Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 636 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Nebenwiderstände bei der Schachtförderung.
Der bei der Schachtförderung zu überwindende Widerstand ist nach den im Werke „Die
Fördermaschine“ von J. v. Hauer gemachten
Angaben gleich der unausbalanzierten Last q (Nutzlast)
+ dem Seilgewicht G + den auf den Treibkorbumfang
reduzierten Nebenwiderständen W der Arbeitsmaschine.
Letztere gleich 4 v. H. der Gesamtbelastung beider Seile angenommen, ergibt sich zu
W = 0,04 ∙ (q + G + 2 F), wenn F = Gewicht einer Schale nebst Fördergefäßen ist.
Die Nebenwiderstände bestehen aus der Seilsteifigkeit an den Seilscheiben, der
Zapfenreibung der Seilscheibenachsen, der Luft- und Lagerreibung der Treibkörbe, der
Führungsreibung der Schale und der Luftreibung der Schalen im Schacht.
An der Jigner-Fördermaschine am Salomonschacht in Mähr.
Ostrau durchgeführte Versuche ergaben, daß der Widerstand der Seilsteifigkeit und
der Zapfenreibung proportional der Gesamtbelastung der Seile (q + G + 2 F)
ist, während der Widerstand der Luft- und Führungsreibung von der
Fördergeschwindigkeit und der Standfläche der Schale abhängt.
Ist die Fördergeschwindigkeit in m/Sek. = v, die
Standfläche beider Schalen in qm = S, so sind die auf den Trommelumfang reduzierten
Nebenwiderstände
W = 0,012 ∙ (q
+ G + 2 F) + 4 ∙ S ∙
v1,275 kg.
Der Koeffizient 0.012 hat sich in gleicher Weise bei verschiedener Belastung ergeben,
während der Koeffizient v1,275 auch bei anderen Fördergeschwindigkeiten und Standflächen geprüft
werden müßte. Die Nauersche Formel ergibt bei kleinen
Geschwindigkeiten zu große, bei großen Geschwindigkeiten zu kleine Werte. (Dr. J. Havlicek.) [Oesterreichische Zeitschrift für Berg-
und Hüttenwesen 1910, S. 281.]
J.
Einschienenbahn.
Die Möglichkeit, einen Wagen nur auf Mittelstützung laufen zu lassen, ist durch die
Fahrversuche von Brennern und Schert tatsächlich erwiesen. Der Rollwiderstand auf einer Schiene ist
geringer als bei der Achse mit zwei festen Rädern, da bei der letzteren an jedem
Rade nur ein Kreis richtig rollt, alle nach der Gleismitte zu gelegenen Kreise
müssen wegen zu großen Durchmessers nach hinten, alle außerhalb liegenden wegen zu
kleinen Durchmessers nach vorn schleifen. Ferner kann man die Einschienenbahn
stärker krümmen. Bei der einschienigen Schwebebahn Barmen – Vohwinkel ist eine
Krümmung von 8 m Halbmesser in Betrieb gewesen. Die Linienführung kann also örtlich
und wirtschaftlich günstiger gestaltet werden. Die Einschienenbahn wird auch
bezüglich des Grunderwerbes Vorteile bieten, da Böschungen und Stützmauern steiler,
also die Dammfüße schmaler gemacht werden können. Hinsichtlich des Oberbaues wird in
den Schienen eine erhebliche Gewichtsersparung eintreten, da ein Träger für eine
bestimmte Last mit leichterem Querschnitt durchzubilden ist, als zwei Träger für je
die halbe Last. Auch einseitige Schienenabnutzungen und das Auslaufen der Reifen
können nicht vorkommen. Die halbe Zahl der Räder wird gespart. Die nur aus Nabe und
zwei Schenkeln bestehenden Achsen werden leichter. Bremsen, Zug- und Stoßvorrichtung
bleiben die alten. Vorzusehen sind nur noch vier verstellbare lotrechte Stempel mit
kleinen Rollen, die in wenigen Sekunden herabgelassen werden können. Die
stromlos gewordenen Kreisel halten die Wagen länger als eine halbe Stunde
aufrecht. Aus wirtschaftlichen Gründen ist die Erbauung eines Hauptbahnnetzes mit
einer Schiene neben dem bestehenden ausgeschlossen, dagegen erscheint die
Einschienenbahn für kleine Linien und bewegliche Zubringer für die Hauptbahnen sehr
geeignet. Beschränkt ist ihre Verwendung jedoch insofern, als wegen der Kreisel
unbedingt elektrischer Betrieb erforderlich ist. (G.
