Titel: | Ueber das Härten der Federn und der andern aus Stahl angefertigten Gewehrtheile; von E. O. Schmidt und C. Martin, Büchsenmacher. |
Autor: | Eduard Oscar Schmidt [GND] |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXXXVI., S. 344 |
Download: | XML |
LXXXVI.
Ueber das Haͤrten der Federn und der
andern aus Stahl angefertigten Gewehrtheile; von E. O. Schmidt und C. Martin, Buͤchsenmacher.
Schmidt u. Martin, über das Härten der Federn der
Gewehrtheile.
Der zu den Federn angewendete Stahl muß von bester Qualität seyn und zwar fertigt der
Büchsenmacher vorzugsweise seine Federn von englischem Gußstahl, französischem
Federstahl oder steierischem Stahl an. Die aus französischem Stahl angefertigten
Federn haben den Vorzug, daß sie bei richtiger Behandlung weniger als Federn aus
anderm Stahl springen.
Um die Feder von französischem Stahl zu härten, zündet vorerst der Arbeiter ein
Kohlenfeuer an, das eine gleichmäßige Hize verbreiten muß. In der Mitte dieses
Kohlenfeuers legt man die zum Härten bestimmte Feder ein, worauf man das Feuer mit
einem Fächer anfacht, damit es um die Feder herum eine lebhafte Hize verbreitet.
Sobald die Feder in Folge der Hize im Kohlenfeuer eine kirschrothe Farbe erhalten
hat, wird sie in einem hölzernen Gefäß, was mit Wasser angefüllt ist, abgekühlt, was jedoch nicht
zu schnell geschehen muß. Das Wasser, welches zum Abkühlen der Federn dient, darf
keine zu kalte Temperatur haben. Nach erfolgtem Eintauchen zieht man die Feder
wieder aus dem Wasser heraus und gibt derselben nochmals auf den Kohlen eine solche
Wärme, daß man sie noch in der Hand halten kann, worauf die ganze Feder mit einem
Stük Talglicht bestrichen wird, was so geschehen muß, daß alle Stellen derselben mit
Fett überzogen sind. Wenn dieses geschehen ist, so bringt man die Feder wieder auf
hellglühende Kohlen zurük, in Folge dessen sie anfänglich blau und später schwarz
anläuft und endlich hell zu brennen anfängt. Bei diesem Brennen der Feder muß der
Arbeiter genau darauf sehen, daß die Feder auf allen Stellen zugleich brennt; tritt
der Fall ein, daß ein Theil der Feder früher als wie der andere brennt, so muß der
brennende Theil etwas vom Kohlenfeuer abgehoben werden. Sobald das Fett auf der
Feder so verbrannt ist, daß die Feder selbst nicht mehr raucht, alsdann nimmt man
die Feder vom Kohlenfeuer weg und läßt sie auf einem Stük Holz erkalten.
Nach dem völligen Erkalten der Feder wird dieselbe ins Schloß gebracht, was mittelst
des Federhakens geschieht. Der Federhaken, in welchen die Feder eingespannt ist,
darf nur allmählich eng zusammengeschraubt werden, so daß der kleine Ansaz der Feder
unter dem Schloßstulp und den Krappen in die Kette sich hängt. Beim Aufziehen des
Hahns in die Ruhen muß ebenfalls anfänglich ganz vorsichtig verfahren werden, bis
der Hahn einmal in die hintere Ruhe gezogen worden ist.
Soll eine aus Gußstahl angefertigte Feder gehärtet werden, alsdann darf diese nur ein
weniges mehr als dunkelroth erhizt werden. Das Wasser, in welchem eine solche Feder
abgekühlt wird, darf nicht kalt, sondern muß etwas überschlagen seyn. Nach dem
Abkühlen der Feder in dem Wasser, was eben so wie oben erwähnt, geschieht, wird die
Feder ebenfalls so weit erwärmt, daß man sie noch in der Hand halten kann, worauf
man sie dann mit einem Stük Talglicht gleichmäßig befettet. Die so befettete Feder
wird mit pulverisirter Kohle aus weichem Holz bestreut und dann auf glühende Kohlen
gelegt, wo der Arbeiter ebenfalls die Feder tüchtig abbrennen läßt. Wenn nun die
Feder gehörig abgebrennt ist, so läßt man sie im Kohlenstaub abkühlen.
Um Federn, die aus steierischem Stahl angefertigt sind, zu härten, erhizt man
dieselben ebenso, wie Federn von französischem Stahl, und behandelt sie mit diesen
auf eine ganz gleiche Weise, jedoch werden die aus steierischem Stahl gemachten Federn nach
ihrem Abbrennen wieder in Wasser abgekühlt.
