| Titel: | Ueber Steinkohlentheer und über Steinkohlentheerpech; von Dr. E. A. Behrens. | 
| Autor: | E. A. Behrens | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XCII., S. 362 | 
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                        XCII.
                        Ueber Steinkohlentheer und über Steinkohlentheerpech; von Dr. E. A. Behrens.
                        Behrens, über Steinkohlentheer und über Steinkohlentheerpech.
                        
                     
                        
                           Steinkohlentheer im Allgemeinen.
                           Die bei hoher Temperatur und unter Luftabschluß vor sich gehende trockene Destillation der Steinkohle erzeugt, neben dem Leuchtgase
                              und
                              dem ammoniakhaltigen Wasser, eine mehr oder weniger dickflüssige schwarze Substanz, die unter dem Namen Theer allgemein bekannt
                              ist.
                              Je nach dem Wärmegrade, unter welchem die Destillation der Steinkohle stattfindet, ändert sich die Zusammensetzung des Theeres,
                              und
                              selbst bei anscheinend geringen Differenzen in der Temperatur erhält man, wenigstens in quantitativer Hinsicht, ganz verschiedene Gemenge, und geht aus meinen Versuchen hervor, daß unter sonst
                              gleichen Umständen die Summe der im Theer enthaltenen festen Körper mit der Temperatur zunimmt.
                           Auf einigen Gasanstalten geschieht die Destillation der Kohle sowohl nach der gewöhnlichen Methode in eisernen oder vorzugsweise
                              in
                              thönernen Retorten und zugleich auch nach dem bekannten Pauwels'schen System in Kohksöfen, von deren
                              näherer Beschreibung ich hier absehe, aber die Thatsache hervorhebe, daß in diesen Oefen die Temperatur niedriger ist als
                              in
                              Retorten.
                           Während der von mir angestellten Versuche, um den Einfluß der Temperatur auf die Theerbildung zu bestimmen, wurden in genannten
                              Oefen
                              und in thönernen Retorten dieselben Sorten von Kohlen destillirt. Nun fand ich, daß der aus Retorten gewonnene Theer viel
                              reicher war
                              an Benzol und Toluol, zugleich aber auch Naphtalin und die übrigen festen Körper in größerer Menge enthielt, während in dem
                              in Oefen,
                              also bei weniger hoher Temperatur, erzeugten Theer die flüssigen Kohlenwasserstoffe überwiegend waren, und der Theer selbst
                              war
                              specifisch leichter. Zugleich habe ich beobachtet, daß im Kohksofentheer eine bedeutendere Menge von in Alkalien
                                 löslichen Körpern enthalten ist, aber unter diesen befindet sich die eigentliche Carbolsäure nur in verschwindend kleinem
                                 Maaße.
                           Uebrigens läßt sich die Beobachtung, daß bei höherer Temperatur eine Zunahme stattfindet an Benzol und Naphtalin, sehr gut
                              in Einklang
                              bringen mit der Thatsache, daß, wenn man durch ein glühendes Rohr Theeröle leitet, diese sich theilweise in Benzol und Naphtalin
                              zersetzen, unter Erzeugung von Leuchtgas und Ausscheidung von Graphit. Ueber diese Zersetzung habe ich Gelegenheit gehabt
                              Versuche in
                              sehr großem Maaßstabe anzustellen, welche darauf hinzielten, aus den schweren, sonst vornehmlich zum Creosotiren des Holzes
                              verwandten
                              Theerölen Leuchtgas zu bereiten. Die Anwendung von gußeisernen Retorten war hierbei praktisch unmöglich, indem dieselben in
                              sehr
                              kurzer Zeit außer Betriebsfähigkeit gesetzt wurden. Thönerne Retorten erfüllten den Zweck weit besser, aber am vortheilhaftesten
                              war
                              der Gebrauch eines aus feuerfesten Steinen gemauerten Ofens mit geheizter Sohle. Derselbe wurde bis zu einer zwischen der
                              Roth-
                              und Weißgluth gelegenen Temperatur erhitzt, alsdann wurde ein fingerdicker, continuirlicher Strahl schweren Oeles durch ein
                              S-Rohr hineingeleitet. Die Verdichtungsvorrichtungen bestanden aus der gewöhnlichen Hydraulik und
                              sehr weiten Röhren, welche, trotz ihres bedeutenden Durchmessers, noch häufig durch Naphtalin und dem, durch die Gase und Dämpfe mitgeführten Ruß verstopft wurden. In der Hydraulik, welche am Fuße des
                              Ofens lag, verdichtete sich der größte Theil des nicht zersetzten Oeles, während der übrige Theil nebst Naphtalin und den
                              gebildeten,
                              flüchtigen Kohlenwasserstoffen sich erst in dem Kühlrohre von dem Gase abschieden.
                           Ich habe nun gefunden, daß die schweren Oele auf diese Weise durchschnittlich 2 Proc. Benzol und Toluol lieferten, dann etwas
                              Xylol und
                              nur Spuren von Cumol und Cymol. Unter und über der vorhin erwähnten Temperatur verminderte sich die Ausbeute an leicht siedenden
                              Kohlenwasserstoffen. Im ersteren Falle zersetzte sich nur ein geringeres Quantum schweren Oeles und im letzteren verwandelte
                              sich das
                              Benzol in Naphtalin. Die Producte, welche man am entferntesten Punkte der Kühlvorrichtung auffing, bestanden fast ausschließlich
                              aus
                              einem Gemische von Naphtalin, Benzol und etwas Toluol, aus dem, beiläufig bemerkt, reines Benzol viel leichter herzustellen
                              war, als
                              aus den sogenannten leichten Theerölen, in welchen zugleich die, zwischen dem Benzol und Naphtalin gelegenen Kohlenwasserstoffe
                              stets
                              in größerer Proportion enthalten sind. Auf der Sohle des Ofens bleibt Graphit zurück, welchen man in großen Stücken erhalten
                              kann und
                              der ein werthvolles Material für Erzeugung hoher Temperaturen bildet. – Andererseits sind Versuche angestellt worden, welche
                              bewiesen haben, daß in thönernen Retorten die Gasausbeute bedeutend zunimmt, wenn man bei einer höheren Temperatur arbeitet,
                              als die
                              in den meisten Anstalten gebräuchliche, auch das Leuchtvermögen des so bereiteten Gases nicht beeinträchtigt wird unter der
                              Bedingung,
                              daß man zugleich die bei gewöhnlicher Temperatur übliche Füllung der Retorte steigert. Ohne letztere Maßregel würde durch
                              eine erhöhte
                              Temperatur das Leuchtvermögen der Gase verringert werden. Ich habe nun gefunden, daß bei dieser, für die Gasfabrication höchst
                              vortheilhaften Betriebsmethode die im Theer enthaltenen festen Körper in sehr merklicher Weise
                              zunehmen.
                           Nicht allein die Destillationstemperatur, sondern auch die Natur der Kohle selbst hat großen Einfluß auf die Zusammensetzung
                              des
                              Theers. So liefert z.B. die bituminöse, wasserstoffreiche, schottische Bogheadkohle eine bedeutende Menge von Oelen, welche
                              aber von
                              denen des gewöhnlichen Steinkohlentheeres gänzlich verschieden sind. An die Stelle von Naphtalin, resp. Anthracen treten Paraffine,
                              anstatt Benzol und Toluol findet man ganz andere Hydrocarbüre, von leichterem specifischem Gewicht, weniger reich an Kohlenstoff
                              und
                              die darum als Leuchtmaterial ihre besondere Verwerthung haben. Zwischen den beiden äußersten Gliedern der Kohlenreihe, der
                              ganz
                              mageren Anthracitkohle und der höchst bituminösen Bogheadkohle, befanden
                              sich die anderen Varietäten von Steinkohlen, und je nachdem diese sich in ihren Eigenschaften mehr der einen oder der anderen
                              nähern,
                              sind auch die davon abstammenden und unter gleichen Umständen gebildeten Theere dem der Anthracitkohle oder dem Theere der
                              Bogheadkohle ähnlicher.
                           Aus Vorhergehendem ergibt sich, daß man mit Unrecht annehmen würde, der Steinkohlentheer sey ein constantes Gemenge von denselben
                              Substanzen in immer gleichen Proportionen, aber betrachtet man besonders den Theer, wie er in den meisten Gasanstalten gewonnen
                              wird,
                              so findet man in dessen quantitativer Zusammensetzung oft bedeutende Differenzen, jedoch in qualitativer Hinsicht bleibt er
                              sich wohl
                              gleich. – Der in den Gasanstalten erzeugte Theer verdichtet sich bekanntlich theils in der Hydraulik, theils in den weiteren
                              Kühlvorrichtungen. Letzterer ist natürlich der reichste an flüchtigen Stoffen und daher viel dünnflüssiger als der in der
                              Hydraulik
                              verdichtete, welcher im Winter, der Kälte ausgesetzt, meistens eine vollständig feste Masse bildet. In den meisten Gasanstalten
                              werden
                              beide Theere nicht separat gewonnen, sondern sie vereinigen sich mit dem verdichteten, ebenfalls bei der Kohlendestillation
                              erzeugten
                              Ammoniakwasser, in der sogenannten Theergrube, von welcher man letzteres zweckmäßig in ein besonderes Bassin ablaufen läßt,
                              wodurch
                              man Theer und Wasser möglichst trennt.
                           Der Steinkohlentheer bildet eine dickflüssige, schwarze Masse von durchschnittlich 1,2 spec. Gewicht. Um die darin enthaltenen
                              Producte
                              zu trennen, unterwirft man ihn der fractionirten Destillation. Zu diesem Zwecke benutzt man am besten schmiedeeiserne Blasen,
                              in Form
                              eines stehenden Cylinders, mit nach innen gewölbtem Boden, an welchem ein gußeiserner Stutzen so angebracht
                              ist, daß durch denselben der Ausfluß des Destillationsrückstandes vollständig stattfindet. Die Füllung der Blase geschieht
                              am
                              leichtesten vermittelst einer Kettenpumpe, deren Rohr fast bis auf den Boden der Theergrube reicht. Die Blase steht durch
                              den Helm in
                              Verbindung mit einer bleiernen oder besser aus gußeisernen Röhren zusammengesetzten Kühlschlange. Das Heizen findet durch
                              directes
                              Feuer statt. Anfänglich darf die Feuerung ziemlich stark seyn, bis der Geruch von Ammoniak am Ende der Schlange merklich wird,
                              dann
                              aber ist es unumgänglich nöthig, das Feuer sehr zu mäßigen, da sonst ein Uebersteigen des Theers unvermeidlich ist. Hat dann
                              die
                              Destillation begonnen und ist der größte Theil des im Theer theils mechanisch beigemischten, theils chemisch gebundenen Wassers
                              übergegangen, so darf ohne Gefahr das Feuer unter der Blase vergrößert werden. Man erhält nun der Reihe nach folgende Producte:
                           
