Titel: Der Transportgurt.
Autor: Hubert Hermanns
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 85
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Der Transportgurt. Von Ingenieur Hubert Hermanns, Aachen. (Schluß von S. 71 d. Bd.) Der Transportgurt. Die Förderung durch den Transportgurt geschieht entweder in wagerechter oder geneigter oder aber in kombiniert wagerecht-geneigter Ebene. Im Folgenden möge an Hand einiger schematischer Darstellungen die gebräuchlichsten allgemeinen Anwendungsformen besprochen werden. Die einfachste Form für wagerechte Gurte gibt Fig. 15 wieder. Das Fördergut wird an der einen Seite der Förderstrecke aufgegeben und über die Endrolle abgeworfen. Es können für diesen Gurt auch mehrere Beladestellen hintereinander angeordnet werden, wie in Fig. 16 veranschaulicht. Fig. 17 zeigt einen wagerechten Gurt, der einen beweglichen Abwurfwagen besitzt, welcher das Fördergut über eine bestimmte Lagerstrecke verteilt. Dasselbe erreicht man in umständlicherer Weise durch Anwendung von mehreren hintereinander liegenden festen Abwurfvorrichtungen, wie in Fig. 18 veranschaulicht. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 15. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 16. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 17. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 18. Fig. 19 zeigt einen geneigten Transportgurt einfachster Anordnung. Die Neigung soll in der Regel nicht über 20 v. H. hinausgehen, darf im Höchstfalle aber nur 27° betragen. Hierauf ist besonders dann zu achten, wenn das zu transportierende Gut größere Stücke enthält, da diese das Bestreben haben, über ihre feinkörnige Unterlage zurückzurollen. Bei geneigten Gurten ist auch die Geschwindigkeit eine begrenzte, indem bei zu weit getriebener Steigerung der Geschwindigkeit an der Beschickungsstelle ein Gleiten des Fördergutes eintritt. Fig. 20 stellt einen Fördergurt dar, welcher die Steigung in gebogener Linie nimmt. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 19. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 20. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 21. Textabbildung Bd. 325, S. 85 Fig. 22. Fig. 21 gibt eine einfache Kombination von geneigtem und wagerechtem Gurt wieder. Es ist bei dieser Kombination zu berücksichtigen, daß an der Uebergangsstelle aus der Schrägen in die Wagerechte keine trogförmigen Rollen, sondern zylindrische, breite Riemscheiben angewandt werden. Die Abladung des Gutes geschieht über die Endscheibe. Jedoch kann hierbei auch ein beweglicher Ablader angewandt werden, der das Gut auf eine längere Strecke, etwa in tiefer liegende Behälter verteilt. Fig. 22 veranschaulicht einen Gurt, der in einer gebogenen Strecke in die Wagerechte übergeht. Der Kurvenradius hängt hierbei von der Gurtlänge, der Lage des Antriebs und den lokalen Bedingungen ab. Das Abheben des Gurtes von den Tragrollen ist soweit tunlich zu vermeiden, da hierdurch der Zug auf den Gurt aufgehoben wird. Textabbildung Bd. 325, S. 86 Fig. 23. Textabbildung Bd. 325, S. 86 Fig. 24. Bei der Anordnung nach Fig. 23 gelangt das Fördergut aus dem Behälter a auf wagerechter Strecke zu der Abladeschurre b. die dasselbe der geneigten Gurtstrecke zubringt. Von dieser wird das Material den Entladebehältern c durch feste oder bewegliche Abwurfwagen zugeführt. Fig. 24 endlich stellt eine Anordnung dar, die dort zur Anwendung gelangt, wo die Förderstrecke von Eisenbahngleisen oder Wagen gekreuzt wird. Der Gurt wird aus der Wagerechten durch eine Kurve wieder in die in derselben Ebene liegende Wagerechte übergeführt. Naturgemäß bringt diese Anordnung keine geringen Schwierigkeiten mit sich. Der Gurt muß auf der Antriebsscheibe ganz lose laufen, da sonst die Kurve glatt gezogen werden würde. Hieraus resultiert natürlich dann wieder eine verminderte Leistungsfähigkeit der Anlage, so daß diese