| Titel: | Neueste Construction der Blitzableiter; von Gebr. Mittelstraß in Magdeburg. | 
| Autor: | Mittelstraß | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. LXIII., S. 267 | 
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                        LXIII.
                        Neueste Construction der Blitzableiter; von Gebr. Mittelstraß in Magdeburg.
                        Mit Abbildungen.
                        Mittelstraß, über die neueste Construction der Blitzableiter.
                        
                     
                        
                           Leider ist ein großer Theil der Blitzableiter falsch construirt, und in Folge dessen oft viel Material und Zeit an einer Stelle
                              verschwendet wo es nicht nöthig ist, während am anderen Theile das Richtige und Nothwendige fehlt. Bei genügender Kenntniß
                              des Ganzen
                              hätte sich die Anlage, seinen Zweck erfüllend, viel leichter, gefälliger und billiger herstellen lassen. Da nun ein falsch
                              angelegter
                              Ableiter sogar die Gefahr des Einschlagens vergrößert, so haben wir es unternommen, auf die neuesten, ganz einfachen Verbesserungen
                              darin aufmerksam zu machen, und schicken wir eine kurze Erklärung, worin eigentlich die Function des Blitzableiters liegt,
                              voraus.
                              Beim Gewitter sind die Wolken und in Folge dessen auch die Erde abwechselnd mit beiden Arten von Electricitäten, theils positiver,
                              theils negativer angefüllt, und stoßen sich die Gleichnamigen ab, während sich die Ungleichnamigen anziehen. Je mehr Electricitäten
                              sich gegenüber stehen, um so größer wird die Spannung, namentlich in den tiefsten Stellen der Wolken und den höchsten leitenden
                              Spitzen der Erde, als auch an den sich gegenüber befindlichen Seiten zweier verschieden geladener Wolken. Ferner wirkt eine
                              z.B.
                              negative elektrische Wolke vertheilend auf eine andere im gewöhnlichen Zustande befindliche und auf die Erde, indem sie die
                              positive
                              Elektricität anzieht und die negative abstößt. Da nun, je mehr sich die Ersteren nähern, die Spannung immer zunimmt, so wird,
                              so bald
                              es die Entfernung gestattet, eine gewaltsame Entladung oder Blitzstrahl zwischen den sich gegenüber befindlichen verschiedenen
                              Elektricitäten stattfinden. Vermindert ein solcher Ausgleich auch
                              augenblicklich die Spannung an dieser Stelle, so strömt doch von allen Seiten soviel wieder zu, daß viele solcher Entladungen
                              dazu
                              gehören bis Alles den normalen Zustand wieder erreicht hat. Auch kann durch den momentanen Ausgleich nach einer Seite, die
                              Spannung
                              zur anderen um so größer werden und findet dann der sogenannte Rückschlag statt.
                           Es wird somit einleuchten, daß wenn es uns gelingt die Elektricität der Erde langsam der über uns befindlichen, entgegengesetzt
                              geladenen Wolke zuzuführen, jede Spannung sich vermindern muß und somit ein gewaltsamer Ausgleich vermieden wird. Es ist dieß
                              der
                              eigentliche Dienst den ein Blitzableiter leisten soll.
                           Derselbe muß deßhalb folgende Bedingungen erfüllen:
                           1. Die Spitze muß alles überragen und sehr fein sein, ferner aus einem Metall gefertigt, das der Oxydation
                              widersteht und einen hohen Schmelzpunkt hat.
                           2. Die Ableitung zur Erde muß überall den zur Leitungsfähigkeit des verwendeten Metalls erforderlichen
