| Titel: | Ueber die Gewinnung des Goldes, welches beim Affiniren dieses Metalles mit Chlorgas in das Chlorsilber übergeht; von Dr. Adolph Leibius, ältestem Münzwardein an der kgl. Münze in Sydney. | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. LXXXVI., S. 342 | 
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                        LXXXVI.
                        Ueber die Gewinnung des Goldes, welches beim Affiniren dieses Metalles mit Chlorgas in das
                           Chlorsilber übergeht; von Dr. Adolph Leibius, ältestem Münzwardein an der
                           kgl. Münze in Sydney.
                        Leibius, über das Affiniren des Goldes mit Chlorgas.
                        
                     
                        
                           Beim Affiniren des Goldes mittelst Chlorgas nach dem Miller'schen Verfahren (beschrieben im polytechn.
                              Journal 1870, Bd. CXCVII S. 43) wird das dem Golde beigemengte Silber bekanntlich in Form von Chlorsilber abgeschieden, welches
                              man,
                              nachdem das Gold erstarrt ist, von demselben abgießt. Dieses Chlorsilber ist niemals rein, sondern enthält außer Chlorkupfer
                              eine
                              beträchtliche Menge Gold, und zwar nach Miller etwa 2 Proc. des Goldes, welches in dem in Arbeit genommenen
                              Metall enthalten war. Reducirt man es zu Metall, ohne es vorher von dem Goldgehalt zu befreien, so bekommt man Silberbarren,
                              welche 12
                              bis 20, im Durchschnitt etwa 18 Proc. Gold enthalten. Das Gold ist hauptsächlich in Verbindung mit Chlor in dem Chlorsilber
                              enthalten,
                              wohl mit diesem zu einem Doppelchlorür verbunden.Wenn man das goldhaltige Chlorsilber für sich in einem mit Borax überzogenen thönernen Tiegel schmilzt, so werden ca. 60
                                    Procent des Goldes daraus abgeschieden. Indem man bisher das goldhaltige Chlorsilber in einem mit Borax
                              überzogenen Tiegel mit 8 bis 10 Proc. metallischem Silber schmolz, wurde der größte Theil des Goldes daraus abgeschieden,
                              aber niemals
                              alles Gold. Nach Miller kann man, wenn man hierbei mit gehöriger Sorgfalt verfährt, den Goldgehalt des
                              Chlorsilbers so weit verringern, daß das Silber, welches man durch die Reduction desselben gewinnt, in 10000 Theilen höchstens
                              3
                              Theile Gold enthält. Bei den über das Miller'sche Verfahren angestellten Versuchen hat man allerdings in
                              vielen Fällen ein so günstiges Resultat erhalten; aber der Goldgehalt des aus dem Chlorsilber erhaltenen Silbers variirte
                              doch von 3
                              bis zu 27 Theilen und betrug im Durchschnitt 13 Theile in 10000 Theilen. Durch längere Erfahrung hat sich nun herausgestellt,
                              daß beim
                              Arbeiten im Großen, wo man nicht so viel Zeit aufwenden kann, wie bei den Versuchen, die Resultate noch mehr wechseln, indem
                              das in
                              dem Silber zurückgebliebene Gold nicht selten 100 bis 150 und oft 10 bis 40 Theile in 10000 Theilen betrug.
                           Beim Entgolden des Chlorsilbers durch Silber wendete man dieses Metall in etwa 1/8 Zoll dicken Streifen an und suchte es dadurch,
                              daß
                              man das geschmolzene Chlorsilber mit den Streifen umrührte, möglichst mit allen Theilen desselben in Berührung zu bringen.
