Titel: | Pilbrow's verbessertes atmosphärisches Eisenbahnsystem. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXV., S. 241 |
Download: | XML |
LXV.
Pilbrow's verbessertes
atmosphaͤrisches Eisenbahnsystem.
Aus dem Mechanics' Magazine, Dec. 1844, Nr.
1115.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Pilbrow's atmosphärisches Eisenbahnsystem.
Man kann behaupten, daß weder die weitläufigen Abhandlungen, welche über das
atmosphärische Eisenbahnsystem geschrieben wurden, noch die kurze Erfahrung, welche
man auf der Kingston-Dalkey-Streke machte, mehr nachgewiesen haben,
als daß dieses System für kurze Eisenbahnstreken anwendbar, und für solche (aber
nicht für größere) in ökonomischer Beziehung eben so vortheilhaft ist als irgend ein
anderes System. Die Einwendungen, welche Hr. Rob. Stephenson vor ungefähr einem halben Jahre
gegen die Anwendung des atmosphärischen Systems für längere Bahnstreken machte,
welche für Waarentransport bestimmt sind und viele Stationen und Uebergänge haben,
bleiben ihren Hauptpunkten nach unbeantwortet und widerlegtPolytechn. Journal Bd. XCIII S. 181
und Bd. XCIV S. 1.; denn wir können die Wortkritiken und den Tadel, auf welchen sich die
Angreifer der durchdachten und meisterhaften Abhandlung dieses Ingenieurs zu
beschränken für gut finden, nicht als eine Widerlegung betrachten.
Während noch so der Stand der Dinge in dieser Beziehung ist, kommt Hr. Pilbrow mit einem neuen Plane zu
Hülfe, welcher das atmosphärische System so zu verbessern verspricht, daß alle
Einwürfe Stephenson's
wegfallen, und ohne Zweifel ist seine Erfindung die beste und wirksamste Art,
denselben zu begegnen. Die ununterbrochene Klappe der HHrn. Clegg und Samuda, welche die Ursache bedeutenden
Kraftverlustes ist, wird nach dem neuen Systeme des Hrn. Pilbrow ganz entbehrlich. Die Unterbrechung der
Haupttriebröhre aus je drei engl. Meilen Länge, was eine andere große
Mangelhaftigkeit und der Hauptgrund ist, warum das gegenwärtige System für lange
Bahnstreken nicht anwendbar ist, wird ebenfalls nicht mehr nothwendig. Bei dem neuen
System des Hrn. Pilbrow ist
die Hauptröhre, sie mag eine Länge haben welche sie wolle, ununterbrochen, und
andere Röhren können nicht bloß mit ihr communiciren, sondern sie kann durch
dieselben sogar gekreuzt werden, ohne daß daraus die geringste Unterbrechung oder
der geringste Uebelstand hervorginge. Alle Querklappen, Brüken für Uebergänge etc.
werden entbehrlich, eben so die Krahne oder andere Maschinen zum Auf- und
Abheben der Wagen, und anstatt jede drei Meilen eine stationäre Dampfmaschine
nothwendig zu haben, reicht eine einzige für zehn, oder wahrscheinlich noch für mehr
Meilen hin.
Jeder, welcher mit dem Gegenstand bekannt ist, wird zugeben daß, wenn Hr. Pilbrow alles das was er verspricht,
wirklich erfüllt, er gerade das für das atmosphärische System gethan hat, was
dasselbe unberechenbar über seinen jezigen Standpunkt erhebt, und wird
wahrscheinlich nicht lange mehr im Zweifel seyn, daß dasselbe für alle Lagen und
unter allen Umständen dem gewöhnlichen System vorzuziehen ist. Wir selbst (der
Herausgeber des Mechanics' Magazine) haben eine sehr
günstige Meinung von Hrn. Pilbrow's Erfindung. Wir haben sie in allen ihren Details genau
untersucht, und können keinen Grund einsehen, warum sie nicht allem dem entsprechen
sollte, was davon angepriesen wird. Wir wohnten selbst einem Versuche bei, welcher,
wenn uns irgend noch ein Zweifel über die vollkommen praktische Ausführung
zurükgeblieben wäre, denselben vollkommen beseitigt haben würde. Der Versuch wurde
freilich in kleinem Maaßstabe angestellt; aber die praktischen Thatsachen, welche
durch denselben erwiesen wurden, sind von der Art, daß kein Unterschied in der Größe
einen wesentlichen Einfluß auf dieselben haben kann.
