Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 208, Jahrgang 1873, Nr. , S. 392 |
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Miscellen.
Miscellen.
Zur Luftschifffahrts-Frage.
Herr Fabrik-Director A. Jarolimek in Hainburg a. d. Donau gibt in einer vorläufigen Mittheilung einen
neuen Weg zur Lösung dieses Problems an, der im Wesentlichen auf der Benützung flacher, gekuppelter Schirme bei großen seitlichen
Fahrgeschwindigkeiten und auf der Anwendung eines eigenthümlichen Dampf-Reactionspropellers beruht.
Nach den Berechnungen des Genannten soll sich bei dem nach seinem Sinne erzielten Fluge in der Horizontalen das Verhältniß
des
Arbeitsaufwandes zu der Größe der getragenen Last viel günstiger gestalten, als es von Kargl für das
Schweben der Vögel berechnet wurde, so daß unter Zuhülfenahme des projectirten Antriebapparates bei dem nur geringen Gewichte
desselben eine zur Bewirtung des fortgesetzten Fluges völlig ausreichende Kraft resultiren würde.
Durch das Kuppeln mehrerer Schirme in bestimmter Weise neben- und auch übereinander soll einerseits die Stabilität des ganzen
Apparates in der ihm zugedachten Stellung bedeutend erhöht und andererseits eine große Schirmfläche bei möglichst gedrängter
und
leichter Construction erzielt werden. Die Propeller-Vorrichtung ihrerseits basirt auf der Anwendung einer größeren Anzahl
kleiner Vorlagen, welche in die sich nach und nach erweiternden Reactionsröhren eingeschaltet werden. Der Dampf soll hiebei
alle
Gefäße – resp. deren Mündungen – mit der gleichen Geschwindigkeit passiren und während des Ausströmens ganz successive
expandiren, so daß ein großer Theil seiner lebendigen Kraft in einfachster Weise nutzbar gemacht wird.
An die nach diesem System ausgeführten Luftschiffe wird die Erwartung geknüpft, daß nicht allein deren Fahrrichtung in Bezug
auf den
Horizont, d.h. nach auf- oder abwärts, und zwar durch die bloße Verschiebung des Schwerpunktes stets rasch verändert werden,
sondern daß auch der Lauf der Schiffe nach allen Richtungen der Windrose und bei jedem Winde geregelt werden könnte, indem
derselbe
durch die Stellung eines segelartigen Steuers und der Dampfausströmungsröhren leicht zu reguliren wäre.
Nach Jarolimek's Ausführungen ist es bei Anwendung seiner windfangenden Schirme unter Umständen möglich,
sogar conträren Wind mit Vortheil zu benützen, und beabsichtigt der Erfinder die Theorie seines Apparates zunächst an kleinen
Traject- oder Distanz-Fallschirmen vollständiger zu erproben, die auch ohne besonderen Antrieb, unter Benützung eines vorhandenen oder
geschaffenen Gefälles die möglich längsten Strecken im Horizonte unter Beschreibung eines vorgezeichneten Bogens durch die
Luft
zurücklegen.
Die Red. des polytechn. Journals.
Ueber die englische Textil-Industrie
enthält das Deutsche Handelsblatt vom 5. d. M. sehr beachtenswerthe Data, welche der vor Kurzem in London
veröffentlichten Schrift: „Miscellaneous Statistics of the United Kingdom“
Diese Schrift enthält auf 500 Seiten in Quart eine Reihe von Berichten über 60 der wichtigsten Gegenstände des socialen und
nationalen Lebens, u.a. über Bevölkerung, die Polizei, den Unterricht, die Eisenbahnen, die Canäle, die Minen, Banken,
Schiffbrüche, Auswanderung u.s.w. entnommen sind.
Darnach gab es im Jahre 1870 im „Vereinigten Königreich“ 2483 Baumwollfabriken; im
Jahre 1861 gab es deren mehr, nämlich 2887; im Jahre 1850 zählte man 1932. Seit 1870 hat sich, wie man sieht, die Zahl der
Fabriken um
etwa ein Siebentel verringert; dagegen ihre Leistungsfähigkeit bedeutend gesteigert.
Die Zahl der Spulen überstieg
1850
21 Millionen,
1861
30 „
1870
37 1/2 „
Die Zahl der Webstühle betrug
im Jahre
1850
250,000
„ „
1860
400,000
„ „
1870
440,000
Die bewegende Kraft in den Baumwollspinnereien und Webereien betrug
im Jahre
1850
282,500 Pferdekräfte
„ „
1860
294,000 „
„ „
1870
300,000 „
Wie man sieht, ist die bewegende Kraft von 1861 bis 1870 nicht im gleichen Verhältniß mit der Vermehrung der Spulen und Webstühle
gestiegen – man weiß die Dampfkraft besser auszunutzen.
