Titel: Ueber die Anwendung des Farbensteindruks bei Landkarten etc.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXXVIII., S. 305
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LXXVIII. Ueber die Anwendung des Farbensteindruks bei Landkarten etc. Im Auszug aus mehreren Artikeln in den Comptes rendus, Dec. 1844, Nr. 27 und Januar 1845, Nr. 1. Ueber die Anwendung des Farbensteindruks bei Landkarten. In einem Schreiben, welches Hr. Desportes an die französische Akademie richtete, vindicirt er die Priorität der von der königlichen Drukerei erhaltenen Resultate beim Coloriren der geologischen Karten mittelst Steindruks dem Hrn. G. Engelmann, der schon im Jahr 1837 ein Patent darauf genommen habe, und zehn anderen Lithographen, welche seit sechs Jahren 24 Pressen damit beschäftigen sollen. Nur die Messingblättchen zur Verhütung des Weiterreißens der Punkturlöcher räumt er Hrn. Derenémesnil als seine Erfindung ein, deren aber geübte Lithographen kaum benöthigt seyn dürften. Hr. Dufrénoy aber, welcher den Bericht über die erwähnten Resultate geliefert hatte, besteht auf der Unzulänglichkeit aller frühern Leistungen in dieser Hinsicht, indem sich die Farben an den Gränzen zu oft dekten und sogar manchmal absichtlich die punktirten Linien weggelassen wurden, um diesen Fehler weniger auffallend zu machen. Vollkommen übereinstimmend damit sprechen sich auch Hr. Elie de Beaumont und Hr. Cordier aus, und bestätigen, daß die Herausgeber der geologischen Karte bei allen ihren Versuchen, sie mit den Farben druken zu lassen; immer wieder zu dem langwierigen und theuren Coloriren von freier Hand zurükzukommen genöthigt waren, bis die königliche Drukerei ihre Versuche begann. Die jezigen Leistungen derselben seyen von einer bisher beispiellosen Genauigkeit. Ohne in diesen Prioritätsstreit, welcher in mehreren Sizungen der Akademie fortgeführt wurde, näher einzugehen, wollen wir hier aus den erstatteten Vorträgen nur das unsere Kenntniß des Colorirens mittelst Steindruks erweiternde Thatsächliche herausheben. I. Desportes, über die Manier mit zwei Crayons. Dieses Verfahren wurde bis jezt nur zum Druk zweifärbiger Kupferstiche etc. angewandt. Die Lager der Gebirgsarten sind nicht so scharf von einander geschieden, daß es nicht in manchen Fällen nöthig wäre, ihre Uebergänge durch eine Abstufung der Farben anzuzeigen. Diese Abstufung aber läßt sich durch die beim Farbensteindruk üblichen Verfahrungsweisen nicht geben; ich schlage daher vor, auf körnigen Steinen Ueberdrüke zu machen und die größern Partien, welche weiß bleiben sollen, mit einer schwach angesäuerten Auflösung von arabischem Gummi zu überziehen und hierauf die ganze Fläche mit einer Mischung von Copalfirniß und Drukfirniß zu überziehen und mit einem Radirmesser alle Theile, welche mit dem Gummi nicht reservirt werden konnten, wegzunehmen; wenn man nun bloß den Firniß, welcher die Unebenheiten des Korns bedekt, entfernt hat, liefern dessen Zwischenräume noch Farbe genug, und je nachdem man die Unebenheiten des Korns mehr oder weniger abgetragen hat, erhält man mehr oder weniger starkes Licht. Ein starkes Ansäuern des Steins gestattet das Abziehen sehr lange fortzusezen. Da die mit geäztem Steine gedrukten Farben sehr durchsichtig sind, wird hierdurch Schwerfälligkeit und Undurchsichtigkeit der Töne vermieden, welche sonst Folge der Uebereinanderlagerung mehrerer Farben sind und weßhalb