Titel: | Neuere Patente aus dem Hebemaschinenbau. |
Autor: | Georg Schultheis |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 455 |
Download: | XML |
Neuere Patente aus dem
Hebemaschinenbau.
Erster Vierteljahresbericht 1909 von Dipl.-Ing.
Georg
Schultheis-Berlin.
(Fortsetzung von S. 441 d. Bd.)
Neuere Patente aus dem Hebemaschinenbau.
16. Patent No. 196536 in Kraft vom 10. Nov. 1906 ab.Duisburger Maschinenbau-A.-G. vorm. Bechem u.
Keetmann.
Kran mit durch Schraubenspindel und Mutter
verstellbarem Ausleger (Fig. 29).
Hauptpatent ausgegeben am 20. März 1908.
Krane dieser Art wurden bisher mit schrägliegender, dreh- und schwingbar gelagerter
Spindel ausgeführt. Bei dieser Konstruktion erfährt jedoch die Spindel recht
ungünstige Beanspruchungen, die hauptsächlich bei gänzlich eingezogenem Ausleger in
der Durchbiegung des freien Endes und in Erzitterungen bestehen; auch bei gänzlich
ausgelegtem Ausleger treten zu der Zug- und Torsionsbeanspruchung noch
Biegungsspannungen durch Eigengewicht.
Textabbildung Bd. 324, S. 454
Fig. 29.
Diese Nachteile werden vermieden durch die vorliegende Konstruktion. Die Spindel ist
hier doppelt und fest an dem Krangerüst gelagert, sie kann nicht schwingen, sondern
sich nur drehen. Die Verbindung von Ausleger und Schraubenspindel geschieht durch
Zwischenglieder wie Zugstangen, Seile oder dgl. Die Horizontalkomponente der
Zugstangenkraft wird vermittels der mit Rollen versehenen Spindelmutter auf einen
biegungsfesten Träger im feststehenden Krangerüst übertragen, so daß bei richtiger
Montage die Spindel und deren Lager tatsächlih frei von jeder Biegung bleiben. Die
Anordnung des Spindeltriebwerkes am unteren Teil des Krangerüstes ist für
Schwimmkrane besonders von wesentlicher Bedeutung für die Stabilität. Die doppelte
Lagerung der Spindel am feststehenden Krangerüst, sowie die Anordnung von
Gleitschienen zur Aufnahme der horizontal wirkenden Kräfte ist zweifellos eine
bedeutende Verbesserung der früheren Konstruktion.
1. Zusatzpatent No. 198962 vom 7. März 1907 ab gültig.
(Fig. 30).
Eine weitere Ausbildung hat die obige Konstruktion dadurch erfahren, daß die am
Krangerüst gelagerte Spindel durch ein Gegengewicht an der Mutter von den
am Ausleger wirkenden Kräften entlastet wird, so daß die biegenden und ziehenden
Kräfte kleiner werden. Hierbei kann die Mutter selbst als Gegengewicht
ausgebildet oder zum Tragen von Gewichten eingerichtet sein, oder endlich
unabhängig von Mutter und Spindel ein Gegengewicht mittels Hebel, Zuglaschen
oder Seile am Drehpunkt der Zugstange des Auslegers angreifen und sich auf
Bahnen am Krangerüst bewegen.
Textabbildung Bd. 324, S. 454
Fig. 30.
2. Zusatzpatent No. 206655 vom 9. Juli 1908 ab gültig.
(Fig. 31).
Textabbildung Bd. 324, S. 454
Fig. 31.
Eine Umwandlung und weitere Vervollkommnung wurde durch unmittelbare Verbindung
von Spindelmutter und Ausleger erzielt, während die Vorderseite des Krangerüstes
durch Lenker mit letzterem verbunden wurde. Hierdurch wird eine
Verkürzung der freien Länge des Auslegers, sowie eine günstigere Verteilung der
Kräfte beim Einziehen des Auslegers erreicht.
Die Konstruktion erfordert breite Stützgerüste und eine sorgfältige Durchbildung-
der Lenker, die hier auf Druck beansprucht werden.
Sämtliche Konstruktionen sind auch dann verwendbar, wenn das sonst feste
Stützgerüst glockenförmig über eine feste Drehsäule gestülpt wird, in diesem
Falle tritt jedoch der Hauptnachteil dieser Krantypen, die geringe Steifigkeit
gegenüber den beim Schwenken und durch Winddruck auftretenden Horizontalkräften
besonders störend auf.