                              Durchmesser haben, möglichst aus einem Stück bestehen und alle scharfen Ecken vermeiden.
                           3. Alle größeren Metallmassen in der Nähe müssen mit dem Ableiter verbunden sein.
                           4. Das untere Ende der Ableitung muß verzweigend in eine weitverbreitete feuchte Erdschicht münden.
                           5. Die Zahl der Auffangestangen muß im Verhältniß zur Größe des zu schützenden Gebäudes stehen.
                           Bekanntlich unterscheidet man Leiter und Nichtleiter der Elektricität und gehören zu Ersterem: Wasser, Kohle und ganz besonders
                              alle
                              Metalle. Die Besten sind der Reihe nach: Reines Silber, Kupfer, Gold, Eisen, Platina etc., dagegen haben sich alle Compositionen
                              namentlich Messing nicht bewährt. Da nun Kupfer ein circa sechsmal besserer Leiter ist als Eisen und somit
                              eines weit geringeren Durchmessers bedarf, so läßt es sich bei größerer Leitungsfähigkeit auch am leichtesten in einem Stück
                              von oben
                              bis unten anbringen und kommt dadurch billiger als Eisen. Da nun vorzugsweise die Oberfläche des Metalls leitet, so ist wohl
                              die
                              Seilform die Beste.
                           Für Kupfer genügt ein Durchmesser von 8–10 Millimet. mit 50 bis 70 Millimet. Oberfläche.
                           Für Eisen (als Auffangestange) 25–50 Millimet. Durchmesser mit 80–160 Millimet. Oberfläche.
                           Eine Spitze hat die Eigenthümlichkeit, daß aus ihr die Elektricität stark und gleichmäßig aus- und einströmt. Platina eignet
                              sich bei seinem hohen Schmelzpunkt und Widerstand gegen Oxydation besser
                              dazu, als das zwar besser leitende doch leichter schmelzbare und oxydirende Silber.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 208, S. 268
                              Zur Herstellung hoher Auffangestangen läßt sich nur Eisen verwenden und wird die in Kupfer gefaßte Platinspitze oben fest
                                 aufgeschroben, sowie das Kupferseil am unteren Ende damit gut metallisch verbunden.
                              Der Schutzwinkel, den eine Spitze gewährt, ist circa 63 Grad zur senkrechten und schützt in dieser
                                 Abschrägung von der Stange nach allen Seiten im Umkreise von 20 bis 25 Meter, vorausgesetzt, daß keine erhöhten Punkte diese
                                 Schutzlinie überragen. Hiernach läßt sich leicht die Anzahl der zum Schutz erforderlichen Auffangestangen berechnen.
                              Für je zwei Spitzen genügt eine Ableitung zur Erde.
                              Die Constructionen zur Befestigung der eisernen Auffangestangen sind sehr verschieden und führen wir nur einige, die sich
                                 bewährt
                                 haben, hier auf.
                              Die höchste Spitze Fig. 1 besteht aus einer circa 40 K. C. langen
                                 Kupferstange K von 15 Millimet. Durchmesser, worauf eine Platinahülse P
                                 aufgelöthet ist. Dieselbe wird durch eine starke Mutter auf die Eisenstange E aufgeschroben.
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 208, S. 268
                              Fig. 2 stellt eine 26 Millimet. starke eiserne Auffangestange a, e dar,
                                 die mittelst der zwei angeschweißten Arme a, b und a, c auf dem Dache fest
                                 geschraubt wird. Am Ende des Kupferfeils h, d ist eine 80 Millimet. lange doppelte Kupferhülse gut
                                 angelöthet, die durch Schrauben bei d mit der Stange fest verbunden wird. Zur Erzielung einer guten
                                 metallischen Berührung müssen beide Theile vorher frisch abgeschabt sein.
                              