Barkhausen) [Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens 1910, Heft 9
und 10.]
J.
Herstellung von zu Desinfektions- und Sterilisationszwecken
geeigneten Stoffen.
Den Farbenfabriken vorm. Friedr. Beyer & Co. in Elberfeld ist ein Patent erteilt worden auf ein
Verfahren, welches die bei der Herstellung derartiger Stoffe notwendige Fixierung
der Formaldehyd abspaltenden Verbindungen auf den Geweben durch Kollodium erreicht.
Die Fixierung bietet besondere Schwierigkeiten deswegen, weil die hierfür zu
benutzende Substanz die Formaldehyd abspaltende Verbindung nicht derart einhüllen
darf, daß die Einwirkung der Luft- oder Atemfeuchtigkeit, welche in diesem Falle die
Abspaltung des Formaldehyds bewirkt, unmöglich gemacht wird. Andererseits muß aber
auch eine haltbare Verbindung der an sich nicht klebenden Desinfektionskörper mit
dem Stoff gewährleistet werden. Nach den Versuchen der genannten Firma erwies sich
das Kollodium in dieser Beziehung als besonders geeignet. Die Desinfektionssubstanz
wird mit Kollodium innig verrieben und mit der erhaltenen Masse dann geeignete
Materialien z.B. Verbandmull rasch imprägniert und getrocknet. Man erhält so schwach
nach Formaldehyd riechende Stoffe, die dieses Gas bei Zutritt von Luft- oder
Atemfeuchtigkeit in noch erhöhtem Maße entwickeln. Streifen aus derartigem Material
können beispielsweise zur dauernden Desinfektion von Telephonapparaten durch
Einlegen in den Trichter oder den Hörer dienen. Auch zur Auskleidung von Behältern
für chirurgische Instrumente zwecks Sterilhaltung derselben und ähnlichen Zwecken
sind die imprägnierten Stoffe geeignet. [Leipz. Monatsschrift f. Textilindustrie
1910, Nr. 6, S. 145.]
Hg.
Dehnbares Wolfram und Molybdän.
Bisher kannte man Wolfram und Molybdän nur als brüchige, spröde Metalle. Auch das
reinste Metall, in dem sich analytisch keine Verunreinigungen nachweisen ließen,
konnte wegen seiner Härte und Brüchigkeit nicht bearbeitet werden. Um Metallfäden
für die Wolframglühlampen zu gewinnen, war man daher zu dem großen Umwege genötigt,
das Metall auf das feinste zu verteilen, zu einer Paste anzurühren und aus dieser
Paste Fäden zu pressen, die dann in der Lampe selbst zum Glühen gebracht wurden und
bei der höchsten Glut zu dichtem Metall zusammensinterten. Diese Fäden waren aber
immer noch ziemlich empfindlich gegen Stoß, ein großer Nachteil der sonst so
vorzüglichen Wolframlampen.
Es bedeutet daher einen sehr großen Fortschritt, daß es Coolidge und seinen Mitarbeitern im Versuchslaboratorium der General Electric Company zu Schenectady, N.-Y., nach
langen Mühen gelang, dehnbares Wolfram herzustellen, das sich zu Fäden von weniger
als 0,03 mm ziehen läßt. Das Metall ist glänzend stahlfarben und sehr zäh. Durch das
Ziehen steigt die Zugfestigkeit des Wolframdrahtes bis auf 420 kg/qmm (für Draht von
0,03 mm ⌀). Das spez. Gewicht war vor dem Ziehen 18,8, nach dem Ziehen schließlich
20,2. Der elektrische Widerstand beträgt für hartgezogenen Draht 6,2 Mikrohm auf den
ccm, für ausgeglühten Draht 5,0 Mikrohm. Der Temperaturkoeffizient dieses
Widerstandes ist zwischen 0° und 170° 0,0051 für hartgezogenen Draht.Glühlampen mit zum Faden ausgezogenem Wolfram
werden seit einigen Wochen von Siemens &
Halske unter dem Namen Wotan-Lampen in den Handel gebracht. Sie haben
die Zickzackwicklung der Tantallampe. Beim Brennen der Lampe wird der
gezogene Wolframfaden allmählich spröde, so daß die Wotanlampe vor starken
Erschütterungen zu behüten ist.)
