Titel: Ueber die Desinfection der festen Excremente mittelst Eisenvitriols und ihre Anwendung als flüssiger Dünger; von Schattenmann.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXXX., S. 312
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LXXX. Ueber die Desinfection der festen Excremente mittelst Eisenvitriols und ihre Anwendung als fluͤssiger Duͤnger; von Schattenmann.Eine fruͤher erschienene Notiz des Verf. uͤber denselben Gegenstand wurde im polytech. Journal Bd. XCII S. 467 mitgetheilt. A. d. R. Aus dem Moniteur industriel. Januar 1845, No. 892. Schattenmann, über die Desinfection der festen Excremente mittelst Eisenvitriols. Die unangenehmen und schädlichen Ausdunstungen der festen Excremente (des Menschenkoths) rühren von der Verflüchtigung des Ammoniaks und der Bildung von Schwefelwasserstoff her, welcher die Menschen mit Erstikungsanfällen bedroht und Farben und Metalle schwärzt. Man hilft beiden Uebelständen dadurch ab, daß man in diese Excremente Eisenvitriollösung schüttet; es findet nämlich dann sogleich Zersezung durch doppelte Wahlverwandtschaft statt; die Schwefelsäure des Eisenvitriols verwandelt das kohlensaure Ammoniak in schwefelsaures Ammoniak, welches fixe Salz sich nicht verflüchtigt; das Eisen hingegen verbindet sich mit dem Schwefel zu Schwefeleisen, welches kein Schwefelwasserstoffgas mehr entwikelt. Die so desinficirten Excremente können ohne Anstand zur Tageszeit abgeführt und auf Felder und Wiesen ausgebreitet werden, ohne daß die Arbeiter in irgend einer Weise belästigt werden. Diese Desinfection mittelst Eisenvitriols erfüllt also den doppelten Zwek jede Belästigung zu beseitigen und den Excrementen doch ihre Düngkraft vollkommen zu erhalten, während, wenn sie in ihrem natürlichen Zustand ausgebreitet werden, das kohlensaure Ammoniak, welches ihren wirksamsten Bestandtheil ausmacht, sich verflüchtigt und durch den Einfluß der Luft und der Sonne verloren geht. Zwei Liter Excremente, mit Eisenvitriol von 2 Grad nach Baumé's Aräometer gesättigt, reichen zum Düngen eines Quadratmeters Wiese, und die Hälfte, oder 1 Liter, zu einem Quadratmeter Weizen, Gerste oder Hafer hin. Sezt man den Getreidearten mehr zu, so wachsen sie zu stark, legen sich um und geben mehr Stroh und weniger Körner. Die desinficirten Excremente können mit Vortheil zum Düngen der Küchengewächse, des Hanfs, Tabaks und Leins gebraucht werden, sind aber ohne Einfluß auf den Klee und die Luzerne, auf welche das Ammoniak nicht einwirkt. Doch muß man nicht zu viel davon ausbreiten, denn im Uebermaaß angewandt, richten sie die Gewächse zu Grunde. Sind die Excremente zu substanciell, was man an den angezeigten Aräometergraden erkennt, so kann man sie mit Wasser verdünnen oder weniger davon ausbreiten, so wie man auch, wenn sie etwas weniger als 2 Grad Baumé zeigen, mehr davon nehmen kann. Der Ammoniakgehalt der Excremente ist nach der Nahrung der Menschen von welchen sie herrühren, oft auch weil Wasser hineingeschüttet wird, verschieden; man muß sich daher mit der Quantität des hinein zu gießenden Eisenvitriols darnach richten. Gewöhnlich reichen 2 bis 3 Pfd. Eisenvitriol hin, um so viel Excremente als den Raum von 100 Pfd. Wasser einnehmen, zu sättigen. Ihre Sättigung läßt sich leicht dadurch erkennen, daß man einen Tropfen derselben auf ein Blättchen weißes Papier bringt und mit einem in eine Auflösung von rothem Blutlaugensalz getauchten Hölzchen darüber fährt; denn sobald Eisenvitriol im Ueberschuß vorhanden ist, bildet sich Berlinerblau und es ist dieß ein sicheres Zeichen, daß die Masse gesättigt und ein Ueberschuß von Eisenvitriol vorhanden ist, welcher, weit entfernt dem Wachsthum schädlich zu seyn, in kleiner Menge sogar fördernd darauf einwirkt. Der Eisenvitriol ist in Wasser leicht löslich und 1 Pfd. davon zergeht in weniger als einer Stunde in 1 Pfd. kaltem Wasser, wodurch man eine Lauge von 25 Graden (Baumé) erhält. Dieselbe Quantität dieses Salzes löst sich in 10 Minuten in heißem Wasser auf und gibt eine Lauge von 30 Graden. Doch muß der ins Wasser gebrachte Eisenvitriol umgerührt oder in einem Korbe hineingehangen werden, welchen man bisweilen etwas schüttelt, weil dieses Salz sonst auf dem Boden unaufgelöst liegen bliebe. Der aufgelöste Eisenvitriol wird in die Abtrittgrube durch die zu ihrer Reinigung bestimmte Oeffnung gebracht und mittelst einer Kehrstange umgerührt, welche aus einer hölzernen Stange verfertigt wird, an deren Ende man ein ungefähr 1 1/2 Fuß langes und 7 Zoll breites Brett befestigt, um die desinficirende Flüssigkeit überall hindringen zu machen. Durch das Einstoßen der Kehrstange in die Masse und eine darauf folgende rasche Bewegung rükwärts wird die ganze flüssige Masse in Bewegung gesezt. In dem Maaße als die Desinfection vorwärts schreitet, verschwindet der Geruch und mit ihrer Vollendung bilden die Excremente eine schwärzliche, nunmehr durch ihren Geruch nicht mehr belästigende Masse. Nach dem Ausräumen der Grube kann man noch etwas Eisenvitriollösung hineinbringen, um die später hineinkommenden Excremente zu desinficiren, oder man kann auch von Zeit zu Zeit solche Flüssigkeit hineinschütten, um die Masse zu sättigen und die Ausdünstung von Ammoniak und Gas zu verhindern. Die häufig zum Beseitigen der Dünste angebrachten Luftzüge sind, wo man desinficirt, nicht mehr nöthig; man ist also der von ihnen verursachten Uebelstände überhoben. Pflanzenüberreste und anderer Unrath sollen nicht, wie dieß in manchen Häusern geschieht, in die Abtrittgrube geworfen werden, damit ihr unangenehmer Geruch vermieden und die Ausräumung und Anwendung der Excremente nicht durch feste Körper erschwert werde.