| Titel: | Das Kuliren und die Kulirgeschwindigkeiten verschiedener Wirkmaschinen; von Gustav Willkomm, Direktor der Strumpfwirkerschule in Limbach bei Chemnitz. | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. IX., S. 13 | 
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                        IX.
                        Das Kuliren und die Kulirgeschwindigkeiten verschiedener Wirkmaschinen; von Gustav Willkomm, Direktor der Strumpfwirkerschule in Limbach
                           bei Chemnitz.Aus des Verfassers dießjähriger „Einladungsschrift“ der
                                 Strumpfwirkerschule zu Limbach.
                           
                        Willkomm, über das Kuliren und die Kulirgeschwindigkeiten verschiedener Wirkmaschinen.
                        
                     
                        
                           Mit dem Worte „Kuliren“ bezeichnet man in denjenigen Wirkereiarbeiten, in welchen man nur Einen Faden mit sich
                              selbst zu Maschen eines Gewirkes verbindet, die Verrichtung, durch welche ein über die Nadelreihe gelegter Faden zu Schleifen
                              zwischen
                              die Nadeln eingebogen und eingedrückt wird. Man verwendet dazu in der Regel dünne Blechstücke, die sogen. Platinen, welche
                              zwischen
                              den Nadeln stehen, der Reihe nach senkrecht gegen deren Richtung bewegt werden und dabei mit ihren vorspringenden Ecken den
                              Faden
                              erfassen und durchbiegen. Das Wort „Kuliren“ ist jedenfalls abzuleiten von dem französischen Wort „couler,“ d. i. das „Einschieben“ der Platinen in die Nadellücken; es
                              ist daher Wohl thunlich und gerathen, das deutsche Wort mit obiger Schreibweise zu bilden und zu verwenden, wenn man nicht
                              genau das
                              französische Wort „couler“ gebrauchen will. Letzteres ist aber auch bedenklich, denn
                              der französische technische Ausdruck für die Verrichtung welche wir allgemein „Kuliren“ nennen, ist nicht
                              „couler,“ sondern „cueillir,“ und daher mag es wohl kommen, daß man so mancherlei verschiedenen Wörtern für den genannten Begriff
                              begegnet, wie z.B. colliren, goliren, collören etc., welche alle sich nicht
                              so einfach und treffend ableiten lassen als das Wort „kuliren.“
                              
                           Für die Maschenbildung mit den schon seit Erfindung der Wirkerei und noch jetzt zumeist verwendeten Haken- oder
                              Spitzen-Nadeln benutzt man immer Platinen, also dünne Blechstäbe, zum Kuliren des Fadens, wenn die Nadeln entweder alle fest
                              liegen oder alle gleichzeitig (also nicht jede einzeln) beweglich sind. Diese Platinen werden entweder direct in die Nadellücken
                              eingeschoben (bei direct auf die Platinen wirkendem Rößchen) oder sie hängen an zweiarmigen Hebeln, den Schwingen oder Unden,
                              und
                              werden durch Verschieben dieser letzteren bewegt. Ist nun die Wirkmaschine sehr fein, d.h. sind ihre Nadeln dünn und stehen
                              sie eng
                              aneinander, so müssen auch die Platinen, wenn sie in jede Nadellücke den Faden eindrücken sollen, eng aneinander liegen und
                              die
                              Schwingen können dann nur dünn seyn. Allzu dünne Schwingen sind aber nicht mehr so stabil, wie die Genauigkeit der
                              Wirkerei-Arbeiten es erfordert; um daher die Erreichung dieser gefährlichen Grenze zu vermeiden, hat man die an Schwingen
                              hängenden, sogen, fallenden Platinen nicht mehr in allen Nadellücken, sondern erst in je der zweiten oder dritten Lücke angebracht,
                              so
                              daß die Schwingen die Stärke von zwei oder drei Nadeltheilungen erhalten. In den zwischenliegenden Nadellücken stehen auch
                              Platinen,
                              die sogen, stehenden Platinen, welche während des Kulirens der fallenden Platinen sich nicht bewegen, sondern erst nach demselben
                              in
                              ihre Nadellücken eintreten, wobei die fallenden Platinen aus den ihrigen sich ein Stück zurückziehen, so daß nun die langen
                              kulirten
                              Schleifen auf alle Nadeln vertheilt werden. Hieraus folgt, daß man die von den fallenden Platinen herzustellenden Schleifen
                              so lang zu
                              machen hat, daß sie an die Nachbarnadeln beim Vertheilen Faden abgeben können.
