Titel: Neuere Kleinkraft-Verbrennungsmaschinen.
Autor: Rudolf Barkow
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 552
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Neuere Kleinkraft-Verbrennungsmaschinen. Von Dipl.-Ing. Rudolf Barkow, Charlottenburg. Neuere Kleinkraft-Verbrennungsmaschinen. Textabbildung Bd. 325, S. 552 Fig. 1. Im Anschluß an die allgemeinen Betrachtungen über die Entwicklung der Kleinkraft-Verbrennungsmaschinen in dieser Zeitschrifts. D. p. J. S. 369 ff. dieses Bandes. sollen nachstehend einige ausgeführte Maschinen besprochen werden, die als typisch für den jetzigen Stand dieser Maschinengattung angesehen werden können. Es sei gleich bemerkt, daß diese Maschinen nicht alle dem in dem angezogenen Aufsatz als Typ angegebenen Motor entsprechen, der aus dem Wagenmotor entstanden ist, sondern daß es in interessanter Weise versucht worden ist, den Ansprüchen, welche an die Einfachheit und Billigkeit der Maschinen gestellt werden und gestellt werden müssen, gerecht zu werden, ohne daß man auf den Wagenmotortyp zurückgegriffen hat. In dieser Hinsicht hat z.B. die Gasmotorenfabrik Deutz, die älteste Firma des Kleinmotorenbaues in Deutschland, neue Formen geschaffen. Es ist im Hinblick auf die Bemerkungen in dem früheren Aufsatz besonders beachtenswert, daß diese Firma in ihren Prospekten die kleinen und billigen Maschinen, welche ohne besondere Montagearbeiten aufgestellt werden können, und entsprechend einfach und übersichtlich gebaut sein müssen, als Kolonialmaschinen bezeichnet. Wenn man auch einen Teil der Gründe für diese Bezeichnung in der stellenweise im Maschinenbau herrschenden Mode, „Kolonialmaschinen“ zu bauen, suchen muß, so ist es doch charakteristisch, daß eine Firma gerade des Kleinmaschinenbaues Maschinen bauen muß, die sich für den Export eignen, insbesondere wenn man damit die verhältnismäßig geringe Rentabilität der Gasmaschinenfabriken in den letzten Jahren zusammenhält. Das deutet darauf hin, daß das Absatzgebiet im eigenen Lande nicht groß genug ist, um bei billigen Preisen rentabel bauen zu können, und daß, um dem heimischen Gewerbe einen billigen Motor anbieten zu können, der insbesondere dem Elektromotor gegenüber wettbewerbsfähig ist, neue Absatzgebiete aufgesucht werden müssen, die dann in Bezug auf die Bauart besondere Ansprüche stellen. I. Kleinkraftmaschinen der Gasmotorenfabrik Deutz in Cöln-Deutz. 1. Liegender Kleinmotor Modell MB. Textabbildung Bd. 325, S. 552 Fig. 2. Diese Maschine, deren äußere Ansicht die Fig. 1 zeigt, wird in Größen bis zu 3 PS ausgeführt, ist also ein echter Kleinmotor. Sie ist ohne große Aenderungen für Leuchtgas und ähnliche Gase, sowie für Petroleum, Spiritus, Benzin, Benzol usw. brauchbar. Die Abbildung zeigt die normale Anordnung für Leuchtgas und dergl., die mit Glührohrzündung ausgeführt wird, während Fig. 2 eine Seitenansicht und Fig. 3 einen Längsschnitt durch Zylinder und Rahmen der Maschine für flüssige Brennstoffe mit Magnetzündung wiedergiebt, die zugleich einen Einblick in die Einzelheiten der Konstruktion gibt, von denen einige weiter unten noch besprochen werden sollen. Textabbildung Bd. 325, S. 553 Fig. 3. Ein Blick auf die Abbildung des älteren Modells E 3 v (Fig. 4), das lange Jahre der charakteristische Motor der Gasmotorenfabrik Deutz gewesen ist, zeigt deutlich die vorgegangenen Veränderungen. Die parallel zur Längsachse der Maschine liegende Steuerwelle, die nach dem Vorgange von Deutz von fast allen Firmen für alle Größen von Maschinen angenommen worden war, ist verschwunden und hat einer kurzen, unmittelbar neben dem Hauptlager liegenden Welle Platz gemacht, die Steuerung durch Nocken, die ebenfalls fast alle Firmen angenommen hatten, ist ebenfalls verschwunden und durch eine Lenkersteuerung ersetzt worden, deren Abnutzung und Anforderungen