| Titel: | Die Uebertragung der photographischen Membrane auf Glas-, Thon- und Holzwaaren; von Dr. J. Schnauß in Jena. | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. LXXV., S. 311 | 
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                        LXXV.
                        Die Uebertragung der photographischen Membrane auf Glas-, Thon- und Holzwaaren; von
                           Dr. J. Schnauß in Jena.
                        Schnauß, über die Uebertragung der photographischen Membrane auf Glas-, Thon- und
                           Holzwaaren.
                        
                     
                        
                           Vor einiger Zeit wurde in den Industrie-Blättern angefragt: „Wie überträgt man Photographien auf
                                    Glas-, Thon- und Holzwaaren? Die Beantwortung dieser Frage dürfte von allgemeinerem technischen Interesse
                                 sein und veranlaßte den Verfasser zu der vorliegenden Mittheilung.
                              
                           Die ersten praktischen Versuche zur Uebertragung photographischer, mit negativen oder positiven Photographien durchdrungenen
                              Häutchen
                              oder Membranen veranlaßte die Entdeckung der Panotypie oder
                              Photographie auf schwarzer Wachsleinwand. In der ersten Zeit der Collodiumphotographie führte wohl zufällig eine zu kurze
                              Exposition
                              der empfindlichen Platte oder die geringe Empfindlichkeit der benutzten photographischen Lösungen zu der Verwendung schwacher
                              aber
                              klarer Negative als directe Positive, bei auffallendem Licht auf einem dunklen Grund betrachtet. Solche
                              Glasplatten werden auf der Rückseite mit einem schwarzen Firniß versehen und in Passepartouts eingerahmt.
                              Die leichte Verletzbarkeit und Zerbrechlichkeit dieser Bilder waren wohl ein Hinderniß ihrer größeren Verbreitung. Bald machte
                              man die
                              Beobachtung, daß bei Verwendung eines etwas dicken, mehr ätherischen Collodiums und eines entsprechenden Ablösungsmittels
                              (gewöhnlich
                              sehr verdünnte Salzsäure oder Schwefelsäure) sich das Collodiumhäutchen leicht vom Glase ablösen und auf andere passende Unterlagen
                              ohne große Schwierigkeit übertragen ließe. Vorzugsweise gelang dieß mit schwarzer Wachsleinwand. Legte man dieselbe nach vollständiger
                              Reinigung direct auf die Collodiumhaut und drückte sie fest an, so ließ sich das Ganze nach dem Trocknen oder auch schon vorher
                              mit
                              Leichtigkeit abziehen und die empfindliche Bildseite des Häutchens befand sich zwischen diesem und der Wachsleinwand, war
                              also
                              vollständig gegen Beschädigung durch Abreiben geschützt. Dergleichen Panotypen wurden in Medaillonformat mit sogenannten
                              Multiplicatoren (mehrfach verschiebbare Cassetterahmen an der Camera obscura) in großen Mengen und zu
                              äußerst billigen Preisen hergestellt. Nach Kupferstichen berühmter Persönlichkeiten aufgenommen, bildeten sie als Verzierung
                              von
                              Manschettenknöpfen u. dgl. einen förmlichen Handelsartikel. Jetzt findet man sie kaum mehr, und ihre Stelle ist durch die
                              Mikrophotographien (Diapositivs mit vergrößernden Linsen) ersetzt worden, und an die Stelle der Glaspositivs sind, namentlich
                              in den
                              Ateliers der Amerikaner, die Melainotypien getreten. Man versteht unter diesem Namen oder unter den Ferrotypien directe
                              Collodiumpositivs auf schwarzgefirnißtem Metallblech, besonders Eisenblech. – Das Ablösen und Uebertragen der Collodium-
                              und anderer Häutchen, auf denen sich Photographien befinden, hat aber in der Technik inzwischen eine bedeutende Wichtigkeit
                              erlangt,
                              namentlich auch durch das Gelatineverfahren im Emailprozeß.
                           Bei der Wahl eines derartigen Verfahrens zur Uebertragung von Photographien handelt es sich zunächst um die Frage: Soll die
                              Photographie auf der neuen Unterlage eingebrannt werden, wie auf Porzellan oder Email, oder nur einfach mechanisch befestigt und mit einem schützenden Ueberzug versehen werden? – Im letzteren Fall wäre
                              etwa noch zu unterscheiden, ob die Unterlage von schwarzer oder weißer
                              Farbe ist und darnach entweder ein entwickeltes directes Colodiumpositiv oder – bei weißem Grund
                              – ein Chlorsilberbild zu benutzen. Wir wollen nun diese drei Fälle näher in's Auge fassen und
                              beginnen mit der einfachsten Art der Uebertragung mittelst mechanischer Befestigung.