Anordnung im allgemeinen zur Nachahmung nicht zu empfehlen und möglichst durch andere Transportvorrichtungen zu ersetzen ist. Um mit dem Fördergut nicht an eine bestimmte Stelle gebunden zu sein, was besonders dann von Wichtigkeit ist, wenn die Förderstrecke von Tag zu Tag wechselt, kann das zur Stützung des Bandes dienende Gerüst auch fahrbar ausgeführt werden.s. D. p. J. 1908, Bd. 323, S. 165. Bei dieser Anordnung wird der Antriebsmotor, wofür naturgemäß fast ausschließlich der Elektromotor vermöge seiner besonderen Eigentümlichkeiten in Frage kommen kann, in das Gerüst unterhalb der Gurtbahn eingebaut. Wie in Fig. 25 dargestellt, können mehrere solcher Förderer, die in Längen von 10–12 m ausgeführt werden, hintereinander angeordnet werden, wobei jeweils der hintere Förderer das Gut auf den nächstfolgenden abwirft. Durch ein unter das letzte Förderelement unterschobenes keilförmiges, fahrbares Untergestell kann dieses hochgehoben werden, was besonders beim Transport von Säcken und Ballen von Wichtigkeit ist, indem diese Anordnung ein unmittelbares Stapeln derselben gestattet. Die in Fig. 25 wiedergegebene Anordnung stellt eine Ausführung von Luther dar. Textabbildung Bd. 325, S. 86 Fig. 25. Ein anderes fahrbares Transportelement Lutherscher Bauart ist in Fig. 26 veranschaulicht. Dasselbe besteht aus einem aus Eisenkonstruktion hergestellten, laufkranartigen Gerüst, das auf einem Krangeleise montiert ist und den Transportgurt trägt. Dieser Transporteur, der zur Beschüttung eines Kohlensilos dient, ist mit automatischem Abwurfwagen versehen. Das Verfahren des Gerüstes in der Längsrichtung geschieht von Hand. Textabbildung Bd. 325, S. 86 Fig. 26. Der Transportgurt kann überall da mit Vorteil angewandt werden, wo es sich um die Bewegung von Materialien handelt, die infolge chemischer oder mechanischer Einflüsse nicht eine schnelle Zerstörung des Gurtes herbeizuführen vermögen. Besonders eignet er sich auch bei der Anlage von Kesselbekohlungsanlagen zur Beförderung der Beschickungskohlen, wobei die Kohlen durch Anwendung von mehreren festen Abwurfvorrichtungen oder eines sich mechanisch oder auch von Hand bewegenden Abwurfwagens in gleichmäßiger Weise über das ganze Kesselhaus verteilt werden. Ebenso kann man den Rücktransport der Asche durch den Gurt ausführen lassen, was sich übrigens in ziemlich einfacher Weise durch ein nach Fig. 27 angeordnetes Band bewerkstelligen läßt. Hierbei ist es jedoch nötig, soll nicht eine Zerstörung des Gurtes durch die noch glühenden Aschenteilchen herbeigeführt werden, die Schlacken und Asche durch Berieselung mit Wasser vor dem Aufbringen auf den Gurt abzulöschen. Textabbildung Bd. 325, S. 87 Fig. 27. Fig. 28 zeigt ein großes, von Luther gebautes Kohlensilo, in dem acht stationäre Transportgurte arbeiten, vier davon sind der Abbildung sichtbar, während Fig. 29 eine Kohlenbunkerreihe im städtischen Elektrizitätswerk der Stadt Köln mit einem von der Maschinenbauanstalt Humboldt gelieferten Transportband veranschaulicht. Die Kohlen werden durch einen Elevator hochgehoben und durch einen automatischen Abwurfwagen in die einzelnen Bunker verteilt. Textabbildung Bd. 325, S. 87 Fig. 28. Sodann erinnere ich noch an die Benutzung des Gurtes in Getreidespeichern, wo derselbe auch, allerdings in primitiverer Form, schon seit Jahrzehnten in Gebrauch ist. Auch hat der Bergbau sich den Gurt bei der Bewegung der Kohlenmassen seit langen Jahren zunutze gemacht, wobei die große Leistungsfähigkeit dieses Fördermittels schwer in die Wagschale fällt. Seine Anwendung im Bergbetriebe als Leseband als Ersatz für die früher vielfach in Gebrauch gewesenen Klaubetische kann wohl als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, und sei an dieser Stelle lediglich kurz darauf hingewiesen. Sodann wäre noch die Anwendung des Transportgurtes zur Beförderung von Erzen, Steinen und allen möglichen