Die Zunahme der bewegenden Kraft hat ihren Grund allein in der allgemeinen Verwendung des Dampfes. Die Zahl der PferdekräfteIm Deutschen Handelsblatt wird dieß von der Zahl der „Dampfmaschinen“ angegeben, was augenscheinlich auf
einem Irrthum beruht. Ueberhaupt ist uns die obige Statistik der bewegenden Kraft nicht ganz klar! der Dampfmaschinen ist von 70,000 im Jahre 1850 auf 300,000 im Jahre 1871 gestiegen; dagegen ist die hydraulische Kraft von
11,550 Pferdekräften im Jahre 1850 auf 8390 gefallen.
Diese Thatsache hängt ohne Zweifel mit dem Eingehen vieler kleinerer Fabriken zusammen.
Die Zahl der in den Baumwollfabriken beschäftigten Arbeiter hat sich von 1861 bis 1870 etwas vermindert,
während die Zahl der Spulen um 22–23 Proc., die der Webstühle um 10 Proc. zunahm, ein Beweis, daß die Arbeit der Menschen
theils durch ihre eigene Anstrengung, theils durch die Fortschritte der Wissenschaft und die Vervollkommnung der Methoden
immer
productiver wird. In den Baumwollfabriken waren beschäftigt
im Jahre
1850
300,000 Arbeiter
„ „
1861
451,569 „
„ „
1870
450,087 „
Demnach ist die Zahl der Arbeiter seit 1850 nur um 30 Proc. gewachsen, während die Zahl der Spulen und Webstühle um 80 Proc,
zugenommen
hat. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß der Arbeiter im Jahre 1870
weniger Stunden arbeitete, als im Jahre 1850.
Was die Entwickelung der Wollfabrication anbetrifft, so ist die Zahl der Fabriken seit 1850 nur mäßig
gestiegen; in diesem Jahre gab es deren 1497, im Jahre 1861 1679 und 1870 1829.
Für die Wollindustrie gab es
im Jahre
1850
1,595,000 Spulen
„ „
1861
2,182,000 „
„ „
1870
2,691,000 „
Die Zahl der Webstühle hat sich während des hier in Rede stehenden Zeitraumes mehr als verfünffacht, und
betrug
im Jahre
1850
9,439
„ „
1861
21,000
„ „
1870
48,000.
Die bewegende Kraft bestand
im Jahre
1850
in 22,000 Pferdekräften
„ „
1861
in 36,000 „
„ „
1870
in 62,000 „
Auch hier rührt die Zunahme fast nur vom Dampfe her, während die verwandte Wasserkraft fast stationär geblieben ist.
Die Zahl der Arbeiter stieg von 74,000 im Jahre 1850 auf 87,000 im Jahre 1861 und 125,000 im Jahre 1870. Sie nahm bemerkbar
mehr zu,
als in der Baumwollindustrie, aber nicht in demselben Verhältniß, wie die Zahl der Spulen und Webstühle.
Auch in der Industrie der gemischten Gewebe hat die Zahl der Arbeiter in dem hier besprochenen Zeitraume nur
um 38 Proc. zugenommen, während die Zahl der Webstühle von 32,000 auf 64,000, jene der Spulen von 875,000 auf 2,131,000 stieg.
Die Leinenfabrication beschäftigte im Jahre 1850 68,000, im Jahre 1870 124,772 Arbeiter; die Zahl der Spulen
ist von 965,000 nur auf 1,550,000 gestiegen; dagegen hat sich die Zahl der Webstühle beinahe verzehnfacht, denn sie stieg
von 3670 im
Jahre 1850 auf 35,301 im Jahre 1870.
Hanf und Jute hatten im Jahre 1850 wenig Wichtigkeit; jetzt beschäftigt die Jute-Industrie in ihren
Fabriken 17,570 Arbeiter.
Die Gesammtzahl der Arbeiter in der englischen Textil-Industrie betrug 1850 596,082, 1870 907,249.
Drei Fünftel dieses Arbeiterpersonals sind Frauen; die Zahl der in den Fabriken der Textil-Industrie beschäftigten Frauen
wächst viel schneller, als die der Männer. Die Zahl der Arbeiterinnen wuchs von 1850–1870 um 51 Proc., die der Männer um 36
Proc.; die Zahl der in Baumwollfabriken beschäftigten Mädchen unter 13 Jahren hat sich seit 1850 beinahe vervierfacht. (Hannoversches
Wochenblatt für Handel und Gewerbe, 1873, Nr. 24.)