                           1) Directe Collodiumpositivs für dunklen Grund. Aus dem Vorhergegangenen erhellt schon, wie man beim Ablösen
                              des Collodiumhäutchens vom Glase zu verfahren hat. Die Darstellung der Photographie selbst hier vorzuführen, ist zu weitläufig
                              und
                              würde dieß auch nur ein praktischer Photograph vermögen. Ist dieselbe vollendet, recht klar und kräftig bei reflectirtem Licht
                              betrachtet, und noch ganz feucht, so wird sie mit verdünnter Salzsäure (100 Wasser, 5 Salzsäure) noch auf der Glasplatte übergossen
                              und diese Flüssigkeit so lange darauf gelassen, bis ein Versuch zeigt, daß das Häutchen sich leicht verschieben läßt.
                           Dann hält man das Letztere an zwei Ecken fest und wäscht es gut ab. Wachsleinwand wird am besten direct auf das Häutchen gelegt,
                              die
                              vorstehenden Ränder des letzteren umgebogen und vermittelst einiger Tropfen Wasser, die man zwischen Glas und Häutchen laufen
                              läßt,
                              das Ganze abgezogen und getrocknet. Nach dem Trocknen ist das Bild gänzlich dauerhaft.
                           Will man das Häutchen auf anderen Stoff, z.B. schwarzes Leder u. dgl. übertragen, so legt man zuerst rothes Saugpapier auf
                              das feuchte
                              Häutchen und zieht es auf die genannte Weise vom Glase ab. Je nach Art der Unterlage kann man diese mit einem durchsichtigen
                              Klebmittel, einer Gummilösung oder dergl. versehen, auf welches man dann das Häutchen andrückt, mit Vermeidung aller Luftblasen.
                           Nach dem Trocknen wird das Saugpapier entfernt und das Bild mit einem durchsichtigen Lack überzogen. –
                           2) Chlorsilberbilder für weißen Grund. Für die Uebertragung von Chlorsilberbilder auf weißem Grund existiren
                              besonders präparirte Papiere im Handel unter dem Namen: Uebertragungs- oder Abziehpapier. Ersteres ist schon gesalzen und
                              man
                              läßt es auf dem gewöhnlichen Papiersilberbad schwimmen, exponirt die richtige Zeit hinter einem Negativ im Copirrahmen, vergoldet,
                              wenn nöthig, und fixirt in unterschwefligsaurer Natronlösung. Schon in letzterer löst sich das Häutchen mit dem Bilde vom
                              Papier ab,
                              wird in reinem Wasser vollends ausgewaschen und sodann auf die neue Unterlage übertragen. Es gehört dazu Geschick und Uebung,
                              am
                              leichtesten gelingt die Uebertragung während das Häutchen mit dem Bilde
                              sich noch im Wasser befindet. Das Gefäß muß natürlich tief genug seyn, um die Unterlage vollständig eintauchen zu können.
                              Man bringt
                              dieselbe vorsichtig unter das schwimmende Häutchen und hebt letzteres damit heraus. Alle Fältchen und Luftblasen muß man vor
                              dem
                              Trocknen durch Streichen mittelst eines weichen Pinsels entfernen.Soeben lese ich, daß obiges von Herrn Grüne in Berlin erfundene Uebertragungspapier nicht mehr im
                                    Handel zu bekommen sei. Es würde sich daher an dessen Stelle die Benutzung des Chlorsilbercollodiums empfehlen.
                              
                           Zu dieser Art Uebertragungs-Photographien auf weißem Grund sind auch noch die in der Camera obscura
                              nach einem Glasnegativ erzeugten und entwickelten Collodiumpositivs (Transparentpositivs) zu zählen. Sie können ebenso, wie
                              die
                              directen Positivs vom Glase ab und auf andere, jedoch auf weiße, Unterlagen, übertragen werden. Da jedoch
                              die Darstellung derselben ein vollständig eingerichtetes photographisches Laboratorium verlangt, so ist diese Methode nur
                              Photographen
                              von Fach zu empfehlen.