Auch dehnbares Molybdän konnte hergestellt werden von
der Dichte 10,0-10,3; dessen Zugfestigkeit stieg bis auf 220 kg/qmm für Draht von
0,04 mm ⌀. Der elektrische Widerstand war 5,6 Mikrohm für hartgezogenen, 4,8 für
ausgeglühten Draht; der Temperaturkoeffizient war 0,0050.
Die gezogenen Drähte behalten ihren Glanz. Oxydierende Schmelzen, z.B. Salpeter,
greifen die Metalle rasch an. Durch Säuren werden die Metalle nur langsam zerstört.
[Metallurgical and Chemical Engineering 1910, Bd. 8, S. 340.]
A.
Verarbeitung von Kobaltnickelerzen.
Im nördlichen Ontario, Kanada, östlich vom Oberen See
sind 1903 große Lager von sogen. Kanadischen Kobalterzen entdeckt worden, die sehr
reich an Silber sind. Gegenwärtig werden 40 Minen ausgebeutet; von 1904 bis 1907
wurden fast 50000 t Erz verschifft, 1908 allein über 25000 t. Das Gestein ist
hauptsächlich Grünstein, der von Granit durchquert wird. Die Erzlager finden sich in
diesem Granit zum Teil mit Quarz, Feldspat, Pyriten, Magnetit und Chloriten
gemischt. Die Adern sind nach Dicke und Verteilung sehr verschieden; sie enthalten
vornehmlich folgende Mineralien: Argentit, Pyrargyrit, Smaltit, Kobaltit, Erythrit,
Nickelit, Gersdorftit, Chloantit, Arsenopyrit usw.
Der Arsengehalt der Erze beträgt oft über 40 v. H.; er ist für ihre Verhüttung sehr
hinderlich, da die entweichenden Arsenikdämpfe viel Silber mit sich führen und schon
wegen ihrer Giftigkeit in kostspieligen Kammern aufgefangen werden müssen.
Camillo C. Cito versuchte durch einen Schmelzprozeß mit
darauffolgender elektrolytischer Trennung die Erze rationell zu verarbeiten. Das von
ihm benutzte Erz hatte folgende Zusammensetzung:
Silber
4,12
v. H.
Eisen und Tonerde
18,5
v. H.
Arsen
19,6
„
Kieselsäure
11,0
„
Kobalt
11,2
„
Kalk
1,7
„
Nickel
5,7
„
Schwefel
1,9
„
Antimon
0,5
„
Blei und Kupfer fehlten.
Zunächst versuchte Cito das Erz durch Sieben zu
konzentrieren. Von 50 kg Erz gingen durch ein Sieb von 200 Maschen auf den qcm 46
kg; zurück blieben 4 kg; der Rückstand enthielt 25
v. H. Silber, das durch das Sieb gegangene feine Pulver nur 2,3 v. H. Der i Gehalt
an Nickel und Kobalt wurde durch das Sieben nicht vergrößert.
Versuche, das Erz mit Cyankali, Salzsäure oder Schwefelsäure auszulaugen oder das
geröstete Erz mit Chlornatrium, Thiosulfat, Cyankali, Säuren, Magnesiumchlorid,
Ammoniak auszuziehen, ergaben keine brauchbare Trennung. Das Silber ließ sich auch
durch große Mengen des Lösungsmittels nicht vollständig herauslösen; Suchte man
andererseits Nickel, Kobalt und Arsen ausziehen, so blieb von ihnen viel ungelöst
zurück, während beträchtliche Mengen Silber in Lösung gingen.
Cito versuchte nun durch Rösten das Arsen auszutreiben und das Silber mit Hilfe von Flußmitteln in
eine lösliche Verbindung überzuführen. Zunächst wurde das feingepulverte und
durchgesiebte Erz ohne Zusatz in einem Muffelofen bei langsam steigender Temperatur
acht Stunden lang geröstet. Es gingen 15–24 v. H, Silber verloren, während der
Arsengehalt sich nur wenig änderte. Um die Bildung von Arsenaten zu verhüten, wurde
bei weiteren Röstversuchen Holzkohlenpulver zugesetzt; diesmal gingen 25–30 v. H.
