Titel: Ueber Fairbairn's Röhrendampfkessel mit theilweiser Rauchverbrennung; von Hrn. Prof. Dr. Rühlmann.
Fundstelle: Band 131, Jahrgang 1854, Nr. LXI., S. 242
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LXI. Ueber Fairbairn's Röhrendampfkessel mit theilweiser Rauchverbrennung; von Hrn. Prof. Dr. Rühlmann. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbe-Vereins, 1853, Heft 6. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Rühlmann, über Fairbairn's Röhrendampfkessel mit theilweiser Rauchverbrennung. Bei meinen Besuchen industrieller Etablissements Großbritanniens und Irlands, während der Industrie-Ausstellung sowie in dem darauf folgenden Jahre, hatte ich vielfache Gelegenheit Fairbairn's (in Manchester) Dampfkessel mit inwendiger Feuerung in zwei neben einander liegenden Röhren eines Hauptkessels in Anwendung zu finden, und deren fast ungetheiltes Lob aussprechen zu hören. Auf dem Continente waren mir ausgeführte Kessel dieser Art noch nirgend vorgekommen und scheint überhaupt in weiteren technischen Kreisen nicht mehr davon bekannt geworden zu seyn, als was sich im Civil Engineer von 1845 und daraus im polytechnischen Centralblatte Jahrg. 1845, S. 153 mitgetheilt vorfindet. Wie es aber so oft mit werthvollen Dingen und namentlich Verbesserungen zu gehen pflegt: man schafft sie und läßt sie unbeachtet liegen, weil gewöhnlich zu viel Neues empfohlen wird und es nicht Jedermanns Sache ist, den Prüfstein anzulegen und das Gute zu behalten; gerade so erging es, wenigstens in Deutschland und (meines Wissens) in Frankreich, Fairbairn's Kesselform, d.h. sie blieb unausgeführt. Einfache Cylinderkessel, oder solche mit Siederöhren, seltener Cornwallkessel mit einem einzigen Rohre, in welchem sich die Feuerung befindet, waren die Kessel, welche von den Maschinenwerkstätten geliefert wurden, obwohl gerade die Mechaniker am besten von den größeren oder kleineren Mängeln derselben unterrichtet seyn mußten. Recht erfreulich war es mir daher, kürzlich von dem englischen Maschinenfabrikanten und Ingenieur Hrn. Kay in Bury (Lancashire) zu vernehmen, daß man die Vortheile der Fairbairn-Kessel in England immer mehr erkenne, er selbst gegenwärtig nur derartige Kessel in Anwendung bringen lasse und deßhalb auch für die im Bau begriffene hannoversche Actien-Baumwollen-Spinnerei und Weberei solche Kessel anzuschaffen gerathen habe. Unter diesen Umständen halte ich es nicht für überflüssig, nach einem Zeitraume von beinahe 10 Jahren (im April 1844 erhielt Fairbairn das erste Patent) auf diese Kessel einmal wieder aufmerksam zu machen und vielleicht zu deren größeren Verbreitung in Deutschland etwas beizutragen. Von den sechs verschiedenen Ansichten des Kessels auf Tab. IV stellt Fig. 11 den Längendurchschnitt dar; Fig. 12 den Horizontaldurchschnitt in der Deckenrichtung der Feuerröhren genommen; Fig. 13 einen Querdurchschnitt nach der Richtung der Linie αβ von Fig. 11; Fig. 14 die Vorderansicht mit den Feuerthüren und dem Mannloche m, m; endlich Fig. 15 und 16 die Verstärkung der ebenen Endflächen durch Winkeleisen und Eckbleche, nach größerem Maaßstabe. Der Kesselkörper A ist durchaus cylindrisch und hat, in dem oben erwähnten Falle der Anwendung, eine Länge von 30 Fuß bei 7 Fuß Durchmesser. Jede der Feuerröhren B und B' hat 2 Fuß 7 1/2 Zoll Durchmesser; an den Roststellen D, D' und den Feuerbrücken E, E' jedoch eine etwas größere Höhe um Raum zu gewinnen, so daß daselbst der Querschnitt etwas elliptisch ist.Ein für die oben gedachte hannoversche Actien-Spinnerei und Weberei so eben angekommener Kessel zeigt, daß der Ingenieur C. Kay die Feuerröhren nächst der Roststelle nicht erweitert, sondern von durchaus gleichem Durchmesser, also überall kreisförmig im Querschnitte gestaltet hat. Der innere Durchmesser beträgt überall 2 Fuß 7 Zoll englisch. Unter den Feuerbrücken sind (in bekannter Weise) besondere Durchgangs-Oeffnungen angebracht, um frische atmosphärische Luft dem Raume hinter