                           Man nennt nun diejenigen Wirkmaschinen oder Wirtstühle „einnädlig“ oder
                              „Einnadel-Stühle,“ in denen die fallenden Platinen in jeder Nadellücke stehen, so daß also immer nur
                              Eine Nadel zwischen zwei fallenden Platinen liegt. Solche Stühle bilden die sämmtlichen Schleifen sogleich beim Kuliren oder,
                              wie man
                              sich ausdrückt, sie kuliren nur und vertheilen nicht. Steht aber immer je eine fallende Platine in einer Nadellücke um die
                              andere,
                              liegen also zwei Nadeln zwischen je zwei fallenden Platinen, so ist der Stuhl „zweinädlig;“ in ihm wird erst
                              kulirt und es entstehen Schleifen von der doppelten nothwendigen Länge, und hierauf werden diese in alle Nadellücken vertheilt.
                              Liegen
                              endlich drei Nadeln zwischen je zwei fallenden Platinen, so ist der Stuhl „dreinädlig;“ in ihm wird natürlich
                              auch kulirt und vertheilt, und die letztere Arbeit hat durch je zwei neben
                              einander befindliche stehende Platinen den Faden, welchen die benachbarten lang kulirten Schleifen abgeben müssen, gleichmäßig
                              in ihre
                              Nadellücken einzubiegen.
                           Untersucht man die eben genannten drei Arten der Wirkstühle in Bezug auf die gleichmäßige Maschenlänge der Waare welche sie
                              liefern, so
                              findet man, daß die Dreinadelstühle die unvollkommensten sind, weil es nicht möglich ist, durch das Vertheilen einer kulirten
                              Schleife
                              auf drei Nadeln ganz gleiche Schleifenlängen, also Maschengrößen, zu erreichen. Die Waare von solchen Stühlen zeigt immer
                              kurze und
                              lange Maschen, welche sich erst bei späterer Behandlung und Vorrichtung, namentlich durch wiederholtes Ausziehen der Waare
                              in
                              verschiedener Richtung, etwas gegen einander ausgleichen. Man hat Dreinadelstühle eben nur aus constructiven Rücksichten bauen
                              müssen;
                              in hölzernen Stühlen werden die Schwingen für feine Nummern noch nicht stark genug, wenn man Ein- oder Zwei-Nadelstühle
                              herstellt, sie verziehen sich leicht und arbeiten nicht sicher. Ueber den gegenseitigen Werth der Ein- und
                              Zwei-Nadelstühle hört man oft verschiedene, einander widersprechende Urtheile, da nach der Meinung des Einen die ersteren
                              und
                              nach der des Anderen die letzteren gleichmäßiger kuliren sollen. Diese Widersprüche lassen sich wohl in folgender Weise erklären.
                              Wenn
                              in dem Einnadelstuhle vorsichtig und langsam kulirt wird, so nimmt eine Platine nach der anderen ihre bestimmte Fadenlänge
                              hinweg und
                              biegt sie zur Form der Schleife um, ohne den Faden erheblich zu spannen; erfolgt aber das Kuliren sehr schnell, so treffen
                              die
                              Platinen mit plötzlichem Stoß auf den Faden und stoßen ihn in Schleifenform weiter als sie selbst schließlich reichen, stellen
                              also
                              jedenfalls ungleich lange Schleifen her. Im Einnadelstuhl hat man kein Mittel mehr, diese Ungleichheiten wieder aufzuheben;
                              kommt aber
                              der erwähnte Uebelstand im Zweinadelstuhl vor, so ist es darin wohl noch möglich, durch das Vertheilen möglichst gleiche Fadenlängen
                              auf allen Nadeln zu erhalten. Im Einnadelstuhl muß also jedenfalls mit größerer Vorsicht und Genauigkeit kulirt werden, als
                              dieß im
                              Zweinadelstuhl nöthig ist. In letzterem ist aber auch das Vertheilen leichter und kann zu größerer Gleichmäßigkeit der Schleifen
                              führen als im Dreinadelstuhl, da in ihm immer nur je eine stehende Platine ihre Schleise zu bilden hat, zu welcher die lang
                              kulirten
                              Nachbarschleifen oder Henkel den Faden abgeben.
