Titel: Luftseilbahn zur Holzförderung in Ostafrika.
Autor: P. Stephan
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 290
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Luftseilbahn zur Holzförderung in Ostafrika. Von P. Stephan, Dortmund. Luftseilbahn zur Holzförderung in Ostafrika. Der nördlichste Teil von Deutsch-Ostafrika, die Landschaft Usambara, ist ein ziemlich zerklüftetes Gebirgsland, dessen Plateaus große Waldbestände von wertvollen Hölzern enthalten. Trotzdem wurde bis jetzt fast alles Bauholz, das im Lande gebraucht wurde, aus Schweden eingeführt, weil die bestehenden Transportschwierigkeiten die Verwertung der Wälder ausschlössen. Die Usambara-Eisenbahn, die das dem Gebirge vorgelagerte Flachland durchquert, hat darin Wandel geschaffen, jedoch bleibt sie immer noch so weit von den Holzbeständen entfernt, daß besondere Zubringemittel erforderlich sind. Nur das Sägewerk Ambangulu der Firma Wilkins & Wiese kann seine Erzeugnisse eben noch zu Wagen bis an die Eisenbahn bringen. Die bei Amani gelegenen Wälder, die die Sigi-Exportgesellschaft ausbeutet, werden durch eine lange, z. Z. noch nicht ganz fertiggestellte Schmalspurbahn von nur 50 cm Spurweite, deren Bau wegen des ungünstigen Geländes ganz bedeutende Schwierigkeiten gemacht hat, an die Station Tengeni der Usambarabahn angeschlossen. Der auf einem ausgedehnten Plateau im höchsten Teil des Gebirges liegende Schumewald, dessen große Zedern- und Bothocarpusbestände von der Firma Wilkins & Wiese verwertet werden, hat durch eine, Anfang dieses Jahres dauernd in Betrieb genommene Luftseilbahn von 8,7 km Länge mit der Eisenbahnstation Mkumbara verbunden werden müssen. Diese von A. Bleichert & Co. erbaute und vom Verfasser im Auftrage der sie übernehmenden Firma eingehend untersuchte Anlage verdient sowohl wegen der Schwierigkeiten des Geländes als auch wegen verschiedener Einzelheiten größeres Interesse. Ihre höchste Stelle liegt nämlich mehr als 1500 m über dem Entladeplatz, so daß das Dürchschnittsgefälle des Hauptteiles 1 : 4,8 beträgt; und das ist in Anbetracht des Terrains noch ein sehr vorteilhaftes Ergebnis. Denn der über 2000 m über dem Meeresspiegel gelegene Rand des Hochplateaus fällt, wie die Fig. 7 deutlich erkennen läßt, fast senkrecht ab; ihm sind dann einige niedrigere und schmale Höhenrücken bezw. einzelne Berge vorgelagert, die aber so ungünstig liegen, daß bei gerader Richtung der Bahn Spannweiten von etwa 2000 m und mehr herausgekommen wären. Man mußte deshalb die Bahn an zwei Stellen seitlich ablenken und faßte auf die Weise die steil abfallenden Gehänge zweier einzeln stehender Bergkuppen, auf denen die Winkelstationen und einige Stützen aufgestellt werden konnten. So wurde schließlich das noch ganz annehmbar aussehende Längsprofil (Fig. 1) erhalten, dessen Höhen im Verhältnis zu den Längen viermal vergrößert sind. Immerhin enthält die Bahn unterhalb der beiden Winkelstationen Neigungen von 1 : 2, also rund 35°. Textabbildung Bd. 325, S. 289 Fig. 1. Die Aufgabe der Anlage ist eine doppelte: Hauptsächlich soll sie schwere Stämme, die im ganzen nach Europa verfrachtet werden, herunterschaffen, und zwar ist damit gerechnet worden, daß eine Last, die vermittels Ketten an zwei, der Länge des Stammes entsprechend weit von einander entfernten Wagengehängen befestigt ist, ungefähr 1000 kg wiegt. Außerdem sollen auch geschnittene Balken und Bretter nach unten gefördert werden, sowie auf Plattformwagen die aus den Abfallenden der Stämme geschnittenen Brettchen zur Kistenfabrikation usw. Schließlich hat die Bahn alle Bedürfnisse des Werkes und der dort lebenden Europäer nach oben zu schaffen. Als Normalleistung wurde deshalb eine Abwärtslieferung von 10 t/Std. und eine Aufförderung von 1 t/Std. bestimmt. