| Titel: | Verbesserter chemischer Feuerlöschapparat als Straßenmaschine in amerikanischen Städten. | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XXXIII., S. 116 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXIII.
                        Verbesserter chemischer Feuerlöschapparat als Straßenmaschine in amerikanischen
                           Städten.
                        Nach dem Engineering and Mining
                                 Journal, Februar 1873, S. 114 und dem Scientific
                                 American, März 1873, S. 143.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
                        Verbesserter chemischer Feuerlöschapparat als Straßenmaschine in amerikanischen Städten.
                        
                     
                        
                           Die Feuersbrünste, welche in Amerika innerhalb der letzten Monate in beunruhigender Weise überhandnahmen, haben dort ein
                              außergewöhnliches Interesse erweckt und in den öffentlichen Blättern zu Discussionen über die besten Mittel denselben möglichst
                              vorzubeugen und ausgebrochene Brände zu löschen, Anlaß gegeben. Der Brand zu Boston enthält eine Lehre, auf welche zwar schon
                              oft
                              hingewiesen, die aber selten beachtet worden ist: daß nämlich, wenn das Feuer einmal eine gewisse Ausdehnung angenommen hat,
                              dasselbe
                              durch keinerlei Apparat mehr bewältigt werden kann. Jede Verbesserung unserer gegenwärtigen Systeme sollte daher auf ein rascheres
                              Löschen von beginnenden Feuersbrünsten gerichtet seyn. Seither ging man bei der Construction der
                              Feuerlöschmaschinen von dem leitenden Gesichtspunkte aus, möglichst große Wassermassen in das Feuer zu schleudern; das Resultat
                              war
                              ein enormes Anschwellen der Rechnungen für Wasserschäden, ohne einen verhältnißmäßigen Gewinn hinsichtlich der Geschwindigkeit
                              in der
                              Bewältigung des Feuers.
                           Man hat in den letzten Jahren den Apparaten deren Wirkung auf der feuererstickenden Eigenschaft der Kohlensäure beruht, viel
                              Aufmerksamkeit gewidmet. Als das einzige praktisch bewährte System ist dasjenige zu bezeichnen, bei welchem die chemische Wirkung nicht nur dazu dient, dem Strahl die feuerlöschende
                              Eigenschaft zu ertheilen, sondern ihn auch fortzutreiben, bei welchem also das Wasser die chemischen Stoffe auflöst, das Gas
                              mechanisch gemischt in sich aufnimmt und das zum Fortschleudern des feuererstickenden Elementes nöthige mechanische Moment
                              liefert.
                           Mit den unter dem Namen „extinguishers“ (extincteurs)
                              bekannten kleinen Apparaten, welche die aufgezählten Eigenschaften besitzen, sind glänzende Erfolge erzielt worden; sie haben
                              Feuer
                              gelöscht, deren Dimensionen zu dem bescheidenen Aufwande an Löschmitteln in gar keinem Verhältnisse standen. Das Einschränkende
                              liegt
                              bei dem „extinguisher“ in seinen räumlichen Verhältnissen. Da der Feuermann den
                              Apparat nebst Schlauch und Material auf seinem Rücken tragen muß, so darf das Gewicht desselben 85 Pfund nicht überschreiten.
                              Der
                              Strahl hat einen Durchmesser von nur 1/8 Zoll und eine Dauer von 5 Minuten. Das Princip ist gut, setzt aber, um zu seiner
                              vollen
                              Geltung zu gelangen, einen ununterbrochenen Strahl von hinreichendem Volumen voraus, wenn es sich um die Aufgabe handelt,
                              ein in
                              vorgerückterem Stadium befindliches Feuer zu bewältigen.
                           Den ersten praktischen Erfolg in dieser Richtung lieferte die Straßenmaschine der Babcock
                              Fire Extinguisher Company. Die auf Rädern ruhende Maschine besitzt zwei kupferne Behälter, welche 120
                              Gallons fassen, und auf einen Druck von 500 Pfund geprüft sind. Fig.
                                 6 stellt den Apparat, und zwar den einen Behälter A im senkrechten Durchschnitte, den anderen
                              ihm vollkommen gleichen Behälter im Aufrisse dar. Jeder der Behälter wird bis zur Höhe des Wasserstandshahnes C mit Wasser gefüllt, worin 20 Pfund doppelt-kohlensaures Natron aufgelöst sind. Die Bleikammer D enthält 10 Pfund Schwefelsäure. Die Beschickung mit den Chemikalien erfolgt durch die Tubulaturen B und E, welche man sodann durch Schraubendeckel verschließt. Soll der Apparat
                              bei einem ausgebrochenen Brande in Gebrauch genommen werden, so öffnet man das Ventil F. Die Säure fließt
                              alsdann in die Natronlösung; es entsteht eine kräftige chemische Wirkung, welche in 15 Secunden den Druck, wie man sich an
                              dem
                              Manometer überzeugen kann, bis auf 200 Pfund steigert. Oeffnet man nun den Absperrhahn K, so dringt der
                              Strahl durch das Rohr G in die Hauptröhre H und von dieser durch den Schlauch
                              in die verschiedenen Stockwerke des betreffenden Gebäudes. Die Rührvorrichtung I, welche mittelst einer
                              auf der Seite des Behälters angebrachten Kurbel in Thätigkeit gesetzt wird, hat den Zweck, die Auflösung des Natrons beim
                              Wiederfüllen
                              zu befördern. Das Bestreben des steigenden Gasdruckes, die herabsetzende
                              Säure zurückzudrängen, wird durch die kleine gebogene Röhre J paralysirt.
