Titel: Die Oehlgas-Lampen der Stobwasser'schen Fabrik in Berlin.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXXIII., S. 277
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LXXIII. Die Oehlgas-Lampen der Stobwasser'schen Fabrik in Berlin. Aus dem Berliner Gewerbe-, Industrie- und Handelsblatt 1844, Bd. XIII S. 149. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Stobwasser's Oehlgaslampen. Bei den jezigen vielen Aufregungen über die Fragen, welches das beste Brennmaterial, dürfte es wohl nicht uninteressant seyn einer Art Lampen zu erwähnen, in denen gewöhnliches Rüböhl ohne Docht als Gas brennt, und zwar mit einer Helligkeit, mit einer Weiße der Flamme, die alle gebräuchlichen Leuchtkräfte übersteigt. Das Gas wird ähnlich entwikelt wie das sogenannte Leuchtgas, was wohl fälschlich mit dem Namen Gas bezeichnet wird, aus einer Verbindung von Spiritus und Terpenthinöhl. Ehe wir die Beschreibung des Brenners geben, als des wesentlichsten Theils der Lampe – denn auf welche Weise der constante Oehlstand in der Lampe hergestellt wird, ist beim Erklären des Princips der Gasentwikelung gleichgültig – wollen wir nur noch bemerken als einen Beweis, welche Leuchtkraft in Bezug auf die Consumtion das Brennöhl hat, daß in einer solchen Lampe bei ihrer großen Leuchtkraft nur 3 Loth Oehl stündlich verzehrt werden, also nicht mehr wie in einer größeren Argand'schen Lampe. 1) Beschreibung des Brenners. Der Brenner besteht aus zwei Theilen. a) aus dem äußern Mantel E, C, D (Fig. 9), dessen oberer Theil aus gediegenem Silber, dessen unterer Theil, in welchem sich die Brennlöcher befinden, aus Neusilber besteht; b) aus der inneren Röhre F, G (Fig. 10) von Neusilber, die mit einem umgekehrten, unten offenen Trichter umgeben ist, an dessen untern conischen Rande H der äußere Mantel luftdicht mit feuchtem Thon aufgerieben wird. 2) Das Füllen der Lampe mit gereinigtem Brennöhl geschieht in der gewöhnlichen Art, wie es die verschiedenen Sorten von Lampen mit Docht ebenfalls bedingen. 3) Das Absperren und Einlassen des Oehls vermittelst einer Röhre mit einem Hahn. Die Einrichtung der Oehlgas-Lampen besteht darin, daß das Oehl vermittelst eines kleinen Hahnes 1 in die Röhre des Brenners G, F eingelassen und wieder abgesperrt werden kann. Die Röhre ist geschlossen, wenn der Griff des Hahnes von Oben nach Unten (senkrecht); sie ist offen, wenn er waagerecht steht. Der Oehlstand in jeder Oehlgas-Lampe ist durch ein Glasrohr mit gradirter Scala dergestalt vorher regulirt worden, daß das Oehl nur bis auf eine gewisse Höhe in den Brenner eindringen darf. 4) Das Anzünden. Nachdem der Oehlbehälter gefüllt worden ist, wird der Brenner mit dem Cylinderhalter L in die Röhre mit dem Hahne eingeschraubt. Man gießt Spiritus in die beigegebene Anzündeschale mit Stiel, und sezt sie auf das mit B bezeichnete runde Schälchen des Brenners. Jezt zündet man den Spiritus an und läßt ihn etwa 1 1/2 Minuten brennen. Wenn das Feuer ein buntes Farbenspiel zeigt, so ist der Brenner hinlänglich erhizt, und man öffnet vorsichtig den Hahn, damit das Oehl in den heißen Brenner steigen, sich in Kohlenwasserstoffgas verwandeln und durch den brennenden Spiritus anzünden lassen kann. Wenn die Flamme des angezündeten Gases aus den Löchern des Brenners herausschlägt, so wird die Anzündeschale fortgenommen und der Cylinder aufgesezt. Das auf diese Weise angezündete Gas erzeugt sich ferner durch seine eigene Hize, und brennt unter dem Glascylinder mit hellglänzender weißglühender Flamme fort, deren Leuchtkraft die höchste Intensität hat. Ein Pfund gut gereinigtes Brennöhl entwikelt länger als 10 Stunden eine Flamme, welche in der lezten Stunde mit eben der Stärke fortbrennt wie in der ersten. Die Erfindung dieser Lampe ist eine englische; vor drei Jahren trat dieselbe – ob von Neuem gemacht, oder auf Grund der älteren englischen, ist ein Streitpunkt – in Wien wieder ins Leben. Die Stobwasser'sche Fabrik hier nahm dieselbe in die Hand, hat den Brenner so verändert und verbessert, wie er hiebei dargestellt ist, und wie die Lampen nun als verkäuflich und praktisch dastehen, wenn gleich ihrer größeren Verbreitung die Einfachheit fehlt, der eine Lampe benöthigt ist, die doch meistentheils von den nicht immer geschikten Händen der Dienstboten behandelt wird. In der Stobwasser'schen Fabrik, Wilhelmstraße Nr. 98, so wie in ihrem Magazin unter den Linden Nr. 33, sind diese Art Lampen zu sehen, und wird man gern jede näher zu wünschende Auskunft geben.

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