Bleiplatten in großen Dimensionen darzustellen; von Ingenieur Dr. J. H. Ellenberger.
Es ist eine durch die Erfahrung vollkommen festgestellte Thatsache, daß die gewalzten Metalle, den chemischen Einflüssen einen
bei
weitem geringeren Widerstand leistend, bei allen ihren Verwendungsarten durch frühzeitige Zerstörung ein ebenso kostspieliges
als
unverläßliches Material bilden, während das gegossene und gehämmerte Metall, weil den besagten Wirkungen länger wiederstehend,
ein
viel dauerhafteres und daher ökonomischeres Hülfsmittel der Technik liefert.
Ich berufe mich hier beispielsweise auf die Erfahrungen mit gewalzten und mit gegossenen Blei- oder Zinkbedachungen.
Abgesehen von diesem Uebelstande bietet das Walzen größerer Dimensionen durch eine limitirte Länge des „Rollers“
bei vielen Anwendungen, wozu bedeutende Breiten nöthig sind, unübersteigliche Hindernisse; z.B. beim Baue der Bleikammern
für
Schwefelsäurefabriken, zu welchen man bisher auch in den größten Walzwerken keine über 6 bis 8 Fuß breite Platten liefern
konnte; ein
Uebelstand, der um so empfindlicher wird, weil die Mehrzahl der Bleiwalzwerksbesitzer selten über 4 Fuß breite Bleche zu erzeugen
in
der Lage sind.
Bei den Röhren konnten gleichfalls größere Durchmesser durch Compression nicht dargestellt werden, weil die angewendeten Maschinen
keiner zu den größeren Dimensionen erforderlichen Vergrößerung fähig sind.
Gelegentlich einer vor mehreren Jahren gemachten technischen Rundreise fand ich in mehreren französischen Bleiwalzwerken folgende
Methoden benutzt, um ganz außerordentliche Formate von Platten und Röhren aus Blei und Zink herzustellen.
a) Für Platten. Eine aus feinem Formsand, Lehm, Cement, Stein- oder
Gußeisenplatten gebildete vollständig horizontal gelagerte Formfläche, die sogenannte Gußbahn, wird an ihren beiden Langseiten
mittelst zweier eiserner Lineale derart abgegrenzt, daß die parallele Entfernung der letzteren von einander der gewünschten
Plattenbreite entspricht, während die über die Gußbahn vorstehende Linealkante die Dicke der zu erzeugenden Metallfläche regulirt.
An
der Außenseite der beiden Lineale befindet sich, entweder an diesen selbst angebracht oder in der Gußbahn ausgehöhlt, eine
rinnenförmige Vertiefung.
Um den Guß der Platte zu vollziehen, wird das Metall oder die Legirung in einem an der oberen Seite des Gußtisches befindlichen
Ofen
oder Schmelzkessel so weit über den Schmelzpunkt erhitzt, daß eine den letzteren um circa 20 bis 25 Grad
übersteigende Temperatur erlangt wird, wornach man das flüssige Metall in einem eisernen Gießtrog absticht. Dieser Trog hat
eine etwas
größere Länge als die Breite der durch die beiden Lineale abgegrenzten Fläche beträgt und wird an der Außenkante der Gußbahn
mittelst
auf Schienen laufender Rollen bewegt. Es wird nun dieser mit geschmolzenem Metall gefüllte Trog am oberen Ende der Gußbahn
derart nach
und nach durch Umkippen geleert, daß ein egales Ueberlaufen der Gußbahn stattfindet, wobei gleichzeitig ein Verschieben nach
dem
unteren Bahnende stattfindet.
Dicht hinter dem Gießtrog führen zwei Handlanger ein auf den beiden Seitenlinealen aufliegendes Lineal derart über die ausgegossene
Metallfläche, daß diese vollkommen eben und flach abgestrichen wird, bevor noch die Erstarrung eingetreten ist. Dieses Streichmesser
kann nach Umständen auch direct an dem Gestelle des Gießtroges angebracht werden, so daß es dann keiner weiteren Führung durch
die
Hand benöthigt. Das als überflüssig abgestrichene Metall sammelt sich in den beiden Längsrinnen, von wo es nach dem Erkalten
wieder in
den Schmelzofen zurückgegeben wird. Da beim Erstarren der gegossenen Platten bekanntlich eine gewisse Zusammenziehung stattfindet,
so
muß beim Stellen der beiden Seitenlineale die entsprechende Verbreiterung beobachtet werden. In dieser Weise können Platten
bis zu 3
bis 4 Meter Brette auf fast 8 Meter Länge gebildet werden, welche nach vollständigem Erkalten von der Gußbahn ohne Schwierigkeit
abzurollen sind.
