| Titel: | Ueber Ashcroft's Sicherheitsventil mit Sitz aus Nickelmetall; von Edwin Fithian, Hauptingenieur der Marine der Vereinigten Staaten. | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XXVI., S. 81 | 
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                        XXVI.
                        Ueber Ashcroft's Sicherheitsventil mit
                           Sitz aus Nickelmetall; von Edwin Fithian, Hauptingenieur der Marine der
                           Vereinigten Staaten.
                        Aus dem Journal of the Franklin
                                 Institute, März 1873, S. 169.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
                        Ueber Ashcroft's Sicherheitsventil mit Sitz aus Nickelmetall.
                        
                     
                        
                           Zu den vergleichenden Versuchen mit dem Sicherheitsventil von E. H. Ashcroft in Boston (Mass., Amerika),
                              diente ein cylindrischer horizontaler Röhrendampfkessel von 6 Fuß Durchmesser, 20 Fuß Länge, 22 Quadratfuß Rostfläche, 928
                              Quadratfuß
                              Heizfläche und 30 nominellen Pferdekräften. Den Gegenstand dieser Versuche, welche unter einer Dampfspannung von 65 bis 80
                              Pfund per Quadratzoll vorgenommen wurden, bildeten sieben Ventile gewöhnlicher Gattung von 4, 3, 2 9/16, 2, 1
                              21/32 1 13/32 und 1 Zoll Durchmesser, und sieben Ashcroft'sche Ventile mit Sitz aus Nickelmetall von 4, 3,
                              2 1/2, 2, 1 1/2, 1 1/4 und 1 Zoll Durchmesser. Der Zweck der Versuche war, die Hubhöhe des Ventiles und den Querschnitt der
                              Dampfausströmungsöffnung zu ermitteln, während das Ventil frei spielte und unter vollem Dampfdruck ausblies, und zu ergründen
                              wie weit
                              unter diesen Umständen der Druck noch gesteigert werden könne. Die Hubhöhe wurde dadurch ermittelt, daß man Vorrichtungen
                              zum Ritzen
                              an die Ventilstangen befestigte.
                           Die Vortheile eines Ventiles, dessen Sitz aus Nickelmetall besteht, sind unverkennbar. Das vierzöllige Ventil gewöhnlicher
                              Construction
                              hatte, als es bei der Grenze der Dampfspannung ausblies, 1/20 Zoll Hub und einen Ausströmungsquerschnitt von 63/100 Quadratzoll.
                              Das
                              Nickelsitzventil von gleichem Durchmesser zeigte bei gleicher Spannung einen Hub von 1/4 Zoll, und bot einen Ausströmungsquerschnitt
                              von 3 14/100 Quadratzoll. Das gewöhnliche dreizöllige Ventil wurde 1/17 Zoll hoch gehoben und lieferte eine Oeffnung von 56/100
                              Quadratzoll, während das dreizöllige Ventil mit Nickelsitz 3/16 Zoll hoch gehoben wurde und 1 76/100 Quadratzoll Oeffnung
                              darbot. Bei
                              den Versuchen um zu ermitteln, wie weit der Druck mit dem vierzölligen
                              Ventil gewöhnlicher Construction gesteigert werden könnte, während dasselbe an der Spannungsgrenze ausblies, steigerte man
                              die
                              Spannung in 4 Minuten um 5 Pfund, ohne daß eine Vergrößerung seines Hubes wahrgenommen werden konnte, und hielt dann mit dem
                              Versuche
                              inne. Das unter den gleichen Umständen in Wirksamkeit gesetzte vierzöllige Ventil mit Nickelsitz öffnete sich, sobald die
                              Druckgrenze
                              erreicht war, bis zur vollen Hubhöhe, ohne daß die Spannung weiter gesteigert werden konnte; sie nahm vielmehr bis zu einem
                              etwas
                              unter der ursprünglichen Spannung liegenden Grade stetig ab, worauf das Ventil sich plötzlich schloß. In beiden Fällen waren
                              die Feuer
                              in normalem Zustande und die Ofenthüren geschlossen.
                           Dieser Versuch beweist, daß die Hebung eines Ventiles gewöhnlicher Construction ungenügend ist und mit dem Dampfdruck nicht
                              hinreichend
                              zunimmt, um die Spannung im Kessel unter allen Umständen zu mindern, daß vielmehr die Spannung während der Thätigkeit des
                              Ventiles
                              sich bis zum Eintritt einer Explosion steigern kann, mit einem Worte, daß das Ventil in Wirklichkeit kein Sicherheitsventil
                              ist. Das
                              mit dem Sitz aus Nickelmetall ausgestattete Ventil dagegen hob sich selbstthätig augenblicklich zu seiner vollen Höhe, wobei
                              es eine
                              Oeffnung von genügendem Querschnitte darbot, um den Kessel sofort zu entlasten.
