Titel: Bemerkungen über einen Apparat um die effective Kraft der Schiffsdampfmaschinen zu messen; von Daniel Colladon.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXVII., S. 262
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LXVII. Bemerkungen uͤber einen Apparat um die effective Kraft der Schiffsdampfmaschinen zu messen; von Daniel Colladon. Aus den Comptes rendus, Nov. 1844, Nr. 20. Colladon's Apparat zur Messung der Kraft der Schiffsdampfmaschinen. Als ich meine neue Methode, durch leichte Versuche, und ohne Gefahr für das Fahrzeug, die Effectivkraft der Dampfmotoren und den absoluten oder comparativen Widerstand der Schiffskiele zu messen, der Akademie zur Beurtheilung vorlegte, machten die HHrn. Berichterstatter Coriolis, Poncelet und Piobert auf den praktischen Nuzen dieser Methode für die Fortschritte der Dampfmarine aufmerksam und empfahlen sie ganz besonders der Aufmerksamkeit des Marineministers. Seit jener Zeit habe ich diese Untersuchungen erweitert und die Versuche vereinfacht durch die Erfindung eines Instruments, welches ich dynamometrische Waage für Horizontalkräfte nannte. Vor beiläufig einem Jahr legte ich diesen Apparat der englischen Admiralität vor, und nach Verlauf von sechs Wochen, innerhalb welcher Zeit mein Instrument von drei verschiedenen Commissionen hintereinander geprüft wurde, und den Beifall derselben errang, erhielt ich den Auftrag, in dem königlichen Dampfbootwerft zu Woolwich eine feste Station zu errichten. Wegen verschiedener in der Nähe dieser Werft angefangener und zu vollendender Arbeiten, und in Betracht meiner Vorlesungen an der Akademie zu Genf, konnte der Apparat erst im Herbst 1844 aufgestellt werden. Das Instrument ist im Stand die Kraft aller Räderdampfschiffe bis zu 1000 Pferdekraft zu messen; dasselbe wird demnächst behufs der Messung der Kraft mehrerer Motoren von 600–800 Pferdekraft, welche die HHrn. Maudslay und Field, Miller, Seaward, George Rennie, Fairbairn etc. für die Regierung bauen, in Anwendung kommen. Mein Apparat wurde zum erstenmal den 18. dieses in Gegenwart der HHrn. Lloyd und Murray und anderer Ingenieure probirt. Dieser Versuch war nur ein provisorischer, um die Methode des Versuchs zu erläutern, die Sicherheit und Leichtigkeit der Ausführung desselben zu zeigen, und die außerordentliche Empfindlichkeit des Apparats zu erproben. Dieser erste Versuch fiel vollkommen zur Zufriedenheit der mit der Leitung desselben beauftragten Personen aus, und wurde genügend befunden zur definitiven Einführung des Instruments für den Gebrauch der königlichen Dampfmarine. Die erste Commission zur Prüfung meiner Erfindung bestand aus Hrn. Ed. Parry (dem berühmten Segler), Chef des Departements der Dampfboote, und den HHrn. Ingenieuren Lloyd und Murray. Da ihr Bericht günstig ausfiel, so ernannte der Admiralitätsrath eine zweite Commission, welche aus drei berühmten Constructeuren bestand, die schon mehrere große Schiffsdampfmaschinen für die Regierung gebaut hatten, nämlich Hrn. Field, Ingenieur des Hauses Maudslay und Mitglied der Royal society Hrn. William Fairbairn, bekannt durch seine Studien über Dampfschiffe, und Hrn. Samuel Seaward, welcher für das Dampfboot „Penelope“ die schone Maschine von 100 Pferdekräften, mit zwei Cylindern und directer Wirkung gebaut hatte. Diese drei Ingenieure untersuchten mit Aufmerksamkeit die Construction meines Apparats und die gegebenen Werthe, auf die sich mein Meßverfahren gründet, worauf sie sich einstimmig zu Gunsten dieser Methode aussprachen, die sie für vollkommen sicher und praktisch anwendbar hielten, und für ausnehmend nüzlich erklärten, sowohl um die relativen Vorzüge der Maschinen verschiedener Systeme unabhängig von der Form der Kiele zu ermitteln, als auch um die Werthe des specifischen Widerstands der Kiele während ihrer Bewegung im Wasser zu erhalten. Die dritte Commission hatte nur darüber zu entscheiden, welches der für die Errichtung der festen Station günstigste Ort sey, und das von mir für das Fundament der Waage vorgeschlagene System zu prüfen. Der Apparat, welchen ich zu Woolwich errichten ließ, besteht im Wesentlichen aus einer Combination von Hebeln, die so angeordnet sind, daß