Titel: | Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus mit besonderer Berücksichtigung des elektrischen Antriebes. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 225 |
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Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus
mit besonderer Berücksichtigung des elektrischen Antriebes.
Von Ingenieur K. Drews.
(Fortsetzung von S. 211 d. Bd.)
Der gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaus mit besonderer
Berücksichtigung des elektrischen Antriebes.
Textabbildung Bd. 324, S. 225
Fig. 25. Teufenzeiger mit Sicherheitsapparat. System Siemens-Schuckert.
Den Teufenzeiger mit Sicherheitsapparat der Siemens-Schuckertwerke in Berlin zeigt Fig.
25. Fig. 26 veranschaulicht die
Beziehungen zwischen Teufenzeiger und Steuerhebel.
Von den Spindeln des Teufenzeigers werden in der angedeuteten Weise zwei auf
derselben Welle sitzende unrunde Scheiben angetrieben, die eine für vorwärts, die
andere für rückwärts; jede macht bei einem vollen Treiben nahezu eine volle
Umdrehung.
Textabbildung Bd. 324, S. 225
Fig. 26. Schematische Darstellung des Teufenzeigers mit
Sicherheitsapparat.
Gegen den Umfang dieser Scheiben wird durch den Steuerhebel das eine oder andre Ende
eines dreiarmigen Hebels gedrückt, womit der jeweilige Ausschlag des Steuerhebels
begrenzt ist. Der Führer kann diesen nicht weiter auslegen, als es die Form der
Steuerscheibe gestattet. Durch geeignete Ausbildung der Kurven (Fig. 27) ist man in der Lage, eine zweckentsprechende
Beschleunigung und Verzögerung festzulegen, die der Führer nicht überschreiten bezw.
nicht unterschreiten kann. Vergißt dieser den Steuerhebel rechtzeitig
zurückzuführen, so geschieht dies auch ohne sein Zutun durch den Sicherheitsapparat,
wenigstens soweit, daß der Förderkorb mit nur 1 m sekundlicher Geschwindigkeit in
die Hängebank einfährt. Eine freie Bewegung des Steuerhebels um einen kleinen
Ausschlagwinkel aus der Nullstellung ist hier zum Umsetzen mehretagiger Förderkörbe
notwendig. Die Steuerkurven nehmen daher gegen Hubende, wie aus Fig. 27 ersichtlich, auf einer kurzen Strecke einen
konzentrischen Verlauf. Erst beim Ueberschreiten der Hängebank bringt die
Steuerscheibe den Führerhebel vollens in die Nullstellung. Bei Seilfahrt, wo in der
Regel mit geringerer Geschwindigkeit als bei Lastfahrt gefahren wird, legt der
Führer den Hebel eben weniger aus. Um sich auch hier von der Willkür des Führers
unabhängig zu machen, haben die Siemens-Schuckertwerke
eine Sperrung vorgesehenD.R.P.
145630.,
die von der Hängebank aus bei dem Signal „Seilfahrt“ selbsttätig bewirkt
wird.
Textabbildung Bd. 324, S. 226
Fig. 27. Steuerscheiben des Sicherheitsapparates.
Textabbildung Bd. 324, S. 226
Fig. 28. Gesamtplan der Förderanlage der Zeche Mathias Stinnes, Schacht III/IV
in Carnap bei Essen a./Ruhr.
A, B, C, D Fördermaschinen. E
Schwungradumformer (vorhanden); F Schwungradumformer (geplant); G
Erregerumformer; H Hilfskompressor (vorhanden); I Hilfskompressor (geplant); K
Umschalttisch für die Ankerströme; L Umschalttisch für die Erregerströme; M
Ventilatoren; N Anlasser; O Schaltanlage.
Die große Sicherheit, die die oben beschriebenen Vorrichtungen
bezüglich der Steuerung gewähren, ist von der Bergpolizeibehörde dadurch anerkannt
worden, daß diese bei elektrischen Fördermaschinen, die mit diesem oder einem
ähnlichen Sicherheitsapparat ausgerüstet sind, für Seilfahrt eine
Höchstgeschwindigkeit von 10 m/Sek.Eine weitere
Erhöhung auf 12 m/Sek. wird von einigen Abteilungen der Seilfahrtskommission
als unbedenklich angesehen. zuläßt; bis dahin waren nur 6
m/Sek. zulässig gewesen. Der Sicherheitsapparat verhindert auch das Anfahren in
falscher Richtung.
Es ist schon oben erwähnt worden, daß die Leerlaufsarbeit des Umformers den
Gesamtwirkungsgrad der Anlage um so mehr herabzieht, je größer die Pausen zwischen
den einzelnen Förderzügen sind. Wechseln demnach Zeiten flotter Förderung mit
solchen geringer Förderung, so erscheint eine ausrückbare Kuppelung angebracht,
mittels der man im letzteren Falle das Schwungrad vom Umformer abkuppeln kann. Der
Umformer läuft dann ohne Schwungrad und wird nach jedem Förderzug stillgesetzt.
Allerdings wird man dann nicht mit voller Geschwindigkeit fahren dürfen, sondern nur
mit einer um 40–50 v.H. verminderten.
Es ist mm ohne weiteres einzusehen, daß die Schwungmassen der Ilgner-Umformer um so kleiner ausfallen, je mehr Fördermaschinen an diesen
Umformern hängen, sofern nur jene mit diesen in geeigneter Weise verkettet werden.
