Titel: | Mechanische Kohlentransport-, Lagerungs- und Umschlags-Einrichtungen. |
Autor: | Hubert Hermanns |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 262 |
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Mechanische Kohlentransport-, Lagerungs- und
Umschlags-Einrichtungen.
Von Ingenieur Hubert Hermanns,
Aachen.
(Schluß von S. 248 d. Bd.)
Mechanische Kohlentransport-, Lagerungs- und
Umschlags-Einrichtungen.
Zum Schlusse möchte ich noch die Beschreibung von zwei Kohlenumschlags- und
Lagereinrichtungen anfügen, von denen die eine zur Entladung von Schiffen und zur
Aufspeicherung der Kohlen auf offenen Lagerplätzen dient, während die andere die aus
Barken und Eisenbahnwagen entladenen Kohlen in einen geschlossenen Schuppen
ablagert.
Die erste Anlage, die von Adolf Bleichert & Co. in
Leipzig-Gohlis im Auftrage der Sudan Regierung für Port Sudan ausgeführt wurde, ist
in Fig. 14
bis 17
abgebildet, Fig.
14 zeigt die Seitenansicht der gesamten Förderanlage, während Fig. 15 den
Grundriß derselben wiedergibt. Fig. 16 ist die
Kopfansicht der Verteilungsbrücke und Fig. 17 die
Kopfansicht der Verlade-Auslegerkrane. Die dieser Umschlagseinrichtung gestellte
Aufgabe besteht darin, Kohle aus Seeschiffen in Eisenbahnwagen umzuladen oder sie am
Lande aufzustapeln und von da aus rückwärts in Eisenbahnwagen oder Seeschiffe zu
verladen. Große Leistung wird hauptsächlich bei Entladung der Schiffe verlangt,
damit diese, rasch wieder frei werdend, dem Verkehr möglichst kurze Zeit entzogen
werden, während für die Verteilung der Kohlen am Lande genügend Zeit bleibt. Eine
zweckmäßige und rationell arbeitende Lösung der gestellten Aufgabe konnte nur durch
Trennung beider Arbeiten gefunden werden. Der Arbeitsvorgang der
Transporteinrichtung vollzieht sich folgendermaßen:
Am Ufer sind vier als Portalkräne ausgebildete Schiffsentlader mit verhältnismäßig
kurzer Fahrbahn vorgesehen. Dieselben besitzen eine nutzbare Länge von 64 m und eine
über alles gemessene Länge von 70 m und sind an der Wasserseite mit einem
aufklappbaren Ausleger versehen, um den freien Verkehr der Schiffe nicht zu
behindern. Um das Arbeiten je zweier Kräne aus einer Schiffsluke zu ermöglichen,
sind je zwei mit einseitig ausgebildeten, symmetrischen Gerüsten versehen, so daß
die Fahrbahnen derselben, wenn die Kräne unmittelbar aneinander gerückt sind, nur
noch geringen Abstand haben. Die Kräne nehmen alle vier gleichzeitig ein Schiff
in Angriff und gestatten das Entladen der Kohlen mittels Greifern oder Kübeln, welch
letztere im Schiffsrumpf von Hand vollgeschaufelt werden. In die Kranstützen sind je
zwei Füllrümpfe eingebaut. Die Kohlen werden nun entweder in diese Füllrümpfe
abgegeben, aus denen sie in darunter gefahrene Eisenbahnwagen abgezogen werden, oder
auf einen nahe dem Ufer gelegenen großen Lagerplatz abgelagert. Außer diesem
Lagerplatz ist noch ein weiteres Kohlenlager zur Aufstapelung eines Reservebestandes
vorhanden. Die für dieses Lager bestimmten Kohlenmengen werden zunächst auf einen
durch Mauern eingefaßten Streifen abgelegt, welcher von der großen Lagerplatzbrücke
mit überspannt wird. Letztere hat eine nutzbare Spannweite von 110 m und ist mit
einer Führerlaufkatze von 10000 kg Tragkraft ausgerüstet, während die Uferkrane
Seillaufkatzen von 3250 kg Tragfähigkeit besitzen. Die in den Streifen abgeladenen
Kohlen werden von dem an der Laufkatze hängenden großen Greifer aufgenommen und in
ununterbrochenem Betriebe über das Reservelager verteilt.