die von dem Zug des Schiffs herrührende Horizontalzugs kraft des Taues sich allein auf den Indicatorapparat fortpflanzt, und daß, welches auch das Gewicht des Befestigungstaues oder die mehr oder minder geneigte Richtung dieses Taues an seiner Abgangstelle von der Seite des Instruments seyn möge, die Indication doch stets constant bleibt, wenn die Kraft des Impulses der Schaufeln sich nicht ändert. Man kann z.B. während eines Versuchs ein bedeutendes Gewicht an das Zugtau hängen, man kann dasselbe verlängern oder verkürzen, man kann sogar das Niveau des Bassins in welchem das Fahrzeug schwimmt verändern: so lange die Geschwindigkeit der Räder unverändert bleibt, zeigt das Instrument vor und nach diesen Veränderungen genau eine und dieselbe Zugkraft an. Sobald die Kraft in der horizontalen Richtung der Zuglinie zu wirken beginnt, stellt sich der Apparat von selbst in eine Lage, welche sich immer in den Bedingungen eines stabilen Gleichgewichts befindet. Selbst wenn sich die Lage des Schiffs während des Versuchs ändern sollte, bewährt doch der als Hebelwaage wirkende Apparat eine Empfindlichkeit, die groß genug ist, um Unterschiede im Zug von 1/10000 bemerkbar zu machen. Obgleich die zahlreichen zur Erzielung dieser Hauptvortheile beitragenden Details nur mittelst Zeichnungen sich vollkommen deutlich erläutern lassen, so will ich doch eine gedrängte Beschreibung des Apparats zu geben versuchen. Die Basis, auf welcher der ganze Apparat befestigt ist, so daß er sich in einer horizontalen Ebene bewegen kann, besteht aus einer schmiedeisernen, ungefähr 35 Centimeter im Durchmesser haltenden senkrechten Säule. Diese nahe am Bassin aufgestellte Säule ruht auf einem sehr soliden Fundament. Das obere Ende dieser Säule trägt ein drehbares Lager oder eine Art Nabe, welche dazu bestimmt ist, sämmtliche Theile der dynamometrischen Waage zu tragen. Die Waage besteht aus einem ungleicharmigen Winkelhebel. Die Länge der Hebelarme wird durch drei Schneiden bestimmt; der längere Arm ist horizontal, während der andere vertical steht. Die mittlere Schneide bildet die Achse, um die sich der Hebel dreht. Vom Ende des horizontalen Hebels hängt eine Waagschale mit Gewichten herab, während die obere Schneide der horizontalen Zugkraft des Taues Widerstand leistet. Das Tau zieht nicht direct an der oberen Schneide, sondern es äußert seine Zugkraft auf einen in der Nähe der geometrischen Mitte eines horizontalen Rahmens angebrachten Haken. Durch Vermittlung dieses Rahmens wird die Zugkraft von dem Tau auf die obere Schneide des Hebels übertragen. Der Rahmen wird in horizontaler Lage von vier verticalen Stangen getragen, die zu diesem Zwek an ihren Enden mit Schneiden versehen sind. Diese Stangen gehen nach den Winkeln des Rahmens und hängen an zwei auf der Nabe befestigten gußeisernen Armen. Die Function dieser vier verticalen und vollkommen beweglichen Stäbe besteht darin, die Wirkung der von dem Gewicht des Taues oder seiner gegen den Horizont geneigten Richtung herrührenden verticalen Composanten aufzuheben, so daß der verticale Hebelarm nur dem Einfluß der horizontalen Composanten ausgesezt ist; diese haben an allen Punkten des Befestigungstaues den gleichen Werth und sind der durch die Bewegung der Schaufeln erzeugten Wirkung gleich und entgegengesezt. Bei diesen Versuchen hat sich der sehr bemerkenswerthe Umstand gezeigt, daß die intermittirende Wirkung der Radschaufeln keine Schwankungen an dem Apparate hervorbringt. Dieses Resultat ist der bedeutenden Masse des Schiffs, welche in dem Sinn eines ungeheuren Schwungrads wirkt, zuzuschreiben. Diese Masse gestattet die Anwendung einer Waage mit Schneiden und Gewichten, wobei man nur noch ein sehr empfindliches Federdynamometer anzuwenden braucht, um die geringen Abweichungen auszugleichen, welche eine ungleichförmige Heizung oder ein unvollkommenes und intermittirendes Transmissionssystem der Maschine veranlaßt. Es ist übrigens interessant dieses Ringen zwischen der wiederholten und energischen Thätigkeit der Schaufeln eines mächtigen Dampfschiffs und dem ruhigen und gleichförmigen Widerstand meines Apparats zu beobachten, der den Impuls von ungefähr 1/2 Kilogramm noch angibt.