Titel: Untersuchungen über den Grad der Genauigkeit bei Silberproben.
Fundstelle: Band 270, Jahrgang 1888, S. 469
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Untersuchungen über den Grad der Genauigkeit bei Silberproben. Untersuchungen über den Grad der Genauigkeit bei Silberproben. H. RösslerNach vom Herrn Verfasser gefälligst eingesendetem Sonderabzuge. theilt in einer in der Zeitschrift für angewandte Chemie, 1888 S. 567, erschienenen Abhandlung die Ergebnisse mit, welche ihm eine vergleichende Untersuchung der verschiedenen Probirmethoden für Silber in Erzen, Hüttenproducten und Gekrätzen ergeben hat. Die gebräuchlichen Probirmethoden geben bekanntlich alle einen zu niedrigen Silbergehalt an, und Rössler hat nun geprüft, wie groſs der Unterschied zwischen Proberesultat und wirklichem Gehalte bei den verschiedenen Materialien ist. In einer früheren Abhandlung (1872 206 185) wurde nachgewiesen, daſs die nach der üblichen Probirmethode in Legirungen gefundenen Goldgehalte mehr oder weniger von dem wahren Gehalte abweichen, und es wurde dann gesagt, daſs dies bei dem Silbergehalte der Legirungen nicht ebenso ist, indem man hier ausgezeichnete, wissenschaftlich begründete analytische Verfahren hat, welche leider für die Goldbestimmung noch fehlen. Ganz anders liegt nun aber die Sache, wenn es sich darum handelt, den Silbergehalt in Erzen, Hüttenproducten und Gekrätzen zu bestimmen; hier lassen sich jene analytischen Verfahren nicht anwenden, und man bleibt auf das alte Probirverfahren angewiesen. Silber haltiges Blei und Kupfer müssen abgetrieben, Erze, Gekrätze u.s.w. müssen angesotten und dann abgetrieben oder im Tiegel geschmolzen und dann abgetrieben werden, und alle diese Arbeiten lassen Silber verlieren, geben also zu geringe Gehalte. Wie viel diese Verluste aber betragen, das läſst sich nur durch synthetische Versuche feststellen 5 man muſs gewogene Mengen von chemisch reinem Silber mit ebenso viel von den verschiedenartigen Zuschlägen und genau unter denselben Bedingungen schmelzen, ansieden und abtreiben, wie das bei den betreffenden Proben geschieht. Wenn man von dem Silberverluste bei der Probe spricht, so muſs auch hier, gerade wie dies bei den oben angeführten Untersuchungen über die Goldprobe geschehen ist, streng aus einander gehalten werden: „Der Verlust, welcher in dem Verfahren selbst liegt, und der, welcher durch verschiedenartiges, mehr oder weniger sorgfältiges Arbeiten hervorgerufen wird.“ Auch wenn man durch genaues Arbeiten nach demselben Verfahren und mit denselben Stoffen an verschiedenen Orten fertig bringt, daſs genau dieselben Gehalte gefunden werden, so hat man deshalb keineswegs den wirklichen, sondern nur einen diesem mehr oder weniger nahe kommenden Silbergehalt, dem man eigentlich noch so viel zuzählen müſste, als bei der Arbeit jedesmal verloren gegangen ist. Bei den häufig sehr kleinen Silbergehalten in Erzen und Producten macht dieser Verlust in Procenten oder in Gramm auf 100k vom Roh-materiale ja oft scheinbar sehr wenig aus; wenn man aber die Frage so stellt: „Der wievielte Theil von dem in dem Erze oder Producte enthaltenen Silber geht bei der Probe verloren?“ so kommen oft ganz erhebliche Procentsätze zum Vorscheine. Um ein recht drastisches Beispiel dafür anzuführen, welche Verluste durch die Methode selbst und welche durch verschiedenartiges Arbeiten möglich sind, sollen hier die Silbergehalte mitgetheilt werden, welche von verschiedenen Probirern in einem ungefähr 60 Proc. Blei haltenden Erze gefunden worden sind. Das Erz enthielt thatsächlich 62g,1 in 100k. Der 1. Probirer fand 60,6g entsprechend 2,5 Proc. Verluste 2. 60,1 3,3 3. 58,5 5,8 4. 