Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 205
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Geschwindigkeitsverminderung und Umsteuerbarkeit bei Turbinen. Ortsfeste Dampfturbinen bis 3000 PS haben Umdrehungszahlen bis zu 3000, größere Einheiten etwa 750 bis 1000 i. d. Minute. Beim Antrieb von Schiffsschrauben durch Turbinen sollte mit Rücksicht auf den Wirkungsgrad der Propeller die Umdrehungszahl von 400 bei kleinen Schiffen und von 200 bei großen nicht überschritten werden. Da bekanntlich die Oekonomie einer Dampfturbine um so größer ist, je mehr sich bis zu einem gewissen Grade die Radgeschwindigkeit der Dampfgeschwindigkeit nähert, so ergibt sich ein sehr ungünstiges Verhältnis für die Schiffsturbine, das man heute nach Kräften zu ändern bestrebt ist. Schon Parsons schlug vor, zwischen Turbine und Propeller eine elektrische Uebertragung einzuschalten; es bestand nur die Schwierigkeit, die Geschwindigkeit der elektrischen Maschine in den nötigen weiten Grenzen zu verändern. Dieser Schwierigkeit hat man durch verschiedene Vorschläge zu begegnen versucht. Neuerdings hat Dr. Föttinger vom Stettiner Vulcan ein hydraulisches System der Zwischenübertragung vorgeschlagen und zur Ausführung gebracht, nachdem er zuerst auch mit einer elektrischen Zwischenschaltung Versuche gemacht hatte, welche auf der elektrischen Verbindung einer Dynamo und einem Magnetrad auf verschiedenen Wellen beruhte und welche mit einem Wirkungsgrad von 87 v. H. arbeitete. Doch war das Ganze zu kompliziert und brauchte zuviel Platz. Das gleiche Prinzip einer Differentialmaschine wandte nun Dr. Föttinger auf eine zwischengeschaltete hydraulische Maschine an, bei der das primäre Wasserrad, von der Dampfturbine angetrieben, mit einer gewissen Geschwindigkeit Wasser mit Hilfe von Leitschaufeln oder direkt auf ein zweites Rad (oder auf mehrere Räder) leitet, das auf der gleichachsigen Propellerwelle sitzt. Auf diese Weise lassen sich die Uebersetzungsverhältnisse von 3 : 1 bis auf 12 : 1 verändern. Durch Anordnung von Leitschaufeln kann auf dieselbe Welle eine Uebertragungs-Wasserturbine für den Rückwärtsgang aufgesetzt werden. Der Wirkungsgrad der Uebertragung hängt von dem Uebersetzungsverhältnis ab; bei größerem Uebertragungsverhältnis ist die Wassergeschwindigkeit und infolgedessen auch der Reibungswiderstand größer. In diesem Zusammenhang hat man auch verschiedene Flüssigkeiten auf ihre Reibung untersucht; Wasser hat dabei ein ganz günstiges Verhalten gezeigt. Mit besondern Versuchseinrichtungen sind während 14 Monate eingehende Messungen über den Wirkungsgrad der hydraulischen Uebertragung gemacht worden. Dabei wurde die Primärwelle von einem 100 PS Gleichstrommotor von 1000 Umdrehungen angetrieben. Der Motor konnte auf 180 PS überlastet werden. Auf der Motorwelle saß eine elastische Kupplung, ferner ein Föttingersches Torsionsdynamometer und der primäre Teil der hydraulischen Uebertragung. Die an die Welle abgegebene Leistung konnte elektrisch und mit Hilfe des Dynamometers gemessen werden. Der Uebertragungsmechanismus war für ein Uebersetzungsverhältnis 4,5 : 1 bestimmt, so daß die Sekundärwelle 225 Umdrehungen i. d. Min. machte. Auf der gleichachsigen sekundären Welle saß der Teil der hydraulischen Uebertragung, welcher zur Tourenverminderung und zum Umsteuern dient, ferner eine Pronysche Bremse. Das Verhältnis der damit gemessenen effektiven Leistung zu der Leistungsangabe des Torsionsdynamometers ergab den Wirkungsgrad der Uebersetzung. Der Torsionsindikator von Föttinger besteht aus einem Meßrohr, das über die