Silber und nur wenig Arsen fort. Um das Arsen als Schwefelarsen zu entfernen, wurde
ein drittes Mal Pyrit zugesetzt: es gingen 6,3 v. H. Silber und 7 v. H. Arsen fort.
Chlorierendes Rösten mit Kochsalzzusatz ergab sogar einen Verlust von 35 v. H.
Silber neben 22 v. H. des Arsens.
Ein Versuch in größerem Maßstab mit 9000 kg Erz bestätigte dies betrübliche Ergebnis.
Von 275 kg Silber gingen durch das Rösten 66,4 kg = 19 v. H. verloren; daneben
verflüchtigten sich 167 kg Arsen = 9,8 v. H. der ursprünglichen Arsenmenge. Bei
diesem Versuch war das Erz erst vorgeröstet, dann Bleiglanz zugesetzt und noch
einmal geröstet worden.
Durch das Rösten mit Holzkohle und Bleiglanz wurde eine klumpige Masse erhalten,
diese wurde mit den üblichen, etwas bleihaltigen Flußmitteln geschmolzen; man
erhielt metallisches Blei, Speise, Matte und Schlacke. Das Blei war sehr brüchig,
die Speise konnte von der Matte nicht ordentlich getrennt werden und die Schlacke
war nicht flüssig. Die Zusammensetzung dieser vier Produkte war folgende:
Blei
Speise
Matte
Schlacke
Silber
1,78
0,32
1,52
0,013
v. H.
Blei
–
4
43
3,3
„
Kupfer
–
0,8
9
Spur
„
Arsen
–
34
0,3
–
„
Nickel und Kobalt
–
41
5,5
1,5
„
Schwefel
–
4
21
–
„
Von 300 kg Silber wurden in den vier Produkten 275 kg wiedergefunden, was einem
Verlust von 25 kg = 8 v. H. entspricht. Von 1246 kg Nickel und Kobalt, die in der
ursprünglichen Beschickung vorhanden waren, erscheinen nur 319 kg in Speise und
Matte, entsprechend 26 v. H.; der bei weitem größte Teil dieser Metalle geht leider
in die Schlacke.
Endlich gelang es Cito, durch Zusatz von Kupfer die Schwierigkeiten zu überwinden. Ohne
vorheriges Rösten (bei dem ja viel Silber verloren ginge) wird das Erz mit der
berechneten Menge Kupfer und den nötigen Flußmitteln eingeschmolzen. Man erhält dann
nur zwei Produkte, eine Legierung, die außer Kupfer
alles Silber, Nickel und Kobalt und fast alles Arsen enthält, und eine Schlacke mit
nur sehr wenig Silber, Nickel und Kobalt. Der Kupfergehalt soll ⅔ des Gehaltes an
Nickel und Kobalt, wenigstens ebenso groß wie der Arsengehalt und vorteilhaft nicht
kleiner als der Silbergehalt sein. Aus 80 kg Erz erhielt Cito 90 kg Legierung und 25 kg Schlacke von folgender Zusammensetzung:
Erz
Legierung
Schlacke
Silber
17,6
15,4
0,08
v. H.
Arsen
12,5
10,8
Spur
„
Kupfer
–
19,5
0,5
„
Eisen
3,5
0,5
7,6
„
Schwefel
1
1,2
–
„
Alle wertvollen Metalle gehen also in die Legierung; nur sehr wenig Silber erscheint
in der Schlacke. Auch fast alles Arsen befindet sich in der Legierung.
Die Schlacke kann mit Vorteil als Flußmittel wieder verwandt werden, wobei die
letzten Spuren der Metalle noch gewonnen werden. Die geschmolzene Legierung wird
aus dem Ofen abgestochen und gleich zu Platten gegossen. Diese Platten dienen als
Anoden bei der elektrolytischen Weiterbehandlung, Das Bad besteht aus einer
schwefelsauren Kupfersulfatlösung (wenigstens 10 g Kupfer und 5 g freie
Schwefelsäure im Liter). Die Kathoden sind Bleche von reinem Kupfer. Die
Badtemperatur ist vorteilhaft 60° oder höher, je nach dem Arsengehalt der Legierung.
Die Stromdichte ist entsprechend der Zusammensetzung der Anoden und der Temperatur
zu wählen.