                           Dagegen kann die Anwendung des Chlorsilbercollodiums allenfalls auch von Laien, die das so leichte Copirverfahren im Copirrahmen
                              kennen, unschwer erlernt werden. Das Princip dieser Methode ist folgendes: Chlorsilber schwärzt sich bekanntlich an Licht
                              und dient
                              zur Darstellung der positiven Abdrücke auf Papier von Glasnegativen mittelst des Copirrahmens. Das gewöhnliche Papier wird
                              zu diesem
                              Behufe präparirt, indem man es zuerst in eine verdünnte Kochsalz- oder Salmiaklösung (also Chlornatrium resp. Chlorammon)
                              taucht, trocknet und auf einer Silberlösung schwimmen läßt. Es bildet sich durch doppelte chemische Wahlverwandtschaft Chlorsilber (neben salpetersaurem Natron- resp. salpetersaurem Ammon). Nach dem Trocknen im Dunklen
                              wird das Papier hinter einem Negativ angepreßt dem Tageslichte ausgesetzt. Bei den jetzt allgemein verwendeten Albuminpapieren
                              befindet sich der Salzgehalt schon im Albumin und brauchen dieselben nur gesilbert zu werden.
                           In der Wothlytypie wurde zuerst von einem empfindlichen Collodiumüberzuge auf Papier für positive Abdrücke Gebrauch gemacht.
                              Später
                              versuchte man größere Mengen feinzertheiltes Chlorsilber in Collodium zu suspendiren und letzteres auf sogenanntes Transport-
                              oder Uebertragungspapier aufzutragen, im Fall das Collodiumhäutchen später auf andere Unterlagen transportirt werden soll.
                              Bleibt es
                              dagegen auf dem Papier selbst, so nimmt man dazu ein recht starkes, gut satinirtes und geleimtes, oder sonst mit einer schönen
                              weißen
                              Oberfläche versehenes Papier (Porzellanpapier). Das Uebertragungspapier
                              kann man sich leicht selbst präpariren (Photogr. Archiv Nr. 183 S. 225). „5 Loth zerschnittene Gelatine werden in 64 Loth
                                 destillirtem Wasser warm gelöst; sodann schlägt man das Weiße von 3 Eiern zu Schnee und quirlt die warme Gelatinelösung damit
                                 zusammen. Das Ganze erhitzt man unter Umrühren zum Sieden, wodurch das congulirte Albumin mit dem vorhandenen Schmutz
                                 ausgeschieden wird. Man colirt die klare Gelatinelösung in eine Porzellanschale und löst in derselben 1 Loth Citronensäure
                                 und 1/2
                                 Loth Glycerin auf. Die Gelatinelösung wird dann während des Auftragens auf das Papier auf dem Wasserbade ziemlich gleichmäßig
                                 heiß
                                 erhalten. Gelatiniren des Papiers. Gutgeleimtes, feines ziemlich starkes Papier wird, wenn es zu groß
                                 ist, in 4 Theile zerschnitten, 12 bis 18 Blätter auf einem Reißbrett zusammengelegt und mittelst eines breiten Firnißpinsels
                                 die
                                 warme Gelatinelösung in einer warmen Stube gleichmäßig, rasch kreuz und quer auf das zuoberst liegende Blatt gestrichen, worauf
                                 man es abhebt und zum Trocknen aufhängt. Die getrockneten Blätter müssen einen gleichmäßigen Glanz haben, streifige oder fleckige
                                 sind auszuscheiden. Das getrocknete Papier wird zwischen Cartonpapier gepackt und bleibt einen Tag lang in der Presse.“
                              
                           Bei der Anwendung wird dieses Papier mittelst Copirzwecken an den Ecken auf einem passenden Bret, das mit einer Handhabe versehen
                              ist,
                              befestigt und mit gutem, etwas dickem Chlorsilbercollodium übergossen. Das Chlorsilbercollodium ist im Handel zu bekommen,
                              z.B. in dem
                              Photographie-Institut von Ed. Liesegang in Elberfeld und muß gegen das Licht geschützt aufbewahrt
                              werden. Die Art des Uebergießens ist ganz die negativer Collodiumplatten und kann leicht bei einem Photographen gesehen werden.
                              Das
                              ablaufende überschüssige Collodium wird besonders aufgefangen. Ist das Collodium nicht dick genug, so wiederholt man das Uebergießen
                              nach vorherigem Trocknen und Pressen des Papiers nochmals, und zwar läßt man das Collodium in der entgegengesetzten Ecke sowohl
                              auf- wie abfließen.