b) Für Röhren werden hohle, aus Guß- oder Schmiedeeisen erzeugte Formen
benutzt, welche mittelst ähnlicher Vorrichtungen wie die Centrifugen der Zuckerfabriken in sehr schnelle Rotation versetzt
werden,
wobei sich die Zahl der Umdrehungen nach der Agilität und dem specifischen Gewichte des zu vergießenden geschmolzenen Metalles
richtet. Das letztere wird in die rotirende Form mittelst einer einfachen schnabelförmigen Rinne des Schmelzofens gegossen,
und durch
die Centrifugalkraft an die innere Form derart gleichmäßig angelegt, daß sich in dieser Weise ein vollkommen egalwandiger
hohler
Körper bildet, behufs dessen leichter Herausnahme aus dem Modelle letzteres an seiner Innenfläche mit Graphit oder fein geschlämmtem
trockenem Thonstaub gut eingerieben wird. Wird statt der rotirenden cylindrischen Form eine solche von schalenförmigem Querschnitte
gewählt, so lassen sich hierdurch alle beliebigen Dimensionen von Abdampfschalen erzeugen, welche dann ohne weitere Vorbereitungen
– höchstens, daß man ihre Innenseite etwas glättet – in Gebrauch genommen werden können. – Es liegt auf der Hand,
daß derart erzeugte Platten, Röhren, Schalen etc. bedeutend billiger
hergestellt werden, als nach den bisherigen Verfahrungsarten mittelst Walzen, Pressen oder Hammerarbeit. (Wochenschrift des
nieder-österreichischen Gewerbevereines, 1873 S. 223.)
Gewinnung des Silbers in Chili durch Amalgamation.
Nach (Fonseca
in Revue des Mines etc. par
de Cuyper) ist das alte Amalgamationsverfahren dort sehr bedeutend verbessert worden dadurch, daß
man Kupferchlorür anwendet. Dieses zersetzt sich mit dem Schwefelsilber in Schwefelkupfer und Silber, welches sich dann mit
dem
Quecksilber verbindet.
AgS + Cu²Cl + Hg = Ag . Hg + CuS + CuCl.
Hierbei entsteht also gar kein Quecksilberchlorür. Enthalten die Erze Chlor- oder Bromsilber, so setzt man 25 Proc. des
Silbergehaltes an Blei in Quecksilber gelöst zu. Es bildet sich dann Chlorblei, und der Quecksilberverlust beträgt nur 25
Proc. des
Silbers, während man früher 150 Proc. verlor. Die Erze werden auf Kollermühlen durch gußeiserne Räder von 4 Tonnen Gewicht,
welche
10–12 Umdrehungen in der Minute machen, zermalmt. Ein Wasserstrahl führt das fein gemahlene Erz beständig fort, welches in
Sümpfen aufgefangen wird. Man bringt je 4 Tonnen in rotirende Fässer, wie sie früher in Freiberg gebraucht wurden. Sie haben
1,5 Meter
Durchmesser und sind 1,8 Meter lang. In jedes kommen 28–30 Liter der Kupferchlorürlösung. Man bereitet diese, indem man eine
Lösung von Kupfervitriol von 20° Baumé mit Kochsalz sättigt und dann mit Kupferabfällen in Holzgefäßen durch
eingeleiteten Dampf kocht. Die Lösung muß vor Luftzutritt bewahrt werden. Man läßt dann die Tonne eine kurze Zeit umgehen,
um das Erz
und die Lösung gut zu mengen, setzt darauf 20–25 Mal soviel Quecksilber, wie Silber im Erz enthalten ist, zu, und läßt nun
5
Stunden umgehen. Dann wascht man das Silberamalgam aus. Es ist mit Schwefelkupfer und Kupferoxyd verunreinigt. Durch ein starkes
Umrühren mit Wasser lassen sie sich größtentheils abschlämmen. Etwas noch zurückbleibendes Kupferoxyd entfernt man durch eine
Lösung
von kohlensaurem Ammoniak. Das Amalgam kann dann der Destillation unterworfen werden.
Wenn die Erze nicht über 50/10,000 Silber enthalten, hält der Rückstand nur 1,5/10,000 bis 2/10,000 zurück.
Dieses Verfahren paßt für die meisten Erze, nur nicht für Kupferkies, Blende und solche welche freies Arsenmetall enthalten,
weil dabei
der Quecksilberverlust zu bedeutend ist.