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 2 m/Sek. beträgt damit die Wagenfolge rund 720 m. Da die schwersten Lasten sich auf vier Laufräder verteilen, so konnten verhältnismäßig schwache Laufseile zur Verwendung gelangen. Gewählt wurden halbverschlossene Seile englischer Herkunft von 32 mm ⌀ für die Seite der heruntergehenden Lasten und von 28 mm ⌀ für die der nach oben gehenden Wagen. Textabbildung Bd. 325, S. 290 Fig. 2. Ladestation im Sägewerk. Die Beladestation im Sägewerk ist in Fig. 2 dargestellt. An die Be- und Entladeschleife schließt sich ein kurzer Abstellstrang für ungebrauchte Wagen an, der erst noch in der Ausführung begriffen ist. Zur bequemen Befestigung der Stämme an den Gehängen wird eine vom Verfasser angegebene Vorrichtung benutzt, die aus mehreren, um senkrecht zur Fahrtrichtung angeordnete Achsen drehbaren Holzböcken besteht, auf die die Stämme gerollt werden, wenn die Böcke umgelegt sind. Dann werden die letzteren vermittels eines durch eine Handwinde angezogenen Seiles gleichzeitig aufgerichtet, und jetzt die Gehängeketten um den Stamm herumgelegt, worauf sich die Böcke beim Nachlassen des Seiles wieder senken, so daß der Stamm frei schwebt. Werden nur wenige Lasten nach abwärts gefördert, die zufällig gerade auf den ansteigenden Stellen der Trasse stehen, so ist bei größerem Aufwärtstransport unter Umständen eine recht erhebliche Antriebsleistung nötig, andererseits muß eine nicht unbedeutende Leistung abgebremst werden, wenn sich mehrere große, nach unten gehende Lasten gerade in den steilsten Neigungen der Anlage befinden. Tatsächlich wurden im Betrieb auch Schwankungen zwischen 25 PS Antriebsleistung und 25 PS abgebremster Leistung, die oft ganz unvermittelt aufeinanderfolgten, festgestellt. Sie sind bei Holztransportanlagen, wo sich nur verhältnismäßig wenige, aber recht schwere Einzellasten auf der Strecke befinden, gar nicht zu vermeiden, sowie das Gefälle der Bahn mehrfach wechselt. Um allen Möglichkeiten vorzubeugen, die sich etwa bei der Ingangsetzung der Anlage oder bei einer zufällig besonders ungünstigen Stellung der Lasten ergeben könnten, wurde für den Antrieb ein 50 PS-Elektromotor mit Compound-Anlaßwicklung aufgestellt, der beim Anlaufen ein möglichst großes Drehmoment entwickelt. Seine Leistung wird über ein Riemenvorgelege und ein konisches Räderpaar auf die senkrecht stehende Hauptwelle der Seilbahn übertragen. Auf derselben Welle sitzen zwei Bremsscheiben von etwa 2 m ⌀ übereinander, die unter der Einwirkung je eines holzgefütterten Stahl-Bremsbandes stehen, das vermittels einer Schraubspindel von Hand angezogen werden kann. Jedes Bremsband vermag eine Leistung von 50 PS abzubremsen, so daß schon eins für die Betriebsbremsung völlig ausreicht. Das zweite dient nur zur Reserve, wird aber jedesmal nach Abstellung des Betriebes zur Sicherheit mitangezogen. Da