Titel: Die wissenschaftliche Ausstellung der 61. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Köln.
Fundstelle: Band 270, Jahrgang 1888, S. 461
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Die wissenschaftliche Ausstellung der 61. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Köln. Mit Abbildungen. Die wissenschaftliche Ausstellung in Köln. Seit den drei letzten Jahren sind mit den Naturforscherversammlungen zugleich wissenschaftliche Ausstellungen verbunden worden, und der Erfolg lehrt, daſs diese eine nützliche Einrichtung sind und daher eine willkommene Zugabe dieser Wanderversammlungen bilden. Hier ist die Gelegenheit geboten, Instrumente verschiedener Construction, die aber dem gleichen Zwecke dienen, mit einander vergleichen zu können, Vor- und Nachtheile derselben gegen einander abzuwägen, bezieh. Verbesserungen dem betreffenden Fabrikanten anzurathen; sodann werden durch den Augenschein die Bedenken gehoben, welche bei der Beschreibung neuer Apparate in den wissenschaftlichen Zeitschriften beim Lesen derselben dem Einen oder Anderen gekommen sind. Auch die Aussteller erkennen das Gute an solchen Ausstellungen an; denn es wird leichter gekauft, wenn man sich selbst von der Brauchbarkeit eines Instrumentes überzeugen kann, als wenn man nur auf Kataloge angewiesen ist, deren Herstellung und Versendung die Transportkosten der Apparate zur Ausstellung in den meisten Fällen wesentlich übersteigen. Gerade hier kommt der Spruch zu seiner vollen Bedeutung: Was die Augen sehen, das glaubt das Herz. Welches Interesse die Kölner selbst an den Tag legten, dafür spricht einmal die Eröffnung der Ausstellung acht Tage vor dem Beginne der Naturforscherversammlung, sodann die geschickte Anordnung in den betreffenden Lokalitäten; durch vier Stockwerke eines Volksschulgebäudes waren die Gegenstände der einzelnen Disciplinen in übersichtlicher Weise vertheilt, so daſs man mit Recht sagen kann, die 3. Ausstellung stand ihren Vorgängerinnen würdig zur Seite. Die in letzter Zeit von verschiedenen Seiten wieder in Angriff genommenen Verbesserungen an Influenzmaschinen waren in ihren Haupttypen auf der Ausstellung vertreten. Zwei Bedingungen sind es namentlich, welchen die Influenzmaschinen genügen sollen, einmal muſs jeder Polwechsel während des Ganges ausgeschlossen sein, sodann soll die Maschine womöglich selbsterregend sein, oder, wenn dies nicht der Fall ist, ihre einmal erlangte Erregung längere Zeit beibehalten. Bisher sind diese Bedingungen sehr gut erfüllt worden von der Forschen Influenzmaschine, wie Nebel im Repertorium der Physik, 1888 Bd. 23 S. 322, nachgewiesen hat. Neuerdings hat Weinhold aber gefunden, daſs auch bei der Voss'schen Maschine, namentlich bei feuchtem Wetter, Polwechsel auftritt. Nebel, welcher derartiges nie beobachtet hat, obwohl er seine Maschine unter den verschiedensten Verhältnissen benutzt hat, glaubt, daſs ein Polwechsel nicht allen Forschen Maschinen gemein ist; denn als die bewegliche Scheibe beim Transporte entzwei gegangen war, konnte man aus einer groſsen Zahl von Scheiben nur drei überhaupt geeignete finden, und unter diesen war es wiederum nur eine, welche in ihrer Wirkung der ursprünglichen gleich kam. – Wie dem nun auch sein mag, Weinhold construirte eine neue Influenzmaschine, bei welcher die feste Glasscheibe mit ihren Papierbelegungen durch zwei cylinderförmige Conductoren aus Ahornholz ersetzt war, wodurch ein Polwechsel vollständig ausgeschlossen sei. Da die Maschine sich nicht selbst erregt, so muſs der rotirenden Glasscheibe eine geriebene Hartgummiplatte genähert werden. Entgegen den bisherigen Maschinen erfolgt die Erregung bei Trennung der Conductoren, weil, wie Weinhold sagt, zu viel Elektricität von den Kämmen auf die Scheibe übergeht, wodurch die vollständige Bindung und die nöthige Neutralisation der Elektricitäten gehindert wird. Fig. 1., Bd. 270, S. 462Leider scheint diese Maschine ihre Erregung nicht längere Zeit zu behalten, wenigstens muſste das ausgestellteExemplar häufig von Neuem erregt werden. Der anwesende Vertreter schrieb dies der Feuchtigkeit