                           Das Kuliren gleich langer Henkel ist für die Herstellung guter Wirkwaaren ebenso wichtig, wie die richtige Wahl der Nadeltheilung
                              und
                              Garnstärke; zur Erreichung dessen muß vor allen Dingen die wesentlichste Bedingung erfüllt werden: es dürfen nicht zwei oder
                              mehrere
                              Platinen gleichzeitig den Faden erfassen, damit derselbe nicht gedrängt und
                              angespannt wird; es muß also immer eine Platine erst ihre Schleife zur vollständigen Länge hindurchgedrückt haben, ehe eine
                              folgende
                              Platine auf den Faden trifft und ihn einbiegt. Auf Erfüllung dieser Bedingung sind nun die verschiedenen zum Kuliren verwendeten
                              Mittel und Maschinentheile zu prüfen. Dafür wird es wohl gleichgültig seyn, ob ein Stuhl ein- oder mehrnädlig eingerichtet
                              ist,
                              denn im letzteren Falle liegen wohl die Kulirplatinen weiter auseinander und das sie bewegende Maschinenelement könnte deßhalb
                              leichter die richtige Form erhalten; aber die Platinen sind auch in demselben Verhältniß weiter zu schieben, da die Schleifen
                              länger
                              werden müssen als im Einnadelstuhl, und man hat folglich nicht irgend welche Zeit zwischen der Bewegung zweier Platinen gewonnen.
                           In den flachen Hand- und mechanischen Stühlen, welche festliegende oder bewegliche Nadelbarre, nicht
                              aber einzeln bewegliche Nadeln enthalten, bewegt man die Schwingen mit den fallenden Platinen oder letztere direct entweder
                              durch die
                              gekrümmt keilförmigen Flächen eines Rößchens oder durch die schiefen Zähne einer Walze. Die Form des Rößchens und die Stellung
                              der
                              Walzenzähne gegen die Schwingen kann man sich aber in jedem speciellen Falle so zeichnen und construiren, daß der verlangten
                              Bedingung
                              des Kulirens möglichst entsprochen wird; das Zurücklegen des letzten Wegstückes einer jeden Platine, auf welches sie den Faden
                              zwischen den Nadeln einbiegt, hat so schnell zu erfolgen, daß es beendet ist, ehe die folgende Platine auf den Faden trifft.
                              In
                              Rößchenstühlen mit oder ohne Schwingen läßt man behufs sicherer Erreichung dieser größeren Geschwindigkeit gegen jedes schief
                              abgeschnittene Schwingen- oder Platinenende eine Feder drücken, wodurch die Bewegung der Platine beschleunigt wird. Walze
                              und
                              Rößchen sind nun als vorzügliche Kulirapparate an den meisten flachen Stühlen verwendet, nur in einzelnen Fällen findet sich
                              die
                              folgende andere Einrichtung vor: Die Kulirplatinen sitzen mit vorspringenden Nasen auf einer horizontalen Stange auf, werden
                              der Reihe
                              nach durch einen keilförmigen Schieber davon abgeschoben und dann durch Spiralfedern bis auf das Mühleisen herabgezogen, wobei
                              sie den
                              Faden kuliren; in feinen Stühlen fehlt aber der Platz für die einzelnen Federn und in sehr starken Stühlen müssen die letzteren
                              zu
                              lang ausgezogen, also zu sehr angespannt werden, um die genügende Kulirtiefe zu erreichen, ihre Befestigung ist auch allenthalben
                              nicht sicher genug und ihre Spannung nicht gleichmäßig zu erreichen.