Die folgende Beschreibung dieser wichtigen Erfindung ist ein Auszug aus einer
Broschüre, welche Hr. Pilbrow
kürzlich herausgegeben hat.
Fig. 15 ist
ein Längendurchschnitt eines Theils einer Triebröhre, von welcher vorausgesezt wird,
daß sie längs einer Eisenbahn, und zwar zwischen ihren Schienen liegt, ähnlich wie
die Triebröhre der HHrn. Clegg
und Samuda. In Zwischenräumen
von 39 oder weniger Fuß sind längs dieser Rohre kleine verzahnte Räder angebracht,
wie sie bei a und b zu sehen
sind, und diese Räder haben alle die gleiche Anzahl Zähne, so daß eines auf das
andere wirken kann. An die Röhre sind, wie aus dem Querschnitt Fig. 16 zu sehen ist, an
den Stellen, wo die Räder angebracht werden sollen, vorspringende Kästchen
angegossen. Diese Kästchen stehen mit dem Inneren der Röhre in Verbindung, und zwar
durch eine Oeffnung, durch welche die Zähne der unteren Räder bei d bis in die Röhre selbst hinein reichen. Die oberen und
unteren Enden der Räderachsen drehen sich in Oeffnungen oder Lagern h und i, welche zu diesem
Zwek in den Kästen angebracht sind. Die Kästen sind mit den Trägern a versehen. Der Theil der Achsen, welcher sich zwischen den verzahnten
Rädern befindet, berührt die Oeffnung oder den Luftdurchgang, welcher in den Kästen
und der Röhre bei j angebracht ist, nicht, sondern geht
bloß durch dieselbe, da er einen kleineren Durchmesser als diese Oeffnung hat; die
Achse hat aber noch einen flachen oder conischen Theil k, welcher die Oeffnung verschließt, wie wir später sehen werden. Die Räder
können sich also frei drehen, wenn irgend eine Kraft zu diesem Zwek geeignet auf sie
einwirkt. Die halbe Anzahl der Räder befindet sich innerhalb der Röhre, die andere
Hälfte außerhalb derselben. Hr. Pilbrow schlägt dann vor, einen Kolben, welcher so luftdicht als
möglich gemacht werden soll, in die Röhre zu bringen und hinten an diesen Kolben
eine lange Stange zu befestigen, welche an beiden Seiten mit Zähnen versehen ist,
die gehörig in die Räder eingreifen. Fig. 17 ist eine
Seitenansicht von diesem Kolben mit seiner verzahnten Stange. l, l ist der Kolbenkopf, und von da an beginnen die beiden Reihen von
Zähnen. n ist ein Rad oder eine Rolle, welche zwischen
den beiden Zahnreihen angebracht ist und dazu dient, die verzahnte Stange in ihrer
Lage zu erhalten und bei ihrer Bewegung die Reibung zu vermindern.
Fig. 18
stellt eine Endansicht des Kolbens und Fig. 19 einen Querschnitt
durch den verzahnten Theil desselben dar. Die Zähne sind nicht so lang als die
Stange dik ist, sondern auf der untern Fläche der Zahnstange ist eine Platte
angegossen, welche gegen den Kolben hin geneigt ist, oder sich dem Grunde der Röhre
mehr nähert, so daß sie gleichsam eine schiefe Ebene bildet, wie man bei p sieht. Diese verzahnte Kolbenstange ist lang genug, um
über zwei oder mehrere Getriebe in der Röhre zu reichen, so daß sie nie ganz frei
ist, d.h. sie muß schon im Eingriffe mit dem nächsten Getriebe seyn, ehe sie außer
Eingriff mit dem vorhergehenden gekommen ist. Da die Getriebe so angeordnet sind,
daß sie in der Mitte der Röhre oder bei ihrem horizontalen Durchmesser vorstehen,
und die verzahnte Stange dieselbe Lage in Bezug auf den Kolben hat, so folgt, daß
wenn der Kolben in die Röhre gebracht, oder ihm gestattet wird durch dieselbe zu
gehen, die Zähne der verzahnten Stange auf die Räder wirken und mit ihnen bei d in Eingriff kommen. Wird daher vor dem Kolben auf die
bekannte Weise durch Luftpumpen, die durch Dampfmaschinen oder auf andere Art in
Bewegung gesezt werden, ein Vacuum hervorgebracht, so wird derselbe durch den Druk
der Atmosphäre gegen das Vacuum hin bewegt und folglich die verzahnte Stange mit
demselben, und da diese im Eingriffe mit den Getrieben ist, muß sie bei ihrer
Bewegung die Getriebe drehen und folglich auch die Räder außerhalb der Röhre, welche auf derselben
Achse befestigt sind.