das Coloriren der Karten mittelst Steindruks bisher mit Recht getadelt wurde. II. Ueber das Coloriren von Landkarten mittelst Farbensteindruks; von V. Raulin. Als ich im März 1842 an das Coloriren meiner geologischen Karte des tertiären Pariser Plateau's gehen wollte, verfiel ich, aus ökonomischen Rüksichten sowohl als wegen der Genauigkeit, auf den Steindruk, der damals noch nicht zu geologischen Karten, mit gutem Erfolg aber zur Vervielfältigung von Tapeten etc. vorzüglich von den HHrn. Lemercier und Engelmann angewandt worden war. Die Directoren dieser beiden lithographischen Anstalten schlugen es aber ab, sich mit dem Coloriren meiner Karte zu befassen, wegen deren Größe und meiner Anforderungen. Meine Karte mißt nämlich, mit den sie umgebenden Höhendurchschnitten, 0,86 Meter in der Breite und 0,68 Meter in der Höhe, was 58,5 Quadratdecimeter Fläche ausmacht, während die geologische Karte von Frankreich aus der königlichen Drukerei nur 29,6 Quadratdecimeter, also bloß die Hälfte mißt; andererseits wollte ich nur solche Exemplare annehmen, wo die Punkturfehler bei der Karte allein keinen Millimeter betragen. Im Mai endlich kam ich mit Hrn. Käppelin überein; er ging ans Werk und sieben Monate darauf, am 29. Dec. 1842, legte Hr. Cordier bei Gelegenheit seiner geologischen Vorlesungen im Museum bereits einen Probedruk davon vor. Am 13. Febr. 1843 übergab ich der Akademie einen der ersten Abzüge, bei welchem die Punkturfehler nur 1/2 Millimeter betragen und zwar bloß am Rande der Karte; denn in ihrer ganzen Ausdehnung konnte man weder weißgebliebene Conturen noch ein bedeutendes Uebergreifen der Farben ineinander entdeken. Die Akademie beauftragte damals die aus den HHrn. Al. Brongniart, Cordier und Elie de Beaumont zusammengesezte Commission, Bericht darüber zu erstatten. Bei der Ausführung dieser Karte veranlaßten mich Rüksichten der Sparsamkeit, punktirte Linien, welche zur Leitung des Pinsels beim Coloriren aus freier Hand dienen, da sie ohnedieß fast unnüz geworden waren, wegzulassen. Aehnliche Gründe bewogen mich auch, nach Hrn. Käppelins Vorschlag, Farben durch Uebereinandersezung zweier anderer Farben hervorzubringen, wodurch die Anzahl der Abzöge sehr vermindert, folglich auch der Verkaufspreis billiger gestellt werden konnte. Die eilf Farben meiner Karte, Weiß nicht mit inbegriffen, wurden durch vier successive Abdrüke hervorgebracht, nämlich von Indigblau, Kobaltblau, Gelb und Karminroth. Die sieben andern Farben wurden auf folgende Weise erzeugt: das Dunkelgrün und das Hellgrün durch Uebereinandersezen von Gelb und einem der beiden Blau, das Dunkelblau durch beide Blau, das Violett durch das Kobaltblau und das Karminroth, das Orange durch das Gelb und Karminroth; das Gelb mit Karmin-Punktirung gab ein zweites Orange; endlich wurde durch Uebereinandersezen der beiden Blau und des Gelb ein sehr dunkles Grün erhalten. Das Weiß anbelangend brauchen die Räume nur frei gehalten zu werden von jeder Farbe. Um die Steine zum Druk dieser verschiedenen Farben zuzurichten, machte Hr. Käppelin zuerst einen Ueberdruk der gravirten Platte, auf welchen man die Umrisse der Gebirgsarten oder Farben mit der Feder zeichnete; er machte dann Abdrüke davon, welche auf so viele Steine abgeklascht wurden, als einfache Farben vorhanden waren und füllte endlich auf jedem derselben die Stellen, welche farbig erscheinen sollten, mit der Feder oder