Antriebswelle geschoben und an einem Ende mit dieser fest verbunden ist. Mit dem andern Ende ist es in einem Kugellager gegen die Welle frei beweglich und trägt an diesem Ende eine Scheibe, der gegenüber eine zweite Scheibe auf der Antriebswelle sitzt. Verdreht sich nun die Antriebswelle unter der Wirkung eines äußeren Drehmomentes, so findet eine relative Verschiebung beider Scheiben statt, welche durch eine besondere Vorrichtung auf einen Zeiger mit Skala übertragen wird, so daß es damit möglich ist, die Drehkräfte der umlaufenden Welle abzulesen. Da bei der Versuchseinrichtung nur ein kurzes Wellenstück zum Messen zur Verfügung stand, die relativen Ausschläge somit sehr klein ausgefallen wären, wurde die Meßlänge durch Anwendung einer dünnen Antriebswelle, die von der hohlen Meßwelle eingeschlossen war, verlängert. Die Angaben des Torsionsindikators wurden vor und nach jedem Versuch durch bekannte Gewichtsbelastung kontrolliert. Für die Erprobung des hydraulischen Transformators im Schiffsbetriebe wurde vom Vulkan ein älteres Boot von etwa 30 m Länge und einem Deplacement von 76,7 t für den Versuch eigens eingerichtet. Um eine Geschwindigkeit von 12–13 Knoten zu erreichen, sind etwa 430 PS notwendig, entsprechend 500 PS an der Primärwelle des hydraulischen Transformators. Es wurde derselbe Transformator wie für die oben erwähnte Versuchseinrichtung benutzt, nur daß hier die Tourenzahl der Primärwelle 1750 statt 1000 betrug. Da die übertragene Leistung mit der dritten Potenz der Umdrehungen zunimmt, so ergibt sich gegenüber der Leistung von 100 PS bei den Versuchen eine Leistung an der Antriebswelle von 100\,\left(\frac{1750}{1000}\right)^3=500\mbox{ PS.}, was die Verwendung der ersten Versuchseinrichtung für die Versuche im Schiff ermöglichte. Das Schiff war ausgerüstet mit einem Wasserrohrkessel von 150 qm Heizfläche, welcher Dampf von 17 at lieferte. Der nötige Zug wurde durch einen Ventilator mit 1100 mm ⌀ geliefert, der durch eine kleine Dampfmaschine von 90 mm ⌀ und 80 mm Hub angetrieben wurde. Als Hauptantriebsmaschine diente eine Curtis-Dampfturbine, unmittelbar hinter welcher der hydraulische Transformator angeordnet war. Die Curtis-Turbine hatte 4 Druckstufen, in jeder Stufe 3 Geschwindigkeitsstufen. Zwischen der 3. und 4. Druckstufe fehlte die bis zur Welle reichende Zwischenwand; der dadurch entstehende achsiale Schub sollte sich mit dem entgegengesetzt gerichteten Schub des hydraulischen Transformators ausgleichen. Die Dichtung der Turbinenwelle erfolgte durch eine Kohlepackung, welche in einem gußeisernen Gehäuse saß und sich gut bewährte. Die Lager waren von gewöhnlicher Bauart mit Preßölschmierung ohne Wasserkühlung. Ein Regulator, der von der Hauptwelle durch ein Kegelgetriebe angetrieben wurde, verhinderte eine Ueberschreitung der Tourenzahl 1900. Außerdem war noch ein Sicherheitsregulator vorgesehen, welcher im Notfalle ein Drosselventil in der Hauptdampfleitung schließt. Der hydraulische Transformator, welcher zur Verringerung der Geschwindigkeit und gleichzeitig zur Umsteuerung der Maschine eingerichtet ist, ist in Fig. 1 im Schnitt dargestellt. Er besteht aus einem primären turbinenartigen Schleuderrad A, welches am Ende der Dampfturbinenwelle sitzt und einer doppelkränzigen Turbine, deren Kränze B und D durch den ringförmigen Leitapparat C verbunden sind. Dieses letztere doppelkränzige Turbinenrad sitzt auf der Propellerwelle. Das Betriebswasser, welches durch den Kanal N dem Schleuderrad A zugeführt wird, wird in diesem beschleunigt und gibt seine Energie arbeitverrichtend in den