zu, obgleich das Wetter keineswegs ungünstig, und der Raum nur von wenigen Personen gleichzeitig besucht war. Die Construction der Maschine ist sehr solid und dabei von leichtem, elegantem Aussehen. Behufs Reinigung der Scheibe läſst sich das Ganze ohne Mühe aus einander nehmen. Zur Verstärkung der Entladungen dienen zwei Leydener Flaschen, deren innere Belegungen mit den Conductoren, die äuſseren dagegen unter sich in Verbindung stehen. Fig. 2., Bd. 270, S. 463Abweichend von den bisherigen Constructionen sind die Maschinen von Wimshurst. Zwei Glasscheiben rotiren in entgegengesetzter Richtung und sind, wie aus Fig. 1 zu entnehmen ist, auf ihren abgelegenen Seiten mit einer Reihe schmaler, abgerundeter Stanniolstreifen versehen, in kreisförmiger Anordnung. Diese Belegungen dienen sowohl als Leiter, wie als Armaturen. In der Richtung des wagerechten Durchmessers sind die Spitzenkämme der Conductoren angebracht, welche die äuſseren Randpartien der beiden Scheiben mit deren Belegungen gabelförmig umschlieſsen. Auf jeder Scheibe schleifen zwei Metallbürstchen, die durch eine halbkreisförmige Metallröhre unter sich in leitender Verbindung stehen und von den Conductoren um 45° entfernt sind. Die beiden Bürstenpaare schlieſsen einen Winkel von 90° mit einander ein. Jeder kleine Leiter wird von einer nicht isolirten Bürste berührt, sobald er an einem ihm gegenüber befindlichen, geladenen Leiter der anderen Scheibe vorbeikommt, und dadurch wird in jedem eine Ladung inducirt, die er zu den rechts und links befindlichen Saugkämmen überführt. Zum leichteren Verständnisse dient das Schema (vgl. Fig. 2). Der kleinere Kreis repräsentirt die vordere Scheibe, während der gröſsere die hintere darstellt, die beiden zu einander senkrecht stehenden Durchmesser geben die Stellung der beiden Bürstenpaare an. Ist die Maschine vollständig erregt, so ist die elektrische Verkeilung übereinstimmend mit den in der Fig. 2 angegebenen Zeichen, und zwar entspricht den im äuſsersten Kreise liegenden die Rückseite der hinteren Scheibe, die innersten der Vorderseite der vorderen Scheibe, während die beiden mittleren sich auf die einander zugewandten Seiten der Scheiben beziehen. Die Maschine ist sehr leicht selbsterregend, so daſs schon bei einer während 30 Secunden ausgeführten halben Umdrehung ein Fünkchen entsteht. – Damit ein Ueberspringen der Funken nur zwischen den dafür bestimmten Conductoren stattfindet, und jede sonstige unfreiwillige Entladung ausgeschlossen ist, wird den Conductoren die Elektricität durch gröſsere, gebogene Metallarme zugeführt. Die Wirkung der Maschine ist von der Drehrichtung der Kurbel ganz unabhängig; wechselt man rasch nach einander den Drehungssinn, so setzen die Funken nur kurze Zeit aus, um dann in gleicher Kraft, wie zuvor, aufzutreten. Wimshurst baute derartige Maschinen in den verschiedensten Dimensionen, die Scheibendurchmesser erstrecken sich von 2 Zoll bis zu 7 Fuſs (englisch) und liefern stets zufriedenstellende Resultate, auch die Scheibenzahl variirte von 2 bis 12. Zum Schütze gegen Staub, Feuchtigkeit und sonstige Einflüsse ist die Maschine, mit Ausnahme der Conductoren und der Kurbel, in einem Glaskasten untergebracht. Fig. 3., Bd. 270, S. 464Die Kurbel kann auch durch einen kleinen elektrischen Motor ersetzt werden, so daſs man leichter experimentiren kann und doch nicht gezwungen ist, eine weitere Person neben sich zu haben. Der Vertreter dieser Maschinen in Deutschland ist R. Blänsdorf's Nachfolger in Frankfurt a. M. Wesentlich verschieden von den bisherigen Maschinen ist die von Gläser in Wien patentirte Influenzelektrisirmaschine, deren Gesammtansicht Fig. 3 darbietet, während in Fig. 4 der wichtigste Theil im Durchschnitte nochmals zur Abbildung gelangt. – Auf einem soliden hölzernen Untergestelle Ra, Ra1 sind zwei senkrechte, guſseiserne Ständer aa1 und bb1 befestigt, welche, an ihren oberen Enden durch den Hartgummistab ab verbunden, zur Lagerung der Stahlachse ef und der beiden, mit dieser parallelen Wellen W1 und W2 dienen. Fig. 4., Bd. 270, S. 465Die Hauptachse ef besteht aus einer nicht drehbaren