                           Fig. 5 stellt das Sicherheitsventil mit Nickelsitz im
                              Verticaldurchschnitte dar. Dasselbe wird durch eine mit Nickel plattirte, sehr sorgfältig gearbeitete Spiralfeder gegen seinen
                              Sitz
                              gedrückt. Der mit dem Sitz in Berührung kommende Theil der Ventilfläche besteht aus einem massiven Ring von Nickelmetall;
                              aus dem
                              gleichen Metalle besteht der Ventilsitz. Die Eigenschaften des Nickelmetalles bilden einen der wichtigsten Factoren des in
                              Rede
                              stehenden Ventiles. In der großen Härte dieses Metalles liegt die Bürgschaft seines Widerstandes gegen Abnutzung. Das Ventil
                              wird
                              durch die Einwirkung des Dampfes und der im Wasser suspendirten Salze nicht afficirt, und da es der Corrosion nicht unterworfen
                              ist,
                              so ist das bei gewöhnlichen Ventilen öfters vorkommende gefährliche Anhaften in Folge der Corrosion nicht möglich. Das Ventil
                              hat, wie
                              aus der Abbildung ersichtlich, einen umgebogenen Rand, so daß die Hauptmasse des dem Kessel entströmenden Dampfes abwärts
                              gelenkt wird
                              und gegen den Boden einer den Ventilsitz umgebenden Rinne schlägt. Der gegen die untere Ventilfläche aufwärts wirkende Rückstoß
                              des in
                              die Atmosphäre entweichenden Dampfes ist es, welcher die Höherhebung des Ventiles befördert. Diese Wirkung ist sicher und
                              augenblicklich, und es hat sich gezeigt daß, je größer die Dampfspannung desto größer bei Anwendung einer und derselben Feder
                              die
                              Hubhöhe ist. Wird z.B. bei einem dreizölligen Ventil mit Nickelsitz die
                              Federspannung so regulirt, daß sich das Ventil bei 60 Pfund Dampfdruck öffnet, so wird dasselbe 1/8 Zoll hoch gehoben; gibt
                              man der
                              nämlichen Feder eine solche Spannung, daß sich das Ventil bei einem Dampfdruck von 80 Pfd. öffnet, so beträgt seine Hubhöhe
                              3/16 Zoll.
                              Die Größe der Hebung des gewöhnlichen Ventiles dagegen bleibt sich bei jeder Spannung gleich, nachdem das Gewicht am Hebel
                              auf den
                              gegebenen Dampfdruck regulirt ist. Hat man z.B. das Gewicht des gewöhnlichen Ventiles so justirt, daß es einem Dampfdruck
                              von 25 Pfund
                              nachgibt, so beträgt der Hub des Ventiles 1/32 Zoll; der gleiche Hub findet aber auch statt, wenn es auf einen Druck von 80
                              Pfund
                              justirt ist.
                           Die Explosionsversuche mit Dampfkesseln, worüber Prof. Thurston berichtete,Polytechn. Journal, 1872, Bd. CCIV S. 1. haben manche alten Theorien über die Ursachen der Explosionen, wie Elektricität, Bildung von Gasen, plötzliche
                              Dampfentwickelung von ungeheurer Spannung etc., über den Haufen geworfen, und den Beweis geliefert daß die verheerendsten
                              Explosionen
                              als Folge stufenweiser Dampfanhäufung unter dem mäßigen Drucke von 53 1/2 Pfund per Quadratzoll vorkommen
                              können. Man hat bei jener Gelegenheit die Beobachtung gemacht, daß nur 13 Minuten Zeit erforderlich waren, um den normalen
                              Druck von
                              30 Pfund im betreffenden Kessel auf 53 1/2 Pfd. zu steigern, worauf die Explosion erfolgte und der Kessel in Fragmente zertrümmert
                              wurde, wovon ein 3 Tonnen wiegendes Stück 450 Fuß weit geschleudert wurde, zum Beweis daß die Versäumniß von nur wenigen Minuten,
                              im
                              Verein mit einem unwirksamen Sicherheitsventil, die schrecklichste Katastrophe im Gefolge haben kann.
                           Unter was immer für Umständen Explosionen vorkommen mögen, die wirkliche Ursache ist eine übermäßige Dampfspannung; und die
                              Thatsache,
                              daß solche mit Verlust von Menschenleben und Eigenthum verknüpfte Unglücksfälle, sey es aus Nachlässigkeit oder sonstigen
                              Ursachen,
                              sich ereignen, weist dringend auf die Nothwendigkeit hin, kein Mittel zur Abhülfe dieser Calamität unversucht zu lassen. Das
                              einzige
                              an einem Dampfkessel anzubringende Schutzmittel ist ein selbstthätiges Sicherheitsventil, welches in seinen Functionen zuverlässig
                              ist, sich im richtigen Momente öffnet und schließt, und bei seiner Hebung unter allen Umständen die Dampfspannung im Kessel
                              mindert,
                              Eigenschaften welche das Ventil mit Nickelsitz in sich vereinigt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