                           1. Ammoniakhaltiges Wasser nebst leichten Oelen, von etwa 0,920 spec. Gew.
                           2. Leichte Oele (Mittelöle), von etwa 0,980 spec. Gew. Sie enthalten das Destillat von 0,920 bis
                              1,020.
                           3. Oele, specifisch schwerer als Wasser, von 1,06 spec. Gew. (Kreosotöle), deren letzter Theil die
                              anthracenhaltigen Oele bildet.
                           Die ersten leichten Oele sind natürlich die reichsten an Benzol und Toluol und können darauf direct
                              verarbeitet werden.Die Verarbeitung zerfällt bekanntlich in 1. ein Reinigungsverfahren durch auf einander folgende Einwirkung von Schwefelsäure,
                                    Wasser und Natronlauge; 2. Trennung der Kohlenwasserstoffe durch fractionirte Destillation, über directem Feuer oder jetzt
                                    meistens vermittelst Dampf. Die Kochpunkte dieser Kohlenwasserstoffe sind folgende:Benzol = 80,4°Toluol = 108°Xylol = 130°.Cumol = 151°Cymol = 175°Naphtalin = 216°.Wenn die Gesetze über die Spannkraft der Gase auf die Dämpfe Anwendung fänden, welche ein Gemisch mehrerer, sich gegenseitig
                                    auflösender Flüssigkeiten abgibt, so müßten die leichten Oele, von denen die Rede ist, bei einer unter 80,4° gelegenen
                                    Temperatur in's Kochen gerathen, aber in Folge einer noch wenig erklärten Einwirkung der gemischten Substanzen auf einander
                                    verhalten sich diese in Betreff ihrer Spannkraft ganz anders als in getrenntem Zustande und befindet sich der Kochpunkt eines
                                    Gemisches meistens zwischen den Kochpunkten der am leichtesten und der am schwersten siedenden Flüssigkeit. Außerdem ist die
                                    eben erwähnte Einwirkung nicht constant und um so geringer auf die Spannkraft der Dämpfe als in dem Gemische der flüchtigste
                                    von den darin enthaltenen Körpern in überwiegender Menge vorhanden ist; z.B. geräth das leichte Oel bei einer um so
                                    niedrigeren Temperatur in's Kochen, je größer die Menge des darin enthaltenen Benzols ist. Vorstehende Thatsachen lassen sich
                                    leicht durch folgenden Versuch veranschaulichen. Ich füllte eine Retorte mit, bei 360° siedendem Theeröl und erwärmte
                                    dasselbe auf etwa 200°, welche Temperatur ich aufrecht erhielt. Darauf leitete ich durch eine Röhre, die fast am Boden
                                    der Retorte mündete, in dieselbe einen Strom von Benzoldampf, welcher in einer gewogenen Kochflasche erzeugt wurde. Zuerst
                                    wurde fast alles Benzol in der Retorte zurückgehalten, aber je länger ich dasselbe einleitete, desto weniger wurde davon
                                    absorbirt. Am Ende des Versuches fand ich, daß unter den Umständen, wie ich denselben anstellte, das Gewicht des Oeles und
                                    der
                                    Retorte sich fast um 50 Proc. des Verlustes an Benzol in der Kochflasche vermehrt hatte.Sobald der Kochpunkt eines Gemisches erreicht ist, destilliren zugleich alle darin befindlichen
                                    Körper, aber in einem Gewichtsverhältniß, welches durch die Spannkraft und die Dampfdichte jedes einzelnen Körpers, unter
                                    den
                                    besonderen Umständen, die ich vorhin bemerkt, bedungen wird, und wie schon angedeutet, kann man annehmen, daß die Spannkraft
                                    um so weniger beeinflußt wird, als die Proportion des betreffenden Körpers im Gemische überwiegender ist. – Im
                                    Allgemeinen destillirt der flüchtigste Körper zuerst in größter Menge, dadurch wird die Spannkraft der zurückbleibenden
                                    Flüssigkeit vermindert und das Steigen des Kochpunktes ist eine Folge davon. Wenn keine gegenseitige Einwirkung der Körper
                                    in
                                    der gemischten Flüssigkeit stattfände, so müßte die Zusammensetzung des Destillats constant bleiben, aber dieselbe wechselt
                                    fortwährend, der flüchtigere Körper nimmt stets ab und die weniger flüchtigen nehmen zu. – Nun ist noch die eine
                                    Thatsache zu erwähnen, nämlich daß ein Gemisch zweier Körper so zusammengesetzt seyn kann, daß bei der Destillation, unter
                                    einem gegebenen Drucke, das übergehende Product genau in demselben Gewichtsverhältniß die Körper enthält, wie sie in der
                                    Flüssigkeit vorhanden sind. In diesem Falle bleibt der Kochpunkt constant und die Trennung kann dann, unter demselben Drucke,
                                    durch fractionirte Destillation nicht vor sich gehen, wohl aber möglicherweise unter einem anderen Drucke, da alsdann der
                                    Kochpunkt des Gemisches sich verändert und die Spannkraft verschiedener Dämpfe nicht in gleichem Verhältniß zu der
                                    Temperatur steht. Am zweckmäßigsten wäre dann die
                                    Destillation im luftleeren Raume vorzunehmen, weil bei einer Temperatur-Erniedrigung die Spannkraft des flüchtigeren
                                    Körpers meistens weniger abnimmt als diejenige einer, bei höherer Temperatur siedenden Substanz. Jedoch hat in der Praxis
                                    diese Methode wenig Aufnahme gefunden, auch kann man leichter zu demselben Resultate gelangen, wenn man einfach das
                                    untrennbare Gemisch zerstört, indem man es z.B. in unserem speciellen Falle mit höher siedenden Kohlenwasserstoffen wieder
                                    versetzt.Aus Vorhergehendem sind leicht die großen Schwierigkeiten zu erklären, mit denen die Trennung der Körper durch fractionirte
                                    Destillation verknüpft ist. Vorzüglich in dem Falle, wo es sich darum handelt, ziemlich reine Producte herzustellen, gelingt
                                    dieß bekanntlich meistens nur nach oftmals wiederholten Rectificationen. Man hat die verschiedensten Apparate construirt,
                                    um
                                    die Trennung zu beschleunigen, die alle so zu sagen auf einer fractionirten Verdichtung der Dämpfe beruhen. Eine der
                                    einfachsten und zugleich der besten Methoden besteht darin, die aus der Blase kommenden Dämpft von unten
                                       nach oben durch eine Schlange zu leiten, welche mit Wasser oder eventuell einer, bei höherer Temperatur siedenden
                                    Flüssigkeit umgeben ist, welche man beliebig wärmen kann. Die weniger flüchtigen Stoffe verdichten sich theilweise in der
                                    Schlange und fließen in die Blase zurück. Dieser Apparat liefert recht gute Resultate, wenn die betreffende Schlange von
                                    weitem Durchmesser ist, so daß die Dämpfe die darin verdichtete Flüssigkeit nicht mechanisch mitführen können. Im Laboratorium
                                    hat mir eine Einrichtung sehr gute Dienste geleistet, welche darin bestand, die Dämpfe eines Gemisches durch eine gewisse
                                    Anzahl von leeren Kochflaschen zu leiten, die in der Weise eines Woulf'schen Apparates mit einander
                                    verbunden waren und deren jede sich in einem Oelbade befand, dessen Temperatur beliebig geregelt werden konnte und desto mehr
                                    abnahm, je weiter die Flasche von dem Behälter, in welchem die Destillation vor sich ging, entfernt war. Es ist schwierig,
                                    eine solche Einrichtung in großem Maaßstabe auszuführen, da die Fläche der Verdichtungsapparate sehr bedeutend seyn muß im
                                    Verhältniß zu der Menge der hindurchströmenden Dämpfe, wenn der Zweck erfüllt werden soll. Sie enthalten nur ganz unbedeutende Mengen, etwa 2–3 Proc.,
                              von in Alkalien löslichen Oelen. Wenn fast alles Wasser aus dem Theer entfernt ist, so tritt eine leicht zu erklärende Stockung
                              in der
                              Destillation ein. Diese findet nämlich anfangs durch die sich in der Theermasse entwickelnden Wasserdämpfe statt; nachher
                              muß aber der
                              Theer auf seinen wirklichen Kochpunkt erwärmt werden und daraus erfolgt der Stillstand in der Destillation.
                              – Die zweiten leichten Oele oder sogenannten Mittelöle bestehen hauptsächlich aus Cumol, Cymol, besonders Naphtalin und
                              durchschnittlich 20–25 Proc. in Alkalien löslichen Oelen, unter ihnen die Carbolsäure. Gewöhnlich werden diese Oele nochmals
                              einer Rectification unterworfen, bevor zur weiteren Verarbeitung geschritten wird. Man fängt hierbei etwa 50 Proc. des rohen
                              Oeles
                              auf, d.h. man unterbricht die Operation, sobald das übergehende Destillat bei mäßiger Temperatur erstarrt; der Rückstand wird
                              mit den
                              Kreosotölen vermischt. Aus dem rectificirten Oele werden zuerst die Carbolsäure und homologe in Alkalien lösliche Oele entfernt.
                              Die
                              Fabrication der Carbolsäure beruht auf folgendem Princip, welches lange Jahre als Fabrikgeheimniß bewahrt wurde, nämlich:
                           