                              War nun
                              aber die Hitze des Ofens etwas zu stark, und schmolzen die Silberstreifen in Folge dessen zu schnell, so sank das Silber,
                              da es nicht
                              Zeit genug gehabt hatte, um alle Theile des Chlorgoldes zu zersetzen, mit bloß einem Theile des Goldes zu Boden, einen Regulus
                              von
                              silberhaltigem Gold bildend, und es blieb mehr oder weniger Gold in dem Chlorsilber zurück. Hierin lag ohne Zweifel die Hauptursache
                              der erwähnten Ungleichmäßigkeit der Resultate. Aber wenn diese Ungleichmäßigkeit sich auch nicht herausgestellt hätte, würde
                              dem in
                              Rede stehenden Verfahren doch immer der gewichtige Vorwurf zu machen seyn, daß man jährlich eine große Menge Silber erst in
                              Chlorsilber verwandeln und dann wieder zu Metall reduciren müßte.
                           Man suchte hiernach ein anderes Verfahren zur Abscheidung des Goldes aus dem Chlorsilber aufzufinden. Schmelzen desselben
                              mit Zusatz
                              von Weinstein und Harz, sowie Reduction mit Wasserstoffgas oder Leuchtgas gab keine praktisch-brauchbaren Resultate. Einen
                              besseren Erfolg versprach die Anwendung von Soda. Diesen Körper hatte man bei den in den Jahren 1868 und 1869 in der Münze
                              zu Sydney
                              über das Miller'sche Verfahren angestellten Versuchen auf den Rath des Verf. schon benutzt; indem man aber
                              dabei eine jetzt von dem Verf. als nothwendig erkannte Vorsichtsmaßregel nicht in Anwendung brachte, hatte man einen beträchtlichen
                              Verlust erlitten und in Folge dessen die Anwendung von Soda verworfen und
                              das Verfahren mit Silberstreifen eingeführt. Wenn Sodapulver zu geschmolzenem Chlorsilber gebracht wird, so erfolgt eine sehr
                              heftige
                              Einwirkung, und diese verursacht, daß die Masse aufspritzt, daß nämlich metallisches Silber umhergeschleudert wird, und daß
                              dadurch
                              ein großer Verlust entsteht. Wenn man aber das geschmolzene Chlorsilber mit einer 1/8 bis 1/4 Zoll dicken Schicht von Borax
                              bedeckt
                              und die Soda dann nach und nach auf die Boraxschicht bringt, so ist die Reaction sehr gelinde und leicht zu reguliren. Von
                              der Soda
                              kann man auf 230 Unzen Chlorsilber, die in einem mit Borax überzogenen französischen thönernen Tiegel Nr. 18 geschmolzen sind,
                              16 bis
                              20 Unzen anwenden. 20 Unzen Soda liefern einen circa 35 Unzen wiegenden Goldklumpen von 870 bis 880 pro Mille Goldgehalt, während das nachher aus dem Chlorsilber abgeschiedene Silber in 10000 Theilen noch 2
                              bis 5 Theile Gold enthält.
                           Das Verfahren mit Soda ist in seinen Resultaten sehr gleichmäßig; aber es wird durch dasselbe, wie erwähnt, nicht alles Gold
                              aus dem
                              Chlorsilber abgeschieden. Auch bei Anwendung einer größeren Menge von Soda wurde niemals die ganze Menge des Goldes in einer einzigen Operation entfernt. Die Abscheidung alles Goldes, so daß das nachher aus dem Chlorsilber
                              gewonnene Silber frei von Gold war, gelang jedoch immer, wenn das Chlorsilber
                              ein zweites Mal derselben Behandlung unterworfen wurde, indem man dabei auf 200 Unzen desselben circa 3
                              Unzen Soda verwendete. Diese zweite Operation wird in ähnlicher Weise, wie die erste, aber in einem neuen, ebenfalls mit Borax
                              überzogenen Tiegel ausgeführt; sie erfordert nur eine kurze Zeit, ungefähr eine Stunde. Das Chlorsilber schmilzt jetzt, wo
                              es nur noch
                              Spuren von Gold enthält, viel leichter, als wenn es viel Gold enthält. Die zur Ausführung der ersten Operation erforderliche
                              Zeit
                              variirt etwas, je nach der Hitze des Ofens und der Beschaffenheit des Chlorides. Um 230 Unzen Chlorsilber, nachdem dasselbe
                              in den
                              rothglühenden, innerhalb einer Schutzvorrichtung (guard) – wohl für den Fall des Zerspringens
                              – aufgestellten Tiegel gebracht ist, zu schmelzen, braucht man 60 bis 80 Minuten; das Zusetzen der Soda nimmt 20 bis 30 Minuten
                              in Anspruch;Während man die Soda zusetzt, taucht man von Zeit zu Zeit mittelst eines Rührers die obere Schicht etwas unter das geschmolzene
                                    Chlorid, ohne dieses umzurühren. der Tiegel wird dann zugedeckt, und die Hitze verstärkt, so daß die ganze Masse in guten Fluß kommt, was noch 10 bis 20
                              Minuten dauert. Man nimmt darauf den Tiegel aus dem Feuer heraus und läßt
                              ihn so weit erkalten, daß das Gold erstarrt, worauf man das noch flüssige Chlorsilber in eiserne Formen gießt, um es sodann
                              in einem
                              von dem Verf. construirten galvanischen Apparate zu reduciren.
