Titel: | Luftseilbahn zur Holzförderung in Ostafrika. |
Autor: | P. Stephan |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 305 |
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Luftseilbahn zur Holzförderung in
Ostafrika.
Von P. Stephan,
Dortmund.
(Schluß von S. 292 d. Bd.)
Luftseilbahn zur Holzförderung in Ostafrika.
Die Winkelstation selbst ist in Fig. 8 und 9 dargestellt. Die Tragseile des oberen
Bahnabschnittes werden dort in üblicher Weise gespannt durch Gewichte von etwa 16
bezw. 13 t, die aus eisernen Rahmen bestehen, in welche die auf Fig. 9 vorn sichtbaren Betonwürfel eingebracht sind
(vergl. Fig. 15); die des folgenden Abschnittes sind
in der Station fest verankert. Das Zugseil wird durch die Station hindurchgeführt
über große Ablenkungs- und Tragseilscheiben hinweg. Da die Arbeitskräfte dort im
Verhältnis zu heimischen Anlagen billig sind, so wurde im Interesse eines einfachen
Betriebes von der selbsttätigen Umführung der Lasten abgesehen; die Wagen werden
vielmehr beim Eintritt in die Station vom Zugseil abgekuppelt, auf den
Hängebahnschienen von Hand herumgeführt und am Ende der Station wieder selbsttätig
mit dem Zugseil verbunden.
Textabbildung Bd. 325, S. 305
Fig. 8. Winkelstation I.
Von da ab geht die Bahn wieder in dem steilen Gefälle 1 : 2 bis zu der nächsten, rd.
1,1 km entfernten Winkelstation II über zum Teil ganz
unzugängliche Abhänge hinweg. Wie die Fig. 10 und
11 zeigen, hat der Platz für die Station am
Abhänge eines Berges ebenfalls nur durch größere Sprengarbeiten gewonnen werden
können. Die Tragseile sind dort in derselben Weise gespannt bezw. verankert wie in
der ersten Winkelstation; das Zugseil ist aber hier, 3,5 km von dem Sägewerk
entfernt, unterbrochen. Seine Anfangsspannung von rund 350 kg erhält es dadurch, daß
die Endseilscheibe, über die es geht, auf einer Gleitbahn verschiebbar ist und durch
ein Gewicht von etwa 700 kg angezogen wird.
Ursprünglich war geplant, daß das neue Zugseil für den unteren Teil der Strecke sich
völlig unabhängig von dem oberen bewegt, wie Fig. 10
darstellt. Da aber die einfache Bremsung von Hand nicht zuverlässig genug schien –
weswegen ja in der Beladestation der hydraulische Regulierapparat aufgestellt wurde
–, und ferner die Gefahr bestand, daß die Bahn stehen blieb, wenn einmal bei
einem größeren Aufwärtstransport die Abwärtsförderung plötzlich eingestellt wird, so
wurde bei der Ausführung das obere Zugseil erst einmal um die Hauptwelle des unteren
Zweiges herumgeführt und dann erst gespannt. Auf die Weise sind beide Teile
zwangläufig miteinander verbunden worden. Die Wagen werden von dem einen Strang auf
den anderen über Hängebahnschienen von Hand herum geschoben. Beide Zugseile haben
übrigens dieselbe Stärke, 17 mm. Unterhalb dieser Winkelstation überschreitet die
Seilbahn in einer freien Spannweite von 900 m das tief eingeschnittene Ngohatal; die
Tragseile befinden sich dort 130 m über der Talsohle. Man sieht rechts im
Hintergrunde der Fig. 11 eben noch die auf der
gegenüberliegenden Höhe errichtete Tragseilspannvorrichtung bezw. Verankerung sich
vom Erdboden abheben. Einen Blick von der in 932 m Höhe gelegenen Bergkuppe bei km
5,6 nach dem oberen Teil der Strecke zeigt Fig. 12,
die den häufigen Anblick wiedergibt, daß das Hochplateau der Endstation sich aus den
Wolken heraushebt, die den davorliegenden Teil der Bahn überdecken Wie man ferner
aus den Abbildungen erkennt, sind die Stützen im oberen Teil mit wenigen Ausnahmen
ganz gleich ausgebildet, so daß diese Stücke beim Aufbau beliebig vertauscht werden
konnten. Die leichten Zugseiltragrollen stehen bei den niedrigeren Stützen auf
seitlich angeschraubten durchgehenden ∪-Eisen; bei den höheren Stützen werden die
Enden dieser ∪-Eisen noch durch schräge Winkeleisen gehalten, Damit das Seil sich
stets wieder in die Rollen einlegt, wird es durch angeschraubte Rundeisenbügel dahingeführt.
Textabbildung Bd. 325, S. 306
Fig. 9. Winkelstation I.