                           
                              „Wenn ein Oel, in welchem sich zugleich Carbolsäure und andere homologe Säuren befinden, mit einem solchen
                                 Quantum verdünnter Natronlauge behandelt wird, welches ungenügend ist, um alle Säuren zu lösen, so wird
                                 die Carbolsäure zuerst aufgenommen. Sie ist also die stärkste Säure von denen der Phenolreihe, welche sich im Steinkohlentheer
                                 vorfinden.“
                              
                           Die Oele, woraus die in Alkalien löslichen Stoffe entfernt sind, werden alsdann in ähnlicher Weise wie die ersten leichten
                              Oele weiter
                              verarbeitet und dienen, wie jene, zur Bereitung von sogenanntem Fleckwasser (welches bei der fractionirten Destillation mindestens
                              90
                              Proc. von 120° bis 150° geben muß), von Benzin zur Auflösung des Kautschuks, und in England wird außerdem noch ein sog.
                              „Brennnaphta“ daraus bereitet, welches wegen seines billigen Preises, vorzüglich in offenen Buden auf
                              Märkten, in besonders zu diesem Zwecke construirten Lampen verbraucht wird.
                           Von Benzol enthalten die Mittelöle nur Spuren. Dieß wird, wie erwähnt, aus den ersten leichten Oelen gewonnen. Das im Handel
                              gängige
                              Product ist ein Gemisch von Benzol und Toluol. Man verwendet je nach der Anilinfarbe, welche man bereiten will, 90–50 oder
                              30procentiges Benzol, d.h. ein Gemisch, von welchem bei der Destillation 90 resp. 50 oder 30 Proc. bis 100° übergehen. Die
                              Kreosotöle werden bekanntlich entweder nach Ausscheidung des Naphtalins oder mit diesem zusammen, oder auch häufig mit
                              Steinkohlentheer vermischt, zum Kreosotiren des Holzes und insbesondere der Lagerschwellen auf Eisenbahnen verbraucht; bei
                              Anwendung
                              von Steinkohlentheer ist es wichtig, denselben möglichst frei von Ammoniak zu haben, da dasselbe einen nachtheiligen Einfluß
                              auf die
                              Conservation des Holzes ausübt. Die Kreosotöle enthalten etwa 15 Proc. von in Alkalien löslichen Körpern und bestehen sonst
                              aus einem
                              Gemisch von festen und flüssigen Kohlenwasserstoffen. Sie nehmen mit Leichtigkeit Schwefel auf und habe ich bemerkt, daß diese
                              Lösung,
                              wenn man sie erwärmt, die Eigenschaft besitzt, Ströme von Schwefelwasserstoffgas zu entwickeln. In dem letzten Theile der
                              Kreosotöle
                              befindet sich das Anthracen, welches sich nach Erkalten der Oele absetzt und durch eine hydraulische oder durch eine sogenannte
                              Filterpresse von letzteren getrennt wird. Das so erhaltene rohe Product enthält etwa 25–30 Proc. reines Anthracen, welches
                              durch Waschen mit Spiritus, Benzin, Petroleumäther oder Schwefelkohlenstoff, in denen Anthracen ziemlich schwer löslich ist,
                              gereinigt
                              wird.
                           Nachdem die anthracenhaltigen Oele bis zu einem specifischen Gewicht von 1,12 abdestillirt sind, bleibt in der Blase ein Rückstand,
                              welcher mit dem Namen Steinkohlentheerpech oder unrichtiger Asphalt
                              bezeichnet wird.Es würde unzweckmäßig seyn, die Destillation in einer schmiedeeisernen Blase weiter fortzusetzen, da das Pech verkohten und
                                    die
                                    Blase selbst dabei zerstört würde.
                              