Ein sehr interessantes Beispiel hierfür finden wir auf Schacht III/IV der Zeche Mathias Stinnes in Carnap bei Essen. Fig. 28 zeigt den Grundriß des Fördermaschinenhausen
und seine Lage zu den beiden Schächten. Die gesamte Umformeranlage und die beiden
Fördermaschinen für Schacht III sind von den Siemens-Schuchertwerken,
für Schacht IV je eine von der A.E. G. und den Felten & Guilleaume Lahmeyerwerken geliefert
worden.
Die Hauptdaten der Fördermaschinen sind folgende:
Teufe
500 m, später 800 m
Nutzlast
4800 kg in 8 Wagen
Fördergeschwin- digkeit
14 m/Sek. Lastfahrt
Fördergeschwin- digkeit
10 „ Seilfahrt
Fördermenge in 8 stund. Schicht
800 t.
Mechanische Ausführung: Koepescheiben mit zwei direkt gekuppelten Fördermotoren.
Der Betriebsstrom, Drehstrom von 5000 Volt, wird von dem 9 km entfernten
Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk in Essen bezogen. Fig. 29 zeigt nun die Leistungsdiagramme der vier
Fördermaschinen in verschiedenen Kombinationen. Danach tritt bezüglich des
Belastungsausgleiches der ungünstigste Fall ein, wenn alle vier Fördermaschinen
gleichzeitig, der günstigste, wenn alle vier ungleichzeitig anfahren. Im ersteren
Falle schwankt die Leistung während eines Förderzuges zwischen Null und 3000 KW, in
letzterem nur zwischen 400 und 1100 KW.
In Fig. 30 sind die Beziehungen zwischen den
auszugleichenden Energiemengen und der Zahl der angeschlossenen Fördermaschinen
dargestellt. Die Kurve c für ungleichzeitiges Anfahren
besagt, daß zum Ausgleich der Belastungsschwankungen von vier Fördermaschinen nicht
mehr Schwungmassen erforderlich sind als für eine Fördermaschine, sofern die
Anlaßdynamos miteinander gekuppelt sind. Tritt wirklich einmal der ungünstigste Fall
ein, daß alle vier Fördermaschinen anfahren, dann fallen die Schwungmassen mehr als
sonst in ihrer Umlaufzahl ab; die Spannung- der Anlaßdynamos sinkt und damit auch
die Förderleistung. Die Siemens-Schuckertwerke
empfehlen für solche Fälle eine selbsttätige Vorrichtung zur Verminderung der
Fördergeschwindigkeit, die in Wirksamkeit tritt, wenn die Umlaufzahl der
Schwungmassen unter ein noch zulässiges Maß gesunken ist.
Fig. 31 zeigt das eine Umformeraggregat auf der Zeche
Mathias Stinnes. Auf einer gemeinsamen Welle sitzen
in symmetrischer Anordnung in der Mitte die beiden Drehstrom-Antriebsmotoren
von je 500 PS durchschnittlicher Leistung; neben ihnen je ein Schwungrad von 40 t
Gewicht und an den Wellenenden je 2 Anlaßdynamos. Eine Anlaßdynamo kann die
elektrische Energie für eine Fördermaschine bei voller Nutzlast und halber
Geschwindigkeit liefern. Werden zwei Anlaßdynamos hintereinander geschaltet, so kann
mit ihnen eine Fördermaschine bei voller Nutzlast und voller Fördergeschwindigkeit
betrieben werden.
Textabbildung Bd. 324, S. 227
Fig. 29. Leistungsdiagramme von vier gleichzeitig arbeitenden
Fördermaschinen.
Textabbildung Bd. 324, S. 227
Fig. 30. Kurven für den Belastungsausgleich.
a Gleichzeitiges Anfahren; b
Ungleichzeitigen Anfahren; c Wahrscheinlicher Mittelwert.
Textabbildung Bd. 324, S. 227
Fig. 31. Doppelschwungradumformer auf Zeche Mathias Stinnes.
Die minutliche Umlaufzahl der Umformerwelle beträgt 375. Da nach obigen Ausführungen
und der Kurve c in Fig.
30 das für eine Fördermaschine erforderliche Schwungradgewicht von 80 t
auch für vier Fördermaschinen ausreicht, so hätte man dieses Gewicht auf beide
Umformeraggregate verteilen können; wenn man trotzdem auch auf die Welle des zweiten
Umformers zwei Schwungräder von je 40 t gesetzt hat, so hat man dies nur getan, um
genügende Reserve zu haben. Die Verkettung zwischen Fördermaschinen und Umformer ist
nun so durchgeführt, daß jede Fördermaschine ihren Strom aus zwei Anlaßdynamos
erhält, die nicht auf derselben Welle sitzen. Wiederum arbeiten die vier auf
derselben Welle sitzenden Anlaßdynamos jede auf eine andere Fördermaschine. Jede
Fördermaschine bildet demnach ein Bindeglied zwischen den beiden
Umformeraggregaten, deren Wellen auf diese Weise elektrisch miteinander gekuppelt
sind; Fördermaschinen und Umformer bilden somit ein einheitliches Ganzes.
Textabbildung Bd. 324, S. 228
Fig. 32. Fördermaschine auf Zeche Mathias Stinnes.
Das gewählte Gewicht der Schwungräder hat sich als so reichlich erwiesen, der
Belastungsausgleich ist so vollkommen, daß in dem Kraftwerk, dem Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk in Essen, das
in der Hauptsache Energie für Beleuchtung liefert, bisher noch keine Störung durch
den Betrieb der Förderanlage vorgekommen ist. Fig.
32 zeigt die eine der beiden Fördermaschinen für Schacht III.
(Fortsetzung folgt.)