an Bedienung und Instandhaltung naturgemäß wesentlich geringer sind als die der Nockensteuerungen. Diese Verlegung der sämtlichen Steuerbewegungen in Ebenen, die zur Kurbelkreisebene parallel liegen, hat eine große Vereinfachung des gesamten Steuermechanismus zur Folge gehabt. Man muß sich allerdings darüber klar sein, daß derartige Anordnungen nur bei kurzen Maschinen möglich sind, da bei längeren Anordnungen die Massen der äußeren Steuerungsteile zu groß werden und damit größere Massenkräfte sich ergeben, die starke Abnutzungen, ungenauen Gang und Reparaturen im Gefolge haben müssen. Man überlege einmal diese Verhältnisse an der Zündsteuerung in Fig. 2. Textabbildung Bd. 325, S. 553 Fig. 4. Die oben gekennzeichnete Art der Steuerungsanordnung ist übrigens nicht neu. Schon in den 80er Jahren sind derartige Anordnungen in großen Mengen entworfen und zum Teil auch durch Patente geschützt worden. Daß nur wenige davon längere Zeit in der Praxis in Gebrauch gewesen sind, lag wohl an dem Umstand, daß damals langsamer Gang und in Verbindung damit langer Hub gebräuchlich waren und daß dann die Massen der Steuerungsteile zu groß wurden, was die oben bezeichneten Uebelstände zur Folge hatte. Man sieht hier, daß manchmal ältere Konstruktionen, die schon fast vollständig von der Bildfläche verschwunden waren, unter veränderten Verhältnissen wieder brauchbar werden. Die veränderte Lage der äußeren Steuerung hat natürlich auch Veränderungen der inneren Steuerung hervorgerufen. Die Ventile für Einlaß und Auspuff liegen jetzt seitlich am Zylinderkopf (vergl. Fig. 5) und ebenso der Zündflansch bezw. das Glührohr. Die Zugänglichkeit dieser Teile ist dadurch gegenüber früheren Anordnungen verbessert worden. Vor allen Dingen kann man jetzt sehr einfach und ohne Abbau der gesamten äußeren Steuerung an die Sitzflächen der Ventile gelangen. Die Bewegung der Ventile ist von der Stange eines auf der kurzen Steuerwelle sitzenden Exzenters abgeleitet, während bei der Magnetzündung die Betätigung des Ankers und des Abreißgestänges mittels eines in einer Scheibe der Steuerwelle steckenden Stiftes erfolgt. Diese Anordnung hat ihre Schattenseiten, denn sie kann beim Rückschlagen des Motors dazu führen, daß der Magnetapparat von seinem Konsol abgerissen wird, wenn nicht ein Bruchelement eingeschaltet wird. Die Betätigung der Ventile ist ohne weitere Erklärungen aus den Fig. 2 und 6 ersichtlich. Das Auspuffventil ist ohne besonderen Sitz eingesetzt. Die Bauart des Einlaßventiles weicht nicht von bekanntem ab. Dem Einlaßventil ist bei den Maschinen für Gase und Mischventil vorgeschaltet (siehe Fig. 6), während bei flüssigen Brennstoffen die Gemischbildung in bekannter Weise durch einen Spritzvergaser erfolgt. Dieser besteht in bekannter Weise aus einem Gehäuse, in dem der Brennstoffspiegel konstant gehalten wird und einer Einspritzdüse. Die Anordnung entspricht derjenigen des stehenden Motors, die später gezeigt werden wird. Textabbildung Bd. 325, S. 553 Fig. 5. Die Regelung der Maschinen erfolgt durch Aussetzer und zwar mit Hilfe einer Pendelregelung, die folgendermaßen wirkt: Fig. 8 zeigt den Deckel des Einströrnventilgehäuses mit darauf sitzendem Steuerhebel. Dieser Hebel trägt an Stelle der sonst üblichen Stellschraube, die auf die Ventilstange drückt, ein kurzes Pendel a, das beim Abwärtsgange des Hebels gegen die Kante b stößt. Die Schwingungszeit des Pendels ist nun so bemessen, daß sein unteres Ende c bei der normalen Umdrehungszahl der Maschine gerade in die Kerbe d eines Zwischenstückes trifft und dadurch die Ventilstange niederdrückt. Geht die Maschine aber zu schnell, so ist das Pendel beim Auftreffen der Schneide auf das Zwischenstück noch nicht weit genug zurückgekehrt, um in die Kerbe des Zwischenstückes zu treffen und gleitet infolgedessen an der äußeren