                           Im Nachstehenden werde ich das Pech einer eingehenderen Betrachtung unterwerfen.
                           
                        
                           Steinkohlentheerpech.
                           Man bezeichnet mit dem Namen Steinkohlentheerpech den bei genügend hoher Temperatur flüssigen Rückstand der
                              Steinkohlentheerdestillation. Im industriellen Betriebe, wo die Zeit als ein wichtiger Factor im Kostenpreise betrachtet werden
                              muß,
                              würde es unzweckmäßig seyn, das Pech in der Destillationsblase selbst sich soweit abkühlen zu lassen, bis es ohne Feuersgefahr
                              und zu
                              große Entwickelung von Dämpfen in offene Gruben ausgeleert werden könnte. Bei den gewöhnlichen Kesseln, welche in einer Füllung 20–25,000 Kil. Theer verarbeiten und etwa 55 Proc., also 11–14,000 Kil. Pech
                              liefern, würde der Aufenthalt in der Fabrication, bevor eine neue Füllung stattfinden könnte, mindestens 36 Stunden betragen.
                              Daher
                              zieht man vor, das Pech zuerst in einen, tiefer als der Auslaßhahn am Boden der Blase liegenden, oben mit einer kleinen Oeffnung
                              versehenen, eisernen Behälter abzulassen, was etwa 9 Stunden nach Beendigung der Destillation geschieht und es darin zu verwahren,
                              bis
                              die Abkühlung soweit vorgeschritten ist, daß das Pech zwar noch gut flüssig, doch dem Erstarrungspunkte nahe ist. Dann läßt
                              man es in
                              eine offene, nur 1–1 1/2' tiefe, gepflasterte Grube abfließen, wo es fast sofort fest wird.
                           In diesem Zustande bildet das Pech eine feste, glänzend schwarze Masse von durchschnittlich 1,3 spec. Gewicht. Auf der Zunge
                              ist es
                              fast geschmacklos. Sind die Oele daraus bis zum spec. Gewicht von 1,120 entfernt, so ist es sehr wenig elastisch und zerreibt
                              sich
                              zwischen den Zähnen zu Pulver. Läßt man jedoch im Pech 6–7 Proc. mehr Oel, d.h. unterbricht man die Theerdestillation, sobald
                              das spec. Gewicht der Oele am Ausfluß der Schlange sich auf 1,090 gesteigert hat, so bleibt als Rückstand ein viel weißeres
                              Pech,
                              welches sich nicht zu Pulver zerreibt, sondern sich zwischen den Zähnen kneten läßt. Diese praktische Methode, die Härte eines
                              Peches
                              zu bestimmen, ist äußerst empfindlich und bei einiger Uebung kann man mit Sicherheit die Qualität erkennen. Zugleich ist dieß
                              etwas
                              weichere Pech glanzvoller und schwärzer wie das harte Pech, dessen Farbe mehr in's Graue spielt und dabei matter ist. Letzteres
                              Pech
                              ist auch poröser.
                           
                           Der Schmelzpunkt hängt natürlich von der Härte des Pechs ab, es ist schwierig, denselben genau zu bestimmen. Wenn man Pech
                              erwärmt, so
                              wird es zuerst weich und gestaltet sich nach und nach zu einer zähen Masse, in welchem Zustande man ihm jede beliebige Form
                              geben
                              kann; bei 150° wird es dickflüssig und nur bei höherer Temperatur dünnflüssig, fast wie Oel; es gibt dann Dämpfe ab, welche
                              auf
                              die Haut und namentlich auf die Augen einen äußerst reizbaren Einfluß ausüben. Die daraus entstehende Entzündung ist oftmals
                              so stark,
                              daß sie Veranlassung zu heftigen Schmerzen wird. Wie die Pechdämpfe, so wirkt auch das Pech selbst in fein zertheiltem Zustande,
                              vorzüglich bei wärmerer Lufttemperatur. Die Arbeiter z.B., welche das Hauen des Pechs aus vorhin erwähnten Gruben besorgen,
                              werden
                              häufig durch Augenentzündungen belästigt. In der Anwendung von Brillen, deren Gläser in einem, das Auge ganz umschließenden,
                              dichten
                              Drahtgewebe liegen, besteht das beste Präservativmittel – außerdem ist es rathsam, die Arbeit möglichst Nachts zu
                              unternehmen.
                           Anstatt das Pech in eine Grube fließen zu lassen und es dann in losen Stücken zu versenden, wird es bei weicherer Qualität
                              in Fässer
                              gefüllt, worin es erstarrt.
                           Aus folgenden Versuchen ergibt sich das Verhalten des Peches zu verschiedenen Lösungsmitteln. Ich nahm 10 Grm. fein gepulvertes
                              Pech,
                              aus welchem die Oele bis zum spec. Gewicht von 1,120 entfernt waren, digerirte solches zuerst mit 500 K. C. Benzol und filtrirte.
                              Es
                              blieb im Filter ein sehr fein zertheiltes Pulver, welches ich mit 250 K. C. Benzol auswusch. Dann behandelte ich das Pulver
                              auf dem
                              Filter mit 750 K. C. Schwefelkohlenstoff, welcher eine harzige Substanz auflöst. Da der zuletzt durchlaufende Schwefelkohlenstoff
                              noch
                              merklich gefärbt war, so kochte ich das Pulver mit 200 K. C. Schwefelkohlenstoff aus und filtrirte. Das zurückbleibende Pulver
                              wurde
                              dann nochmals mit kochendem Benzol behandelt und als dieses sich nicht mehr merklich färbte, wusch ich zuletzt das Pulver
                              mit siedend
                              heißem Alkohol nach und trocknete es darauf bei 120°.
                           Ich bekam auf diese Weise 2,354 Grm., also 23,54 Proc. von einem feinen, schwarzen Pulver, welches bei der Elementaranalyse
                              folgende
                              Zahlen lieferte:
                           
                              
                                 C = 90,836H =   3,058
                                 
                                    
                                    
                                 Asche = 0,398.
                                 
                              
                           Berechnet man diese Zahlen auf eine aschenfreie Substanz, so ergibt dieß:
                           
                           
                              
                                 C
                                 = 91,200 Proc.
                                 