Unter einem Eisenbahnwagen ist nun auf geeignete Weise eine Verzahnte Stange
befestigt, die der verzahnten Kolbenstange ähnlich ist, aber keinen Kolben hat, und
an welcher auch die angegossene Platte, die man in Fig. 17 sieht, fehlt. In
Fig. 20
ist den Grundriß dieser Stange gegeben. Fig. 21 stellt dieselbe
von Vorngesehen dar, und Fig. 22 ist eine
Seitenansicht derselben.
Das vordere Ende der verzahnten Stange ist zugespizt, damit es leichter zwischen die
Getriebe gelangen kann. s, s sind die Stellen, wo sie an
den Wagen befestigt wird. Sie hat genau dieselbe Stichweite wie die verzahnte
Kolbenstange und ist genau so breit als die gegenüberliegenden Getriebe von einander
entfernt sind, so daß sie, wie die Kolbenstange, mit zwei gegenüberliegenden
Getrieben zu gleicher Zeit im Eingriffe ist. Die verzahnte Stange am Wagen ist auch
eben so lang als die andere, so daß sie mit zwei oder mehr Getrieben oder
Getriebpaaren zugleich im Eingriffe ist. Fig. 23 ist ein
Querschnitt einer Röhre mit gegenüberliegenden Getrieben. t,
t ist ein Durchschnitt der Wagenstange und u
ein Durchschnitt der Kolbenstange. Beide verzahnte Stangen sind bei v, v, v, v im Eingriffe mit den zugehörigen Getrieben.
Die Kästen oder Vorsprünge w, w, w, w, welche die
unteren Getriebe enthalten, haben eine Höhlung, in welcher sich die Getriebe frei
drehen können; doch sind sie luftdicht mit der Röhre verbunden und haben nur eine
Oeffnung j, welche in den innern Raum mündet und durch
welche die Achse der Getriebe geht. Damit man zu den Getrieben gelangen kann, müssen
die Kästen zum Abschrauben gemacht seyn. Um den Durchgang der Getriebachse vom
Aeußeren nach dem Inneren der Röhre erforderlichen Falles luftdicht zu machen, ist
an der Getriebachse unter dem oberen Getriebe ein Conus von ungefähr 45°
angedreht, wie bei k zu sehen ist. Diesem Conus
entsprechend ist auch die Mündung der Oeffnung j
ausgebohrt, so daß, wenn derselbe auf der Mündung aufsizt, er diese leztere
luftdicht verschließt, wie dieß bei den gewöhnlichen conischen Ventilen der Fall
ist. Damit die Getriebe und also auch der conische Theil der Achse aufgehoben werden
kann, sind die Zapfen lang genug gemacht und eben so die Getriebhöhlungen hoch
genug, um dieß zu gestatten. Wenn die Getriebe in die Höhe gehoben sind, ist der
äußeren Luft der freie Zutritt in die Röhre gestattet, und um die Luftzugänge unter
diesen Umständen so groß als möglich zu machen, können noch mehrere Seitencanäle
angebracht werden. Ist die Kolbenstange in der Röhre und in ihrer gehörigen Lage,
und sind die Zähne der Getriebe im Eingriffe mit denen der Zahnstange, so stehen die Getriebzähne auf der
früher beschriebenen Fläche unten an der Zahnstange auf. Diese Fläche ist gleichsam
der Träger der Getriebzähne, und wenn sich die Zahnstange in einer Linie bewegt, die
etwas höher ist als die Fläche der Getriebe (Fig. 23), so hebt sie
dieselben auf, wenn sie mit ihr in Berührung kommen. Auf diese Weise wird die
Reibung an dem luftdichten Verschluß vermieden und der Luft der Zutritt in die
Röhre, und zwar hinter dem Kolben gestattet. Die verzahnte Wagenstange kann auf
irgend eine Weise an dem unteren Theile eines Eisenbahnwagens (dem ersten des Zuges)
befestigt werden; aber Hr. Pilbrow zieht folgende aus Fig. 20, 21 und 22 ersichtliche
Befestigungsmethode vor. Die zwei Stüke 5,5 sind fest mit dem untern Theile des
Wagens oder einem Balken verbunden, welcher von den Achsen des Wagens getragen wird
In dem unteren Theile dieser Stüke oder Träger befindet sich eine Nuth oder ein
Schliz 6,6, und auf der Zahnstange sind Ansäze 7,7, in denen Zapfen 8,8 befestigt
sind, welche durch die Schlize in den Trägern gehen. Diese Zapfen, welche auf dem
Grunde der Schlize aufliegen, erhalten die Stange in der angedeuteten horizontalen
Lage, während ihnen eine kleine Seitenbewegung gestattet ist. Durch diese Anordnung
würde die Stange, wenn sie plözlich an einem der Getriebe einen Widerstand finden
sollte, in den Schlizen in die Höhe geschoben und hiedurch außer Eingriff mit den
Getrieben gebracht, was gestattet, über ein Hinderniß wegzukommen, ohne daß ein
äußerer Theil des Apparates einen Stoß erhielte.