der Brücke zuzuführen und daselbst den Verbrennungsproceß zu erhöhen. Befindet sich der Kessel im Betriebe, so gehen die bei der Verbrennung sich bildenden Gase nebst dem Rauche von den Feuerstellen D, E und D', E' aus in den Röhren B, B' nach den Enden F, F' derselben, strömen in den Zug G unter dem Kessel und von hier weiter durch den Canal H unter den Rosten hinweg nach dem Seitenzuge J, J, und endlich durch den Hauptzug K in den Schornstein. Hiernach erkennt man leicht den einen Vortheil, welchen diese Kessel bieten, nämlich den der theilweisen Rauchverbrennung. Jedermann weiß, daß der unangenehmste, stärkste und schwärzeste Qualm unmittelbar in und nach der Zeit der Schornsteinmündung entströmt, wo frisches Brennmaterial (Kohlen) aufgeschüttet wird. Erfolgt nun dieses Aufschütten auf dem einen Roste, während das Feuer des andern Rostes im vollkommensten Gange ist, so wird wegen Vereinigung der Ströme aus beiden Feuerröhren in C und weiter in G nothwendig eine partielle Verbrennung derjenigen Theile bewirkt, welche bei und unmittelbar nach dem Aufschütten unverbrannt entweichen. Ein zweiter Vortheil, den diese Kessel gewähren, ist ein relativer, gegenüber den sogenannten Cornwallkesseln mit einem einzigen Rohre für inwendige Feuerung, nämlich der, daß unter übrigens gleichen Umständen der Wasserstand über den Scheiteln der Feuerröhren stets verhältnißmäßig größer seyn kann, und daher ein Durchbrennen dieser Stellen weit weniger zu erwarten steht, als dieß bei den Cornwallkesseln der Fall ist. Gegenüber dem Patente vom Jahre 1845 haben diese Kessel zur Zeit zwei Verbesserungen erhalten, die mir nicht minder wichtig erscheinen. Erstens hat man sie an den bei Kesseln mit inwendiger Feuerung fast nicht zu umgehenden flachen Endplatten mit den Fig. 15 und 16 angegebenen Verstärkungen versehen und dadurch diese Stellen gewiß eben so stark gemacht wie die übrigen gekrümmten Kesselpartien. Zweitens hat man ein Mannloch m, m, Fig. 14, angebracht, ohne welches der unter den Feuerröhren befindliche Kesseltheil schwer zu reinigen und von Kesselstein zu befreien seyn würde. Vor Kurzem hat Fairbairn eine noch andere Verbesserung (?) dieses Kessels ausgeführt, welche darin besteht, daß die Feuercanäle B, B' sich, bei 30 Fuß Kessellänge etwa 10 Fuß von der Vorderseite des Kessels entfernt, in einen einzigen ungefähr 10 Fuß langen Cylinder (den Fairbairn die Mischungskammer nennt) vereinigen, die übrigen 10 Fuß aber einen Röhrenkessel, ähnlich denen der Dampfwagen, bilden, um die aus der Mischungskammer entweichende Wärme zu absorbiren und auf das umgebende Wasser zu übertragen. Eine freilich ziemlich unvollständige Abbildung dieser letztbemerkten Kesselform enthält die October-Nummer (1852, S. 330) des Civil Engineer Journal, hieraus das polytechn. Journal Bd. CXXVII S. 89. Jedenfalls ist der zuletzt gedachte Kessel, wie alle Röhrenkessel, für Zwecke des gewöhnlichen Gewerbsbetriebes zu theuer, obwohl nicht geläugnet werden kann, daß die Anbringung der erwähnten Mischungskammer ein Mittel mehr ist um auf Verbrennung des Rauches noch besser einzuwirken, als bei den erst beschriebenen Fairbairn'schen Kesseln. Zur Zeit ist überhaupt die Frage des vollständigen Rauchverbrennens noch ungelöst, so mannichfach auch die Ideen und Ausführungen aller Art sind, um dieß allerdings oft recht fühlbare Uebel zu beseitigen.Eine reichhaltige Literaturangabe dieses Gegenstandes findet sich S. 283 in Alban's Werke: „Die Hochdruckdampfmaschine.“ Gegenwärtig ist die technische Welt höchst neugierig, in welcher Weise dem von der englischen Regierung kürzlich bekannt gemachten Gesetze entsprochen werden, und welche neue(?) Erfindung dieß hervorrufen wird, da nach demselben, vom 1. August 1854 an, allen Dampfessen der Stadt London, sowie allen Dampfschiffen, welche zwischen Richmond und London Bridge auf der Themse fahren, das Verbreiten von Rauch untersagt ist!

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