Bei der rechten Stromdichte und Temperatur scheidet sich das Anodenkupfer als reines
Elektrolytkupfer auf der Kathode ab; das Silber fällt quantitativ im Schlamm nieder.
Alles aus der Anode gelöste Nickel und Kobalt verbleibt im Elektrolyten. Vom Arsenik
geht der größere Teil in Lösung, der Rest in den Schlamm.
Das an der Kathode abgeschiedene Kupfer enthält nur 0,02 v. H Verunreinigungen. Man
erhält also das dem Erz zugesetzte Rohkupfer als hochwertiges Elektrolytkupfer
wieder.
Der Silbergehalt des Anodenschlammes entspricht dem Silbergehalt der AnodenEin Erz mit 1,7 v. H. Silber lieferte einen
Anodenschlamm mit 34 v. H. Silber, während der Schlamm von einem anderen 10
v. H. Silber haltendem Erze 70 v. H. Silber aufwies.); die kleine
Menge Arsen kann durch Rösten oder Auflösen des Schlammes leicht entfernt werden.
Der Silberschlamm kann ferner ohne Schwierigkeit nach dem gewöhnlichen
Kupellationsverfahren konzentriert werden.
Der Elektrolyt kann auf folgende Zusammensetzung gebracht werden:
Kupfer
10 g
im
Liter
Nickel und Kobalt
55 g
„
„
Arsen
30 g
„
„
Um das Kupfer möglichst aus der Badflüssigkeit herauszuelektrolysieren, hängt man
unlösliche Anoden ein und schlägt auf dünnen Bleiblechen das Kupfer nieder, indem
man mit abnehmendem Kupfergehalt die Stromdichte mindert und die Temperatur
steigert. Mit einer Stromdichte von 1,5–2 Amp/qdm bei 80–90° läßt sich das Kupfer bis auf etwa 2 g
im Liter herabmindern. Der Kupferniederschlag ist sehr gleichmäßig und läßt sich
leicht vom Bleiblech ablösen; er kann zu Kathoden in den früher erwähnten Bädern
dienen.
Der Rest des Kupfers kann mit Schwefelwasserstoff in der Kälte ausgefällt werden,
wobei sehr wenig Schwefelarsen mitgeht. Dieses Schwefelkupfer kann als Flußmittel
verwendet werden. Alles Arsen wird in der Hitze durch Schwefelwasserstoff als reines
Schwefelarsen ausgefällt und kann als solches auf den Markt gebracht werden.
Nickel und Kobalt können schließlich entweder rein chemisch oder durch Elektrolyse
aus dem Bade abgeschieden werden. [Metallurgical and Chemical Engineering 1910, S.
341.]
A.
Die Entzündung von Kohlenstaub durch den elektrischen
Funken.
Um die für Kohlenbergwerke, Brikettfabriken u.a.m. wichtige Frage der Entzündung von
Kohlenstaub durch den elektrischen Funken zu klären, hat Dr. Thornton, wie er in einem Vortrage in der Institution of Mining and Mechanical Engineers ausführte, zahlreiche
Versuche unter verschiedensten Bedingungen ausgeführt und festgestellt, unter
welchen Verhältnissen eine Entzündung von Kohlenstaub durch den elektrischen Funken
eintritt.
Trockene Kohle in Staubform wird nicht entzündet; sie zeigte keine Veränderung,
wenn sie zwischen zwei 25 mm voneinander entfernte Pole einer Leitung von 480 Volt
gebracht wird und dort mehrere Monate verbleibt. Ebenso verhält sich mit Oel
befeuchteter Kohlenstaub, während mit Wasser angefeuchteter Kohlenstaub eine
verhältnismäßig starke Entzündlichkeit bezw. Leitungsfähigkeit zeigte. Ein Brei aus
Wasser und Kohlenstaub, der zwischen die beiden Pole der erwähnten Leitung gebracht
wurde, zeigte sofort starke Funken und ein kräftiger Lichtbogen schloß die beiden
Pole kurz. Dies Ergebnis läßt sich nach Ansicht Dr. Thorntons nicht allein auf die Gegenwart von Wasser zurückführen, sondern
wird wahrscheinlich durch eine Reihe verkohlter Staubpartikelchen verursacht, welche
die Pole kurzschließen.