Die vorstehend beschriebene Anlage ist von großer Leistungsfähigkeit. Es können bei
zehnstündiger Arbeitszeit von den Uferlaufkränen 4000 t Kohlen umgeschlagen werden,
da jeder der Krane 100 t stündlich zu leisten vermag. Die Lagerplatzbrücke, welcher
für die Verteilung der Kohlen eine längere Zeit zur Verfügung steht, hat eine
Leistung von 60 t/st, so daß dieselbe im zehnstündigen Arbeitstag 600 t bewältigt. Es sei
noch darauf hingewiesen, daß sich im Bedarfsfalle mit sämtlichen Kränen auch
Stückgüter befördern lassen.
Die im folgenden beschriebene Kohlenumschlagsanlage wurde von Amme, Giesecke & Konegen, Akt.-Ges. in Braunschweig für ein
ausländisches Gaswerk ausgeführt. Die Gesamtanlage gibt Fig. 18–20 wieder, von denen Fig. 18 den Querschnitt durch den Lagerschuppen, Fig. 19 einen Längsschnitt durch die ganze Anlage und
Fig. 20 den Grundriß veranschaulicht. Der
Transportvorgang
Textabbildung Bd. 325, S. 263
Kohlenumschlags- und Lagereinrichtung für Port Sudan, ausgeführt von Bleichert
& Co.
vollzieht sich hier in der nachstehend näher erläuterten
Weise.
Es sind im ganzen drei Empfangsstellen vorgesehen, und zwar kommt die Kohle zum einen
Teil in Barken zu Wasser an, wofür eine Uferentladevorrichtung vorhanden ist, und
zum anderen Teil zu Lande in Eisenbahnwagen, die zu beiden Seiten des Gebäudes
entladen werden können. Die gesamte Leistungsfähigkeit der Anlage stellt sich auf 60
t/st bei der
Inbetriebnahme beider Land-Entladevorrichtungen, während dieselbe bei nur einer
Seite der Verladeeinrichtungen 30 t/st beträgt. Es käme also zunächst ein Empfang am
Kanal und ein gleichzeitiger Empfang an der dem Kanal zu gelegenen Landstation in
Betracht.
Die Entnahme der Kohlen aus den im Kanal liegenden Barken wird durch einen Elevator
ausgeführt. Dieser besteht aus einem über das Wasser hinausragenden, festen
Ausleger, mit einer schrägen Bahn versehen, auf der sich eine Seillaufkatze auf- und
abbewegt. An die Katze ist ein Kübel angehängt, der in die zu entladende
Barke hinabgelassen wird. Durch eine auf dem Elevatorgerüst aufgestellte Winde wird
der von Hand beladene Kübel hochgezogen, der sich, nachdem er oben angekommen ist,
mit der Katze die schiefe Bahn hinaufbewegt und seinen Inhalt unter Betätigung eines
automatisch wirkenden Anschlages an einen darunter befindlichen trichterförmigen
Behälter abgibt. Natürlich ist es auch ohne weiteres möglich, den Kübel durch einen
Selbstgreifer zu ersetzen. Kübelbetrieb wurde deshalb gewählt, weil sich derselbe
für die Barkenentladung hier besser eignete als Greiferbetrieb. Durch den mit dem
Hochbehälter verbundenen unteren Auslauf wird sodann die Kohle in darunter
bereitgehaltene Rollwagen abgezogen, welche als automatisch entleerende
Seitenentlader ausgeführt sind. Der Standplatz der Rollwagen unter dem
Behälterauslauf ist als Wage ausgebildet, durch welche unter Zuhilfenahme eines
beaufsichtigenden Arbeiters das Gewicht der abgelaufenen Wagen registriert wird. Die
gefüllten Rollbahnwagen gelangen nun auf der mit Gefälle versehenen Bahn a nach der Stirnseite des Kohlenschuppens. Der Betrieb
auf dieser Gefällebahn vollzieht sich derartig, daß die Wagen nach der Beladung
unter dem Trichter des Kohlenelevators von einem Arbeiter an das Betriebsseil
angeschlossen werden und sodann selbsttätig über die eiserne Brücke bis zum
Schütttrichter an der Endstation laufen, um sich hier vermöge ihrer Eigenschaft als
Seitenentlader selbsttätig zu entleeren. Alsdann werden sie vom Seil um die
Umkehrecke b herumgezogen und nach der Beladestelle
zurücktransportiert. Die Gefällebahn erfordert zu ihrem Betriebe eine Kraft von etwa