Es lassen sich noch alte Erzrückstände mit 4/10,000 Silber darnach bearbeiten.
(Hannover'sches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, 1873, Nr. 24.)
Vortheilhafte Verwendung der Manganlauge in der Glasindustrie.
Der Chlorkalkfabrikant weiß oft kaum, was er mit der lästigen Brühe der sogenannten Manganlauge, die sich bei der Darstellung
von
Chlorkalk als Nebenproduct bildet, anfangen soll und fällt nicht selten, wenn er selbe fortfließen läßt, bei der Nachbarschaft
in
Ungnade, denn die saure Manganflüssigkeit schadet allem Organischen und verdirbt außerdem das nahe liegende Wasser.
Die Manganlauge entsteht bei der Zersetzung von Braunstein mittelst Salzsäure. Es entwickelt sich hierbei Chlor, welches als
eine
Gasart weiter geleitet und in großen Kammern mit Kalk zu Chlorkalk vereinigt wird, und es bildet sich Manganlauge, welche
als saure
Flüssigkeit in den Zersetzungsgefäßen zurückbleibt.
Diese Lange, welche der chemische Fabrikant oft umsonst abgibt, kann sich der Glasfabrikant sehr nutzbar machen und ein Product
daraus
herstellen das gewöhnlichen Braunstein vollständig ersetzt, denn es
enthält außer Braunstein nur noch Kalk in Verbindung.
Da nun aber der Kalk, welcher mit dem Braunstein in Verbindung ist, dem Glasfabrikanten durchaus nicht schädlich seyn kann
und überdieß
das entstandene Product keine andere Verunreinigung, namentlich kein Eisen, welches die entfärbende Kraft des Braunsteines
sehr
beeinträchtigt, enthält, so kann der Einführung des billigen Abfalles in die Glasindustrie kein Hinderniß entgegenstehen.
Die gelbe, saure Lauge, wie selbe abfließt, gießt man in einen geräumigen Holzbottich, so daß derselbe etwa, zu 1/3 davon
angefüllt
wird und gibt sodann gestampften, ungebrannten Kalk hinein. Die Flüssigkeit fängt an zu brausen und zu schäumen, die Kohlensäure
des
Kalkes entweicht und der Kalkstein löst sich theilweise auf unter Bildung von Chlorcalcium.
Sobald das Brausen aufhört und auch durch erneute Zugabe von Kalksteinpulver nicht mehr von neuem entsteht, überläßt man die
Flüssigkeit der Ruhe.
Es scheidet sich nach und nach ein bräunlicher eisenhaltiger Schlamm von der überstehenden fleischfarbigen eisenfreien Flüssigkeit
und
setzt sich zu Boden.
In einem zweiten Bottich bringt man nun eine Quantität zu Pulver gelöschten Kalk und gießt sodann so viel von der eben bereiteten
klaren, hellrothen Manganflüssigkeit unter Umrühren dazu, bis ein dickflüssiger Brei entstanden ist.
Dieser halbflüssige Brei hat die Eigenschaft sich auf der Oberfläche rasch zu bräunen. Streicht man selben auf einen trockenen
Ziegelstein, so geht die Bräunung noch rascher vor sich und dringt nach und nach bis in's Innere vor und in kurzer Zeit hat
man eine
Masse, die durch und durch dunkelbraun, fast schwarz erscheint.
Um aus dem weißlichen Mangan-Kalkbrei ein brauchbares Product zu erhalten, trocknet man ihn vollständig aus und calcinirt
ihn
auf kurze Zeit bis sich die dunkelbraune Farbe entwickelt hat. Man braucht nun die braune Masse nur noch zu zerreiben, vollständig
mit
Wasser auszuwaschen und wieder zu trocknen, um ein ganz gutes Braunstein-Surrogat zu erhalten. (Aus dem bayerischen
Industrie- und Gewerbeblatt, Mai 1873.)
Die Anwendung des gerbsauren Leimes zur Befestigung der Anilinfarben; von S. Austerlitz.
Die Befestigung der Anilinfarben auf der vegetabilischen Faser ist ungleich schwieriger als die Befestigung derselben auf
der
animalischen Faser, indem in ersterem Falle stets Beizen erforderlich, in letzterem jedoch dieselben meist entbehrlich oder
von
untergeordneter Bedeutung sind. Die Wolle wird oftmals durch Anilinfarben ohne Beizmittel schöner und lebhafter gefärbt und
man wendet
die Mordants meist nur an, um entweder eine höhere Temperatur des Farbbades erzielen zu können, oder dem Farbstoffe größere
Festigkeit
zu geben, besonders auch um das Abfärben, welches bei Anilinfarben auf Wolle sehr leicht auftritt, zu vermeiden. Die Baumwolle
wie
auch die Leinenfaser u.s.w. können jedoch ohne einen vermittelnden Mordant nicht mit den Theerfarben verbunden werden und
man muß
unter allen Umständen nach Stoffen suchen, welche die löslichen Anilinfarben auf der Faser unlöslich zu machen geeignet sind.