                              
                                 H
                                 =   3,070    „
                                 
                              
                           Vorstehende Zusammensetzung ist etwa die einer Anthracitkohle von Südwales.
                           Ich nahm in einem zweiten Versuche 12 Grm. fein gepulvertes Pech, behandelte dasselbe zuerst mit 120 K. C. warmen Schwefelkohlenstoff,
                              filtrirte und wusch das Filter, bis 260 K. C. Schwefelkohlenstoff durchgelaufen waren.
                           Der Rückstand auf dem Filter, bei 100° getrocknet, betrug 5,778 Grm., also 48,15 Proc. Dieser Rückstand wurde alsdann mit
                              1
                              Liter reinem Benzol gekocht und gewaschen. Dasselbe löste nur 0,153 Grm. Das Gewicht des so behandelten, getrockneten Pulvers
                              belief
                              sich auf 5,625 Grm., also 46,9 Proc. vom Gewichte des Peches.
                           Bei der Elementaranalyse ergab dieß Product folgende Zahlen:
                           
                              
                                 C = 91,120H =   3,129
                                 
                                    
                                    
                                 Asche = 0,872,
                                 
                              
                           also aschenfreie Substanz:
                           
                              
                                 C
                                 = 91,921 Proc.
                                 
                              
                                 H
                                 =   3,157    „
                                 
                              
                           In einem dritten Versuche nahm ich 750 Grm. Pech, brachte dasselbe über langsamem Feuer zum Schmelzen und fügte dann nach
                              und nach
                              unter fortwährendem Umrühren 2 Liter gereinigtes SteinkohlenbenzinGemisch, bestehend aus Benzol, Toluol, Xylol und Cumol. hinzu. Es scheidet sich dadurch ebenfalls ein pulverförmiger Körper aus. Die Masse wurde durch Nesseltuch filtrirt, dann
                              gepreßt, mit 1 Liter Benzol digerirt, wieder gepreßt, nochmals mit demselben Quantum reinem Benzol behandelt, von Neuem gepreßt
                              und
                              stark getrocknet. Ich bekam auf diese Weise 60 Proc. eines schwarzen Pulvers, welches in einem geschlossenen Platintiegel
                              geglüht, 66
                              Proc. flüchtige Bestandtheile abgab.
                           Wenn man 1 Theil geschmolzenes Pech mit 2 Theilen Benzol versetzt und darauf filtrirt, so hat die durchlaufende Flüssigkeit
                              ein spec.
                              Gewicht von 0,970 und gibt bei der Destillation von 100 Vol.
                           
                              
                                 von 100° bis   „  120°   „  
                                    „  150°   „Rückstand
                                 120°150°250°
                                 ===
                                 70   Vol.  8    
                                    „  1,5  „20,5  „
                                 
                                    
                                    
                                    
                                 100
                                 
                              
                           Dieser Rückstand hat bei 15° die Consistenz von weichem Pech, mit stark glänzender schwarzer Oberfläche, bei 50° wird er
                              zähe, und bei 70° ist er vollständig flüssig. Er ist schwer löslich
                              in siedendem Alkohol, löst sich aber leicht in Schwefelkohlenstoff. Diese Lösung, mit concentrirter Natronlauge behandelt,
                              gibt nur
                              Spuren von in Alkalien löslichen Oelen ab. Verdünnte Schwefelsäure coagulirt jene Lösung.
                           Wenn man fein gepulvertes Pech bei gewöhnlicher Temperatur mit 2 1/2mal seinem Gewichte 90procentigem Alkohol behandelt, so
                              löst
                              derselbe etwa 1 Proc. seines Gewichtes einer hellbraunen, schmierartigen Substanz, leicht löslich in Benzol.
                           Wird ein Theil geschmolzenes Pech mit 0,6 Theilen leichtem Theeröl von 9,95–0,97 spec. Gewicht
                              versetzt, so findet keine Ausscheidung statt, sondern es bildet sich ein schöner, schwarzer Firniß, sehr gut verwendbar zum
                              Lackiren
                              von Eisen, sowohl um dasselbe gegen Rost zu schützen, als auch um ihm eine glänzende, schwarze Farbe zu geben. Derselbe ist
                              auch sehr
                              tauglich für Holz, um dasselbe gegen Fäulniß zu schützen. Im Vergleich zum Theer hat dieser Firniß den Vortheil, daß er kalt
                              aufgetragen werden kann und dennoch schnell trocknet. Er ist, wenn gut zubereitet, sehr dauerhaft, bricht nicht, behält seinen
                              ursprünglichen Glanz und kann äußerst wohlfeil hergestellt werden. – Wenn man Pech der trockenen Destillation unterwirft,
                              so
                              bekommt man zuerst anthracenhaltige Oele. In mehreren Fabriken werden nur diese zuerst übergehenden Oele wegen des zur künstlichen
                              Alizarinbereitung verwandten Anthracens gewonnen. Die Destillation findet dabei, über directem Feuer, in einer gußeisernen
                              Blase
                              statt, und um die Abführung der Oeldämpfe zu erleichtern, wird überhitzter Wasserdampf über die Oberfläche des Peches geleitet.
                              Nachdem die Anthracenöle übergegangen sind, ist die in der Blase zurückbleibende Masse zu spröde und mager, um noch zu den
                              gewöhnlichen, technischen Verwendungen des Peches tauglich zu seyn. Um jedoch diesem Rückstande seine früheren Eigenschaften
                              als Pech
                              wieder zu erstatten, versetzt man ihn mit einer genügenden Quantität von dem bei der Theerdestillation gewonnenen Naphtalin.
                           Ich habe bereits im Vorstehenden angedeutet, daß, wenn die Destillation des Theeres resp. des Peches vollständig ist, Kohks
                              als
                              Rückstand übrig bleiben. Ich habe Gelenheit gehabt, über die vollständige Destillation des Peches Versuche in sehr großem
                              Maaßstabe
                              auszuführen und werde deren Resultate im Nachstehenden weiter erörtern.
                           Die von mir benutzte Retorte hatte die Form eines liegenden Kastens von 4 Meter Länge, 1,10 Meter Weite und 1,10 Meter Höhe,
                              welcher
                              aus vier, durch Flantschen und Schrauben verbundenen Theilen bestand, deren jeder selbst wieder aus vier, auf dieselbe Weise
                              zusammengefügten, starken, gußeisernen Platten hergestellt war. Die
                              Verbindungen waren durch gut eingestampften Rostkitt verdichtet. Die vordere und hintere Oeffnung der Retorte war durch gußeiserne
                              Thüren geschlossen und mit Kalkbrei fest verkittet. Die Thüren waren oben in der Mitte an einer, auf einer horizontalen Schiene
                              laufenden Welle befestigt. Von den oberen vier horizontalen Platten der Retorte war die eine mit einem Mannloche versehen,
                              zum Füllen
                              von Pech in Stücken, die andere mit einem Hahn, durch welchen die Retorte mit flüssigem Pech angefüllt werden konnte. Eine
                              dritte
                              Platte trug ein Sicherheitsventil und auf der mittleren war das Helmrohr angebracht, welches durch ein langes, 0,15 Meter
                              weites
                              Kühlrohr mit einem verschlossenen, eisernen Behälter in Verbindung stand. Letzterer war unten am Boden mit einem S-förmigen Ausflußrohr versehen. Von oben führte ein Rohr die noch nicht verdichteten Wasserdämpfe
                              und andere flüchtigere Producte in eine Kühlschlange.
                           Die Retorte ruhte vollständig, ihrer ganzen Länge nach, auf einem sehr flachen (0,10 Meter Pfeil), oben geebneten Gewölbe,
                              unter
                              welchem die Flamme des vorderen Feuerraumes hinstrich. An jeder länglichen Seitenwand der Retorte waren zwei über einander
                              liegende
                              Zugcanäle angebracht. Am hinteren Theile des Gewölbes trennte sich die Flamme in zwei Theile, wovon jeder zuerst den unteren
                              Seitencanal bis zum vorderen Ende der Retorte durchzog, hier in den oberen Canal stieg und durch diesen zurück in den Schornstein,
                              am
                              hinteren Ende der Retorte, entwich. Durch diese Einrichtung ging das Heizen der Retorte in sehr regelmäßiger Weise vor sich.
                           Die Füllung belief sich auf 3000 Kil. Pech. Im Anfange der Destillation bekommt man fast nur Wasser und ist es nothwendig,
                              behutsam die
                              Feuerung zu leiten, um ein Uebersteigen des Peches, vorzüglich wenn dasselbe sehr feucht ist, zu vermeiden. Sobald dann aber
                              das Pech
                              in's Kochen geräth, verdichten sich Oele und die Destillation geht, selbst bei mäßigem Feuer, mit einer solchen Geschwindigkeit
                              vor
                              sich, daß man in 3–4 Stunden 7–800 Kilogrm., also fast alles Oel, welches man von 3000 Kil. Pech überhaupt bekommt,
                              abtreiben kann.
                           Die gewonnenen Oele wurden gleich in zwei Theile getrennt, die ersten sind anthracenhaltig und werden als solche verarbeitet,
                              während
                              die letzten sehr fetten Oele als Schmieröl resp. Schmiere ihre besondere Verwerthung finden.
                           Die Entwickelung von Wasserdampf, Gasen (unter denen Ammoniak und Wasserstoffgas sich in beträchtlicher Menge vorfinden) und
                              flüchtigen, naphtalinhaltigen Oelen (worunter Benzol) von etwa 0,97 spec. Gewicht geht bald nach Anfang der Destillation vor sich und steigt fortwährend. Sobald ungefähr 2/3 der Oele
                              überdestillirt sind, tritt die Kohksbildung ein, die Masse schwillt auf und bei starker Füllung der Retorte muß in diesem
                              Moment das
                              Feuer vorsichtig geschürt werden. Wenn die Oelproduction sich dem Ende nähert, so nimmt zugleich die Bildung von leicht siedenden
                              Kohlenwasserstoffen ab, während die der Wasserdämpfe und Gase fortfährt zu steigen. Endlich bekommt man ein sublimirtes, rothgelbes
                              harziges Product, welches nach und nach wieder verschwindet und zuletzt hört die Gasentwickelung selbst auf.
                           In der Retorte bleibt ein Rückstand von Kohks. Dieselbe muß behutsam geöffnet und das daraus entweichende Gas angezündet werden.
                              Ohne
                              diese Vorsichtsmaßregel findet bei Zutritt der Luft eine Explosion statt.
                           Nachstehende Zahlen geben das Verhältniß an, in welchem die bei der Pechdestillation übergehenden Producte gewonnen werden:
                           