                           Ein einzölliger, 150 Fuß langer Kautschukschlauch wird so aufgewickelt, daß er stets in Gebrauchsbereitschaft ist. An dem
                              Brandplatz
                              angekommen, öffnet man das Ventil C, um die Säure in die Natronlösung fließen zu lassen, und in 15
                              Secunden zeigt das Manometer einen Druck von 200 Pfund an. Inzwischen wird der Schlauch abgewickelt, der Absperrhahn geöffnet,
                              und in
                              weniger als einer Minute nach Ankunft der Maschine ist der Strahl (welcher bei einer Wurfweite von 100 Fuß das 30fache Volumen
                              desjenigen des tragbaren Apparates hat) im Feuer. Dieses rasche Eingreifen ist nicht allein der augenblicklichen Erzeugung
                              der Kraft,
                              sondern auch dem Umstande zu verdanken, daß kein Saugschlauch angeschraubt und kein Schlauch mit Wasserbehältern oder Hydranten
                              in
                              Verbindung gesetzt zu werden braucht. Die schnelle Bereitschaft im Verein mit der erstaunlichen Löschkraft des angewendeten
                              Materiales
                              ist es, welche in den meisten Fällen die Erstickung des Feuers, bevor es einen gefahrdrohenden Charakter annimmt, zur Folge
                              hat. Es
                              ist statistisch nachgewiesen, daß unter 10 Feuersbrünsten 8 rechtzeitig, kurz nach ihrem Ausbruch entdeckt werden, und daß
                              das
                              Schicksal des betreffenden Gebäudes gewöhnlich durch das energische Einschreiten in den ersten 10 Minuten entschieden ist.
                           Der in Rede stehende Löschapparat ist bereits in einigen 50 (amerikanischen) Städten eingeführt und zwar mit einem bis jetzt
                              durch
                              keinen anderen Apparat auch nur annähernd erreichten Erfolge. In Holyoke, Mass., hat derselbe, seit seiner Einführung im Mai
                              1870, von
                              19 ausgebrochenen Bränden 13 gelöscht, bevor ein Wasserstrahl aus irgend einer anderen Quelle in Wirksamkeit treten konnte.
                              Bei
                              mehreren dieser Feuersbrünste grenzte die Wirkung des Apparates an's Wunderbare. Unter den Städten in welchen derselbe eingeführt
                              ist,
                              existirt keine, worin die Brandschäden gegen frühere Jahre nicht wenigstens um 50 Proc. sich vermindert hätten. Vom 1. Januar
                              bis zum
                              1. Mai 1870 hatte Holyoke drei Feuersbrünste mit einem Verluste von 375 000 Dollars. Am 10. Mai machte man von dem neuen Apparate
                              zum
                              erstenmal Gebrauch, und von diesem Zeitpunkte bis zum 1. Januar 1871 betrug der Totalverlust bei 6 Feuersbrünsten 1665 Dollars.
                              Dieß
                              ist weniger als 1/5 des Brandschadens in den vorhergehenden Jahren. Beinahe in allen Fällen wurde dem Umsichgreifen des Feuers
                              gleich
                              beim ersten Gebäude ein Ziel gesetzt, und ein unerheblicher Schaden constatirt. Zu Westfield stand die Orgelbauanstalt von
                              W. A. Johnston in vollen Flammen, als die Maschine aus einer größeren Entfernung anlangte. Auch vier Wohnungen waren bereits vom Feuer ergriffen, aber ein einziger chemischer
                              Löschapparat bewältigte diese Feuer, und sämmtliche Wohnungen waren gerettet. In einer Papierfabrik zu Holyoke brach während
                              eines
                              starken Windes an einem 85 Fuß über dem Boden liegenden Punkte Feuer aus, und wurde durch den Apparat gelöscht, ehe die Dampfspritze
                              in Thätigkeit kommen konnte.
                           Unter den Eigenthümlichkeiten, welche die Maschine zu solchen auffallenden Leistungen befähigen, ist besonders ihre Einfachheit
                              hervorzuheben. Ein Behälter mit einem Hahn macht, wenn man will, den ganzen Apparat aus, der sich leicht handhaben läßt, nicht
                              in
                              Unordnung kommen kann und keine Reparaturkosten veranlaßt. Man hat sich seiner bei Feuersbrünsten unter den verschiedensten
                              Umständen
                              bedient, bei Temperaturen von + 37° bis – 23° C., ohne daß er je versagt hätte. Ein halbes Dutzend Männer kann
                              ihn ziehen und in Betrieb setzen, und sein leichter und biegsamer Schlauch läßt sich viel leichter als der gewöhnliche Schlauch,
                              Treppen und Leitern hinauf oder auf das Dach schaffen. Seine Anschaffungskosten betragen kaum den zehnten Theil derjenigen
                              einer
                              Dampfspritze mit ihrem Zugehör an Schläuchen, Behältern, Pferden, Geschirr u.s.w., und die laufenden Ausgaben sind sehr
                              unbedeutend.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
