Titel: Nagel's Kreiselrad.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXXXIII., S. 333
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LXXXIII. Nagel's Kreiselrad. Mit Abbildungen auf Tab. V. Nagel's Kreiselrad. Die Kreiselräder (Turbinen), welche Hr. Nagel in Hamburg bereits mehrfach ausgeführt hat, haben durch die darüber bekannt gewordenen Notizen (polytechnisches Journal Bd. XC S. 155 und Bd. XCI S. 403) die Aufmerksamkeit aller Betheiligten erregt; es freut uns daher folgende Beschreibung derselben von Hrn. Professor Rühlmann aus dem Gewerbeblatt für Hannover, Jahrgang 1844, 5tes Heft mittheilen zu können. Fig. 64 zeigt das Rad nebst Zubehör im Aufrisse; Fig. 65 im Grundrisse; Fig. 66 den Verticaldurchschnitt der wichtigsten Theile, wie Leitcurven-Apparat, Zapfenanordnung etc. und Fig. 67 den Horizontaldurchschnitt von Fig. 66. Man sieht zuerst hieraus, daß das Constructionsprincip des Rades an sich völlig das von Fourneyron ist. Die Wasserzuführung ist aber bei Nagel's Rädern anders als bei Fourneyron's, d.h. ersteres führt das Wasser von Unten, lezteres von Oben dem Rade zu. Hierauf dürfte jedoch Hr. Nagel nicht den Anspruch machen, der Erste gewesen zu seyn, der solche Anordnungen traf, indem z.B. bekannt ist, daß Hr. Commissionsrath Wedding in Berlin bereits vor vielen Jahren Turbinen mit Wasserzuleitung von Unten angegeben hat und auch unter seiner Leitung ausführen ließ, so wie endlich auch ein solches Rad in dem Notizblatte des Berliner Architekten-Vereins abgebildet und beschrieben sich vorfindet. Als neu am Nagel'schen Rade erscheint uns dagegen die Schüzenführung, so wie besonders die Anordnung, wodurch dem Aufschlagwasser der Zutritt zur Reibungsstelle des Zapfens verwehrt wird. Hienach dürften zur Erläuterung unserer Zeichnungen noch folgende Angaben nöthig seyn. A, A ist der Wasserzuführcanal; B, B das auf der Betriebwelle C festgekeilte Rad; D, D der Leitcurven-Apparat, der mit seiner Nabe auf dem gußeisernen, völlig feststehenden Ständer E so aufgebracht ist, daß er sich an diesem auf- und abschieben läßt. F, F sind Holzbaken, welche zwischen die Enden der Leitcurven treten. G ist der in den Ständer E eingeschobene und mittelst eines Keils x festgestellte Zapfen, auf welchem das Rad B mit der Welle C gleichsam gehangen ist, und um diesen sich dreht. Die Oehlzuführung für den Zapfen erfolgt durch eine Bohrung y in der Welle C und der Zutritt des Aufschlagswassers zum Zapfen ist auf folgende sinnreiche Weise abgesperrt. Wie besonders aus Fig. 68 erhellt, ist zwischen der Welle C und der Nabe des Rades B ein (im Durchschnitt gezeichneter) Blechcylinder u eingeschoben, der in eine kreisförmige Nuth v am Kopfe des Ständers E tritt und sich in dieser frei bewegen kann. Ebenfalls oberhalb oben am Mantel von E ist ein zweiter dem ersten concentrischer Blechcylinder u aufgesezt, dessen obere freie Kante beinahe bis an den Teller reicht, welcher das Rad B trägt. Der auf E verschiebbare Leitcurvenapparat vertritt gleichzeitig die Stelle des Schüzens, d.h. die Oeffnungen an den Enden der Leitcurven werden verringert, sobald D herabgezogen, vergrößert wenn D hinaufgezogen wird. Der Aufzug selbst erfolgt durch ein Hebelwerk und es kann vom Innern des Gebäudes überhaupt vom beliebigen Orte aus bewirkt werden. In den Oeffnungen m, m der Nabe des Leitcurvenapparates D sind Zugstangen n (Fig. 64) befestigt, deren Enden mit Gelenken o, p verbunden sind, welche leztere wieder mit Hebeln p, q und einem Hebel r vereinigt, endlich die erforderlichen Stellungen mit Hülfe einer Zugstange t zulassen. (Die Welle s, woran der Hebel r, z befindlich, geht natürlich durch eine – in der Zeichnung angegebene – Stopfbüchse.) Am obern Ende der Zugstange ist eine Zahnstange gebildet, welche mit Triebrad, Kurbel etc. in Verbindung steht. Alles Weitere ist jedenfalls von selbst klar. Bemerken wir indeß noch, daß die von Nagel bestimmten Constructionsverhältnisse recht gut gewählt zu seyn scheinen, die Erfolg versprechen, wenn nur sonst diese Räder nicht als das non plus ultra für alle vorkommenden Fälle betrachtet werden. Namentlich dürfte zu bemerken seyn, daß da, wo man noch gute oberschlägige Räder anzubringen im Stande ist, Turbinen durchaus wegbleiben sollen. Was endlich noch die Zuführung des Wassers von Unten anlangt, so möchte zu bemerken seyn, daß hiedurch 1) das Wasser zweimal mehr aus seiner Richtung abgelenkt wird, als wenn man solches von Oben zuführt; 2) ein Schmuz- und Schlamm-Reservoir unter dem Rade gebildet wird und 3) in vielen Fällen der Apparat zur Aufnahme des Wassers, bevor es in das Rad tritt, für eine recht vortheilhafte Wirkung, nicht so bequem beliebig groß genug gemacht werden kann, als bei der Zuleitung von Oben. Völlig entscheidend dürften erst mehrfache Erfahrungen über beide Constructionsarten seyn.“

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