                              
                                 Anthracenhaltige OeleChrysen- und Pyrenhaltige OeleSublimirtes rothgelbes Harz
                                 
                                    
                                    
                                   27
                                 –
                                   30 Proc.
                                 
                              
                                 Gase, Wasserdampf und (etwa    0,2 Proc.) leichtes Oel
                                 
                                    
                                    
                                   25
                                 –
                                   28 Proc.
                                 
                              
                                 Kohks
                                 
                                   48
                                 –
                                   52 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Die einzigen, näher untersuchten Producte des Peches sind Naphtalin, Anthracen, Pyren und Chrysen, wovon Anthracen in technischer
                              Beziehung bis jetzt das wichtigste ist. Ich gehe auf die Beschreibung dieser Kohlenwasserstoffe nicht weiter ein, da dieß
                              bereits
                              vielfach geschehen ist.
                           Wenn man die anthracenhaltigen Oele filtrirt, das klare Oel mit einem Ueberschuß von concentrirter Natronlauge schüttelt und
                              dann das
                              Gemisch einige Stunden stehen läßt, so setzt sich die Lauge zwar vollständig ab, aber Theilchen von Oel bleiben damit gemischt.
                              Um
                              diese zu entfernen, zieht man am besten die Lauge ab, verdünnt dieselbe mit etwas Wasser und fügt Benzol hinzu. Dieses löst
                              die
                              Oeltheilchen und trennt sich mit großer Leichtigkeit von der Lauge welche man dann vollständig klar erhält. Neutralisirt man
                              nun diese
                              Lauge mit H²SO⁴, so scheidet sich auf der Oberfläche ein ziemlich dickflüssiges Oel aus, welches wässerige Theile in
                              Menge mechanisch zurückhält. Um diese zu entfernen, filtrirt man am einfachsten das Oel durch ein Tuch. Das Filtrat trennt
                              sich sofort
                              in zwei Schichten; nach Abzug der Wasserschicht bekommt man dann ein klares Product, welches nur noch chemisch gebundenes
                              Wasser enthält. Das von mir behandelte, rohe, anthracenhaltige Oel lieferte 3
                              Proc. in Alkalien lösliches Oel. Dasselbe gibt bei der Destillation zuerst (zwischen 100 und 200°) Wasser, etwa 8 Proc., nebst
                              etwas Oel. Dann steigt die Temperatur immer mehr, nach 300° wird das Destillat dickflüssiger, bis zuletzt bei sehr hohem
                              Wärmegrade (über 360°), mit Spuren von Wasser ein harzähnliches Product übergeht, welches, nach dem Erkalten eine
                              durchsichtige, weinfarbene, feste Masse bildet. In der Retorte bleibt ein schwacher Rückstand von Kohle.
                           Die Beschaffenheit der durch die Pechdestillation erzeugten Kohks hängt von der Temperatur ab, bis zu welcher man geheizt
                              hat und von
                              der Dauer, während welcher dieselbe unterhalten ist. Sind beide ungenügend, so besteht der Kohk nur aus einer matten, schwärzlichen,
                              durch wenige Spalten getrennten, compacten Masse. Beim Oeffnen der Retorte entzündet sich dieser Kohk und brennt mit leuchtender
                              Flamme, welche durch die Spalten der Masse hervortritt. Man könnte allerdings wohl durch ein solches Ausbrennen eine etwas
                              vollständigere Verkohkung erzielen und letztere durch Vermehrung der Spalten vermittelst eines Brecheisens beschleunigen,
                              aber die
                              Qualität des Productes würde dennoch sehr gering ausfallen. Der Pechkohk hat nämlich im höchsten Grade die Eigenschaft, wenn
                              er nicht
                              von vorn herein sehr hart gebrannt ist, im Feuer fast in Pulver zu zergehen und in Folge dessen besitzt auch ein, auf obige
                              Weise
                              nachträglich ausgebrannter Kohk äußerst wenig Cohäsion und hat außerdem noch den bedeutenden Uebelstand, sehr stark am Boden
                              und an
                              den Seitenwänden der Retorte zu haften, so daß schon beim Losbrechen und Herausziehen eine ungeheure Menge von Staub gebildet
                              wird.
                              Der nicht vollständig ausgeglühte Kohk muß nach dem ersten Löschen immer von Zeit zu Zeit bis zur fast vollständigen Abkühlung
                              mit
                              Wasser begossen werden, da er ungemein leicht wieder in Gluth geräth) und mit Flamme brennt. Um harte Kohks
                              zu bereiten, muß nach dem Verschwinden der am Ende der Destillation entweichenden rothen Dämpfe die Temperatur im Inneren
                              der Retorte
                              bis zur hellen Rothgluth gesteigert und dieselbe während einer Dauer von mindestens 8 Stunden unterhalten werden. Eine vollständige
                              Operation währt dann etwa 24 Stunden. Ein hart gebrannter Kohk haftet nur sehr schwach an den Wänden der Retorte, besitzt
                              eine große
                              Cohäsion und befindet sich in bereits zersplitterten, prismatisch stänglichen Stücken, die fast ohne Hülfe des Brecheisens
                              aus der
                              Retorte gezogen werden können. Auch geräth ein solcher Kohk nach dem ersten Löschen nicht wieder in's Glühen. Er hat eilte
                              hellgraue
                              Farbe, ist sehr dicht und zerfällt nicht im Feuer. Ich habe mit diesem Kohk in englischen Eisenwerken verschiedene Versuche angestellt, um seinen Werth für metallurgische Zwecke zu
                              prüfen. Die Resultate waren folgende:
                           In Kupolöfen zum Schmelzen von Gußeisen und ebenfalls beim Verfeinern des Schmiedeeisens auf Herden, wo sonst gewöhnlich Holzkohle
                              verwandt wird, fielen die Versuche ungünstig aus; im letzteren Falle ließ sich die Schlacke schlecht vom Eisen trennen. Dagegen
                              ist
                              der hartgebrannte Pechkohk sehr tauglich zum Raffiniren des Roheisens nach englischer Methode (bei welchem Processe sonst
                              meistens