sonstigen Schüttgütern zu berücksichtigen. Insbesondere leistet er bei grossen Fundamentierungs- und Erdarbeiten unschätzbare Dienste. Als solcher hat er zumal bei Tunnelbauten und beim Bau von Untergrundbahnen ausgedehnte Verwendung gefunden, um die losgelösten Erdmassen herauszubefördern. Auch für die Bewegung von Stückgütern, wie Säcken, Ballen, Kisten, Fässern usw. hat er sich als vorteilhaft erwiesen. Es verlohnt sich, über die Wirtschaftlichkeit des Transportgurtes noch einiges zu sagen. Infolge des geringen Kraftbedarfes, der billigen Unterhaltungs- und Bedienungskosten, des fast vollständigen Fehlens von Betriebsstörungen hat der Gurtförderer sich wohl als das billigste Transportmittel erwiesen. Dazu kommen noch die fast unbegrenzte Anwendungsmöglichkeit und die große Ueberlastungsfähigkeit als weitere Vorteile. Die Anlagekosten richten sich nach der Güte der Ausführung, jedoch ist bei ständig in Betrieb befindlichen Anlagen nur erstklassige Arbeit zu empfehlen. Insbesondere ist der Beschaffung von billigen Gurten zu widerraten, da der Gurt das am meisten dem Verschleiß unterworfene Organ darstellt. Nach amerikanischer Angabe haben erstklassige Gurte eine Lebensdauer bis zu acht Jahren, Rollen und Antrieb bis zu 12 Jahren. Mag diese Angabe, zumal mit Bezug auf den Gurt, auch übertrieben sein, indem es sich hierbei wohl nur um vereinzelte Fälle handelt, so geht doch die Wichtigkeit der Güte des Materials daraus unzweideutig hervor. Es möge zum Schluß noch eine kurze Rentabilitätsberechnung Platz finden, die ich der Güte der Firma G. Luther, Akt.-Ges. in Braunschweig verdanke und sei auch an dieser Stelle der Firma Luther für ihr freundliches Entgegenkommen und die mir bei meiner Arbeit gewährte Unterstützung bestens gedankt. Es sei angenommen, daß eine Kohlenmenge von stündlich 30 t auf eine Strecke von 1000 m in durchweg wagerechter Richtung gefördert werden soll. Hierfür ist bei einer Fördergeschwindigkeit von 90 m/Min. und gebrochener Kohle ein flacher Gurt von 500 mm Breite nötig. An Kraft bedarf die Anlage im ungünstigsten Falle, nämlich dann, wenn der Abwurfwagen am Ende der Förderstrecke steht, mithin der Gurt in seiner ganzen Länge belastet ist, 5 PS. Der Antrieb soll durch einen Elektromotor geschehen. Textabbildung Bd. 325, S. 88 Fig. 29. Beim Transport von Hand durch Arbeiter würde die Bewegung dieser Menge eine tägliche Ausgabe von 63,– M. verursachen, wenn man einen Stundenlohn von nur 0,35 M. zugrunde legt, was sicherlich sehr niedrig, in den meisten Fällen wohl zu niedrig gegriffen ist. Es würden sich somit die Förderkosten für die Tonne geförderte Kohle auf 0,21 M. stellen. Die Anlagekosten sind für eine Gurttransportanlage sehr verschieden; nehmen wir bei guter Ausführung ein Anlagekapital von 8000 M. an. Die Entladung soll durch einen sich automatisch über der Abwurfstrecke bewegenden Entladewagen geschehen. Zur Schmierung werden staubdicht schließende Ringschmierlager benutzt, deren Oelbestand solange anhält, daß man die Ausgaben für Löhne, für Schmierung ohne weiteres vernachlässigen kann. Es stellen sich nun die täglichen Betriebskosten für eine solche mechanische Kohlentransportanlage für eine stündliche Leistung von 30 t folgendermaßen: Betriebskosten für den 5 PS-Elektromotor, wenn    man einen Nutzungseffekt des Motors von    80 v. H. und einen Strompreis von 0,20 M.    f. d. KW/Std. zugrunde legt 9,20 M. 5 v. H. Verzinsung von 8000 M.,     400 : 300 = 1,33 10 v. H. Amortisation von 8000 M., 800 : 300 = 2,66 Reparaturen und Schmierung 0,31 ––––––––– Es betragen also die täglichen Betriebskosten 13,50 M. für die mechanische Bewegung von 300 t Kohlen, so daß sich die Förderkosten für die Tonne auf 0,045 M. stellen, gegenüber 0,21 M. für die Tonne bei der Bewegung von Hand. Die große wirtschaftliche Bedeutung des mechanischen Massentransportes geht daraus unzweideutig hervor.