                           Nach abermaligem Trocknen und Pressen werden die Papiere noch mit gutem Rohcollodium übergossen und getrocknet. Dieß Alles
                              muß
                              natürlich bei nur ganz schwachem Tageslicht geschehen, das Aufbewahren des Papieres bei völligem Abschluß alles Lichtes, es
                              hält sich
                              dann monatelang gut.
                           Das Exponiren im Copirrahmen hinter einem Negativ ist in Bezug auf seine Dauer genau abzupassen und erfordert Uebung. Für
                              transparente
                              Glasbilder müssen die Abdrücke etwas überexponirt werden. Die Bilder
                              werden, die Bildseite zu unterst, in mehrmals gewechseltem Wasser gewaschen, dann auf gewöhnliche Weise im Goldbad gefärbt
                              und im
                              Natronbad fixirt, zuletzt gut ausgewaschen. Um das Zusammenrollen zu verhüten, werden die Bilder einzeln rasch durch heißes
                              Wasser
                              gezogen und dann in kaltes Wasser gebracht.
                           Soll das Bild auf Glas übertragen werden, so wird ersteres mit der Bildseite auf sogenanntes Glaspapier gelegt (mit ätherischem
                              Copalfirniß getränktes und getrocknetes Papier), und 1/2 Minute lang in stark erwärmtes Wasser getaucht. Das Uebertragpapier
                              kann nun
                              leicht von dem Collodiumhäutchen getrennt werden. Das Glas, worauf letzteres übertragen werden soll, wird mit warmer verdünnter
                              Gelatinelösung überstrichen und nun das auf dem Glaspapier befindliche Collodiumhäutchen, welches vorher durch warmes Wasser
                              und einen
                              Pinsel von aller anhängenden Gelatine befreit wurde, mit der Bildseite darauf gelegt und durch sanftes Ueberstreichen des
                              Glaspapieres
                              mit einem Pinsel angedrückt. Zuletzt zieht man das Glaspapier vorsichtig von einer Ecke aus ab. Ebenso kann natürlich das
                              Bild auf
                              eine Holzunterlage übertragen werden. Auf Porzellan oder Email bedarf das Collodiumhäutchen zur Befestigung eines Copalfirnisses,
                              der
                              mit Chloroform verdünnt ist (1 Theil Firniß, 5 Theile Chloroform). Das Collodiumbild muß etwas größer seyn, als die Porzellanplatte,
                              damit es um die Ränder der letzteren geschlagen werden kann zur besseren Befestigung. Bei Vasen, Schalen u. dgl., die oft
                              gewaschen
                              werden, überträgt man anstatt mit Gelatine mit geklärtem Eiweiß. Indem später diese Gegenstände bis 70° R. erhitzt werden,
                              coagulirt das Eiweiß und wird unlöslich.
                           Die Bereitung dieses Uebertragungspapieres und die dabei nöthigen Manipulationen wurden von Hrn. A. Ost in
                              Wien mitgetheilt. Auf Porzellan und Email sind natürlich eingebrannte Bilder, aus Emailfarben bestehend, bei weitem vorzuziehen.
                           Einfacher, als obiges Gelatineübertragungspapier ist das (nach Wittig) mit Kautschuk-Benzinlösung
                              bereitete. Die Lösung wird wie Collodium auf das an den Rändern etwas aufgefalzte Papier gegossen und getrocknet, sodann albuminirt.
                              Das Albumin wird mit etwas Salmiak versetzt, zu Schnee geschlagen und nach einigen Stunden das unter dem Schaum stehende Klare
                              in eine
                              Schale gegossen und das Kautschukpapier mit der überzogenen Seite darauf schwimmen gelassen. Nach dem Trocknen läßt sich das
                              Papier
                              beliebig lange aufbewahren. Vor dem Gebrauch wird es wie gewöhnliches Albuminpapier gesilbert, aber kräftiger copirt, besonders
                              für
                              Transparentbilder. Das gewaschene noch nasse Bild wird auf die neue
                              Unterlage ohne weiteres Bindemittel aufgedrückt, getrocknet und das Papier mit Benzin abgerieben. Der Kautschuk weicht dadurch
                              auf und
                              das Papier läßt sich leicht ablösen, während das Bild zurückbleibt. Letzteres muß noch auf bekannte Weise vergoldet, fixirt
                              und
                              gewaschen werden. (Industrie-Blätter, 1873 S.
                                 99.)