| Titel: | Das holzsaure Eisen in den Kattundruckereien; von Dr. A. Kielmeyer. | 
| Autor: | A. Kielmeyer | 
| Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. CI., S. 440 | 
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                        CI.
                        Das holzsaure Eisen in den Kattundruckereien; von Dr. A. Kielmeyer.
                        Kielmeyer, über das holzsaure Eisen in den Kattundruckereien.
                        
                     
                        
                           Als die Fabrication der Holzessigsäure und in ihrem Gefolge des holzessigsauren oder holzsauren Eisens noch nicht in den Kreis
                              der
                              Industrie eingeführt war, sahen sich die Druckereien genöthigt, ihr essigsaures Eisenoxydul selbst zu bereiten, in Form des
                              heute noch
                              geltenden Chamoismordants, durch doppelte Zersetzung von Eisenvitriol und weißem Bleizucker. Ein derartiges essigsaures Eisenoxydul
                              oxydirt sich jedoch in seiner Lösung sehr rasch, um so rascher, je concentrirter dieselbe ist und je vollständiger die Schwefelsäure
                              des Eisenvitrioles durch den Bleizucker ausgefällt ist, so daß der variable Gehalt des käuflichen Eisenvitrioles, des sogenannten
                              Kupferwassers, an Eisenoxyd kaum mehr zu erwähnen ist, um die Unsicherheit eines derartigen Eisenmordants, insbesondere für
                              zarte
                              Violettnüancen darzuthun, wie auch ältere Coloristen viel von den mancherlei Calamitäten zu erzählen wissen, welche ihnen
                              mit ihren
                              Aechtvioletts begegnet sind. Deßhalb wird es heute wohl kaum mehr eine rationell arbeitende Druckerei geben, welche besserer
                              chemischer Einsicht sich verschließend für den Violettdruck den überdieß viel theureren Chamoismordant dem holzsauren Eisen
                              vorzieht.
                              Denn ist die Destillation des Holzes nur einigermaßen in geregeltem Gang, so liefert der übergehende Holzessig eine Eisenbrühe,
                              welche
                              das Eisensalz nicht bloß in constanter Quantität, sondern auch in constanter Form als Oxydulsalz enthält, noch überdieß frei
                              von
                              schwefelsaurem Salz. Beides ist für die wichtigste und delicateste Verwendung des holzsauren Eisens, für den Violettdruck, von großem Werth, wie sich aus den nachfolgenden Betrachtungen
                              ergeben wird.
                           Von einem fertigen Chamois, welches, mit der richtigen Verdickung aufgetragen, im Aging-room oder
                              noch besser auf der Hänge seine volle Entwickelung erhalten und schließlich die kochende Kreidepassage durchgemacht hat, darf
                              man
                              annehmen, daß es die höchste Stufe der Oxydation repräsentirt, in welcher das Eisen auf der Baumwolle fixirt wird, und doch
                              kann
                              nachgewiesen werden, daß es kein volles Eisenoxydhydrat vorstellt. Denn zieht man einen solchen fertigen Chamoisfleck durch
                              eine
                              Lösung von phosphorsaurem Natron, so nimmt derselbe zuerst eine grünlichgelbe Färbung und erst nach einigen Minuten unter
                              dem Einfluß
                              der Luft die rothbraune Farbe des phosphorsauren Eisenoxydes an. Färbt man aber einen anderen Theil des fertigen Chamoisrestes
                              in
                              commerciellem Alizarin, so ist das resultirende Violett rauh und unansehnlich. Umgekehrt, ist der Eisenmordant auf der Baumwolle
                              zu
                              niedrig oxydirt, so erhält das damit ausgefärbte Violett ein mattes unfertiges Ansehen. Was also beim Violettfärben mit dem
                              Alizarin
                              zu einer schönen, lebhaftgefärbten Verbindung sich vereinigt, ist eine bestimmte Zwischenstufe zwischen Eisenoxyd und Eisenoxydul.
                              Um
                              diese Stufe bei den gegebenen Mitteln einer Fabrik constant zu erzielen, ist es eben nothwendig, mit von Eisenoxyd ganz freiem
                              Oxydulsalz zu arbeiten, um für die spätere Oxydation auf dem Stoff einen constanten, fixen Ausgangspunkt zu haben, und hierin
                              geht man
                              am sichersten mit dem holzsauren Eisen als Eisenmordant. Die theerigen Bestandtheile der Eisenbrühe verhindern eine Oxydation
                              innerhalb der Flüssigkeit, welche überdieß mit einer Theerhaut sich überzieht, so daß der Zutritt der Luft abgehalten ist.