Die Art, auf welche der Apparat wirkt, ist nun folgende: eine Röhre von gehörigem
Durchmesser liegt in einer Vertiefung zwischen den Schienen der Eisenbahn. Sind
ihrer ganzen Länge nach die Getriebe, wie früher beschrieben wurde, in Abständen
angebracht, so wird der Kolben mit seiner verzahnten Stange in die Röhre geschoben,
und zwar an dem der Luftpumpe entgegengesezten Ende; die Kolbenstange kommt dann mit
den Getrieben innerhalb der Röhre in Eingriff. Hierauf stellt man einen
Eisenbahnwagen, welcher mit der scher beschriebenen verzahnten Stange versehen ist,
auf die Schienen, wie Fig. 24 zeigt. Diese
Stange kommt mit den oberen correspondirenden Getrieben in Eingriff, und zwar so,
daß sie gerade über die Kolbenstange zu liegen kommt. Keine der verzahnten Stangen
kann sich nun rükwärts oder vorwärts bewegen, ohne die Getriebe zu drehen, und da
diese im Eingriffe mit der anderen Zahnstange sind, so muß sich auch diese in
derselben Richtung bewegen. Wird daher der Kolben durch den Druk der Luft gegen das
Vacuum hin vorwärts bewegt, so wird die verzahnte Stange an dem Wagen in derselben
Richtung durch die Getriebe in Bewegung gesezt, und zwar so, daß sie beständig ihre Lage
oberhalb der Kolbenstange beibehält. Da die verzahnten Stangen, wie früher bemerkt
wurde, lang genug sind, um wenigstens mit zwei Paar Getrieben zu gleicher Zeit im
Eingriffe zu seyn, so wirkt die Kolbenstange schon auf das nächstfolgende, ehe ihre
Wirkung auf das vorhergehende aufgehört hat, und deßhalb muß, so lange der Kolben
sich bewegt, auch der Wagen gegen das Ende der Röhre hin laufen, und zwar mit
derselben Geschwindigkeit. Auch kann weder der Kolben noch der Wagen sich allein
bewegen oder stille halten.
Da es nothwendig ist, daß die Luft so nahe als möglich hinter dem Kolben eindringt,
werden die Getriebe durch den Vordertheil der Kolbenstange gehoben, und die Luft
kann nun durch die früher beschriebene conische oder flache Mündung eintreten. Wegen
der Länge der Kolbenstange sind immer zwei oder mehrere Mündungen geöffnet. Verläßt
die Kolbenstange ein Getriebe, so fällt dasselbe durch sein eigenes Gewicht nieder
und verschließt die Röhre wieder luftdicht, so daß die Luft durch eine zweite
Luftpumpe am entgegengeseztenentgegegengesezten Röhrenende ausgepumpt werden kann. Wird nun die Richtung des Kolbens mit
seiner verzahnten Stange verändert und leztere wieder in gehörigen Eingriff mit den
Getrieben gebracht, so fährt der Wagen auf die gleiche Weise wieder zurük.
Fig. 24 ist
ein Aufriß eines Theiles der neuen atmosphärischen Eisenbahn, welche in gleichem
Niveau mit einer Landstraße ist und von einer zweiten atmosphärischen Bahn gekreuzt
wird. Hieraus kann man ersehen, daß zwischen zwei Getriebpaaren Plaz genug für eine
Kreuzung ist, und daß, da die zweite Hauptröhre unter den Querschwellen der ersten
Bahn liegt, diese durchaus nicht hinderlich ist. Die verzahnte Stange am Wagen geht
bei solchen Bahnen von einem Getriebe zum andern ohne das geringste Hinderniß. Es
wird auch einleuchtend seyn, daß wenn zwei Röhren einander kreuzen sollen, die eine
über die andere weggehen muß, so daß die obere ihre horizontale Lage beibehält und
die zweite sich allmählich unter die erste senkt. Da die oberen Getriebe für die
zweite Röhre dessenungeachtet in einer geraden Linie liegen müssen, so werden die
Achsen und Träger, da wo die Röhre tiefer liegt, verlängert, wie bei a zu sehen ist.