Die
Reihe derselben ist nicht gering und es wäre nur die Frage zu entscheiden, welcher von den in der Praxis angewendeten Mordants
am
vortheilhaftesten zu verwenden sey und die schönsten und zugleich billigsten Farben erzeuge.
Bei Versuchen im Kleinen läßt sich diese Frage nicht wohl entscheiden; erst durch das Operiren mit größeren Mengen und durch
den
fabrikmäßigen Betrieb erhält man Belege, welche uns ein richtiges Urtheil gestatten. Der Schönfärber wird somit auch meist
nicht
Gelegenheit haben zu entscheiden, welches die zweckmäßigste Befestigungsmethode für Anilinfarben auf Baumwolle sey. Es ist
bei dieser
Frage die Verwerthbarkeit der gebrauchten Bäder wohl zu berücksichtigen und der Werth derselben muß bei der Berechnung des
aufgewendeten Materials von den Gesammtkosten abgezogen werden.
Es würde zu weit führen, hier die verschiedenen Methoden der Befestigung der Anilinfarben zu besprechen; sie sind fast alle von der Methode des Schmackirens oder des Beizens mit Gerbsäure (Tannin) verdrängt
worden, und wie bereits mehrere sachverständige Fachmänner sich entschieden haben, ist die Gerbsäure als das Mittel zu betrachten,
welches bei dem Färben von Anilinfarben auf Baumwolle allen anderen Mordants vorzuziehen ist. Es ist dieß wohl besonders für
Fuchsin
und Anilingrün (Jodgrün) gültig. Diese beiden Farbstoffe geben mit der Gerbsäure prächtig gefärbte völlig unlösliche Verbindungen
und
erfüllt somit das Tannin den Zweck, den ein Beizmittel überhaupt hat, auf das Vollkommenste. Das Tannin ist jedoch ein ziemlich
theures Präparat und man muß darnach streben, ein Ersatzmittel für dasselbe zu finden, einen Mordant, der es entweder ganz
überflüssig
macht oder eine Ersparniß zuläßt. Die bisher vorgeschlagenen Stoffe, Oelsäure und Stearinsäure in den Seifen u.s.w., genügen
den
Anforderungen nicht und ich glaube, daß sich nicht leicht ein Ersatzmittel finden lassen wird, welches das Tannin ganz verdrängt.
Eine
lange Reihe von Versuchen im großen Maaßstabe hat mich zu der Ueberzeugung gebracht, daß Tannin (rein oder im Sumach) vorläufig
noch
unentbehrlich erscheint.
Dagegen machte ich kürzlich die Beobachtung, daß man an Gerbsäure bedeutend sparen kann, wenn man dieselbe vor dem Färben
an Leim
bindet und so gewissermaßen Tannin und Leim gleichzeitig als Mordant gebraucht. Man braucht dann, um einen bestimmten Farbenton
mit
Fuchsin oder Jodgrün, oder einer anderen Anilinfarbe herzustellen, weit weniger Tannin, ja man kann fast mit der Hälfte Tannin
dasselbe Resultat erzielen, welches man ohne Anwendung von Leim mit der doppelten Menge erzielt. Ich stellte dieß durch eine
Reihe von
Versuchen, welche ich im Kleinen machte, fest, indem ich gewogene Mengen Tannin unter verschiedenen Verhältnissen, d.h. mit
mehr oder
weniger Leim anwendete.
Zuerst erhielt die Baumwolle ein Gerbsäurebad, wurde dann in zwei Theile getheilt und die eine Hälfte zuerst durch eine schwache
Leimlösung oder durch eine Lösung von Gelatine gezogen, die andere direct in einem Farbbade von bekannter Concentration bei
bestimmter
Temperatur ausgefärbt.
Der durch die Leimlösung gezogene Theil wurde dann in einem ganz genau gleichen Bade gefärbt und nun wurden die beiden Proben
verglichen. Die durch Tannin und Leim gebeizte Baumwolle war bei weitem satter und tiefer gefärbt und es konnte constatirt
werden, daß
man bei Anwendung eines Leimbades nach dem Tanninbade das letztere weit schwächer anwenden kann, als wenn man Tannin allein
zur
Befestigung des Farbstoffes gebraucht. Man kann somit an Gerbsäure sparen und die gesparte Menge ist nicht unbedeutend.