2 PS.
Der an der Entladestelle vorgesehene Trichter für die Rollbahnwagen besitzt eine nach
oben hin bewegliche Ablaufschurre c, die, wenn sie
herabgelassen wird, der Kohle den freien Ausfluss gestattet. Die aus der
Ablaufschurre stürzende Kohle fällt mit der mit der Eisenbahn ankommenden Kohle in
einen zu ebener Erde angeordneten Schütttrichter d und
wird mit dieser zusammen weiter transportiert. Die Entladung der Eisenbahnwagen
geschieht von Hand in den genannten Trichter d, der
oben mit einem grobmaschigen Sieb von 30 cm Maschenweite versehen ist. Durch dieses
Sieb, welches eine Scheidung der grobstückigen Kohlen von der feinstückigen
vornimmt, fällt das Material auf ein Separationssieb e,
das eine weitere Scheidung ausführt. Die durch das Sieb hindurchfallende Kohle
gelangt ohne weiteres nach dem Fuße eines senkrechten Becherwerks f, während die zu brechende Kohle einem Brecher g zufällt, welcher mit verstellbaren, keilförmigen
Brechbacken ausgerüstet ist, so daß die Stückgrößen in engen Grenzen regulierbar
sind. Das aus dem Brecher und der Separation kommende Gut wird gemeinsam durch den
Elevator bis oberhalb eines Gurttransporteurs h
gehoben, der sich durch die ganze Länge des Kohlenschuppens hinzieht und auf diesen
abgeworfen.
Textabbildung Bd. 325, S. 264
Fig. 18.
Textabbildung Bd. 325, S. 264
Fig. 19.
Der Kohlenschuppen ist in zwei gleichen Hälften von 85 m Länge und je 15 m Breite
ausgeführt. Bei später notwendig werdender Vergrößerung der Anlage können zwei
weitere Schuppen angebaut werden. Die Schuppen sind nach Art offener Hallen
ausgeführt, die mit auf eisernen Stützen stehenden Holzdächern überdacht sind. An
den äußeren Begrenzungsseiten sind durch häufige Türeingänge unterbrochene Mauern
hochgezogen. Die Höhe dieser Mauern ist so gewählt, daß einerseits eine möglichst
große Fassungskraft erzielt wird, daß anderseits aber die Zugänglichkeit zum
Kohlenlager im Falle eines ausgebrochenen Brandes nicht beeinträchtigt ist.
Textabbildung Bd. 325, S. 265
Fig. 20. Fig. 18–20. Kohlenumschlagsanlage, ausgeführt von Amme, Giesecke
& Konegen A.-G.