dem Pinsel aus. Hr. Käppelin gedachte anfangs, sich des Punkturrahmens zu bedienen und hatte sogar schon einen sehr großen verfertigen und mit Stellschrauben versehen lassen, um entweder den Stein oder das zu bedrukende Blatt nach Belieben in sehr geringen Abständen verrüken zu können; allein er verzichtete wieder darauf und bediente sich dann der gewöhnlichen Presse und des, von dem verstorbenen Louis Letronne erfundenen Dikcirkels, welcher die Punkturlöcher entbehrlich macht. Endlich nahm er sehr starkes Maschinenpapier, welches man vorher noch durch Walzen laufen ließ, um jede Strekung desselben bei dem troken vorgenommenen Abziehen zu verhindern. Die Genauigkeit in der Ausführung dieser colorirten Karten von gewiß bedeutender Fläche war so groß, daß ich von 500 Exemplaren nur 50, also von 10 nur eines zurükschlagen mußte, weil die Fehler im Aufeinanderpassen einen Millimeter oder darüber erreichten. Die Fehler in der Karte selbst (denn die Höhendurchschnitte sind nicht so genau aufeinandergepaßt) variiren zwischen einigen Zehntel-Millimetern und einem Millimeter. In den mangelhaftesten Exemplaren sind die Fehler hauptsächlich am Rande der Karte und in den Durchschnitten wahrnehmbar; in der Mitte der Karte betragen sie selten über einen halben Millimeter. Die Abwesenheit der punktirten Linien ist jedoch kein Hinderniß, die Genauigkeit der Aufeinanderpassung zu beurtheilen, weil doch immer die schwarze Linie bleibt, welche den colorirten Theil der Karte begränzt. Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, daß das völlige Zusammentreffen der Farben, sey es nun unter sich, oder mit den punktirten Linien, wo deren vorhanden, obgleich hinsichtlich der Kunst sehr zufriedenstellend, dennoch kein Zeichen der Genauigkeit geologischer Karten ist, weil in den meisten Fällen die Geologen die Stelle der Berührungspunkte verschiedener Gebirgsarten nicht sehr genau bestimmen. In meiner Karte entspricht ein Millimeter etwas weniger als 300 Metern. Schließlich bemerke ich, daß die geologische Gesellschaft in Frankreich im Mai 1843 eine geologische Karte des Departements der Aisne im Groß-Adlerformat und im Januar 1844 eine geologische Karte der Auvergne Halbgroß-Adlerformat, beide von Hrn. Simon mit Farben gedrukt, herausgegeben hat. Endlich drukte Hr. Käppelin selbst schon für das Werk Patria, welches gegen Ende 1845 erscheinen wird, eine gewisse Anzahl Exemplare zweier kleinen Karten und geologischer Höhendurchschnitte von Frankreich und der Umgegend von Paris mit Farben. Hr. Dufrénoy bemerkt, die Leistungen der HHrn. Raulin und Käppelin vollkommen anerkennend daß, wenn auch bei Karten, welche in großem Maaßstab angelegt sind, die Ungenauigkeiten in der Colorirung wenig ausmachen, sie doch den geologischen Angaben einer Generalkarte wie sie die neue geologische Karte von Frankreich ist, allen Werth nehmen würden; an mehreren Stellen, namentlich der Departements der Orne, der untern Seine, der Manche, der Somme etc. kommen nämlich dicht nebeneinanderlaufende Streifen verschiedenartigen Terrains vor, wovon jeder keinen Millimeter breit ist, so daß wenn die Farben nicht auf dem Terrain, welches sie bezeichnen, sich befänden oder in einander übergriffen, sie eine dritte Farbe erzeugen würden, welche gar keinem Terrain angehört. Bei der colorirten Karte des Hrn. Derenémesnil fällt jede Farbe mathematisch genau auf jede geologische Abtheilung.