Etwas hinter jener Stelle schneidet die Bahn bei km 5,9 den Ausläufer eines von
Westen kommenden Höhenrückens gerade an, der dort recht steil in die Ebene abfällt,
so daß wieder ein Teil des Felsens weggesprengt werden mußte, um sechs Stützen in je
10 m Abstand aufstellen zu können. Fig. 13 gewährt
einen Blick von dort auf das Flachland, das von der Usambarabahn durchschnitten
wird. In der Ferne erheben sich die Mafiberge, die dem Hauptstock des
Usambaragebirges vorgelagert sind.
Der Fels ist dort ebenfalls lagerhaft in Schichten, die etwa 10–15 ° nach Süden zu
anstreichen, wie auch Fig. 13 erkennen läßt;
außerdem enthält das merkwürdig leicht verwitternde Gestein noch Spalten, die mit
etwa 40–50 ° nach Westen zu steigen. Letzteres wurde erst bemerkt, als sich nach
einer kurzen Regenperiode über den beiden in Fig. 13
sichtbaren Stützen mehrere Hundert Kubikmeter in einer solchen Spalte ablösten und
die bereits fertig montierten Stützen zertrümmerten.
Von dieser letzten Erhebung sinkt die Bahn mit der Neigung 1 : 3 in die Ebene
herunter. Am Ende des Gefälles bei km 6,8 befindet sich die doppelte
Spannvorrichtung Fig. 14. Obwohl die Konstruktion
schon ziemlich hoch ist, mußte für die Spanngewichte doch noch eine Grube von
einigen Metern Tiefe hergestellt werden. Da in der niedrigen Endstation überhaupt
kein Platz für die großen Spanngewichte der Tragseile vorhanden ist, so wurde auch
die Spannvorrichtung für den letzten Teil der Bahn hierhin verlegt. Die Gewichte
hängen überall an dreikantlitzigen, verhältnismäßig dünndrähtigen Seilen von
ziemlich glatter Oberfläche, die über etwas schräggestellte Ablenkungsscheiben
laufen und dicht dahinter durch Keilmuffen mit den Tragseilen verbunden sind.
Textabbildung Bd. 325, S. 306
Fig. 10. Winkelstation II.
Bei km 7,8 überschreitet die Bahn noch einmal einen niedrigen Ausläufer des
Höhenrückens, der sich auf der linken Seite der Fig.
13 sehr gut abhebt.
Textabbildung Bd. 325, S. 307
Fig. 11. Winkelstation II.
Textabbildung Bd. 325, S. 307
Fig. 12. Stützen zwischen Mkumbara und Ngoha.
Die in den Fig. 15 und 16 dargestellte Endstation bei Mkumbara erhebt sich direkt neben dem
parallel zur Usambarabahn verlaufenden Anschlußstrang. Zwischen ihren Fundamenten
ist der Boden durch Anschüttung so weit erhöht worden, daß eine normale Laderampe
entstanden ist, von der die Stämme bequem in die Eisenbahnwagen gerollt werden
können. Auf der anderen Seite der Rampe wird jetzt ein Lagerschuppen für Schnittholz
und nach oben zu fördernde Güter erbaut. Infolge der verschiedenen großen
Spannweiten auf dem unteren Teil der Strecke und der auch dort vorkommenden
schroffen Gefällwechsel ist das Zugseil im Betriebe ziemlichen
Spannungsschwankungen unterworfen, so daß für sein Spanngewicht eine Art Turm
nötig wurde. Neben den Kuppelstellen der Station ist noch ein kurzes Abstellgleis
angeordnet, auf dem je nach den Zwecken der Förderung einige Plateauwagen oder
Holztransportgehänge beiseite gestellt werden können.
Textabbildung Bd. 325, S. 307
Fig. 13. Blick auf die Steppe.
Alle Stationen sind wie üblich miteinander telephonisch verbunden. Wegen der großen
Spannweiten war es nicht möglich, die Leitung – zur Rückleitung dient ja die Erde –
auf den Seilbahnstützen anzuordnen, wie es sonst gewöhnlich geschieht, weil sie
infolge der geringeren Festigkeit des Drahtmaterials tiefer durchhängen würde als
die Drahtseile, so daß der Draht im Winde gelegentlich vom Zugseil zerschlagen oder
von einem Wagen zerrissen worden wäre. Die Leitung wurde auf besonderen Masten aus
Mannesmannrohr neben der Seilbahnlinie verlegt. Während es nun in Deutschland
gestattet ist, auf dem eigenen Grundstück, und wenn es noch so groß ist, eine eigene
Telephonanlage zu installieren, darf eine solche Anlage in Ostafrika – wo die
Grundstücke im allgemeinen viel ausgedehnter sind, und die Post den Gutsbesitzern
mit der Legung von Leitungen nicht im geringsten entgegenkommt wie hier – 500 m
Länge nicht überschreiten. Auf Grund dieser Verordnung, die bei dem Umfang selbst
kleiner Pflanzungen dem Verbot der telephonischen Verbindung zweier Betriebsstätten
gleichkommt, wurde auch im vorliegenden Fall der Betrieb der Seilbahn nach ihrer
Fertigstellung untersagt, der ohne eine Verständigung der einzelnen Stationen ganz
undenkbar ist, und es wird allgemein als große Nachgiebigkeit der Behörde angesehen,
daß sie sich endlich doch mit der Verletzung des Postregals „auf Widerruf“
einverstanden erklärte.