                           Fig. 3 bedeutet eine 40–50 Millimet. starke größere 4–5 Meter hohe Auffangestange a, g, die außer den beiden Armen a, b und a, c
                              noch zwei kleinere a, d und a, e von der Seite hat. Die Befestigung ist
                              dieselbe wie bei Fig. 2, nur werden die kleinen Arme auf der Dachfirste aufgeschroben, f, h ist das Seil. Bei a kann ein Zinkaufsatz angebracht werden, der das
                              Durchregnen verhindert. Diese Arten von Auffangestangen werden mit zusammengebogenen Armen verschickt und müssen erst im warmen Zustande nach dem genauen Winkel des Daches aufgebogen werden.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 208, S. 269
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 208, S. 269
                              
                           Fig. 4 stellt den Aufsatz eines Fabrikschornsteins dar, a, c ist eine
                              massive eiserne Platte, die Stange d, e, b ist bei b und durch die starke Oese
                              bei a von innen gut verschroben. Das Kupferseil e, f ist bei e befestigt.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 208, S. 269
                              Die Construction des Fabrikschornsteins Fig. 5 sieht zwar schöner aus und kann auf Wunsch mit einer
                                 Wetterfahne versehen werden, ist jedoch complicirter. Die zwei starken Eisen, Fig. 6, im Grundriß
                                 dargestellt, in der Form von a, e, b und c, e, d können bei e durch Schrauben verbunden werden. Nachdem in den inneren Schornstein bei a,
                                    b, c, d Löcher eingeschlagen sind, werden die oben genannten Eisen eingesetzt bei e
                                 verschroben und an den Enden vergypst.
                              
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 208, S. 269
                              Zwei ganz gleiche Eisen werden dann circa 50 Kubikmeter höher noch einmal
                                 eingeschlagen und befestigt. Im Fig. 5 sind a, b die beiden obersten
                                 und c, d die beiden untersten Eisen.
                              
                           Die Auffangestange wird nun in die Mitte hineingesteckt und am unteren Ende verschroben. e, f ist das Kupferseil, das am Schornstein her unter führt. Bei
                              Kirchthurmspitzen etc. wird, wenn der ganze Aufsatz von Metall ist, das Kupferseil unterhalb der Fahne oder Kugel durch Schrauben
                              und
                              Löthen gut metallisch verbunden und der kupferne Aufsatz mit der Platinaspitze ganz oben fest aufgeschroben. Siehe Fig. 7.
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 208, S. 270
                              
                           
                              
                              Fig. 8., Bd. 208, S. 270
                              
                           
                              
                              Fig. 9., Bd. 208, S. 270
                              
                           Die Befestigung der Kupferseile geschieht außerhalb der Häuser etc., indem in Zwischenräumen von circa 2
                              Meter Bankeisen Fig. 8 und 9 eingeschlagen und eingeschroben werden. Das
                              Seil wird nun in die Hohlung gelegt und die hervorragenden Eisentheile darüber zusammen geschlagen.
                           Eine Isolirung der Leitung z.B. durch Einlegen von Porzellain und Gummiringen in die Bankeisen ist nachtheilig und darf deßhalb
                              nicht
                              stattfinden, deßgleichen ist das Einschütten von Kohlen in die Erdleitungen nicht von Nutzen, da solche das Metall früher
                              zerstören,
                              hingegen ist ein Anstrich der ganzen Leitung mit Lackfarbe empfehlenswerth.
                           Bei etwaiger Verbindung zweier Seilenden werden dieselben in ein circa 100 Millimet. langes kupfernes Rohr
                              von beiden Seiten hineingesteckt und darin fest verlöthet. Zur Verbindung eines zweiten oder dritten Seiles werden zwei neben
                              einander
                              hart verlöthete kupferne Röhren verwendet.
                           Um zu versuchen, ob ein zweifelhafter oder alter Blitzableiter noch leitende Verbindung hat, führt man einen zweiten Draht
                              von der
                              Spitze zur Erde und schaltet eine galvanische Batterie und Galvanometer ein.
                           Obwohl die Abweichung der Boussole nun anzeigt, ob die Kette geschlossen ist, so ist dennoch genau nachzusehen, ob auch die
                              Leitung
                              überall den erforderlichen Durchmesser hat.
                           
                           Blitzableiter obiger Construction werden von HHrn. Gebr. Mittelstraß, Fabrik galvanischer elektrischer
                              Apparate, in Magdeburg gefertigt, sowie eine längere Abhandlung über die Ersteren nebst illustrirtem Preis Courant gratis
                              versandt.