                           Wenn das Chlorsilber viel Kupfer enthält, so dauert die Operation viel länger. Es ist daher rathsam, Goldbarren, die viel
                              Kupfer
                              enthalten, für sich zu affiniren, und das dabei erhaltene Chlorsilber, welches also auch viel Kupfer enthält, auf die Weise
                              zu
                              verarbeiten, daß man es direct reducirt und das daraus erhaltene Silber durch Auflösen von dem ihm beigemengten Golde scheidet.
                           Es ist merkwürdig, wie gleichmäßig das Gold in dem Chlorsilber vertheilt ist. Probirt man irgend eilten Theil einer Chlorsilberplatte
                              auf Gold, so erhält man, vorausgesetzt daß nicht Borax anhängt, überall dasselbe Resultat. Dieß bietet ein bequemes Mittel
                              dar, um
                              sich von dem genügenden Erfolge der Behandlung mit Soda zu überzeugen, bevor man das Chlorsilber behufs der Reduction in die
                              galvanische Batterie bringt. Man bricht von einer Ecke der Chlorsilberplatte ein kleines Stück ab und zerreibt es in einem
                              Steingutmörser zu feinem Pulver; dieses Pulver wird in einer zugekorkten Glasröhre aufbewahrt, von wo man es zum Probiren
                              auf einer
                              Probirwaage auswiegt. 10 Grains des Pulvers werden in ein 1 1/2 Quadratzoll großes Stück Bleifolie gewickelt und bei niedriger
                              Temperatur mit circa 60 Grains Blei kupellirt; das resultirende Silberkorn wird mit Salpetersäure gekocht,
                              und das dabei ungelöst gebliebene Gold gewogen. Diese Methode, das Chlorsilber zu probiren, führt so schnell zum Ziele – man
                              kann in einer Stunde leicht sechs Proben machen, einschließlich des Pulverisirens, – daß sie in allen Fällen angewendet zu
                              werden verdient. Sollte die Probe ergeben, daß das Chlorsilber noch zu viel Gold enthält, so muß dasselbe nochmals mit Soda
                              behandelt
                              werden. Dieser Fall wird jedoch, wenn überhaupt, nur selten vorkommen.
                           Ob man alles Gold aus dem Chlorsilber abscheidet, indem man dasselbe auf die beschriebene Art ein zweites Mal mit Soda behandelt
                              oder
                              ob man, wenn Silberbarren, die ein wenig Gold enthalten, zu abgehen, besser thut, die dadurch veranlaßt vermehrte Ausgabe
                              für Tiegel,
                              Brennmaterial etc. zu vermeiden, hängt natürlich in jedem Fall von den vorhandenen Umständen ab. (Chemical News, vol. XXVII p. 121; polytechnisches Centralblatt, 1873 S. 446.)