                           An Rundstühlen bilden die Kulirapparate immer Räder, deren Zähne aus dünnen Blechstreifen, den Platinen,
                              bestehen, und diese Zähne sind entweder feststehend oder beweglich gegen
                              den Radkörper angeordnet, drehen sich aber natürlich während der Arbeit in allen Fällen um die Achse des Rades. Man nennt
                              diese
                              Vorrichtungen allgemein nach ihrem französischen Namen „Mailleusen,“ d. i. „Maschenbildner“
                              oder „Maschen-Erzeuger.“
                              
                           Feststehende Zähne kommen vor an den früher in französischen Rundstühlen verwendeten Flügelrädern und an den allgemein in
                              englischen
                              Rundstühlen gebräuchlichen Kulirrädern, Einführrädern oder englischen Mailleusen. Solche Räder sind aber unvollkommene Kulirapparate,
                              da mit ihrer Verwendung der Fall fast unvermeidlich ist, daß mehrere Zähne auf den Faden drücken; je feiner die Theilung des
                              Stuhles
                              und Rades und je größer das Rad ist, desto unvollkommener ist die Wirkung; man müßte also die Räder klein halten, hat dieß
                              aber
                              wiederum des guten Eingriffes wegen zu vermeiden. Die englischen Kulirrädchen werden ja bekanntlich nicht selbstständig umgedreht,
                              sondern drehen sich dadurch, daß ihre Zähne in den rotirenden Nadelkranz des Stuhles eingreifen; Kulirrad und Nadelkranz verhalten
                              sich also wie zwei Zahnräder, und zwar wie zwei Hyperboloidenräder zu einander, da ihre Achsen sich kreuzen; soll nun der
                              Eingriff
                              dieser beiden Räder in einander möglichst sicher erfolgen, so darf nicht das eine davon allzu klein seyn. Die Unvollkommenheit
                              des
                              Kulirens mit solchen Flügelrädern bedingt natürlich ungleiche Schleifenlängen: man hat deßhalb an englischen Rundstühlen immer
                              zwei
                              Kulirräder angebracht, von denen das erste den Faden erfaßt und zu Schleifen zwischen die Nadeln einbiegt, dieselben auch
                              unter die
                              Nadelhaken schiebt, während das zweite diese Schleifen nochmals durch drückt und ihre Längen gegen einander möglichst ausgleicht.
                              Wenn
                              den Faden während des Kulirens mehrere Platinen zugleich erfassen, so wird er durch mehrere Windungen hindurchgezogen und
                              erheblich
                              angespannt; ein lockeres, wenig haltbares Garn kann aber dabei leicht zerreißen und es folgt hieraus, daß man auf englischen
                              Rundstühlen, da sie nicht in der rechten Weise kuliren, nicht vortheilhaft geringes und lockeres Garn verarbeiten kann.
                           Besser sind die Kulirvorrichtungen der Rundstühle mit beweglichen Platinen, also Berthelot's Platinenkranz,
                              welcher rund um den Nadelkranz des französischen Rundstuhles herum reicht, die Schleifen so lange hält, bis
                              „abgeschlagen“ wird, also für Verarbeitung spröder Garne sich speciell eignet, dabei aber den Uebelstand
                              eines verdeckten und schwer zugänglichen Nadelkreises zeigt; ferner Jaquin's Mailleuse mit kleinen schief
                              ehenden beweglichen Platinen, welche zwar richtig kuliren, aber zu kurz geführt werden und bei feiner Nadeltheilung leicht
                              ungenau
                              zwischen die Nadeln eintreten, endlich aber die jetzt allgemein an
                              französischen Rundstühlen unter den Namen „kleine“ und „große“ Mailleuse (mailleuse droite und mailleuse oblique, da die erstere horizontal, die
                              letztere geneigt liegt) verwendeten beiden Kulirvorrichtungen, welche beide ebenso richtig und vorsichtig kuliren wie Roß
                              und Walze
                              des Handstuhles, und lange, sicher geführte Platinen enthalten. In Jaquin's und in der sogen, kleinen
                              Mailleuse werden die Platinen, während ihrer ganzen Rotation um die Achse ihrer Mailleuse, durch die Nuth einer Scheibe (welche
                              auch
                              gewissermaßen die Stelle des Mühleisens vertritt) geführt und diese gestattet an der Stelle, an welcher die Platinen zwischen
                              die
                              Nadeln herabfallen, immer nur je einer derselben, auf den Faden zu drücken und schiebt diese gleich auf die ganze Kulirtiefe
                              hinab; in
                              Berthelot's Platinenkranz und in der sogen, großen Mailleuse laufen die Platinen kurz vor der Stelle,
                              wo sie kuliren sollen, auf einer Schiene hin, welche sie hoch über den Nadeln hält, und können erst am Ende dieser Schiene
                              einzeln
                              herabfallen auf den Faden und zwischen den Nadeln hindurch, um sogleich auf die verlangte Tiefe zu kuliren; sie finden hier
                              kein
                              Mühleisen, welches diese Tiefe bestimmt, sondern fallen nur auf den zugeführten Faden, also tief, wenn letzterer locker, und
                              weniger
                              tief, wenn er straff angespannt ist; ein Regulator, d.h. zwei Speiserädchen welche den Faden zuführen, bestimmt hierbei die
                              Spannung
                              desselben je nach der verlangten Dichte der Waare. In den beiden letzten Kulirapparaten ist über den Stellen, an welchen kulirt
                              wird,
                              ein dem Rößchen ähnlich wirkender Ann angebracht, welcher die Platinen herabdrängt, falls sie nicht aus eigener Schwere allein
                              Herabkommen. Da die eben genannten Vorrichtungen zum Kuliren mit beweglichen Platinen den Faden schonen, so gestatten sie
                              die
                              Verarbeitung geringeren oder weniger haltbaren Garnes; sie können zweckmäßig nur an französischen Rundstühlen und nicht an
                              englischen
                              mit vertical stehenden Nadeln verwendet werden. Daraus aber folgt die bekannte Regel, daß man auf französischen Stühlen leichter
                              ein
                              wenig haltbares Garn verarbeiten kann als auf englischen Rundstühlen.