Verdünnt man die Tauninlösung immer mehr und setzt die vergleichenden Versuche mit Tannin und mit Leim und Tannin allein fort,
so tritt
ein Punkt ein, wo man durch beide Operationen genau dieselben Nüancen erhält. Hat man diesen Punkt erreicht, so kann man durch
Vergleichung der Concentration der beiden Tanninbäder bestimmen, wie viel an Tannin gespart werden kann. Es richtet sich dieß
sehr
nach der Güte des Tannins, so daß meine Versuche ein Resultat, welches in Zahlen zu definiren wäre, nicht ergeben haben. Die
aus
verschiedenen Quellen stammenden Tanninproben gaben abweichende Resultate und bei der einen konnte durch Anwendung eines Leimbades
mehr, bei der anderen verhältnißmäßig weniger erspart werden.
Den Grund der Erscheinung, welchen ich eben kurz beschrieben, habe ich noch nicht erforscht und ich möchte mich damit begnügen,
die
Thatsache hier anzuführen. Offenbar bildet sich jedoch eine Verbindung des Leimes mit der Gerbsäure, welche dann anders auf
die
Farbstoffe des Anilins einwirkt, als das Tannin allein. (Musterzeitung. 1873 Nr. 8.)
Ueber die neue Methode zur Darstellung des Fuchsins nach Brüning; von Coupier.
Herr A. Brüning hat vor Kurzem mitgetheilt daß es ihm gelungen sey, bei der Darstellung des Fuchsins eine
Methode auszubilden, welche, im Wesentlichen auf der Einwirkung des
Nitrobenzols(-toluols) auf Anilin (Toluidin) beruhend, gestattet, die Anwendung von Arsensäure gänzlich zu vermeiden. Hr.
Coupier in Poissy bemerkt nun hierzu, er habe sich bereits am 5. April 1866 ein Verfahren patentiren
lassen, welches die Vortheile der von Brüning erwähnten Methode besitze und auch im Wesentlichen auf der
Einwirkung der nitrirten auf die amidirten Kohlenwasserstoffe beruhe. Daß es dabei nicht bloß beim Patent geblieben sey, beweise
ein
Bericht von Schützenberger an die Société industrielle zu
Mülhausen (mitgetheilt im Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1868 p. 925. sowie im polytechn. Journal, 1867, Bd. CXCI S. 479), in Folge dessen diese Gesellschaft im Jahre
1868 durch eine Ehrenmedaille den Werth seines Verfahrens anerkannt habe. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft
zu Berlin,
1873, Nr. 6.)
Trennungsmethode für Toluidin und Pseudotoluidin; von R. Bindschedler, Fabrikant in
Basel.
Die Anilinfabrik von Dalsace frères
in Paris bringt ein Aniline lourde spéciale in den Handel, welches bei 198 bis 200°
siedet, also nur aus Toluidin und Pseudotoluidin besteht. Durch vergleichende Acetylisirungs-Versuche wurde constatirt, daß
dieses käufliche Toluidin sich genau so verhält, d.h. genau so viel reines Acetoluidin liefert, wie ein Gemenge von 70 Proc.
Pseudotoluidin und 30 Proc. Toluidin. Eine Trennung der beiden Toluidine läßt sich auf folgende Weise bewerkstelligen:
Man löst in 25 Liter kochendem Wasser 2500 Grm. Oxalsäure, setzt 6 Liter concentrirte Salzsäure (20° Baumé) zu, gießt
langsam 10 Kil. käufliches Toluidin ein, erhitzt nochmals zum Kochen, läßt unter beständigem Umrühren auf 60° erkalten und
filtrirt den krystallinischen Niederschlag rasch ab. Der Niederschlag, gepreßt und mit etwas Wasser gewaschen, gibt durch
Zersetzen
mit Natronlauge und Destillation krystallisirtes Toluidin (Schmelzpunkt 45°).
Zu dem erkalteten Filtrat setzt man unter Umrühren weitere 2 Kil. Oxalsäure, wodurch der krystallinische Niederschlag vermehrt
wird;
derselbe besteht aus einem Gemisch von oxalsaurem Toluidin und oxalsaurem Pseudotoluidin; als sehr toluidinreich dient er
bei einer
neuen Operation für die Darstellung von Toluidin.