17. Patent No. 208229 in Kraft vom 21. Sept. 1907 ab.
Duisburger Maschinenbau-A.-G. vorm. Bechem u.
Keetmann.
Lastseilführung für Krane mit zwei
Windwerken. (Fig. 32 u. 33).
Für Krane der vorherbeschriebenen Art mit veränderlicher Ausladung und zwei
Windwerken hat dieselbe Firma noch ein Patent erhalten auf eine Lastseilführung, bei
welcher die von den festen Auslegerrollen kommenden festen Seilenden über eine
Ausgleichrolle geführt sind und auf dieser so befestigt werden können, daß beide
Lasthaken getrennt oder gleichzeitig bewegt werden können, je nachdem nur eine
Trommel, oder beide Trommeln gleichzeitig angetrieben werden. Auch ist die
Ausgleichrolle nicht an dem schwingbaren Ausleger, sondern außerhalb desselben
angeordnet, wodurch infolge der Seilspannung eine teilweise Entlastung der
Einziehorgane des Auslegers auftritt.
Textabbildung Bd. 324, S. 455
Fig. 32.
Textabbildung Bd. 324, S. 455
Fig. 33.
Neu an dem Patent ist nicht die Seilführung an sich, wohl aber die Möglichkeit, das
Seil an der Ausgleichrolle so zu befestigen, daß mit den getrennten Windwerken
getrennt gearbeitet werden kann.
18. Patent No. 207052 in Kraft am 4. Februar 1908 ab.
Josef Sieger in Hörde.
Mechanische Steuerung für elektrisch
betriebene Wagen mit Windwerk, insbesondere Hängebahnwagen (Fig. 34–37).
Durch das vorliegende Patent soll das Herunterhängen von Steuerschnüren während der
Fahrt von Hängebahnwagen vermieden, sowie eine möglichst automatische Steuerung
angestebt werden, um an Bedienungspersonal tunlichst zu sparen. Hub- und Fahrwerk
des elektrisch betriebenen Hängebahnwagens werden von je einem Motor f bzw. e betätigt, während
für beide nur ein einziger Schaltwalzenanlasser d
vorhanden ist. Der Arbeitsvorgang ist folgender: Das eine Ende des Steuerseiles für
die Hubbewegung ist auf einer kleinen Trommel i, das
andere an einem Gewichtshebel k befestigt, letzterer
sitzt auf der Welle des Anlassers; durch Zug an der Steuerschnur wird Hebel h umgelegt, der Anlasser hierdurch aus der Nullage über
„Heben Anlauf“ nach „Heben normal“ gedreht. Gleichzeitig wird aber
auch die auf der Schneckenradwelle sitzende kleine Trommel i gedreht und die Steuerschnur aufgewunden. Durch auf der Trommelwelle
sitzende Hebel- oder Spindelendausschalter mit wandernder Mutter wird in bestimmter
Höhenlage die Schaltwalze des Anlassers weiter gedreht, der Hubmotor damit aus- und
der Fahrmotor automatisch eingeschaltet, die Katze tritt ihren Lauf an.
Textabbildung Bd. 324, S. 455
Fig. 34.
Textabbildung Bd. 324, S. 455
Fig. 35.
Die Ausschaltung der Fahrbewegung und gleichzeitige Einschaltung der Senkbewegung der
Last kann an jedem Punkte der endlosen Bahn vermittels einer versetzbaren überall zu
befestigenden schiefen Ebene c zwangläufig
herbeigeführt werden, indem eine Rolle a eines
gleichfalls auf der anderen Seite der Schaltwalze des Anlassers sitzenden
Gewichtshebels b auf diese schiefe Ebene aufläuft.
Hierdurch wird der Hebel b, somit auch die Schaltwalze
auf die Stellung „Senken“ gedreht.
Textabbildung Bd. 324, S. 455
Fig. 36.
Textabbildung Bd. 324, S. 455
Fig. 37.
Die Last senkt sich unter gleichzeitigem Abhaspeln der Steuerschnur für das Hubwerk,
bis durch die Wandermutter des Endausschalters auf der Trommelwelle in
vorgeschriebener Tieflage der Anlasser in die Nullage gedreht wird. Die Konstruktion
ist sehr einfach und sinnreich und erreicht in geschickter Weise das angestrebte
Ziel.