Schaufeln der Kränze B und D ab und strömt darnach wieder dem primären Schleuderrad A zu, um von neuem seinen Kreislauf zu beginnen. Die Schaufeln des Schleuderrades sind rückwärts gekrümmt; die Schaufeln des ersten Turbinenkranzes B stehen wie bei einer gewöhnlichen Aktionsturbine, während die Schaufeln beim zweiten Turbinenkranz D wegen der Reaktionswirkung fast radial gestellt sind. Textabbildung Bd. 325, S. 206 Fig. 1. Primärturbine; feststehender Leitapparat; Sekundärturbine. Rechts von diesem Teil des Transformators, welcher für die Tourenreduktion bei Vorwärtsgang dient, ist in einem zweiten Gehäuse vom ersten nur durch eine Zwischenwand H getrennt der Transformator für den Rückwärtsgang angeordnet. Er besteht ebenfalls aus einem primären Schleuderrad E auf der Dampfturbinenwelle und aus dem sekundären Turbinenrad G, welches in fester Verbindung mit der doppelkränzigen Turbine B und D und somit auch mit der Propellerwelle steht. Die Leitschaufeln in dem ringförmigen Kanal F führen das im Rad E beschleunigte Wasser dem Turbinenrad G zu, wo es seine Energie abgibt und darauf wieder in das Rad E gelangt. Das erste und weiter zu ersetzende Betriebswasser gelangt hier durch den Kanal Q in der angedeuteten Pfeilrichtung bei O in das Schleuderrad. Bei dieser Anordnung der beiden Teile des Transformators, bestehend aus Schleuderpumpe und Turbine, dreht sich die Propellerwelle vorwärts oder rückwärts, je nachdem das Betriebswasser durch das Steuerventil dem vorderen oder hinteren Teil des Transformators zugeführt wird. Dem Steuerventil läuft das nötige Betriebswasser unter Druck zu, welcher durch eine kleine Zentrifugalpumpe auf der Spindel des Dampfturbinenregulators erzeugt wird. In den Kammern K und J der Zwischenwand befindet sich ebenfalls Druckwasser zum Ersatz des Wassers, welches durch den jeweils unbenutzten Teil des Transformators verloren geht; letzteres beträgt etwa 1 v. H. des gesamten durch die Turbinenräder zirkulierenden Wassers. Die Wirkungsweise des Steuerventiles, welches unterhalb des Transformators wagerecht angeordnet ist, geht aus Fig. 1 hervor. Darnach wird die Zuführung des Betriebswassers durch die Kanäle P und Q für Vor- bezw. Rückwärtsgang zwangläufig geregelt; es kann der eine Kanal nicht geöffnet werden, ohne daß der andere geschlossen ist. Das Steuerventil ist ferner mit einem Schieber und den Kammern T und U versehen, die mit den Räumen R und S in Verbindung stehen, mit Hilfe deren die einzelnen oder beide Teile des Transformators entleert werden können. Weitere Vereinfachungen dieses Transformators haben sich im Laufe seiner Erprobung ergeben und sind schon in Angriff genommen. So will der Erfinder den Vorwärts- und Rückwärts-Transformator zusammenlegen, so daß beide immer mit Wasser angefüllt sind. Die Drehrichtung wird durch einen Schlittenschieber zwischen dem Schleuderrad und dem ersten sekundären Turbinenrad geändert unter Anordnung verschiedener Sätze von Leitschaufeln. Mit der ursprünglichen in Fig. 1 dargestellten Einrichtung wurden schon recht befriedigende Resultate im Schiffsbetriebe erzielt. Die Verminderung der Tourenzahl der Dampfturbine fand von 1600 auf 270 beim Propeller statt; in 19 Sekunden war die Umstellung auf Rückwärtsgang bei 250 Touren vollzogen. Die Umsteuerung auf volle Geschwindigkeit vorwärts brauchte noch weniger Zeit. Textabbildung Bd. 325, S. 206 Fig. 2. A Wirkungsgrad – B Sekundäres Drehmoment – C Primärleistung – D Uebersetzungsverhältnis. Umdrehungen der Sekundärwelle. – Primärwelle n = 1100. Die Bestimmung des Wirkungsrades des Transformators