57,9 6,7 Im 1. Falle wurde angesotten und dann abgetrieben, im 2. ebenso, aber unter Anwendung von mehr Blei. Im 3. Falle wurde, ebenso wie im 4., im Tiegel geschmolzen und dann abgetrieben, aber bei diesem wurde heiſser getrieben wie bei jenem: 1. und 3. geben die Verluste, welche mit der jedesmalig angewandten Methode verknüpft sind, 2. und 3. auſserdem noch diejenigen, welche durch fehlerhafte Behandlung hervorgerufen worden sind. Was die Methode betrifft, so stimmen die hier angeführten Resultate mit den von A. Görz (Berg- und Hüttenmännische Zeitung, 1888 S. 441); er fand, daſs Gekrätze im Allgemeinen höhere Gehalte mit der Ansiedeprobe als mit der Tiegelschmelzprobe ergaben, und daſs deshalb die erstere vorzuziehen ist, wenn nicht besondere Umstände, wie das Vorhandensein von Kohle oder sehr niedere Gehalte des Materiales die Tiegelschmelzprobe verlangen. Material Gehalt Silber abgewogen Bleiabgewogen Bleimenge Silberverlustin Procentenvom Inhalte Silber haltiges KupferSilberbleiReichblei     150 in 100k  2000  „  100    150  „  100    300  „  100    700  „  100  1500  „  100  3000  „  10015000  „  100 15mg mit 10g Kupfer200    „   10      „             150mg             150             150             150             150             150   200g160100  50  20  10    5    1 12000fache    800    „    600    „    300    „    120    „      60    „      30    „        6    „ 8,34,52,52,2,2,01,60,90,4 Abtreiben BleierzSilberers, Gekrätz,Schwefelsilber u.s.w.       50  „  100    100  „  100    500  „  100  1600  „  100  4000  „  10010000  „  10020000  „  10060000  „  100   2½mg in 5g 20mal  5         „  5   10 „25         „  5     4 „      40mg in 5g 20    100     „  2g,5    250     „  2g,5    500     „  2g,5  1500     „  2g,5   40  40  40  40  40  40  40  40 16000    „  8000    „  1600    „  1000    „    400    „    160    „      80    „      27    „ 3,52,82,32,31,91,61,30,8 Ansieden undAbtreiben BleiersGekrätz       50  „  100    100  „  100    500  „  100    700  „  100  2000  „  100      12½mg in 25g     25         „  25   125         „  25   175         „  25   500         „  25   25  25  25  25  25   2000    „  1000    „    200    „    150    „      50   „ 5,34,03,13,52,7 Tiegel-schmelzen undAbtreiben Görz fand in 100g Schmelzsehlacken 2 und 4m8 Silber und gibt an, daſs das Ansieden für sich keinen bemerkenswerthen Verlust erzeugt, also hier nur der Verlust beim Abtreiben zu rechnen ist. Es läſst sich aber auch Silber in den Ansiedeschlacken nachweisen, und zwar wurden gefunden in: 100g Schlacken von reichen Proben 16,5mg Silber 100 armen   2,5 entsprechend einem Verluste von 0,25 Proc. und 1,04 Proc. von dem in dem Materiale enthaltenen Silber. Der Hauptsilberverlust beim Abtreiben entsteht ebenso wohl durch Einschlucken in die Kapelle als durch Verflüchtigung und nimmt natürlich zu mit der Menge des angewandten Bleies und auch mit der Höhe des Hitzegrades bei der Operation. In gebrauchten Kapellen wurde gefunden: In 100g von Silber reichen Proben 43m8 Silber, entsprechend 0,5 Proc. vom Inhalte. In 100g von Silber ärmeren Proben 2m8 Silber, entsprechend 1,5 Proc. vom Inhalte. Der Flugstaub, welcher sich in dem Abzugsrohre eines Gasmuffelprobirofens abgesetzt hatte, ergab: In 100g 580mg Silber. Die vorstehende Tabelle enthält nun die Durchschnittsresultate einer gröſseren Menge von angestellten synthetischen Proben und gibt ein übersichtliches Bild von den Verlusten, welche man bei den üblichen Probirverfahren mit den verschiedenartigen Materialien annehmen muſs. Alle Arbeiten sind mit gröſster Sorgfalt ausgeführt, um die Silberverluste möglichst gering zu halten} insbesondere ist immer möglichst kühl abgetrieben worden. Es muſs dabei noch bemerkt werden, daſs alle Verluste eigentlich noch gröſser sind als sie erscheinen, denn die Silberkörner, welche man auswiegt, bestehen keineswegs aus ganz reinem Silber, sondern enthalten immer noch einige Tausendtheile Blei, manchmal auch Kupfer und Wismuth. Man braucht, um sich davon zu überzeugen, nur einige Gramm von solchen Körnern in wenig Salpetersäure aufzulösen, die Lösung erkalten zu lassen und mit Ammoniak zu übersättigen, wobei ein weiſser Niederschlag von Blei und Wismuth und zuweilen eine blaue Färbung entsteht. Um diesen Rückhalt von unedlen Metallen in den Probekörnern erscheint der Silberverlust noch kleiner, als er in Wirklichkeit ist.