Der bei den Versuchen benutzte Kohlenstaub war eine Mischung aus drei Minen, wurde
nicht vorher gesiebt und enthielt etwa 10 v. H. kalkhaltige Asche. Der Apparat
selbst bestand aus einem starken Holzkasten mit Deckel und Glasfenster. Der feuchte
Kohlenstaub wurde mittels Fußblasebalg durch ein Glasrohr von 6 mm 1. W. in den
Kasten hineingeblasen; in den Kasten ragten eine feste und eine bewegliche
Messingstange hinein, deren beide Pole durch einen Abreißmechanismus schnell oder
langsam voneinander entfernt werden konnten. Nach jeder Zündung wurde die Luft im
Kasten erneuert; der Abreißfunken hatte stets dieselbe Länge, nur die Schnelligkeit
des Abreißens wurde verändert.
In den folgenden Tabellen sind die Ergebnisse der interessanten Versuche kurz
zusammengefaßt:
Tabelle 1.
Schnelles Abreißen. 100 Volt induktionsfreier Gleichstrom.
Amp.
Zahl derVersuche
Staub wurde entzündet
ProzentsatzderZündungen
vollständig
teilweise
40
57
0
0
0,0
75
20
0
1
2,5
84
30
1
2
6,6
90
20
1
2
10,0
110
20
3
2
20,0
120
62
10
10
24,0
Tabelle 2.
Schnelles Abreißen. 240 Volt induktionsfreier Gleichstrom.
Amp.
Zahl derVersuche
Staub wurde entzündet
ProzentsatzderZündungen
vollständig
teilweise
10,8
15
0
0
0,0
12,0
31
0
3
4,8
15,5
22
0
5
11,3
18,0
44
0
21
24,0
27,0
23
3
16
48,0
Tabelle 3.
Schnelles Abreißen. 480 Volt induktionsfreier Gleichstrom.
Amp.
Zahl derVersuche
Staub wurde entzündet
ProzentsatzderZündungen
vollständig
teilweise
5,79
33
0
0
0,0
6,67
37
3
0
8,1
7,14
39
7
0
18,0
7,65
30
6
0
19,8
10,3
20
12
0
60,0
13,0
10
10
0
100,0
25,0
10
10
0
100,0
Die Tab. 1–3 zeigen, daß bei induktionsfreiem Gleichstrom der Prozentsatz der
Zündungen f. d. Amp. annähernd proportional dem Quadrat der Spannung in Volt ist;
bei gegebener Spannung wächst der Prozentsatz der Zündungen in einem linearen
Verhältnis zur Stromstärke.
Die Ergebnisse beim langsamen Abreißen des Funkens sind aus Tab. 4 zu ersehen.
Tabelle 4.
Langsames Abreißen. Induktionsfreier Gleichstrom.
Volt
Amp.
Zahl derVersuche
Staub würde entzündet
ProzentsatzderZündungen
vollständig
teilweise
110
7,810,016,0
332638
0117
0215
0,07,761,5
235
1,451,902,10
202224
000
0210
0,04,521,0
Die Zündung konnte bei diesen Versuchen mit viel geringerer Stromstärke erreicht
werden, wenn die Spannung gegeben war. Ueber die Einwirkung von Wechselströmen gibt
Tab. 5 Aufschluß.
Tabelle 5. Schnelles Abreißen. Induktionsfreier Wechselstrom.
Leistungsfaktor 0,92.
Volt
Amp.
Zahl derVersuche
Staub wurde entzündet
ProzentsatzderZündungen
vollständig
teilweise
77Frequenz = 40
170300
5052
02
22
2,05,8
100Frequenz = 80
85112
3240
00
00
0,00,0
Tab. 6 gibt die geringste Stromstärke an, die bei gegebener Spannung nötig ist, um
den Kohlenstaub bei schnellem Abreißen des Funkens zu entzünden.
Tabelle 6.
Volt
Stromstärke in Ampere Frequenz = 40
Leistungs-faktor
Gleichstrom
Wechselstrom
mitInduktion
ohneInduktion
mitInduktion
ohneInduktion
77
–
–
–
100
0,75
100
16,0
70,3
140,0
–
0,80
240
5,7
11,0
–
–
–
280
–
–
36,0
–
0,80
480
2,3
5,8
14,2
–
0,81
635
–
–
5,2
–
0,83
Nimmt man induktionsfreien Gleichstrom als das Normale an, so ergibt sich die
relative Sicherheit der elektrischen Ströme bei verschiedenen Spannungen aus Tab.
