Titel: Verbesserter Sutcliffe'scher Apparat zur Befestigung zu hebender schwerer Steine an das Zugtau, und dessen Anwendung beim Bau der Main-Eisenbahnbrüke bei Frankfurt; von Dr. Adolph Poppe jun.
Fundstelle: Band 95, Jahrgang 1845, Nr. CV., S. 425
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CV. Verbesserter Sutcliffe'scher Apparat zur Befestigung zu hebender schwerer Steine an das Zugtau, und dessen Anwendung beim Bau der Main-Eisenbahnbruͤke bei Frankfurt; von Dr. Adolph Poppe jun. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Poppe's Hebzeug für Steine. Im polytechnischen Journal Bd. LXXVIII S. 418 findet man am Schlusse eines Artikels, betitelt Sutcliffe's patentirte rotirende Pumpe und allgemeines Hebzeug für Steine“ eine kurze Notiz über einen einfachen, beim Bau der Limerick-Docks angewendeten Apparat zur Befestigung schwerer zu hebender Steine an das Zugtau. Die Vorrichtung verdient vor der gewöhnlichen Befestigungsmethode mit Keilen ihrer leichten, mit sehr geringem Zeitverluste verbundenen Behandlung wegen ohne Zweifel den Vorzug. Die Vorträge über industrielle Mechanik, welche ich im Auftrage des hiesigen Gewerbevereines im Winter 1841/42 hielt, gaben mir Veranlassung für die Modellsammlung dieses Vereines einen solchen Apparat in etwas abgeänderter zwekmäßigerer Form anfertigen zu lassen. Der kleine Apparat, womit versuchsweise ein 110 Pfd. schwerer Stein durch bloßen Seitendruk gegen die senkrechten Wände des in den Stein gemeißelten Loches gehoben wurde, fand den Beifall Sachverständiger. Fig. 30 stellt den Sutcliffe'schen Befestigungsapparat in der abgeänderten Form dar. Die Stelle jenes Halsringes (a, a, Fig. 29 und 30, Tab. VI a. a. O.) der beim Emporziehen durch Einklemmung beider bogenförmigen Eisenstüke den Seitendruk hervorbringt, vertreten hier zwei unter einem stumpfen Winkel gegen einander geneigte eiserne Zugstangen a, c, a, c, welche in die oberen Enden a der krummen Eisenstüke eingehängt und an ihrer Vereinigungsstelle mit einem Ringe c, woran das Zugtau befestigt ist, verbunden sind. Um eine seitliche Verschiebung beider Bogenstüke a, b an ihrer Berührungsstelle während des Hebens unmöglich zu machen, sind an das eine derselben zwei starke Lappen d geschweißt, welche das andere an der Berührungsstelle umfassen. Um den Stein sicherer zu fassen, sind die Bogenstüke an ihrer Angriffsstelle bei b mit schrägen Zähnen bearbeitet und der größeren Dauerhaftigkeit wegen sind diese Theile gut verstählt. Aus der ganzen Einrichtung nun geht hervor, daß der bei c aufwärts gerichtete Zug die beiden Enden a, a einander zu nähern und die untern Enden b, b aus einander zu drängen streben wird und zwar mit um so größerer Kraft, unter je stumpferem Winkel die beiden Stangen a, c gegen einander geneigt sind. Der auf solche Weise in b erzeugte Seitendruk, der sich auf jeden beliebigen Grad steigern läßt und mit dem Gewichte des Steins wächst, reicht hin, den leztern an dem Apparate fest zu halten, ohne daß die in den Stein gemeißelte Vertiefung nach Innen sich zu erweitern braucht. Seit verflossenem Sommer sind mehrere solche Apparate mit sehr günstigem Erfolge beim Pfeilerbau der Eisenbahnbrüke über den Main dahier in Anwendung. Das Heben 80 und mehr Centner schwerer Steine erforderte eine dem Gewichte solcher Massen angemessene solide und sorgfältige Construction des schmiedeisernen Befestigungsapparates. Fig. 31 stellt denselben im Aufriß, Fig. 32 in perspectivischer Ansicht dar. In dieser Gestalt wurde das erste Exemplar des Apparates durch Hrn. Schlossermeister Ranke nach einer Zeichnung des