Textabbildung Bd. 325, S. 308
Fig. 14. Doppelte Spannvorrichtung.
Textabbildung Bd. 325, S. 308
Fig. 15. Entladestation.
Textabbildung Bd. 325, S. 308
Fig. 16. Entladestation in Mkumbara.
Zum Schutz gegen die Einwirkung der Atmosphärilien müssen die Seile von Zeit zu Zeit
geschmiert werden. Beim Zugseil ist das sehr einfach: Man läßt es durch einen
kleinen Behälter laufen, der zum Zweck der Schmierung mit Oel gefüllt wird, und in
den dann ein das Seil umgebendes Wollkissen eingetaucht wird. Die Tragseile von
kurzen Bahnen werden in der Weise geschmiert, daß vor einen Wagen ein kleiner
Oelkasten auf das Seil gesetzt wird, aus dem das Oel durch ein dünnes Röhrchen
langsam ausläuft. Für längere Bahnen reicht aber die Oelmenge, die in einem solchen
Kästchen unterzubringen ist, nicht aus, und von A.
Bleichert & Co. ist dafür ein besonderer
Schmierwagen konstruiert worden, den Fig. 17
veranschaulicht. Er besteht aus dem Laufwerk a, dem aus
Gasrohr gebogenen Gehänge b und dem Oelbehälter c, aus dem das Oel der darunter angebrachten
Kapselpumpe p zufließt. Der Antrieb der Pumpe erfolgt
durch eine endlose über Rollen r geleitete Kette d, deren Antriebskettenräder auf den verlängerten Zapfen f der Laufräder l des
Wagens sitzen.
Textabbildung Bd. 325, S. 309
Fig. 17. Schmierwagen von Bleichert & Co.
Damit die Kette bei Schrägstellung des letzteren auf einer
Steigung entsprechend nachgeben kann, ist die eine Leitrolle r an einem drehbaren Hebel g befestigt, der
die Kette durch ein Gewicht spannt. Das Oel strömt von der Pumpe durch ein Röhrchen
h und den einen Rohrschenkel des Gehänges und das
Anschlußstück i in den hohlen Mittelbolzen k des Laufwerkes und fließt von da durch die Oeffnung
m direkt auf das Laufseil.
Die Kosten der Anlage sind sehr bedeutende geworden, denn der Termiten wegen mußten
alle Stützen und Stationen in Eisen ausgeführt werden. Jedoch bilden die reinen
Materialkosten nur einen verhältnismäßig geringen Anteil der Ausgaben. Der
Schiffstransport von Europa nach Tanga und die Verfrachtung auf der Eisenbahn bis zu
ihrer damaligen Endstation Mombo war auch noch „mäßig“ trotz der hohen
Frachtspesen der dortigen Eisenbahn. Von Mombo aus mußte aber das ganze Material auf
Ochsenwagen nach Mkumbara gebracht werden. Wenn auch dafür eine gute Straße zur
Verfügung stand, auf deren Bett später die Eisenbahn verlegt worden ist, so
erforderten doch manche großen und sperrigen Stücke viel Arbeit und entsprechende
Kosten. Im allgemeinen waren ja die Gewichte der einzelnen Stücke ziemlich niedrig
gehalten worden, immerhin ließ sich das bei den – schon zweiteiligen – Seilscheiben
und einigen Eisenkonstruktionsteilen, deren Ausführung eine größere Genauigkeit
verlangte, nicht gänzlich durchführen. Von Mkumbara aus wurde dann alles – nur
einige wenige Lasten konnten zu Wagen bis ins Ngohatal gebracht werden – durch
Träger auf die Berge hinaufgeschafft. Für die aus Beton gestampften Fundamente der
Stützen und Stationen wurden ferner riesige Mengen von Zement nötig, die ebenfalls
von Mkumbara bis an Ort und Stelle getragen werden mußten, wobei von den Schwarzen
mancher Sack unterwegs – zur Erleichterung des Transportes – ausgeschüttet worden
ist. Dazu kamen die Schwierigkeiten der Montage, die von wenigen Monteuren mit den
ungelernten eingeborenen Hilfskräften ausgeführt wurde. Alles zusammen bewirkte, daß
die Nebenkosten die der eigentlichen Lieferung um ein mehrfaches überschritten.
Allerdings sind die großen Holzbestände des Waldes so wertvoll, daß das Werk sich
trotzdem noch gut rentieren wird.