                              Gaskohks verwandt werden) und gab ein mit diesem Kohk, Schlacke und Luft behandeltes Gußeisen, nachher im Puddelofen ein sehr
                              schönes,
                              reines Stabeisen. Der Kohk ist ebenfalls sehr brauchbar zu Schmelzprocessen in Tiegeln. Obgleich die Destillation des reinen
                              Steinkohlentheerpeches auf Oel und Kohks im Ganzen eine, in industrieller Hinsicht vortheilhafte Operation ist, so ist sie
                              doch bis
                              jetzt wenig zur Ausführung gekommen und dieß rührt namentlich daher, weil es schwierig ist, trotz der bereits gemachten Vorschläge,
                              für den Behälter, in welchem die Destillation vor sich geht, eine passende Construction zu finden. Gußeiserne Retorten werden
                              unter
                              dem Einflusse einer hohen Temperatur und des Peches selbst ziemlich leicht zerstört. Thönerne Retorten in den Dimensionen,
                              wie sie
                              praktisch zur Anwendung kommen können, erheischen, im Verhältniß zu dem Quantum Pech, welches darin verarbeitet wird, zu viel
                              Feuerungsmaterial. Aus feuerfesten Steinen construirte Oefen haben den Uebelstand der steten Undichtigkeit, da Pech bei hoher
                              Temperatur dünnflüssig wie Oel wird.
                           Außerdem liefern diese Oefen eine weit geringere Ausbeute an Oel und bedeutend mehr Gas als gußeiserne Retorten.
                           In einigen Gegenden Englands hat man Pech mit feiner Kohle gemischt und dasselbe dann in den gewöhnlichen Oefen nur auf Kohks
                              verarbeitet.
                           Wenn man Steinkohlentheerpech durch ein glühendes Rohr leitet so zersetzt es sich, und habe ich in einigen Versuchen durchschnittlich
                              aus 1 Kil. Pech 250 Liter Gas bekommen. Das Pech wurde in diesen Versuchen vorher geschmolzen und lief dann durch eine S-förmige Röhre in ein eisernes Rohr, dessen Temperatur bis zur hellen Rothgluth erhöht wurde. Bei
                              niedriger Temperatur fand entweder gar keine oder doch nur eine sehr unvollständige Zersetzung statt. Das Gas strömte zuerst
                              durch
                              ein, mit der Laming'schen Reinigungsmasse angefülltes Gefäß und wurde darauf in einem graduirten
                              Gasbehälter aufgefangen. Eine photometrische Messung bewies, daß das Leuchtvermögen dieses Gases beinahe = Null ist. Es ist schwefelhaltig und besteht hauptsächlich aus Wasserstoff.
                           Zum Schlusse dieses Aufsatzes gebe ich im Nachstehenden noch eine kurze Uebersicht der verschiedenen Anwendungen, welche das
                              Pech in
                              der Industrie gefunden hat.
                           Die größte technische Verwerthung des Peches liegt unstreitig in der Fabrication der Kohlenziegel oder
                                 Briquettes. Dieselbe absorbirt den bedeutendsten Theil der in den Handel kommenden ungeheuren Masse dieses Productes. Das
                              Princip der Fabrication besteht darin, feinen Kohlengruß, dessen Werth sonst nur gering ist, vermittelst eines Zusatzes von
                              Pech und
                              nachheriges Pressen in Stückkohle zu verwandeln. Meistens aber enthält diese sogenannte Klein- oder Staubkohle so viel Asche,
                              daß die daraus bereiteten Ziegel nur für wenige Zwecke tauglich seyn würden, und es ist nothwendig, die Kohle vorher zu reinigen,
                              was
                              am besten auf folgende Weise geschieht: Man trennt durch ein Sieb die gröbsten Theile bis zur Dicke eines SperlingskopfesDiese Stücke führen in Belgien den Namen „têtes de moineaux.“
                                     und diese werden in besonderen mechanischen Apparaten, die ich hier nicht näher erörtern kann, gewaschen. Das Waschen der
                              feinen Kohle ist viel weniger zweckmäßig. Man erhält nun leicht auf diese Weise ein Product von nur 2 Proc. Asche und setzt
                              alsdann
                              demselben so viel feine Kohle zu, um den Aschengehalt auf 5–8 Proc. zu steigern. Zwischen diesen Zahlen liegt im Allgemeinen
                              der von Eisenbahnverwaltungen stipulirte, äußerste Procentgehalt an Asche der für die Heizung der Locomotiven angewandten
                              Briquettes.Namentlich werden diese Kohlenziegel auf französischen Bahnen in ungeheuren Massen verbraucht. Die so aufbereitete Kohle wird nun etwa mit 8 Proc. (mehr oder weniger, je nach dem eigenen Backvermögen der Kohle) fein
                              gepulvertem Pech versetzt, das Gemisch durch Dampf erwärmt und dann durch besonders zu diesem Zwecke construirte Pressen,
                              die in
                              jüngster Zeit eine hohe Vollkommenheit erreicht haben, in viereckige oder cylindrische Formen gedrückt und darauf an der Luft
                              getrocknet. Um eine solche Fabrication mit Vortheil betreiben zu können, ist es nothwendig, sie in großem Maaßstabe und in
                              der Nähe
                              von Kohlenzechen herzustellen. Eine mir bekannte Briquettesfabrik verarbeitet 160,000 Kil. Kohlen in 12 Stunden, bei einem
                              Anlagecapital von 600,000 Franken, wovon auf die eigentliche Maschine ungefähr 100,000 Fr. kommen.
                           Eine höchst interessante, obgleich weniger bekannte Fabrication ist die der sogenannten Asphaltröhren.
                              Dieselben wurden von Jaloureau
                              in Paris erfunden, aber erst in neuerer Zeit so vervollkommnet, daß sie in
                              der Technik mit Erfolg auftreten konnten. Die Anfertigung dieser Röhren geschieht am besten auf folgende Weise: Ein sieben
                              Fuß
                              breites, endloses und aus Hanf angefertigtes Papier wird durch eine, in einem Ofen eingemauerte, halbcylinderförmige, horizontale
                              Pfanne geleitet, welche mit heißem Pech angefüllt ist. Die darin sich bewegende Walze nimmt das Papier auf und führt, nachdem
                              es mit
                              Pech getränkt, dasselbe zu einer darüber sich bewegenden kleineren Walze, welche den Kern des Rohres bildet und ihr Durchmesser
                              bedingt also dessen lichte Weite. Sobald die nöthige, etwa durch hundert über einander liegende Lagen Papier gebildete Wandstärke
                              erreicht ist, wird vermittelst einer Walzenpresse, unter gleichzeitiger Bestreuung mit feinem Sande ein bedeutender Druck
                              auf das Rohr
                              ausgeübt und dadurch dessen Dichte und Homogenität vergrößert. Nach einer kurzen Abkühlung in kaltem Wasser wird der Kern