die Anlage je nach der Stellung der Wagen fast plötzlich einen erheblichen Leistungsüberschuß besitzt, nachdem eben erst eine größere Antriebsleistung gebraucht wurde, so müßte ständig jemand an der Bremse stehen, um ein Durchgehen bei eintretender Entlastung zu verhüten. Damit nun der Betrieb von der Aufmerksamkeit der Bedienung unabhängig ist, baut man jetzt in solchen Fällen einen hydraulischen Regulator ein, wie er für Wasserräder und Turbinen schon längst benutzt wird. Der von J. Schrieder in Säckingen hergestellte Apparat wird z.B. von der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft dafür dringend empfohlen. Seine Konstruktion erhellt aus Fig. 3. Textabbildung Bd. 325, S. 290 Fig. 3. Hydraulischer Bremsregulator (System Schrieder) ausgeführt von der Maschinenbauanstalt J. Schrieder. Ein entsprechend der abzubremsenden Leistung dimensionierter Riemen setzt die große Riemenscheibe des Apparates von der Vorgelegewelle aus in Bewegung und treibt so ein Kapselradpumpwerk. Dieses saugt durch einen Saugrohransatz Wasser aus dem als Behälter ausgebildeten Fundamentrahmen des Apparates an und drückt es durch ein entlastetes Drosselventil wieder in den Kasten zurück. Ein zweiter schwacher Riemen bewegt den über dem Pumpwerk stehenden Schwungkugelregulator, von dessen Muffe das Drosselventil verschoben wird, sobald die Umdrehungszahl der Vorgelegewelle infolge einer Entlastung zu steigen beginnt. Das Ventil wird dann mehr oder weniger geschlossen und hemmt so die Bewegung des Kapselwerkes, das jetzt als energische Bremse auf die Vorgelegewelle einwirkt. Da das Kapselwerk nur dann bremst, wenn es mit Wasser gefüllt ist, so wurde im Maschinenhaus noch ein hochgelegener Wasserbehälter von etwa 1,5 cbm Inhalt untergebracht, der das erforderliche Ersatzwasser dem Regulator zulaufen läßt. Außerdem wurde mit Rücksicht auf die trockene Jahreszeit neben dem Maschinenhäuschen noch ein größerer Tiefbehälter aus Beton angelegt, von dem aus der Druckbehälter mit Hilfe einer kleinen, ebenfalls von der Vorgelegewelle angetriebenen Hubpumpe gespeist wird. Textabbildung Bd. 325, S. 291 Fig. 4. Höchster Punkt der Bahn – großer Einschnitt im Gebirgsrand. Von der Beladestation aus steigt die Bahn zuerst langsam an und erreicht bei km 1,2 ihren höchsten Punkt, 2011 m über dem Meeresspiegel und 1523 m über der Entladestation. Beim Uebergang über die höchste Randschwelle des Plateaus mußte ein Einschnitt in den fest anstehenden Lehm- und Mergelboden hergestellt werden, der dort den Fels deckt. Ein vor der Auflegung der Tragseile aufgenommenes Bild davon zeigt Fig. 4. Damit die Betonfundamente der Stützen von den starken Regengüssen der Tropen nicht ausgewaschen werden können, sind davor schräg über den Einschnitt hinweggehende Schutzgräben gezogen worden, die in einen seitlichen, das Wasser nach unten abführenden Hauptgraben münden. Die Sohle des Einschnittes hat vorn am Abhang eine Neigung von 1: 2, entsprechend dem Gefälle des Tragseiles. Um den Raddruck der Wagen auf diesen, mehrfach wiederkehrenden steilen Strecken nicht zu ungleich werden zu lassen, sind an den Laufwerken die in D. p. j. 1909, S. 337 beschriebenen Anschläge angebracht, gegen die sich das Lastgehänge auf den stark geneigten Strecken legt. Den sich weiter anschließenden Abschnitt der Bahnlinie