| Titel: | Kupolofen für große Schmelzen; von A. Ledebur, Hütteningenieur in Gröditz (Sachsen). | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XXXV., S. 122 | 
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                        XXXV.
                        Kupolofen für große Schmelzen; von A.
                              Ledebur, Hütteningenieur in Gröditz (Sachsen).
                        Aus der Allgemeinen deutschen
                                 polytechnischen Zeitung, 1873, Nr. 14.
                        Ledebur, über einen Kupolofen für große Schmelzen.
                        
                     
                        
                           Es lag die Aufgabe vor, zu dem Gusse einer 80,000 Kilogramme schweren Hammerchabotte für das neue Blechwalzwerk der Actiengesellschaft
                              „Lauchhammer“ in Riesa die erforderlichen Schmelzöfen zu construiren und aufzustellen. Eine thunlichste
                              Beschleunigung des Schmelzens, welche auch unter anderen Verhältnissen für so große Güsse immerhin wünschenswert!) bleibt,
                              wurde in
                              diesem Falle durch den Umstand unerläßlich, daß der Guß im December an einem der kürzesten Tage des Jahres und im Freien stattfinden
                              mußte, wo also ebensowohl die frühzeitig eintretende Dunkelheit als ein unversehens hereinbrechender Schnee das Gelingen des
                              Gusses
                              erschweren, wenn nicht gar in Frage stellen konnte.
                           Die quantitative Leistung eines Kupolofens steht im geraden Verhältnisse zu der Größe seines horizontalen Querschnittes im
                              Schmelzraum
                              und der Windspannung innerhalb desselben, letztere nicht zu verwechseln mit der durch verengte Düsen bei Kupolöfen alter Construction
                              innerhalb der Windleitung erzeugten Spannung.Alle neueren, auf Brennmaterialersparniß hinwirkenden Kupolofensysteme beruhen auf dem Principe, dein Ofen ein großes Quantum
                                    Luft durch so weite Düsenquerschnitte zuzuführen, daß dieselben außer Stande sind, eine eigentliche
                                    „Pressung“ des Gebläsewindes zu bewirken; die durch das Manometer angezeigte Windspannung vielmehr
                                    erst durch den Widerstand hervorgerufen wird, den der Wind im Ofen selbst beim Durchdringen der Schmelzsäule findet. Man
                                    erzielt dadurch eine fast vollständige Verbrennung der Kohle zu Kohlensäure, während ein durch enge Düsen mit starker Pressung
                                    eingeblasener Windstrom Bildung von Kohlenoxydgas befördert, welches an der Gicht mit blauer Flamme verbrennt. Man s. auch
                                    den
                                    Artikel des Verfassers: „über den Gebläsewind bei Kupolöfen“ in Nr. 33 der berg- und
                                    hüttenmännischen Zeitung, Jahrg. 1870. Bei zwei Kupolöfen von verschiedener Weite entspricht nämlich die Menge des Gebläsewindes, wenn in beiden Oefen gleiche
                              Spannung herrscht, direct dem Ofenquerschnitte; von der Windmenge aber ist das Quantum des in bestimmter Zeit verbrannten
                              Brennmateriales und von diesem – bei sonst gleicher Ausnutzung der
                              erzeugten Wärme – das Quantum des in gleicher Zeit geschmolzenen Eisens abhängig. Umgekehrt verhalten sich bei gleichen
                              Ofenquerschnitten die Leistungen annähernd wie die Quadratwurzeln der Spannungshöhe am Manometer (v
                              =√2gh).
                           Bedient man sich eines Ventilators zur Winderzeugung, so wächst bekanntlich dessen Effect mit abnehmender Windspannung; im
                              Gegentheile
                              kann derselbe auf Null reducirt werden, sobald die Spannung eine gewisse Grenze übersteigt. Zur Anwendung reichlicher Windmengen
                              für
                              Erzielung rascher Schmelzen sind daher bei Benutzung von Ventilatoren Oefen mit großen Querschnitten anwendbarer als eine
                              gesteigerte
                              Windpressung. Im vorliegenden Falle kam noch hinzu, daß man sich ganz neuer, noch nicht im Betriebe gewesener Ventilatoren
                              bedienen
                              mußte, deren Effect man nicht kannte und denen man, um nicht durch einen Unfall beim Schmelzen unterbrochen zu werden, nur
                              eine
                              beschränkte Umdrehungszahl zumuthen durfte. Es trat dadurch die Nothwendigkeit ein, die erforderliche große Leistung der Oefen
                              lediglich durch den größeren Querschnitt hervorzurufen.
                           Die allgemein gebräuchliche kreisrunde Form der Kupolöfen gewährt den Vortheil einer kleinsten Peripherie bei größtem Flächeninhalte
                              – also der geringsten Wärmeabgabe an die Umfassungswände. Nachtheilig wirkt dagegen der kreisförmige Querschnitt bei wachsendem
                              Durchmesser durch den Umstand, daß der an der Peripherie eintretende Wind nur schwierig bis in das Innere des Ofens gelangt
                              und eine
                              dem größeren Durchmesser entsprechend gesteigerte Pressung erheischt, um zu voller Wirkung zu gelangen. Bei sehr großem Durchmesser
                              des Ofens und schwach gepreßtem Winde wird der Fall eintreten, daß der Verbrennungsraum durch einen Kreisring bezeichnet wird,
                              während
                              um die Achse des Ofens herum sich ein vom Gebläsewinde gar nicht oder nur unvollkommen berührter Raum befindet, in welchem
                              ein
                              Verbrennungs- und Schmelzproceß nicht stattfindet; so daß also das innerhalb desselben niedergehende Eisen erst durch Berührung
                              mit dem bereits geschmolzenen Eisen flüssige Gestalt annimmt, diesem aber begreiflicher Weise einen beträchtlichen Theil seiner
                              Wärme
                              entzieht.
                           Diese Erwägungen gaben Veranlassung, für den Kupolofen eine langgestreckt rechteckige Grundform mit gebrochenen Ecken, ähnlich
                              dem Rachette'schen Hohofen, zu wählen. Die Länge des Rechteckes beträgt 2,5 Meter, die Breite 0,70 Meter. Die
                              Windzuführung fand an den beiden Langseiten des Ofens durch je zwei horizontale, im Abstande von 90 Centimet. über einander
                              liegende
                              Düsenreihen statt, deren untere je 3 Düsen à 20 Centimet. Durchmesser und deren obere je 6 Düsen
                              