Stahlachse und zwei darüber geschobenen Hohlachsenstücken, auf welche an ihren Enden je eine kleine Riemenscheibe r und r1 aufgesetzt sind. Zwischen diesen Riemenscheiben sind auf der Hauptachse die beiden Hartgummitrommeln T und T1 an den beiden Hohlachsenstücken mittels Metallflanschen befestigt, so daſs durch die kleine Riemenscheibe r die innere Trommel T1 und unabhängig hiervon durch die Riemenscheibe r1 die. äuſsere Trommel T in beliebiger Richtung rotirt werden können. Jede der beiden neben einander gelagerten Achsen W1 und W2 trägt an ihrem einen Ende ein Zahnrad, wovon in der Figur nur dasjenige der Achse W2 sichtbar ist. Beide Achsen können somit durch die Kurbel k in Rotation versetzt werden. Auf diesen Achsen sitzen die beiden Riemenscheiben R und R4, welche durch Treibriemen mit den kleinen, correspondirenden Riemenscheiben r und r1 verbunden sind. Statt der Kurbel k läſst sich leicht eine Riemenscheibe aufsetzen, um die Maschine mittels eines passenden Motors in Bewegung zu setzen. Die beiden metallischen Spitzenkämme Sk und Sk1 werden der Isolirung wegen von Glasfüſsen getragen, während sie durch Metallstäbe mit den wagerecht verschiebbaren Conductoren A1A2 in leitender Verbindung stehen. Der Stabilität wegen sind diese Säulen durch die Hartgummiplatte cd gehalten, welche ihrerseits an dem Hartgummistabe ab befestigt ist. Im Inneren der kleineren Trommel T1 befinden sich in senkrechter Richtung die beiden inneren Spitzenkämme sk und sk1, Welche unter sich metallisch verbunden und auf der festen Stahlachse ef befestigt sind. Ist die Maschine im Gange, wobei die beiden Trommeln in entgegengesetzter Richtung rotiren, so genügt die Annäherung eines nur schwach geriebenen Kautschukstreifens an die äuſsere Trommel T, und zwar oberhalb oder unterhalb der Mitte derselben, genau der Mitte des inneren senkrechten Doppelspitzenkammes entsprechend, um diese Maschine zu erregen, was sich sofort durch ein die ganze Maschine durchziehendes, zischendes Geräusch kundgibt. Ist die Maschine einmal erregt, so bewahrt sie auch beim Nichtgebrauche ihre Ladung mehrere Stunden lang. Die Drehrichtung der Trommeln übt keinerlei Einfluſs aus, durch einen Wechsel derselben wird die vorherige, regelmäſsige Aufeinanderfolge der Funken in keiner Weise gestört, so daſs ein beabsichtigter Polwechsel ganz besondere Kunstgriffe erheischt, nämlich Auseinanderschieben der Conductorkugeln und rasche kurze Drehungen der Kurbel abwechselnd nach rechts und links. Die Pole der Maschine lassen sich aus den Lichterscheinungen, welche an den äuſseren Spitzenkämmen auftreten, feststellen. Erfolgt die Drehung der äuſseren Trommel, von der Kurbel k aus gesehen, im Sinne der Uhrzeigerbewegung, und bemerkt man z.B. im rechten oberen Quadranten vom rechten Spitzenkamme positive Lichtbärte nach aufwärts übergehen, so ist der rechte Conductor negativ elektrisch, vom linken Spitzenkamme dagegen gehen scharf begrenzte Lichtpunkte nach dem linken unteren Quadranten über, weshalb der linke Conductor den positiven Pol bildet. Dreht man die Kurbel im entgegengesetzten Sinne, so wandern Lichtbüschel und Lichtpunkte auf die entgegengesetzten Quadranten derselben Seite, während ein Polwechsel bei den Conductoren nicht stattgefunden hat. – Wird dagegen die Maschine von unten an erregt, und ist die Rotationsrichtung entgegengesetzt der Uhrzeigerbewegung, dann ist die Polvertheilung auf den Conductoren umgekehrt der vorigen. Die Maschine gibt, verglichen mit anders construirten Influenzmaschinen gleicher Gröſse, wesentlich bedeutendere Büschel- und Funkenentladungen, letztere durch Einschalten zweier Leydener Flaschen hervorgebracht. Der Grund liegt wohl in der gewählten Trommelform. Auf den ersten Blick sind die Ebonittrommeln wenig vertrauenerregend, weil die mit Hartgummischeiben bisher angestellten Versuche im Laufe der Zeit durch den Einfluſs der Luft sehr ungünstig ausgefallen sind. Indessen liegen hier die Verhältnisse doch wesentlich anders, die äuſsere Trommel ist auf ihrer Auſsenseite durch einen Lack gegen Lufteinflüsse geschützt, während die Innenseite, sowie die