                              Fast in
                              allen Fabriken findet man außerdem die Vorschrift, die für Violettmordant bestimmte Eisenbrühe mit weißem Arsenik abzukochen;
                              arsenige
                              Säure geht in Lösung und ein Theil der theerigen Bestandtheile scheidet sich in fester Form ab. Wollte man annehmen, daß die
                              Abkochung
                              mit Arsenik vornehmlich den Zweck habe, arsenigsaures, später arsensaures Salz auf den Stoff zu bekommen, so wäre die ebenso
                              allgemein
                              in den Fabriken aufgenommene, nachherige Passage der oxydirten Violettstücke durch arsensaures Natron überflüssig, was sie
                              in der That
                              nicht ist. Vielmehr hat die Abkochung mit Arsenik den Zweck, besonders in den stark verschwächten Coupüren der helleren Violettfarben
                              das Eisen vor dem Einfluß der Luft zu schützen, und die Oxydation auf der Baumwolle zu reguliren, daß sie einen bestimmten
                              Punkt nicht
                              überschreite.
                           
                           Ebenso wichtig für eine sichere Fabrication ist der constante Gehalt des Eisenmordants an Eisensalz, indem schon 1/2 Proc.
                              Mindergehalt
                              an Eisenoxydul sich an den ausgefärbten Stücken sehr deutlich fühlbar macht. Ich erinnere mich eines interessanten Falles,
                              der
                              Gelegenheit gab, bei ein und derselben Druckfarbe die Abnahme ihres Eisengehaltes an der gefärbten Waare zu verfolgen. Man
                              war von der
                              dunkelgebrannten zur hellgebrannten Stärke als Verdickungsmittel für Violett übergegangen und deßhalb genöthigt, die Druckfarbe
                              stark
                              zu blenden; der Billigkeit halber wurden Versuche mit Ultramarin gemacht: am ersten Tag Widerstand der Ultramarin der Einwirkung
                              der
                              freien Essigsäure so ziemlich, am zweiten Tag fielen die Färbeproben fast von Stunde zu Stunde schwächer aus, am dritten Tage
                              war das
                              Violett vollkommen unbrauchbar, das Eisen war fast ganz in Form von unlöslichem Einfach-Schwefeleisen aufgedruckt worden.
                              Umgekehrt wieder bringt ein unverhoffter Ueberschuß des Mordants an Eisen ebenso unangenehme Störungen in der Fabrication
                              hervor. Man
                              kann dieß am leichtesten studiren wenn man Violett mit Krappextract oder künstlichem Ulizarin arbeitet wo Farbstoff und Mordant
                              zusammen auf die Baumwolle gedruckt werden. Je mehr hier der Druckfarbe an Eisenlösung zugesetzt wird, desto unreiner fällt
                              das
                              Violett nach dem Dämpfen und Seifen aus, mit einem großen Ueberschuß von Eisenlösung kann man die Nüance bis zum förmlichen
                              Catechuton
                              treiben. Genau so verhält es sich beim gefärbten Violett, wenn ein nicht beabsichtigter Ueberschuß von Eisen in der Färberei
                              das
                              entsprechende Quantum von Farbzeug nicht vorfindet, er bleibt auf dem Stoff fixirt und addirt seinen Chamoiston zum Violett
                              d.h. er
                              verunreinigt dasselbe, gerade wie in der Rothfärberei überschüssiges, vom Farbstoff nicht gesättigtes, auf dem Stoff fixirtes
                              Thonerdehydrat sein Weiß zum Roth addirt und das Feuer desselben abstumpft. Allerdings st in neuerer Zeit diese Frage für
                              einen großen
                              Theil des Violettartikels weniger wichtig geworden, seitdem man allgemein die in Alizarin oder Garancin vorgefärbten Aechtvioletts
                              in
                              wasserlöslichen Anilinviolett nachzufärben angefangen hat.
                           Obiges dürfte genügen zu zeigen, wie wichtig für den Baumwolldruck eine gleichmäßige Darstellung des holzsauren Eisens ist.