Da bei diesem neuen Systeme, selbst wenn die Bahn nur eine einfache seyn sollte,
keine Unterbrechungen der Hauptröhre stattfinden, außer bei Ausweichpläzen und
Kreuzungen (und diese sollten in der Regel 20 engl. Meilen von einander entfernt
seyn), so wird nur an solchen Stellen die Röhre eine Art Klappe nothwendig haben, um
ihr offenes Ende zu verschließen. Diese Klappe bestände aber aus nichts anderem, als einer
eisernen oder hölzernen Scheibe, welche vor das offene Ende gebracht wird, nachdem
man sie mit einer Composition (Kitt) bestrichen hat, um einen luftdichten Verschluß
hervorzubringen. Soll das Vacuum hergestellt werden, so wird die Klappe weggenommen,
um den Kolben einzuführen, und sie wird erst dann wieder beachtet und an ihren Plaz
gebracht, wenn der Kolben in das entgegengesezte Röhrenende gelangt und die Luft auf
der Seite der Klappe ausgepumpt werden soll.
Der Kolben wird, wenn er bei der verschließenden Klappe ankommt, die Röhre entweder
zum Theil oder ganz verlassen, nachdem er die Scheibe oder Klappe durch sein in ihm
zurükbleibendes Bewegungsmoment beseitigt hat. Eben so wird der Wagenzug noch
vorwärts laufen und in eine Seitenbahn einlenken können, wo er, wie gewöhnlich,
durch Bremsen von den Wärtern zum Stehen gebracht wird. Wenn der Kolben mit seiner
Zahnstange am Ende der Röhre angelangt und herausgezogen ist, soll er in einen
Behälter kommen, welcher auf vier Rädern steht, so daß er sogleich zur Untersuchung
weggebracht und durch einen andern frisch geschmierten zur Rükfahrt ersezt werden
kann. Sind beide Wagenzüge angekommen, so könnte jeder auf irgend eine passende
Weise bis zum Anfange der nächsten Röhre vorwärts bewegt werden, wo dann schon
frische Kolben in Bereitschaft gehalten wären. Wäre dann die Zahnstange am Wagen mit
dem ersten Getriebpaare im Eingriff, so könnte der Kolben losgelassen werden und der
Wagenzug würde abfahren. So würden die Kolben nur sehr langsam aus den Röhren
aus- oder in dieselben eintreten, und zwar nur bei den Stationen oder
Haltpläzen. Derselbe Kolben sollte auch nicht die ganze Bahnlinie durchlaufen,
sondern nach je 20 durchlaufenen Meilen herausgenommen, untersucht und durch einen
andern ersezt werden.
Hr. Pilbrow bemerkt, daß statt
der verzahnten Stangen auch elastische Lederstreifen oder Bänder angewandt werden
könnten. Wir selbst glauben, daß vielleicht weder verzahnte Stangen noch Getriebe
bei Anwendung dieses Systemes nothwendig wären, und daß die Bewegung der Wagen durch
die einfache Adhäsion gerader Oberflächen hervorgebracht werden könnte, d.h. daß die
Kolbenstange, die Getriebe und die Wagenstange glatt seyn könnten, und daß durch die
gegenseitige Reibung dieser Flächen aufeinander der Wagenzug in gehörige Bewegung
gesezt würde. Sollte dieß wirklich der Fall seyn, so hätten wir beim atmosphärischen
Systeme denselben Fall welchen wir bei der ersten Einführung der Eisenbahnen hatten.
Niemand glaubte dazumal, daß glatte Räder auf glatten Schienen einen Wagenzug
fortschaffen könnten, sondern Jedermann war der Meinung daß Zähne oder irgend Eingriffe
nothwendig seyen. Ein einziger Versuch über die Stärke der einfachen Adhäsion
beseitigte allen Zweifel, und von Zähnen und Eingriffen hörte man nichts mehr.