ganze innere Trommel durch die luftdicht verschlossene äuſsere Trommel gegen alles gesichert ist. Auf diese Weise ist das nur allzu leicht zerbrechliche Glas mit Vortheil verdrängt worden. – In Folge dieser günstigen Anordnung ist die Maschine vollständig unabhängig von feuchtem Wetter. Der Preis einer solchen Maschine kommt dem einer groſsen Wimshurst-Maschine etwa gleich, während die Wirkung dieser bei weitem nicht so intensiv ist, wie die der ersteren. Für Deutschland hat die Firma Reiniger, Gebbert und Schall in Erlangen die Alleinvertretung dieser Gläser'schen Maschine. Auſser diesen neuen Influenzmaschinen waren auch diejenigen von bekannter Construction ausgestellt. E. Leybold's Nachfolger in Köln hatte die Ausstellung sehr reich mit physikalischen Apparaten beschickt, unter welchen sich auch einige noch relativ neue befanden. Dahin gehört das Audio- oder Sonometer, welches zur Prüfung der Empfindlichkeit des Gehöres dient. Dasselbe besteht aus drei mit dünnem Kupferdrahte versehenen Drahtspulen, von denen zwei feststehen, während die dritte, in einem Schlitten beweglich, zwischen den beiden anderen aufgestellt ist. Während die gröſsere der beiden Spulen viele Drahtwindungen enthält, trägt die kleinere nur wenige Windungen und sind beide Spulen entgegengesetzt gewickelt. Die verschiebbare Spule ist mit der gröſseren identisch. Schickt man nun den secundären Strom eines kleinen Inductionsapparates durch die beiden festen Spulen, so wirken dieselben inducirend auf die mittlere Spule, und zwar in entgegengesetzter Weise. In Folge dessen gibt es zwischen den beiden Spulen einen Punkt, wo die inducirende Wirkung gleich Null ist, d.h. wo sich die zwei Ströme ausgleichen. Verbindet man nun ein Telephon mit der mittleren Spule, so wird auf dem Nullpunkte in dem Telephon Stille herrschen. Nähert man die mittlere Spule um ein Weniges der gröſseren feststehenden, so erhält diese ein Uebergewicht über die kleinere und wird man dann sofort ein Geräusch im Telephon vernehmen. Es ist ersichtlich, daſs ein weniger gutes Ohr eine gröſsere Annäherung der beweglichen Spule erfordert, als ein besseres, und gibt die angebrachte Scala also ein gewisses Maſs für die Gehörfähigkeit des Ohres. Diesem Instrumente ähnlich ist die Inductionswage von Hughes. Auf einem Grundbrette sind zwei hohle Cylinder befestigt, welche je ein Paar Drahtspulen tragen. Der Abstand der beiden Cylinder bleibt constant, nachdem die Ausregulirung einmal stattgefunden hat. Die Spulen sind so gewickelt, daſs die Inductionswirkungen derselben auf einander vollständig ausgeglichen sind. Das obere Rollenpaar wird durch ein Telephon zu einem Stromkreise verbunden, während das untere in den Stromkreis einer Batterie eingeschaltet wird, in dem sich ein Condensator und ein Stromunterbrecher befinden. Ist letzterer in Thätigkeit, so hört man im Telephon kein Geräusch. Bringt man nun in den Kiemen Becher des einen Hohlcylinders ein Metallstückchen, z.B. eine Münze, so wird das Gleichgewicht in den Spulen gestört und nun tritt je nach der Gröſse der Münze ein Geräusch im Telephon auf. Dasselbe verschwindet, sobald man auch in den anderen Hohlcylinder eine gleiche Münze legt. Selbst der kleinste Unterschied in dem Gewichte und der Legirung ruft ein Tönen in dem Telephone hervor. Das Gleichgewicht wird auch durch die Verschiedenheit der Metalle verschieden gestört, und zwar üben Blei und Nickel den kleinsten, Eisen dagegen den gröſsten Einfluſs aus. Galvanische Elemente und Strommesser waren namentlich sehr stark in der elektrotherapeutischen Abtheilung vertreten. In der Zusammensetzung der Elemente war nichts Neues geboten, wohl aber in ihren äuſseren Formen und in den für medizinische Zwecke nothwendigen Gruppirungen derselben. Die meisten Galvanometer dienten für Stromstärken, welche in der Medizin üblich sind; von diesen Strommessern hat insbesondere Edelmann aus München eine ganze Reihe ausgestellt, die in der Construction vollständig übereinstimmen, in der äuſseren Ausstattung aber, im Ablesen des Nadelausschlages und in den Stromintervallen abweichen. (Schluſs folgt.)