Hrn. Inspector Eyßen dahier angefertigt; auch die Fries'sche Maschinenfabrik in Sachsenhausen liefert denselben jezt um billigen Preis. Die Stelle der Zugstangen a, c, Fig. 30, vertreten hier die Gelenke C und D, welche mit dem oberen Theil der starken Bogenstüke A, B und mit dem Bügel E, an welchem die Zugkraft mittelst des Taues angreift, durch starke Schraubenbolzen scharnierartig verbunden sind. Anstatt der Lappen d, Fig. 30, ist hier ein an das Bogenstük A geschweißter, das andere Bogenstük B lose umfassender Rahmen a, a angebracht. An zwei gegenüberliegenden Seiten enthält dieser Rahmen die Ringe b, mit deren Hülfe das 64 Pfd. wiegende Instrument in das in den Stein gemeißelte Loch eingesezt und aus demselben wieder herausgehoben werden kann. Unter Voraussezung gewisser gegebener Dimensionen läßt sich die Größe des gegen die senkrechten Wände des Loches normal wirkenden Seitendruks leicht bestimmen. Die Kreisbögen kcd, k'cd' Fig. 33, mögen die beiden schmiedeisernen Bogenstüke und bk, bk' die erwähnten Zugstangen vorstellen. Die Skizze stellt den ganzen Apparat in der Spannung dar, in welche er durch die in der Richtung bf der bei b angreifenden Zugkraft versezt wird. Es bezeichne P, die Zugkraft, welche dem Gewichte des zu hebenden Steins gleich ist; Q den Total-Seitendruk, oder Q/2 den auf jeden der Punkte d und d' wirkenden Seitendruk; h = ca die Höhe des Berührungspunktes e beider Bögen über den Angriffspunkten dd '; h' = bc die Entfernung des Berührungspunktes c vom Angriffspunkte b der Kraft; x den Winkel kbc oder die Hälfte des Winkels, welchen die Zugstangen mit einander bilden. Um nun den in dd ' wirkenden Seitendruk Q zu ermitteln, betrachte man das System als aus zwei Winkelhebeln kcd und k'cd' zusammengesezt, deren Stüzpunkt in b liegt, wo sich beide Bogen berühren. Die Zugkraft P läßt sich in zwei nach den Richtungen bk und bk' beider Zugstangen wirkende gleiche Seitenkräfte Q' und Q'' zerlegen, wovon jede, z.B. I.         Q' = P/(2 cos. x) Es verhält sich aber, wenn man von c ein Perpendikel ci auf die Richtung der Kraft Q' fällt, nach bekannten statischen Principien Q/2 : Q' = ci : ca oder Q/2 : Q' = h' sin. x : h; folglich II.       Q = (2 Q' . h' . sin. x)/h; und wenn man in diesem Ausdruk den Werth für Q' aus (I) substituirt III.     Q = (Ph' . sin. x)/(h . cos. x) = Ph'/h . tang. x.; Dieser Ausdruk gibt zu erkennen, daß der Seitendruk in den Punkten d und d' um so größer wird, je größer das Gewicht des Steines, je größer h' im Verhältniß zu h und je größer der Winkel x ist. Für x = 90° würde der Seitendruk unendlich groß ausfallen. Da sich demnach der Seitendruk bis zu jedem beliebigen Grad steigern läßt, so ist die Anordnung so zu treffen, daß der Winkel k'bk, welchen beide Zugstangen mit einander bilden, nicht allzustumpf ausfallen oder gar 180° erreichen kann, weil in diesem Falle eine Sprengung des Steins durch den gewaltigen Seitendruk, oder wenigstens eine Verbiegung der Bogenstüke unausbleiblich wäre. Durch eine größere oder kleinere Weite der einzumeißelnden Vertiefung kann man übrigens den erwähnten Zugstangen jede beliebige Winkelstellung gegen einander geben. Trifft man die Anordnung so, daß bc = 4ac, d.h. h' = 4h und der Winkel x im Momente der Wirksamkeit = 75° wird, so gestaltet sich Q/P = 4 . tang. 75° log. Q/P = log. 4 + log. tang. 75° = 11,1740075 – 10, mithin Q/P = 14,92.. oder Q = 14,92 × P. Für diesen Fall wäre der Totalseitendruk beinahe dem 15fachen des Gewichts der Steinmasse äquivalent. Frankfurt a. M. den 23. Febr. 1845.

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