                              Wohl um
                              ganz sicher zu gehen, stellte man sich früher dasselbe in den Druckereien selbst her; zu rohem Holzessig, in großen hölzernen
                              Bottichen, welche in einem wohltemperirten Local aufgestellt waren, wurden Eisendrehspäne im Ueberschuß hinzugefügt, von Zeit
                              zu Zeit
                              aufgerührt, das Ganze einige Wochen stehen gelassen, wornach man eine gesättigte Eisenlösung hatte. Die Fabrication ist gewiß
                              sehr
                              einfach, doch zieht man heutzutage, wo das Princip der Arbeitstheilung
                              nicht bloß im Inneren der einzelnen Fabriken, sondern auch im Kreise der verschiedenen verwandten Fabricationszweige sich
                              mehr und
                              mehr Geltung verschafft, mit Recht es vor, die Eisenbrühe aus den Fabriken zu beziehen, in welchen der Holzessig dargestellt
                              wird. Sie
                              kommt im Handel in verschiedenen Stärken vor, von 10° Baumé bis zu 20° Baumé, doch ist die Anzahl der
                              Aräometergrade nicht allein maßgebend für den Werth der Eisenbrühe. Je nachdem der Gang der Destillation des Holzes vor sich
                              geht,
                              erhält man einen Holzessig mit mehr oder weniger Essigsäuregehalt, mit mehr oder weniger Theergehalt, und letzterer wirkt
                              auch in der
                              Eisenlösung in erheblichem Maaße auf das Aräometer, so daß eine solche mit 15 oder 20° Baumé weniger Eisen gelöst
                              enthalten kann, als eine andere mit 10° Baumé. Die 20grädige Brühe wird hauptsächlich in den Wollfärbereien zum
                              Schwarzfärben verwendet, wo der reiche Gehalt an theerigen Substanzen zugleich als schwarzfärbender Bestandtheil mitwirkt.
                              In die
                              Baumwolldruckereien wird die Eisenbrühe meist zu 10 bis 12° Baumé geliefert. Dieselbe soll beim Durchschauen eine
                              dunkelolivengrüne Farbe haben, sie darf mit Chlorbaryum keine Schwefelsäurereaction geben, d.h. sie darf keinen Eisenvitriol
                              enthalten, welcher zugesetzt ist, um die Aräometergrade zu erhöhen. Um ganz sicher zu gehen, ist es jedoch nöthig, von Zeit
                              zu Zeit
                              die Lieferungen quantitativ zu prüfen, was in sehr einfacher und wenig Zeit raubender Weise geschehen kann.
                           Man dampft circa 10 Grm. holzsaures Eisen in einer geräumigen Platinschale vorsichtig über der Gaslampe
                              ein, man wird leicht die Stärke und Entfernung der Flamme finden, bei welcher das Verdampfen ohne alles Spritzen vor sich
                              geht.
                              Zuletzt hat man eine aufgeblähte schwarze Masse; diese läßt man erkalten, befeuchtet mit chlorfreier Salpetersäure von 45°
                              B.
                              und erwärmt wieder vorsichtig bis zum Glühen, wobei die Kohle langsam verglimmt. Um gewiß zu seyn, daß alle Kohle vollständig
                              verbrannt ist, wird das Befeuchten mit Salpetersäure mit denselben Vorsichtsmaßregeln noch zweimal wiederholt. Zuletzt gibt
                              man noch
                              eine starke Glühhitze und hat in der Platinschale nur rothes Eisenoxyd. Aus diesem berechnet man den Gehalt der Eisenbrühe
                              an
                              Eisenoxydul, und habe ich in Uebereinstimmung mit der Fabrik aus welcher das holzsaure Eisen bezogen wurde, nie größere Differenzen
                              des Eisenoxydulgehaltes als 0,05 bis 0,1 Proc. erhalten, eine Genauigkeit, welche ich für die Praxis vollkommen ausreichend
                              gefunden
                              habe. Unter einer Menge von Versuchen hatte die schlechteste Brühe 3,9 Proc. Eisenoxydul und zeigte 13° Baumé, die beste
                              hatte 5,5 Proc. Eisenoxydul und 12° Baumé, wieder eine andere 14° Baumé und 4,5 Proc. Eisenoxydul, oder
                              11° Baumé und 5 Proc. Eisenoxydul, d.h. eine regelmäßig
                              arbeitende Fabrik ist im Stande ein constantes Product zu 6 Proc. Eisenoxydul, unabhängig von den Aräometergraden, zu liefern.