Der erwähnte Gurttransporteur h ist mit einem fahrbaren
Abwurfwagen ausgerüstet, so daß die Kohle an jeder beliebigen Stelle in der Länge
des Lagerschuppens in diesen abgeworfen werden kann. Um nun die Hallen in ihrer
vollen Breite und in ihrer ganzen Länge gleichmäßig beherrschen zu können, ist über
jedem Lager ein Quertransporteur k, in seiner Bauart
einem Laufkran ähnlich, angeordnet, welcher sich auf einem Krangeleise bewegt und
einen als Kratzerförderer ausgebildeten Transporteur trägt. Von dem Abwurfwagen des
Gurtförderers wird nun die Kohle durch die seitliche Ablaufschurre in die
Transportrinne dieses Kratzers gefördert und von diesem durch verschließbare
Bodenausläufe auf das Lager abgeworfen. Es ist so in glücklichster Weise die
Aufgabe, die ganze Grundfläche des Lagerschuppens bestreichen zu können, gelöst
worden.
Unter dem Lager ziehen sich in unterirdischen Kanälen, je in der Mitte der
Hallenbreite, Transportbänder hin, welche durch die mit Verschlüssen versehenen
Abzugstrichter m beschickt werden. Diese
Entnahmestellen sind in gleichmäßiger Verteilung derart vorgesehen, daß sich je eine
solche in der Mitte eines jeden Binderfeldes befindet, was einem Abstande von 4,5 m
von Mitte zu Mitte Abzugsvorrichtung entspricht. Es wäre möglich gewesen, die Kohle
unmittelbar auf ein dicht unter der Sohle des Schüttbodens sich hinziehendes
Förderband laufen zu lassen, so daß nur die Verschlüsse zu öffnen wären, um die
Kohlen in freiem Gefälle dem Bande zuzuführen. Da jedoch dabei zu befürchten ist,
daß die Kohle nicht in einem gleichmäßigen Strom abgeführt wird, so ist zwischen die
Masse der aufzuschüttenden Kohle und dem Transportband ein Speiseapparat n zwischengeschaltet, der seine Bewegung nach Art eines
automatisch sich bewegenden Abwurfwagens durch das Band l selbst erhält. Um eine etwaige zu starke Beanspruchung des Bandes zu
verhindern, kann natürlich die Verfahrbarkeit des Speiseapparates auch von Hand oder
durch einen in denselben einzubauenden besonderen Elektromotor geschehen. Die
Bodenverschlüsse der Lagerschuppenausläufe sind in Form von Schwenkklappen
ausgebildet. Der genannte Speiseapparat gestattet, daß die Kohle aus den
Verschlüssen in beliebigen Mengen austritt, da derselbe das Material gleichmäßig auf
das Band verteilt, was einerseits für die Haltbarkeit des Bandes von wesentlicher
Wichtigkeit ist, und wodurch anderseits ein Herunterfallen von Kohle vom Bande
während des Transportes nach Möglichkeit vermieden wird.
An der gegenüberliegenden Stirnwand des Schuppens werden die Kohlen auf ein zweites,
zu diesem querliegenden Transportband o abgeworfen,
welches dieselbe in die Schüttgrube eines außerhalb des Schuppengebäudes
vorgesehenen Elevators p fördert. Von diesem wird das
Material sodann wieder hochgehoben und einem hochliegenden, überdachten, schräg
ansteigenden Transportbande q zugeführt. Das Ende
dieses Transportbandes liegt über einem trichterförmigen Behälter, welcher in einem Gerüst aus
Eisenkonstruktion vor dem Ofengebäude untergebracht ist. Von dem Bandförderer
stürzen die Kohlen in den Behälter, aus welchem dieselben durch eine verschließbare,
in die Ofenhalle hineinragende Schurre r abgezogen
werden können, um den Feuerungen der Oefen zugeführt zu werden.
Es ist mir endlich noch eine angenehme Pflicht, denjenigen Firmen, die mir bei
der vorliegenden Arbeit durch freundlicher Weise zur Verfügung gestelltes Material
ihre Unterstützung geliehen haben, für ihre Liebenswürdigkeit auch an dieser Stelle
meinen verbindlichsten Dank zum Ausdruck zu bringen. Ich hoffe gerne, daß diese
Zeilen mit dazu beitragen werden, der Anwendung von mechanisch arbeitenden
Einrichtungen weitere Wege zu bahnen, zum Besten der deutschen Industrie.