                              à 10 Centimet. Durchmesser enthielt. Der Querschnitt sämmtlicher unteren Düsen betrug mithin 1864
                              Quadratcentimeter, der sämmtlicher oberen 942 Quadratcentimeter. Die Vertheilung der Düsen war eine derartige, daß in keinem
                              Falle die
                              Achsenrichtung zweier einander gegenüber liegender Düsen gemeinschaftlich war. Der Ofenschacht war durch senkrechte Ebenen
                              ohne jede
                              Profilirung begrenzt. Zum Sammeln des geschmolzenen Eisens diente ein Vorherd nach Krigar's System von
                              15,000 Kil. Fassungsraum. Die Höhe des Ofens von der Sohle bis an die Gicht betrug ausschließlich des Vorherdes 4,1 Met. Die
                              Stärke
                              der Schachtwände war 30 Centimet., die Herstellung geschah aus gewöhnlichen in Verband vermauerten Chamotteziegeln. Die Armatur
                              des
                              Ofens war aus alten Eisenbahnschienen hergestellt, welche an den schmalen Seiten durch schmiedeeiserne Schellen zusammen gehalten
                              wurden. Ein eigentlicher Kupolofenmantel aus Blech oder Gußeisen war also nicht vorhanden; nur der Vorherd war mit gußeisernen
                              Platten
                              umgeben. Als Windcanäle unmittelbar am Ofen dienten gußeiserne, aus Herdgußplatten verschraubte Kästen; vom Ventilator bis
                              zum Ofen
                              gemauerte Kanäle.
                           Man setzte pro Gicht auf: 75 Kil. Kohks mit 1050 Kil. Roheisen und erhielt ein durchaus flüssiges,
                              brauchbares Eisen. Trotzdem man nur mit einem Drucke von 6–7 Zoll Wassersäule blasen konnte, lieferte der Ofen pro Stunde circa 7000 Kil. flüssiges Eisen.