Ist die Flüssigkeit vollständig erkaltet, so wird nach heftigem Umrühren eine Probe derselben filtrirt. Gibt diese auf Zusatz
einiger
Tropfen concentrirter Oxalsäurelösung beim Schütteln durchaus keine Abscheidung mehr, so wird die ganze Menge der Flüssigkeit
filtrirt, das Filtrat mit Natronlauge destillirt, und das vom Wasser abgehobene ölige Destillat rectificirt. Das so erhaltene,
technisch reine Pseudotoluidin kann nur Spuren von Anilin und höchstens sehr geringe Mengen von Toluidin enthalten, da selbst
bei
Acetylisirung größerer Quantitäten keine Ausscheidung von Acetoluidin erfolgt. Das Verfahren kann auch bei Verarbeitung kleinerer
Mengen von Aniline lourde, z.B. 200 Grm., angewendet werden. (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1873 Nr. 7.)
Entdeckung des Fuchsins in Fruchtsäften.
Nach C. Puscher ist Fuchsin in Fruchtsäften leicht durch Eintauchen eines Fadens von Wolle oder Seide zu
entdecken. Die Färbung durch natürlichen Fruchtsaft wäscht sich nämlich in Wasser völlig wieder aus, mit Fuchsin versetzter
Saft
dagegen färbt Wolle und Seide bleibend rosa. (Abhandl. der naturhist. Gesellschaft zu Nürnberg, 1872 S. 14.)
Man s. Romei's Methode zur Nachweisung des Fuchsins in Conserven etc., im polytechn. Journal, 1872, Bd. CCV
S. 386.
Neue Reaction auf Alkalien und vice versa auf Gerbsäure; von V. Grießmayer.
In einem Proberöhrchen mischt man einen Tropfen Gerbsäurelösung mit 1 Kubikcentimeter einer 1/100 normalen Jodlösung. Man
schüttelt,
die Flüssigkeit verblaßt sofort; (es bildet sich hierbei Gallussäure und Jodwasserstoff.) Die Jodlösung darf nicht concentrirter
seyn,
weil die Flüssigkeit sonst nicht vollständig sich entfärbt; wohl aber darf sie verdünnter seyn. In diese Mischung bringt man
nun einen
auf das 10fache verdünnten Tropfen Aetzammoniakflüssigkeit, oder einen Kubikcentimeter von einem Brunnenwasser, das nach dem
Verdunsten der Kohlensäure auf neutralem Lackmus eine ganz schwache alkalische Reaction zeigt: es entsteht sofort oder bei
leisem
Schütteln eine brillant rothe, im auffallenden Licht in's Carmoisin ziehende Reaction, die sich längere Zeit erhält. Es ist
das eine
sehr empfindliche Reaction, die sich von der gewöhnlichen Gerbsäure- und Gallussäure-Reaction auf Zusatz von größeren
Mengen von Alkali nicht nur durch die charakteristische Färbung, sondern auch dadurch unterscheidet, daß die Flüssigkeit nicht
in der
Weise nachdunkelt durch Sauerstoffabsorption, wie es bei Anwendung von concentrirten Alkalien und ohne Jod der Fall ist. (Zeitschrift
für analytische Chemie, Bd. XI S. 43.)
Künstliche Gräser aus vegetabilischem Pergament.
Die Verwendbarkeit des vegetabilischen Pergaments (Pergamentpapiers) in verschiedenen Zweigen der Technik ist bekannt. Als
wasserdichtes und außerordentlich festes Material eignet es sich namentlich für Emballagen der verschiedensten Art, insbesondere
empfiehlt es sich auch zur Verpackung von Anilinfarben.
In den Vordergrund drängt sich jetzt die Frage, inwieweit es sich zur Fabrication künstlicher Blumen eigne. Es werden nun
gegenwärtig
künstliche Gräser daraus verfertigt, welche gegenüber ähnlichen Fabricaten aus gewöhnlichem Papier oder Oelpapier größere
Festigkeit
besitzen. Gerade bei den langen künstlichen Gräsern, welche in letzter Zeit häufig zu Toilette-Artikeln benutzt worden, ist
diese Festigkeit nöthiger, als es sonst bei künstlichen Blumen der Fall ist. Der Rogen kann ihnen nichts anhaben und sie können
sogar,
ohne zu leiden, in Wasser gewaschen werden. Dieser Artikel, obgleich er erst seit kurzer Zeit erzeugt wird, soll sich schon
ein großes
Absatzgebiet (namentlich auch in Amerika) erobert haben. (Gewerbebl. a. Württemberg, 1873 S. 220.)
Gewinnung des Chinins in schönen Krystallnadeln.
J. D. Boeke theilt in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft mit, daß Chloroform ein sehr geeignetes Mittel sey, um Chinin in schönen Krystallnadeln zu bekommen.