ergab folgendes: Bei 600 Umdrehungen der primären Welle betrug der Wirkungsgrad 78 v. H.; er nahm dann langsam auf 83 v. H. zu, bei 1250 Umdrehungen und bleibt bei höheren Tourenzahlen konstant. Fig. 2 zeigt die Prüfungsergebnisse aus einem Versuch bei 1100 Umdrehungen des elektrisch angetriebenen Transformators. Darnach scheint das Maximum des Wirkungsgrades bei einem Uebersetzungsverhältnis 4,5 : 1, also bei einer Tourenzahl der sekundären Welle von 250 zu liegen. Bei einer Leistung von 122 PS an der Primärwelle arbeitete der Transformator in diesem Falle mit 83 v. H. Wirkungsgrad. Der Wirkungsgrad blieb noch innerhalb 80 v. H. bei einem Uebersetzungsverhältnis zwischen 5 und 3,7 und noch innerhalb 75 v. H. zwischen 6 und 3,5. Mit besonderen regulierenden Einrichtungen an der Wasserturbine des Transformators läßt sich das Uebersetzungsverhältnis ohne erhebliche Verschlechterung des Wirkungsgrades noch in weiteren Grenzen verändern. So ist dieser Transformator zunächst für die Geschwindigkeiten von Dampfturbinenkreuzern von größter Bedeutung. Aus der graphischen Darstellung geht weiter hervor, daß das Drehmoment an der sekundären Stelle ungefähr linear mit Steigerung der Tourenzahl abnimmt. Im Stillstand ist es ungefähr doppelt so groß wie bei der günstigsten Tourenzahl. Bei einer gewissen Anzahl Umdrehungen, hierbei 500, wird das Drehmoment an der Sekundärwelle zu Null; die Teile des Transformators sind daher bei einem Bruch der Propellerwelle, oder wenn der Propeller über Wasser kommt, vor Zerstörung geschützt, da die Teile auf der Propellerwelle dann niemals über den doppelten Wert der normalen Tourenzahl hinauskommen. Das Föttingersche System bietet sonach sehr wichtige Vorteile. Es ermöglicht, die beste Geschwindigkeit der Dampfturbinen sowohl bei Vorwärts- wie bei Rückwärtsgang einzuhalten bei einer Geschwindigkeitsänderung der Propellerwelle in weiten Grenzen; die Dampfturbine läuft immer nur in einer Richtung. Etwa 20 v. H. der Dampfturbinenleistung werden durch die Reibung im Transformator aufgezehrt, aber von der entwickelten Wärme können gut 15 v. H. wieder nutzbar gemacht werden, wenn das Betriebswasser des Transformators als Kesselspeisewasser verwendet wird, das sich dadurch um 20 bis 25° C steigern läßt. Wenn es sich z.B. um eine Anlage auf einem Torpedoboot von einer Leistung von 3700 PS handelt, so würde die Gesamtlänge der Dampfturbine einschl. Rückwärtsturbine 4,15 m betragen und die Propellerwelle bei direkter Kupplung mit 800 Umdrehungen laufen. Bei Anwendung eines Föttinger Transformators könnte die Dampfturbine mit der günstigsten Tourenzahl 2200 und der Propeller mit 480 Touren laufen; man hätte also einen höheren Turbinen- und Propellerwirkungsgrad bei einer Gesamtlänge von nur 3,87 m und bei einer Gewichtsersparnis von 10 v. H. einschl. der schwereren Propeller und Welle. Noch deutlicher treten die Vorteile bei einem großen Kriegsschiff hervor. Hier sind bei Turbinenantrieb umständliche Anordnungen von Hoch- und Niederdruckturbinen und Rückwärtsturbinen außer anderem notwendig, Bei einer Installation von 30000 PS auf 3 Wellen mit 275 Umdrehungen verteilt beträgt die Gesamtlänge der Maschine 15,6 m, die Fläche 312 qm und das Gewicht einschl. Propeller 724 t. Bei Anordnung eines Föttinger Transformators beträgt die Propellertourenzahl 125, diejenige der Antriebsturbinen 720, die Gesamtlänge beträgt 12 m, die Fläche 240 qm, das Gesamtgewicht 600 t, also nach jeder Richtung ist eine beträchtliche Ersparnis vorhanden. Für Kriegsschiffe ist dies von außerordentlicher Wichtigkeit. Der