                           Sämmtliche Rundstühle sind Einnadelstühle.
                           Seit etwa 20 Jahren ist nun eine andere Art Nadeln als die bis dahin ausschließlich verwendeten Haken- oder
                              Spitzen-Nadeln mit in Gebrauch gekommen; es sind das die sogen. Zungennadeln. Die Maschenbildung mit
                              denselben weicht insofern erheblich von der mit Hakennadeln vorgenommenen ab, als bei ersteren nicht in dem Sinn wie bei letzteren
                              kulirt wird; man bereitet dort nicht die Schleifen für eine ganze Reihe vor und bildet aus ihnen dann die Maschen, sondern
                              man zieht
                              den Faden durch je eine alte Masche einzeln hindurch und erhält dann eben
                              in der hindurchgebrachten Schleife die neue Masche. (Aus einer Schleife oder einem Henkel entsteht bekanntlich eine neue Masche,
                              wenn
                              erstere von der alten Masche umfaßt und gehalten wird.) Es ist dabei gleichgültig, ob man hierfür die Zungennadeln einzeln
                              bewegt und
                              die Waare festhält, oder ob man die Nadeln festliegend anordnet und die auf den Schäften derselben hängende Waare so bewegt,
                              daß jede
                              alte Masche einzeln von ihrer Nadel abgeschoben wird und den im Haken der letzteren liegenden Faden zur Schleife und neuen
                              Masche
                              umbiegt und nachzieht. Da jede Nadel erst dann, wenn sie eine neue Masche bilden soll, eine Schleife aus dem vorgelegten Faden
                              herausbiegen und ziehen muß, so ist es nicht thunlich, mehr als eine Masche auf einmal herzustellen, denn man kann nicht wohl
                              an mehr
                              als einer Stelle den Faden zur Schleife nachziehen, er würde zerreißen, wenn man ihn an mehreren solchen Stellen gleichzeitig
                              anspannen wollte. Mit Zungennadeln wird also nicht eine ganze Maschenreihe auf einmal hergestellt, sondern die nebeneinander
                              liegenden
                              Maschen einer solchen entstehen einzeln nach einander.
                           Nach dem Muster des Vorganges bei Zungennadeln hat man auch die Maschenbildung bei Spitzennadeln eingerichtet, hat also letztere
                              einzeln beweglich angeordnet, auch jede einzeln gepreßt und von ihnen den Faden zu neuen Maschen durch alte dergleichen hindurchziehen
                              lassen. Das ist versuchsweise an flachen mechanischen Stühlen, sowie wiederholt an englischen Rundstühlen geschehen, ohne
                              aber bis
                              jetzt größere Verbreitung erlangt zu haben. Zungennadeln hingegen werden vielfach und namentlich an englischen Rundstühlen
                              verwendet;
                              ihre Herstellung für sehr feine Stühle bietet freilich große Schwierigkeiten, sie gewähren aber den Vortheil, daß ein System
                              der
                              Maschenbildung sehr wenig Platz einnimmt, ein Rundstuhl also viele Systeme erhalten und dadurch eine wesentlich höhere Production
                              ergeben kann.
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)