19. Patent No. 193294 in Kraft vom 22. März 1906 ab.
Adolf Bleichert & Co. in Leipzig-Gohlis.
Verladekran mit ausschiebbarem
Ausleger. (Fig. 38 und 39.)
Um beim Beladen bezw. Entladen der Schiffe deren ganze Breite bestreichen zu können,
müssen die Verladebrücken oder Krane mit Auslegern versehen sein. Diese Ausleger
müssen aber derart beweglich sein, daß sie den Masten der Schiffe nicht hinderlich
werden. Viele Verladeanlagen sind daher mit hochklappbaren Auslegern, oder aber mit
Auslegern an der Katze ausgeführt worden. Letztere Konstruktion hat den Nachteil,
daß der Ausleger als tote Last stets mitgeschleppt werden muß, und ist daher für nur
kleinere Ausladungen anwendbar. Hochklappbare Ausleger können bei Unachtsamkeit
leicht Beschädigungen der Takelage verursachen. Eine andere Möglichkeit, den Masten
aus dem Wege zu gehen, besteht darin, den Ausleger horizontal verschiebbar zu
machen, und ist eine derartige Konstruktion Gegenstand des vorliegenden
Patentes.
Textabbildung Bd. 324, S. 456
Fig. 38.
Textabbildung Bd. 324, S. 456
Fig. 39.
Innerhalb des kastenförmig ausgebildeten Hauptträgers bewegt sich auf der
Katzenfahrbahn der gleichfalls kastenförmig ausgebildete Auslegerträger. Die
Bewegung geschieht von einer Winde mittelst Zugseil, Ketten oder Zahnstange, und
zwar derart, daß der Auslegerträger über seitlich an der Katzenbahn festgelagerte
Rollen hinweggleitet nnd sich außerdem mittelst Rollen gegen den Obergurt des
Hauptträgers abstützt. Die kleine Differenz in der Höhenlage der Katzenbahn von
Haupt- und Auslegerträger wird durch eine Ueberlaufzunge ausgeglichen. Die mit
Gelenken versehenen Auslegerzugstangen bilden bei ausgezogenem Ausleger eine
Versteifung und klappen selbsttätig zusammen bei eingezogenem Ausleger. In jeder
Auslegerstellung ist eine Verriegelung mit dem Hauptträger vorgesehen und ferner die
Anordnung getroffen, daß das Katzenzugseil entsprechend jeder Stellung des Auslegers
gespannt bleibt.
Zusatzpatent No. 207716 vom 10. März 1908 ab giltig.
(Fig. 40.)
Wird bei der vorbeschriebenen Anordnung die Ausladung sehr groß, so wird wegen
der dann erforderlichen Höhe des beweglichen Fahrbahnträgers die Querverbindung
der Hauptträger unter sich immer ungünstiger. Dieser Uebelstand wird dadurch
beseitigt, daß das vorkragende Fahrbahnstück an seinem äußeren Ende durch einen
besonderen, gleichfalls verschiebbaren Träger unterstützt wird, der in dem
Krangerüst oberhalb der Fahrbahn gelagert ist. Zwischen diesem Hilfsträger und
dem infolge der geringeren Beanspruchung niedrig zu haltenden Fahrbahnträger ist
eine gute Querverbindung der Kranhauptträger unter sich möglich, und auch die
Stützrollen d, e, f erhalten durch dieselbe eine
feste Lagerung. Hilfsträger b und Fahrbahnträger
c sind an ihrem äußeren Ende miteinander
verbunden und verschieben sich gleichzeitig.
Soll die Ausladung noch weiter vergrößert werden, so kann dies durch Anbringen
eines vorkragenden, hochklappbaren Fahrbahnstückes g an dem Hilfsträger b geschehen.
Textabbildung Bd. 324, S. 456
Fig. 40.
Die Idee der Parallelverschiebung zweier Kranträger ist nicht neu und zuerst in
Amerika an Laufkranen ausgeführt worden, die außer in der Haupthalle auch in
einer daranstoßenden Seitenhalle arbeiten sollen. Die konstruktive Lösung des
vorliegenden Patentes ist jedoch äußerst geschickt durchgeführt und beseitigt
sehr wirksam den sonst auftretenden Uebelstand schlechter Querverbindungen.
(Fortsetzung folgt.)