Titel: Die Bedeutung der Wasserkräfte für die chemische Industrie.
Autor: R. Camerer
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 548
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Die Bedeutung der Wasserkräfte für die chemische Industrie. Vortrag gehalten auf der 23. Hauptversammlung des Vereins deutscher Chemiker in München 19. Mai 1910 von Prof. Dr. phil. Dr.-Ing. R. Camerer, München. (Fortsetzung von S. 535 d. Bd.) Die Bedeutung der Wasserkräfte für die chemische Industrie. Nunmehr noch einige Bilder über Art und Einbau moderner Turbinen. Unter den vielerlei möglichen Turbinensystemen haben sich zwei eine führende Stellung erobert: Die Zentripetalturbinen, in denen das Wasser das Laufrad auf dem vollen Umfang beaufschlagt und in zentripetaler Richtung durchströmt und die in Europa wohl als Francis-Turbinen bezeichnet werden, und die Tangentialturbinen, in denen das Wasser in freiem Strahl das mit becherartigen Schaufeln besetzte Laufrad tangential beaufschlagt. Sie werden häufig Löffel- oder Pellon-Räder genannt. Fig. 28 zeigt ein zusammengehöriges Leit- und Laufrad einer Zentripetalturbine in der Fabrik. Fig. 27 gibt an, in welcher Weise die Turbine in eine Niederdruckanlage eingebaut werden kann. Man bemerkt die Zuleitung des Wassers durch den Rechen in die Turbinenkammer und die Ableitung des Wassers durch das sogen. Saugrohr. Die Fortleitung der Energie geschieht hier durch eine senkrechte Welle, die mit Hilfe einer Kegelradübersetzung unter gleichzeitiger Erhöhung der Drehzahl die wagerechte Welle des elektrischen Generators antreibt. Bei größeren Kräften sind solche Transmissionen unzulässig. Die Turbinenwelle muß mit der Generatorwelle unmittelbar gekuppelt sein, wie dies z.B. die Anlage Sagan (Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ing. 1906, S. 1221) (Fig. 29) darstellt. Dabei werden auch die mit der Transmission verbundenen Verluste und Unsicherheiten vermieden. Freilich ist es dann nicht immer leicht, die nötige Drehzahl des Generators zu erzielen. Ein Mittel, die Drehzahl zu steigern, besteht in der Verteilung des Wassers auf mehrere Laufräder, die dadurch kleiner werden und rascher laufen können. So sind in Sagan zwei Laufräder auf eine Welle gesetzt. Reicht das noch nicht, so hilft man sich wohl mit Textabbildung Bd. 325, S. 549 Fig. 27. Städt. Elektrizitätswerk, Kempten. Zwei Francis-Turbinen der Maschinenfabrik Augsburg mit stehender Welle, zusammen 504 PS. Textabbildung Bd. 325, S. 550 Fig. 28. Leit- und Laufrad einer Zentripetalturbine von Briegleb, Hansen & Co., Gotha. Textabbildung Bd. 325, S. 550 Fig. 29. Anlage Sagan von Briegleb, Hansen & Co. mit Camerer-Schnelläufern nach Modell der techn. Hochschule, München. Textabbildung Bd. 325, S. 550 Fig. 30. Elektrizitätswerk Vizzola bei Mailand. Textabbildung Bd. 325, S. 550 Fig. 31. Vierfachturbine von Briegleb, Hansen & Co., Bauart Camerer. Textabbildung Bd. 325, S. 550 Fig. 32. Schnelläuferanlage der Papierfabrik Woikka in Finnland. einer drei- oder vierfachen (Fig. 31) Teilung der Wassermenge. Textabbildung Bd. 325, S. 551 Fig. 33. Wirkungsgradkurven einer Turbinenanlage mit 1, 2, 3 und 4 Maschinensätzen. Textabbildung Bd. 325, S. 551 Fig. 34. Spiralturbine von Briegleb, Hansen & Co. Textabbildung Bd. 325, S. 551 Fig. 35. Tangentialturbine der Abner Doble Co. Sollen die Drehzahlen noch mehr gesteigert werden, so baut man mehrere getrennte Turbinen. Das bringt den weiteren Vorteil mit sich, die einzelne Turbine nicht zu groß zu bekommen, die Sicherheit des Betriebes zu erhöhen und eine bessere Anpassung an wechselnde Wassermenge und wechselnden Kraftbedarf zu erzielen. Fig. 30 zeigt die Anlage Vizzola mit acht getrennten Zwillingsturbinen. Fig. 33Aus Wirtschaftliche Gesichtspunkte beim Veranschlagen von Wasserkraftmaschinen. Z. d. V. d. I. 1908, S. 1908. gibt schemalisch an, in welchem Maß der Wirkungsgrad der Turbinen bei geringer Beaufschlagung durch Aufstellung und gelegentliche Abschaltung mehrerer Aggregate verbessert werden kann. Textabbildung Bd. 325, S. 551 Fig. 36. Tangentialrad, Bauart Camerer, von Briegleb, Hansen & Co. Textabbildung Bd. 325, S. 551 Fig. 37. Peltonturbine und Wasserrad. Die vorangegangenen Figuren zeigen meist Anordnungen für Niederdruckanlagen. Eine besonders einfache, von Briegleb, Hansen & Co. ausgeführte, gibt Fig. 32, wo ein Turbinenhaus gar nicht besteht. Bei hohem Druck ist der offene Einbau nicht möglich. Die Turbine muß mit einem Gehäuse umgeben werden, das entweder als Kessel, vergl. Fig. 30 oder als Spiralgehäuse (Fig. 20) ausgeführt wird. Fig. 34 zeigt ein solches mit abgenommenem Deckel, wodurch die Leitschaufeln sichtbar werden. Das Laufrad ist herausgenommen und vorn hingestellt. Nun noch zwei Figuren von Tangentialturbinen. Fig. 35 (Abner Doble Co.) läßt die schematische Anordnung mit der zur Regulierung gehörigen Nadeldüse erkennen. Fig. 36 zeigt den Einbau mit abgenommener Schutzhaube und mit Regulator. Fig. 37 gibt schließlich den Vergleich einer Pelton-Turbine mit einem Wasserrad gleicher Leistungsfähigkeit! aus dem Katalog der Pelton Co. (Fortsetzung folgt.)