zeigt Fig. 5 in einer Aufnahme von der letzten Stütze aus, die bei km 2,2 auf dem Bergabhang steht, auf dem auch die Winkelstation I errichtet ist. Da hinter der Stütze eine freie Spannweite von etwa 300 m liegt, so sind hier besonders geformte Tragschuhe von 1,2 m Länge angeordnet worden, wodurch die ganze Stütze eine eigenartige Form erhält. An den Gußeisenschuh sind noch leicht auswechselbare Stahlgußleisten angeschraubt, und in ihrer Mitte greift ein Bügel über das Tragseil, so daß es sich keinesfalls vom Auflager abheben kann. Denselben Schutzbügel haben auch die Auflagerschuhe der anderen zwischen km 1,4 und 2,2 stehenden Stützen. Man hat so die Tragseile ein gut Teil tiefer heruntergezogen, als sie bei der sonst üblichen freien Auflagerung hätten liegen können, und dadurch die Bahnlinie dem Gelände besser angeschmiegt. Immerhin hat die eine Stütze bei km 1,7 noch eine Höhe von rd. 30 m erhalten müssen. Textabbildung Bd. 325, S. 291 Fig. 5. Blick auf die Bahn von km 2,2. Textabbildung Bd. 325, S. 291 Fig. 6. Bei Anlagen mit so schweren Einzellasten in großen Abständen und so schroffen Gefällwechseln muß nämlich dafür gesorgt werden, daß das Zugseil, dessen Spannung, wie schon oben dargelegt wurde, ganz erheblichen Schwankungen unterworfen ist, sich nicht über das Tragseil hinaus anhebt. Im vorliegenden Fall entwickelt ein Baumstamm, der auf die Neigung 1 : 2 übergeht, mit den beiden zugehörigen Wagen einen Zug von 710 kg am Zugseil, dem eine Leistung von 19 PS entspricht. Da es geschehen kann, daß auf der ganzen Bahn drei Wagen gleichzeitig in diese starke Neigung eintreten, so kommen sehr große Spannungsunterschiede heraus, die natürlich eine entsprechende Aenderung des Seildurchhanges hervorrufen. Hat nun das Seil zu Anfang den Durchhang I der Fig. 6 und tritt plötzlich der Spannungswechsel ein, dem die Gleichgewichtslage II zukommt, so begibt sich das Seil aus der einen in die andere, trifft in Lage II mit ziemlich großer Geschwindigkeit ein und schießt ungünstigsten Falles (Love, Lehrbuch der Elastizität, S. 145 f.) um den ganzen Hub über Lage II in die mit III bezeichnete hinaus, bis es nach einigen Schwingungen in Lage II liegen bleibt. Geht das Zugseil in der höchsten Lage über das Tragseil hinaus, so kann es sich unter Umständen in den Auflagerschuhen des letzteren verfangen, so daß durch diese Rücksicht die tiefste zulässige Lage des Tragseiles bestimmt wird. Fig. 7 gibt ein Bild der Strecke von km 2,2 bis zur Winkelstation I und läßt erkennen, daß recht bedeutende Sprengarbeiten nötig wurden, um den schmalen Raum für die Seilbahn zu gewinnen. Dabei stellte sich heraus, daß der Fels nach zwei Richtungen geschichtet ist, einmal in der, die die Figur in der Nähe der Winkelstation deutlich zeigt, und dann noch in einer zur ersten senkrechten Richtung, die ebenfalls nach der Bergkuppe zu ansteigt. Infolgedessen mußte an der hauptsächlich gefährdeten Stelle eine Stützmauer zur Sicherung der Bahn errichtet werden. Unterhalb der dem Hochplateau vor gelagerten Bergkuppe ist der „bequemere“ Fußpfad sichtbar, auf dem man die Winkelstation leichter erreicht als auf dem an manchen Stellen nicht ganz handbreiten „Wege“ bei der Seilbahntrasse. Textabbildung Bd. 325, S. 292 Fig. 7. Steilabfall des Gebirgsrandes mit Winkelstation I. (Schluß folgt.)