flüssigkeit unter die Luftpumpe bringe und Luft und Gas auspumpe. Vollkommen reines und trokenes Ammoniak läßt sich als eine feste, weiße, krystallinische und durchsichtige Substanz erhalten, welche schwerer als flüssiges Ammoniak ist und wegen der geringen Spannung ihres Dampfs bei dieser Temperatur sehr wenig Geruch hat. Arsenikwasserstoff und Chlor lassen sich vom flüssigen Zustand nicht in den festen überführen. Alkohol wird dik wie kaltes Oehl, krystallisirt aber nicht. Stikoxyd und Kohlenoxyd werden auch bei der niedrigsten Temperatur und einem Druk von 30–35 Atmosphären nicht flüssig.