7.
Tabelle 7.
Volt
InduktionsfreierGleichstrom
Gleichstrommit Induktion
Wechselstrom
100
1,0
0,228
2,00
200
1,0
0,407
3,56
300
1,0
0,438
3,54
400
1,0
0,338
2,78
500
1,0
0,354
2,09
Der Sicherheitsfaktor des Wechselstroms steigt bis 300 Volt, um dann wieder zu
fallen. Bei niedrigen Spannungen sind die Gefahren einer Zündung wegen des größeren
Volumens des Funkens gleich denen bei höheren Spannungen, wo der Funken längere Zeit
andauert. Als Volumen des Funkens kann man die Oberfläche desselben bezeichnen, die
mit dem Staube in Berührung kommt.
In Tab. 8 endlich ist die Stromstärke in Ampere angegeben, welche bei gegebener
Spannung mit Sicherheit bei jeder Funkenbildung eine Zündung ergibt.
Tabelle 8. Schnelles Abreißen.
Volt
Geringsternötig. Stromin Amp.
Sicherzün-dender Stromin Amp.
Verhältnis
100 Gleichstrom
70,3
270,0
3,8
240 „
11,0
44,2
4,0
480 „
5,8
13,0
2,2
1000 Wechselstrom
4,1
6,4
1,56
Aus diesen Versuchen kann man folgende Schlüsse ziehen: Während trockener Kohlenstaub
nicht den elektrischen Strom leitet, wirkt er in feuchtem Zustande als guter Leiter,
und kann durch plötzliche Funken, die beim Bruch eines Kabels oder Leiters
entstehen, entzündet werden; die zur Zündung nötige Stromstärke ist bei mittlerer
Spannung größer für Wechselstrom als iür Gleichstrom. In Anlagen, wo Kohlenstaub
entsteht, sind deshalb die Verteilungskästen staub- und feuerdicht auszuführen, als
Sicherungen nur Patronensicherungen anzuwenden. [Iron and Coal Trades Review vom 15.
April.]
Renold.
Das Wasserkraftelektrizitätswerk Sterzing.
Die Stadtgemeinde Sterzing nutzt die Wasserkraft des Jaufenbaches, welcher mindestens
600 l i. d. Sek. führt, in einer Gefällstufe von 61,7 m für die Erzeugung von
elektrischem Strom aus. An das mit einem 6 m breiten Ueberfall, sowie mit Grundablaß
und Sandschützen versehene Wehr schließt sich ein 0,7 m breiter Oberwasserkanal von
0,1 v. H. Gefälle an, dessen Gesamtlänge etwa 1 km beträgt. Dieser mündet mittels
eines gedeckten, sich allmählich auf 2,9 m vertiefenden Sandfanges in ein
Wasserschloß mit 4 m breitem Ueberfall, von welchem eine 650 mm weite schmiedeiserne
Druckleitung von 80 m Länge zum Kraftwerk führt. Hier sind drei Löffelturbinen mit
Doppeleinlauf vorhanden, welche mit Schwungrädern versehen und mit je einer
Drehstromdyname gekuppelt sind. Die Turbinen sind von der Leobersdorfer Maschinenfabrik gebaut und leisten bei einem Nutzgefälle von
58 m, einer Wassermenge von 215 l i. d. Sek. und 300 Umdrehungen i. d. Min. 130 PS.
Die Düsen haben rechteckigen Querschnitt und ihre Zungen werden unmittelbar von dem
Servomotor des Reglers eingestellt. Druckstöße bei schnellem Schluß der Düsen werden
durch Sicherheitsventile abgeschwächt, welche unmittelbar vor dem Düsenkopf
angebracht sind. Die 20polige Drehstrommaschinen von je 120 KVA liefern Strom von
3600 Volt Spannung, der nach der Stadt Sterzing übergeführt und dort in
Oeltransformatoren auf 150 Volt gebracht wird. (Baudisch.) [Z. Oesterr. Ing. u. Architekten-Verein 1910, S. 429–432.]
H.
Wasserkraftwerke in Verbindung mit Bewässerungsanlagen.