Kante ab (Fig. 9). Das Einlaßventil wird also geschlossen bleiben. Die Regelung ist, wie man sieht, sehr einfach und wird auch sicher wirken. Textabbildung Bd. 325, S. 554 Fig. 6. Textabbildung Bd. 325, S. 554 Fig. 7. Es ist noch nicht ganz sicher ermittelt, ob die Aussetzer-Regelung unter allen Umständen, wenn es nicht auf sehr große Gleichförmigkeit ankommt, auch die wirtschaftlichste Art der Regelung ist. Es kann aber wohl für so kleine Maschinen angenommen werden, daß jedenfalls der Unterschied zwischen den verschiedenen Arten der Regelung, was den Gasverbrauch als Funktion der Belastung betrifft, nicht sehr groß sein wird. Man wird annehmen können, daß ein etwaiger Unterschied zugunsten einer anderen Regelungsart durch die minderen Kosten und die Einfachheit der Anordnung ausgeglichen wird. Der Wassermantel des Zylinders ist nach obenhin erweitert und dient zur Aufnahme einer größeren Wassermenge. Die Kühlung des Zylinders erfolgt nur durch das in diesem Gefäß enthaltene Wasser, das allmählich auf Siedetemperatur erhitzt wird und dann die abzuführende Wärme als Verdampfungswärme abführt. Es liegt auf der Hand, daß eine derartige Verdampfungskühlung mit einer beträchtlich geringeren Kühlwassermenge auskommen kann als eine Kühlung, die von der Wasserleitung aus erfolgt. Die Betriebskosten werden dadurch vermindert. Man könnte nun auf die Zirkulationskühlungen hinweisen, die mit Hilfe eines großen Gefäßes eine wenn auch geringe Rückkühlung des Kühlwassers erreichen. Derartige Einrichtungen nehmen aber viel Platz weg und kosten infolgedessen Miete für den Aufstellungsraum. Das gleiche gilt von den nach Art der Automobilkühler gebauten Kühlern, wenn auch nicht in dem Maße, wie von den älteren Kühlgefäßen. Wie weit die erhöhte Kühlwassertemperatur im Betriebe auf die Oekonomie der Maschine einwirkt und ob nicht Betriebsstörungen infolge hoher Wandungstemperaturen eintreten können, muß die Erfahrung lehren. Bei den Altmann-Petroleum-Motoren, bei denen diese Art der Kühlung meiner Erinnerung nach zuerst angewendet wurde, sind nicht immer günstige Erfahrungen gemacht worden. Immerhin ist man ja heute inbezug auf Kolbenschmierung weiter als damals. Die Ausnutzung des Heizwertes des Brennstoffes wird vielleicht etwas günstiger wie bei niedrigerer Kühlwassertemperatur, worauf die Untersuchungen von E. Meyer (Z. d. V. d. Ing. 1903 und Mitteilungen über Forschungsarbeiten) hinweisen. Kurbelmechanismus und Steuerungsantrieb sind eingekapselt, die Lager mit Ringschmierung versehen, so daß die Bedienung auf das kleinste Maß herabgedrückt wird. Der Kurbelzapfen wird durch einen mitumlaufenden Ring geschmiert, dem das Oel durch einen am Rahmen sitzenden Tropföler, der irr Fig. 1 gut zu erkennen ist, zugeführt wird. Die Einstellung des Zündzeitpunktes erfolgt bei der Magnetzündung durch Verschiebung des Endes der Abschlagstange, bei der Glühzündung in bekannter Weise durch Vergrößerung oder Verkleinerung des Rauminhaltes des Zündkanals durch eine Schraube, wie aus Fig. 7 zu erkennen. Die Umdrehungszahlen der Maschinen bewegen sich in den Grenzen zwischen 250 und 350 Umdrehungen i. d. Min. entsprechend ungefähr 2,0 m Kolbengeschwindigkeit, was als sehr niedrig bezeichnet werden mnß und natürlich nicht auf kleine Zylinderdurchmesser führt. Als Schnelläufer können die Maschinen jedenfalls nicht bezeichnet werden. Die Ausführungen derartiger Maschinen, die ich bis jetzt gesehen habe, machen einen recht guten Eindruck, vor allem wegen der ruhigen Formen und der wenigen bewegten Teile. Textabbildung Bd. 325, S. 554 Fig. 8. Textabbildung Bd. 325, S. 554 Fig. 9. Die Außenmaße des 3 PS-Motors sind: Höhe 1620r Breite 850, Länge 1440 mm, der Bedarf an Grundfläche ist also rund 1 qm, im Vergleich mit dem Elektromotor gleicher Leistung immer noch viel. (Schluß folgt.)