Was das Härten der andern aus Stahl angefertigten Gewehrtheile anbetrifft, so
verfährt man dabei eben so, als wie die Federn gehärtet werden, welche aus
steierischem Stahl angefertigt worden sind.
Von dem Härten der aus Eisen
angefertigten Gewehrtheile.
Bevor die aus Eisen angefertigten Gewehrtheile gehärtet werden können, müssen
dieselben erst geschmirgelt werden, so daß diese Eisentheile vor dem Einsezen einen
lebhaften Glanz bekommen. Zum Schmirgeln der Theile wendet man mehrere aus
Buchen- oder Nußbaumholz angefertigte Stäbchen an, die glatt geschnitten oder
gehobelt sind, und auf deren platte Fläche Schmirgel aufgetragen wird. Mit diesem
Schmirgel, den man mit Oehl zu einem Brei angerieben hat, werden die Eisentheile an
allen Stellen so lange geschliffen, bis alle Feilstriche aus denselben entfernt sind
und die Eisentheile eine glatte, polirte Fläche erhalten. Um den Schmirgel aus den
gravirten Stellen der Eisentheile zu entfernen, wirft man diese in ein mit heißem
Wasser angefülltes Gefäß und bürstet sie dann mit einer harten Bürste und Seife ab,
in Folge dessen sich aller Schmuz entfernt. Hierauf werden diese abgebürsteten
Theile mit einem weichen Tuch abgetroknet und dann auf einer warmen Platte vollends
getroknet.
Zum Härten der Eisentheile selbst wendet man Leder an und vorzugsweise solches, das
längere Zeit schon dem Einfluß der Witterung ausgesezt gewesen ist, wie z.B.
Fußbekleidung. Diese Lederstüke werden auf ein lebhaftes Feuer gebracht, wo sie sich
in Kohle verwandeln. Sobald in Folge dieser Operation alle im Leder befindlichen
Fetttheile entfernt sind, so nimmt man diese Lederkohlen, die während der Verkohlung
der Lederstüke sich nicht zerbrökeln, wenn der Arbeiter aufmerksam ist, und bringt
sie in einen eisernen Topf, der so verschlossen wird, daß aus Mangel an Luft die
Lederkohle in demselben erstikt. Hat man die zum Härten der Eisentheile nöthige
Quantität von Kohle gebrannt, dann zerreibt man die Lederkohlen in Stükchen von der
Größe der groben Schrotkörner und entfernt die dabei entstehende Asche.
In einem der Größe der zu härtenden Eisentheile angemessenen Blechkasten wird auf den
Boden eine Schicht von Lederkohle gebildet und dann alle Eisentheile, die gehärtet
werden sollen, mit ihrer hohen Kante auf diese Schicht gelegt, wobei jedoch zu
berüksichtigen ist, daß sich die Eisentheile nicht unter einander und auch nicht die
Wände des Blechkastens berühren, sondern ringsherum in Lederkohle eingehüllt sind. Ist der Kasten
nach Vorschrift völlig mit Lederkohle angefüllt, so verschließt man denselben mit
einem Dekel und sezt den Kasten so in ein Kohlenfeuer ein, daß er ringsherum mit
glühenden Kohlen umgeben ist.
Der Arbeiter muß bei dem Kohlenfeuer seine Aufmerksamkeit darauf richten, ob das
Feuer viel oder wenig Zug hat. Hat das Kohlenfeuer viel Zug, alsdann können in einem
Blechkasten von 9 bis 10 Zoll Länge, von 6 Zoll Breite und 4 Zoll Höhe, die in
demselben eingesezten Eisentheile nach Verlauf von 35 bis 38 Minuten vollkommen so
in der Lederkohle erhizt seyn, daß man sie in ein mit 14 Maaß Wasser angefülltes
hölzernes Gefäß mit sammt der Lederkohle schütten kann. Wenn der Inhalt des
Blechkastens in dem Wasser ausgeleert werden soll, so muß dieses so nahe als wie
möglich an der Oberfläche des Wassers und auf die schnellste Weise geschehen. Führt
der Arbeiter die hier angegebene Operation mit Vorsicht und Aufmerksamkeit aus, dann
kann er versichert seyn, daß ihm das Einsezen der Eisentheile jedesmal gelingen
wird. Werden die so behandelten Eisentheile nach dem Erkalten aus dem Wasser
herausgenommen, so zeigen dieselben eine mannichfaltige Farbenschattirung, die vom
Büchsenmacher das sogenannte englische Grau genannt wird. Noch bemerke ich, daß zu
dieser Operation kein hartes, sondern weiches Wasser angewendet werden muß.