Die umfangreichen Bewässerungsanlagen, welche seit etwa acht Jahren für die
Nutzbarmachung weiter Länderstriche durch die Regierung der Vereinigten Staaten errichtet
werden, haben dadurch, daß die aufgestauten Wassermengen nebenbei auch zur
Krafterzeugung verwertet werden können, die Möglichkeit gegeben, einen nicht
unerheblichen Teil der aufgewendeten Kosten zurückzugewinnen. So sind in Verbindung
mit der Talsperre, welche am Salt-River errichtet wird, und deren Bewässerungsgebiet
97000 ha umfassen soll, zwei Kraftwerke errichtet worden, von denen eines mit Wasser
aus der Talsperre und das zweite mit dem durch einen Staudamm im Salt-River 30 km
oberhalb der Talsperre abgelenkten Wasser betrieben wird. Die Talsperre wird durch
den bekannten Roosevelt-Damm von 85,34 m Höhe und 330 m
Länge, die größte Staumauer der Welt, abgeschlossen. Nach vollem Ausbau werden die
beiden Kraftwerke, deren Fernleitungen schon jetzt eine Länge von 120 km erreicht
haben, zusammen 70400 PS leisten. Der Strom wird zum Teil in Pumpwerken für
Bewässerungsanlagen, zum Teil anderweitig ausgenutzt.
Ein zweites großes Bewässerungswerk ist im Uncompahgre-Tale im Staate Colorado im
Gange, wo das Wasser des gleichnamigen und des Gunnison-Flusses durch einen 916 km
langen Stollen gesammelt werden soll. Bei der Abgabe des Wassers aus der Talsperre
sollen 10000 PS an Wasserkraft gewonnen werden können. Im Staate Idaho, 9,6 km
südlich von Minidoka ist am Snake River eine weitere Talsperre bereits errichtet,
welche schon jetzt 623 cbm i. d. Sek. abgibt und 1800 PS erzeugt, während im vollen
Ausbau 7020 PS erzeugt werden können. Aehnliche Anlagen sind bei Garden City,
Kansas, Williston, North-Dakota usw. im Entstehen begriffen. [Electrical World 1910
II, S. 19–22.]
H.
Die neuen Rheinwehre oberhalb Basel.
Das Wehr bei Augst-Wyhlen, das gemeinsam von dem Kanton Basel Stadt und dem
Kraftübertragungswerk Rheinfelden in Verbindung mit dem bekannten Rheinkraftwerk 13
km oberhalb Basel errichtet wird und seit 1908 im Bau ist, wird am Ende einer etwa
750 m langen Stromschnelle eingebaut. Es enthält zehn Oeffnungen von je 17,5 m
lichter Breite und neun Pfeiler von je 4,2 m Breite, wird also insgesamt 213 m lang.
Die Wehröffnungen werden durch einteilige, eiserne Schützen von 18,7 m Stützweite
und 9,5 m Höhe ohne Gegengewicht geschlossen. Die Pfeiler ragen 21 m über
Niedrigwasser auf und werden durch 7 m breite Eisenbetonbogen abgestützt, welche
eine fahrbare Brücke und ein Eisenbahngleise tragen. An das Wehr schließen sich an
jedem Ufer stromaufwärts in der Richtung des Stromes zwei gleich große Kraftwerke
an, in denen je 15000 PS erzeugt werden sollen. Durch das Wehr wird das
Niedrigwasser um 8,4 m gehoben, das Hochwasser um 1 m, wobei der Rückstau 6 km weit
reicht.
Ein zweites, ebenso bemerkenswertes Wehr wird 45 km oberhalb Basel bei Laufenburg
durch die Feiten & Guilleaume-Lahmeyer- Werke und die Schweizerische
Druckluft- und Elektrizitäts-Gesellschaft errichtet. Das Wehr, welches 15 m
hoch wird und ein Gefälle von 9–11 m zur Ausnutzung bringen soll, erhält vier
Oeffnungen von je 17,3 m Weite sowie 280,7 m Gesamtlänge. Die zwischen den drei
Pfeilern von je 4,5 m Breite geführten Schützen werden in der Wagerechten geteilt
und mit Gegengewichten auf Rollen verschoben. In Verbindung mit jedem Wehr wird eine
große Schiffsschleuse angelegt, durch welche die Fortführung der Rheinschiffahrt
über Basel hinaus bis zum Bodensee verwirklicht werden dürfte. (Krieger.) [Deutsche Bauzeitg. 1910, S. 505–507.]
H.