                              des Rohres
                              vermittelst einer Krahnvorrichtung entfernt und um dieß zu erleichtern, wird die Walze jedesmal kurz vor Gebrauch mit flüssiger
                              Kaliseife bestrichen. Das Rohr wird darauf nochmals in kaltes Wasser getaucht.
                           Die Verbindung der Asphaltröhren geschieht entweder durch darauf gesetzte eiserne Flanschen oder Muffen die durch den Abschnitt
                              eines
                              Asphaltrohres von größerem Durchmesser hergestellt werden. Zur Befestigung der Muffe auf dem Rohr wird ein Gemisch von Pech
                              und
                              Schwefel verwandt. Eine andere sehr vortheilhafte Verbindung und die zweckmäßigste, wenn sie von geübter Hand ausgeführt wird,
                              besteht
                              darin, Streifen von Leinwand in geschmolzenes Pech zu tauchen und mit diesen die an einander gelegten Enden der Röhren zu
                              umwickeln,
                              so daß 10–12 Streifen auf einander liegen. Auf letztere Art werden auch die verschiedenen Kniestücke und Krümmer hergestellt,
                              welche so leicht anzufertigen sind, daß dieß häufig erst bei der Verlegung der Röhren geschieht. Die Eigenschaften dieser
                              Röhren sind
                              sehr von der Natur des zu ihrer Fabrication verwandten Peches abhängig, und ist es unumgänglich erforderlich, daß dabei
                              Berücksichtigung auf die Art ihrer Verwendung genommen wird. Wenn das Pech weich, mithin ölhaltig ist, so widerstehen die
                              Röhren
                              ausgezeichnet dem Durchdringen von Wasser und sind vorzüglich zweckmäßig für Leitungen in einem sumpfigen Erdboden, dagegen
                              leisten
                              dieselben bei härterem Pech größeren Widerstand gegen eine, durch erhöhte Temperatur bewirkte Formveränderung.
                           Selbstverständlich können Asphaltröhren nur zur Leitung von kalten Flüssigkeiten oder Gasen verwendet werden, aber unter dieser
                              Beschränkung sind sie meistens mit großem Vortheil, sowohl wegen ihrer relativen Wohlfeilheit, als in Folge ihrer speciellen Eigenschaften zu verwenden. Verschiedene Versuche haben
                              festgestellt, daß diese Röhren einem Drucke von innen nach außen von 500 Pfd. per Quadratzoll widerstehen.
                              Sie sind elastisch genug, um bei einer etwaigen Bodensenkung an ihrer Verbindung keinen Bruch oder Schaden zu erleiden; da
                              sie sehr
                              schlechte Wärmeleiter sind, so bietet dieß ihnen Schutz gegen Verfrieren; sie werden weder durch verdünnte Säuren noch durch
                              alkalische Lösungen angegriffen und können in jeden beliebigen Boden gelegt werden. Ihre Hauptanwendung besteht in Anlagen
                              von
                              Wasser-, Säuren- und Gebläseleitungen, sowie von Wetterlutten. Sie dienen auch zur Aufnahme von unterirdischen
                              Telegraphendrähten. Als Sprachrohrleitungen sind dieselben sehr tauglich und bei genügend weitem
                                 Durchmesser sind sie für letzteren Zweck in langen Touren mit Erfolg verwandt. Selbst für Gasleitungen finden die
                              Asphaltröhren Verwerthung. In diesem Falle scheint der Einfluß der in den Röhren sich verdichtenden, leicht siedenden
                              Kohlenwasserstoffe praktisch unmerklich zu seyn.
                           Der triftigste Grund, welchen man wohl gegen die Anwendung dieser Röhren angeben kann, beruht in der Formveränderung, welche
                              sie unter
                              der Einwirkung von Wärme erleiden.
                           Steinkohlentheerpech wird auch noch auf eine andere Weise zur Röhrenfabrication benutzt, indem dasselbe mit Kies vermischt
                              und dann in
                              Formen gegossen wird. Um einigen Widerstand zu leisten, müssen aber die Wandungen dieser Röhren sehr stark genommen werden
                              und
                              besitzen dieselben daher ein bedeutendes Gewicht, wodurch sich ihre Transportkosten verhältnißmäßig sehr hoch stellen.
                           Trotz der bedeutenden Wandstärken scheinen sie doch ziemlich zerbrechlich zu seyn und erleiden unter dem Einfluß der Wärme
                              bedeutende
                              Formveränderungen. – Steinkohlentheerpech wird auch wohl als Surrogat des natürlichen Asphalts und,
                              mit demselben vermischt, zum Asphaltiren von Trottoirs und für Isolirschichten auf Grundmauern, zur Abhaltung der Feuchtigkeit
                              benutzt. Man läßt auch wohl bisweilen, seines höheren Preises wegen, den natürlichen Asphalt vollständig weg und versetzt
                              Pech mit
                              Kalk und Thon, aber das so bereitete Präparat widersteht weniger gut dem Einfluß der Jahreszeiten. Im Sommer wird es weich
                              und im
                              Winter bekommt es leicht Risse.
                           Man bereitet auch geformte Steine aus Pech und feinem Gestein, deren Fabrication ähnlich auf dieselbe Weise
                              geschieht, wie die der Kohlenziegel.
                           Seit einigen Jahren bereitet man ein sogenanntes Asphaltpapier, welches als Surrogat des Wachspapieres eine
                              ausgedehnte Verwerthung gefunden hat. Zur Anfertigung dieses Papieres läßt
                              man gewöhnliches Packpapier von einer Rolle über einen erwärmten Tambour gleiten, auf welchem eine Abstreichvorrichtung angebracht
                              ist. Vor diese fließt geschmolzenes Pech, welches daselbst eine Höhe von etwa 0,04 Met. einnimmt. Das mit einer dünnen Lage
                              Pech
                              überzogene Papier läuft dann noch über einige Walzen und wickelt sich auf eine letzte Rolle auf. Man macht auf ähnliche Weise
                              auch das
                              sogenannte Doublepapier, bei welchem eine dünne Schicht Pech zwischen zwei Flächen Papier liegt. Dasselbe
                              wird zum Bekleben feuchter Wände vielfach benutzt.
                           Endlich weise ich noch auf die Anwendungen hin, welche das Steinkohlentheerpech in seiner Eigenschaft als kräftiges Reductionsmittel
                              bereits gefunden hat (z.B. bei der Zersetzung des Baryumcarbonats in Baryt), und es unterliegt, glaube ich, keinem Zweifel,
                              daß diese
                              Eigenschaft in vielen Fällen weiter zu verwerthen wäre.