Hr. Pilbrow berechnet, daß die
Ersparniß bei einer Bahn von 100 Meilen Länge nach seinem System, im Vergleiche mit
den gegenwärtigen atmosphärischen Eisenbahnen, jährlich über 53,303 Pfd. Sterl.
betragen müßte. Mag auch die Richtigkeit dieser Berechnung in Zweifel gezogen
werden, so ist doch leicht einzusehen, daß eine große Ersparniß stattfinden muß,
weil so viele kostspielige Einzelnheiten des jezigen Systems entbehrlich werden. Die
folgenden Bemerkungen Hrn. Pilbrow's in Bezug auf die Kosten sind zu wichtig, als daß wir sie
übergehen dürften:
„Da bei dem neuen Systeme keine Klappe der ganzen Länge der Röhre nach
angewandt ist, so wird die Undichtheit der Röhre so vermindert, daß sie für 10
Meilen Länge kaum so viel betragen wird, als jezt für eine. Man hat berechnet,
daß durch das Undichtseyn bei dem jezigen System fünf Pferdekräfte per Meile unnüz aufgewendet werden müssen; würde man
daher für eine Bahn von 10 Meilen Länge nur eine Dampfmaschine anwenden, so
müßten wegen des Lufteindringens allein 50 Pferdekräfte von 100 verloren gehen.
Man hat es daher bei dem bisherigen System für absolut nothwendig gehalten, alle
3 Meilen eine Maschine anzubringen, um von 100 Pferdekräften nur 15 zu
verlieren. Da die vorgeschlagenen conischen Ventile dichter seyn werden, als es
die lange Klappe ist, erstens weil die Flächen sorgfältig ineinander
eingeschliffen sind, und durch das Gewicht oder den Fall der Getriebe ineinander
eingedrükt werden, und zweitens wegen der kleinen Fläche, welche undicht seyn
kann, so stellt sich das Verhältniß beider Systeme wie 1: 20 heraus; denn da ein
Ventil oder Ventilsiz nur ungefähr 9 Zoll Umfang hat, und nur zwei für 30 Fuß
Länge gebraucht werden, so ist die Fläche, welche undicht seyn kann, nur 1,5 Fuß
lang, während sie bei dem jezigen System 30 Fuß beträgt. Daraus geht hervor, daß
wenn die conischen Ventile im Verhältniß zu ihrer Fläche auch eben so undicht
wären als die Lederklappen, bei dem neuen System nur ein Kraftverlust von 2 1/2
Pferden statt 50 für 10 Meilen stattfinden würde.“
Hrn. Pilbrow's Patent schließt
auch ein System eines pneumatischen Telegraphen ein, welcher mit seiner
atmosphärischen Eisenbahn verbunden werden soll und dessen Princip auf dem Steigen
oder Fallen von Queksilbersäulen beruht, auf welche die Luftpumpen wirken; dieß ist
jedoch nichts Neues, denn ähnliche Telegraphen wurden schon öfters
vorgeschlagen.
Anmerkung.
Die Art wie Hr. Pilbrow den
Kolben in der Röhre mit dem Wagen außerhalb der Röhre verbindet, ist sehr sinnreich;
doch möchte eine Schwierigkeit noch darin bestehen, wie der Kolben, welcher
luftdicht in der Röhre schließen soll, an den vorstehenden Zähnen der Getriebe in
der Röhre vorbei zu bringen ist. Ferner könnte es leicht der Fall seyn, daß ein
folgendes Getriebe nicht gehörig in Eingriff mit der Kolbenstange käme, so daß z.B.
zwei Zähne auf einander zu stehen kämen; dann wäre ein Bruch die nothwendige Folge.
Jedenfalls müßte die verzahnte Stange am Wagen nach Vorn etwas über die Kolbenstange
vorstehen und eine Vorrichtung haben, welche die Getriebe in gehörigen Eingriff
brächte, so daß das Getriebe schon in Bewegung ist, wenn die Kolbenstange ankommt.
Auf diese Punkte behalten wir uns vor zurükzukommen, wenn einmal die
Original-Patentbeschreibung veröffentlicht ist.
Nach dem System des Hrn. Pilbrow könnte der Wagenzug nur alle 10 Meilen anhalten; dieß würde
für dazwischenliegende Ortschaften, welche die Bahn benüzen wollen, sehr unbequem
seyn. Den Vorzug haben die Locomotiven jedenfalls, daß man an jeder beliebigen
Stelle anhalten kann.
D. Red. d. p. J.