Stettiner Vulkan hat daher auch bedeutende Aufwendungen zur Durchführung dieses neuen Systems gemacht. [Engineering 1909, II, S. 601–604.] M. Achsbuchsen-Schmierung. Mit den zunehmenden Geschwindigkeiten und dem Anwachsen des Achsdruckes muß auch für zuverlässige Schmierung der Lager der Radachsen gesorgt werden. Bei einer wirksamen Schmiervorrichtung muß vor allem Sicherheit vorhanden sein, daß sich das Schmieröl als eine dünne Schicht auf der Oberfläche der bewegten Teile ausbreitet. Eine sicher wirkende Schmierung wird bei großer Lagerpressung nur dann erreicht, wenn das Schmieröl unter Druck zugeführt wird. Bei der Achsbuchsenschmierung, Bauart Tilston, (Fig. 1) die von Vickers Sons and Maxim, Erith, ausgeführt wird, befindet sich im Achsbuchsenkasten an tiefster Stelle im Schmieröl eine kleine Kolbenpumpe von ⅜'' jzf und 5/16'' Hub, die von einem Excenter angetrieben wird, das an der Stirnseite des Achszapfens angebracht ist. Der Druck in der Oelpumpe steigt bei der Fahrt mit der Lagerpressung und so kann sich dann das Schmieröl über den ganzen Lagerzapfen gut verteilen. Da die Pumpe in den mit Oel gefüllten Achsbuchsenkasten eingebaut ist, kann das Saugeventil wegfallen, das Rückschlagventil ist ein einfaches Kugelventil. Das Schmieröl wird durch ein Kupferrohr der Lagerstelle zugeführt. Die Pumpe ist in den Achsbuchskasten so eingebaut, daß sie zur Ausbesserung leicht herausgenommen werden kann. [Engineering 1909,11. S. 15.] Textabbildung Bd. 325, S. 207 Fig. 1. W. Die Steifigkeit der Drahtseile Textabbildung Bd. 325, S. 207 Fig. 1. Textabbildung Bd. 325, S. 207 Fig. 2. ist beim Biegen innerhalb solcher Grenzen, daß die Elastizitätsgrenze des Materials nicht überschritten wird, abhängig von dem Biegungswiderstande der Drähte und dem Reibungswiderstande zwischen den einzelnen Drähten. Um beide Größen getrennt zu ermitteln, wendet Chapman folgendes Verfahren an. Ein kurzer Abschnitt des Seiles A B (Fig. 1) wird mit dem einen Ende in ein feststehendes Gehäuse c eingespannt. Das andere Ende wird von rechts nach links, wie bei den gewöhnlichen Biegeproben mit Drähten, hin und her gebogen und hierbei werden die Beziehungen zwischen der biegenden Kraft P und der Größe der Biegung λ festgestellt. Beim erstmaligen Biegen ist diese Beziehung durch die Kurve O A (Fig. 2) gegeben. Vermindert man nach Erreichen von A die biegende Kraft P, so nimmt die Biegung nicht sofort ab, sondern bleibt wegen der Reibung zunächst unverändert, bis P von A auf B abgenommen hat. Bei P bis O bleibt noch die beträchtliche Biegung O b zurück. Steigert man dann P in der entgegengesetzten Richtung, so wird das Seil erst bei der Kraft O C gerade und verbiegt sich dann in umgekehrter Richtung. Den ähnlichen Linienzug D E A erhält man für die Beziehungen zwischen Kraft und Biegung, wenn nach Erreichung von D entlastet und wieder umgekehrt (nach rechts) gebogen wird. Die gleiche Linie A, B, C, D, E, A erhält man bei wiederholten Versuchen und die umschriebene Flehe gibt ein Maß für die Reibungsarbeit. Sie ist geringer, wenn das Seil geschmiert wird (s. punktierten Linienzug), aber die Richtung der Linien bleibt unverändert. Die Richtung ist also von der Reibung unbeeinflußt. Wenn die Reibung völlig beseitigt werden könnte, würde die durch den Nullpunkt gehende Linie erhalten werden. Bei vergleichenden Versuchen nach diesem Verfahren mit Seilproben gleicher Länge liefert die Neigung dieser Linie den Vergleichsmaßstab für die Seilsteifigkeit; letztere ist um so geringer, je steiler die Linie verläuft. [Engineering 1910, Bd. I, S. 25.] ε.