Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 819
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Moderne Wehrbauten. Die technischen Anforderungen des modernen Wehrbaues bestehen nicht allein darin, das Bauwerk standsicher herzustellen, sondern auch darin, Schäden, welche der Wehrbau zur Folge haben könnte, z.B. den verstärkten Angriff des über das Wehr hinweggehenden Wassers auf der Flußsohle, Störungen in der Geschiebeableitung und Folgen des Rückstaues, insbesondere bei hohem Wasserstand, zu vermeiden. Bei den bayerischen Gebirgsströmen, deren Wasserführung wegen des Mangels an hochliegenden großen Seen starken Schwankungen unterworfen sind, hat sich die Aneinanderreihung eines festen Wehres und einer Schleusengruppe, welche die Gewähr bietet, daß selbst bei schnell ansteigendem Hochwasser keine Ueberschwemmungen eintreten können, so bewährt, daß wohl auch in Zukunft daran festgehalten werden kann, wenngleich sich die gleichen Aufgaben, wie die Wehranlage bei Sieders in der Rhone beweist, auch mit einem reinen Schleusenwehr lösen lassen. Eine Verbesserung der üblichen Wehrausführungen wäre aber in der Richtung möglich, daß man die jetzt gewöhnlich in der Flußmitte liegende Floßgasse nach dem Ufer hin verlegt, wodurch man eine der langen Floßgassenmauern ersparen und auch in bezug auf die Eisabführung Vorteile erzielen würde. Das feste Wehr wird vielfach geneigt in den Fluß eingebaut. Zum Schutz der Ufer empfiehlt es sich dann, die Spundwand, die als Fangdamm gegen den Grundablaß hin verläuft, als Leitwand bis zur Höhe der Wehrkrone gegen den Einlaßkanal hin auszubilden. Für moderne Wehre werden möglichst große, ungeteilte Abschlußöffnungen mit beweglichen Verschlüssen gefordert. Damit ferner die oberhalb des Wehres angesammelten Geschiebemassen beim Oeffnen der Schützen ungehindert fortgeschwemmt werden können, soll die Schwelle möglichst tief liegen, während andererseits im Interesse der Wasserkraftausnutzung oder möglichst geringer Behinderung der Schiffahrt große Stauhöhen und wegen der schnellen Abführung von Hochwasser und Eis breite, freie Oeffnungen erwünscht sind. Aus allen diesen Rücksichten ergeben sich die heute üblichen großen Wehrabmessungen. Als Abschlußorgane verwendet man bei den größeren Wehröffnungen senkrecht verstellbare Schützen, welche der Engländer Stoney im Jahre 1883 zum erstenmal bei einer Wehranlage in Irland ausgeführt hat und welche sich seitdem in den meisten Ländern bewährt haben. Das Wesen des Stoney-Schützen besteht darin, daß das Gewicht der schweren Schützentafel durch Gegengewichte ausgeglichen ist und daß der Wasserdruck von Rollen in den Wehrnuten aufgenommen wird, so daß das Ziehen der Schützen nur geringe Kraft erfordert. Zum seitlichen Abdichten dienen freihängende Rundstäbe, welche beim Oeffnen mit gehoben werden. Die Rollen sind nicht an den Schützen befestigt, sondern frei aufgehängt und machen nur einen halb so großen Weg wie die Schützen. Wird dadurch die Arbeit beim Ziehen noch weiter vermindert, so hat das andererseits auch zur Folge, daß die Rollen dem schnell fließenden Wasser und des Geschiebes ausgesetzt werden und sich daher schnell abnutzen. Die erste Anwendung dieser Schützen auf unserem Festlande stellt das Wehr bei Chèvres in der Rhone dar, welches bei 75 m Länge sechs Oeffnungen von je 10 m lichter Weite mit 8,5 m hohen, 50000 kg schweren Schützen enthält. Bekannte Ausführungen sind ferner die Wehranlagen des Hagneckwerkes zwischen der Aare und dem Bielersee, bei Beznau in der Aare mit sieben Oeffnungen von je 15 m Weite, das Simmewehr bei Wimmis am Thunersee, dessen 7 m hohe Schützen in der Mitte geteilt sind, und das Albulawehr bei Alvaschein, das zwei 8 m breite Wehröffnungen und einen 15 m breiten Ueberlauf enthält. Dieses Wehr hat wegen seiner Gründung besonders große Schwierigkeiten verursacht. Endlich werden auch die beiden großen Rheinwehre bei Augst Wyhlen und bei Laufenburg in der Hauptsache nach dieser Bauart ausgeführt. Neben den Stoneywehren haben in neuerer Zeit auch die Walzenwehre, die von der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg ausgeführt werden, namentlich in Deutschland einige Bedeutung erlangt. Diese sind allerdings hauptsächlich auf solche Fälle beschränkt, wo die Breite der Oeffnung im Verhältnis zu ihrer Höhe verhältnismäßig groß ist, wo also Schützenwehre nicht sehr zweckmäßig sind. (Krieger.) [Bayer. Industrie- und Gewerbeblatt 1910, S. 401–407 und 411–415.] H. Verein deutscher Ingenieure Bezirksverein Berlin. In der Sitzung am 7. Dezember sprach zunächst Herr Ingenieur B. Loewenherz über „Elektrisches Schweißen“. Das Kennzeichnende des elektrischen Schweißverfahrens ist, daß die Schweißwärme in Form von elektrischer Energie in die Arbeitsstücke selbst eingeführt wird, d.h. die Stücke werden durch die an der Trennfuge freiwerdende Stromwärme erhitzt, während bei allen andern Verfahren die Wärme von außen zugeführt wird. Der Vortragende erläuterte die drei Arten des elektrischen Schweißens an Hand von Schweißmaschinen der A. E. G., die er im Betriebe vorführte. Die Ausbildung der Schweißvorrichtungen in der Richtung, den Arbeitsvorgang möglichst selbsttätig und von der Geschicklichkeit des Bedienenden unabhängig zu machen, läßt die Maschinen besonders für die Massenfabrikation geeignet erscheinen. Die Hauptvorteile des elektrischen Schweißens liegen in der Schnelligkeit, mit der die Verbindungen hergestellt werden können, in der Verbilligung des Arbeitsverfahrens, weil weniger Bedienungsmannschaft und geringere Schulung der Arbeiter erforderlich ist, und schließlich in der technischen Vollkommenheit der Schweißverbindung. Bisher haben sich allerdings nur die verschiedenen Arten des Eisens und wenige andere Metalle einwandfrei schweißen lassen. Doch kann bei Legierungen an die Stelle der Schweißung eine mit den gleichen Vorrichtungen ausführbare elektrische Hartlötung treten. Das elektrische Schweißen wird hauptsächlich bei einem großen Teile der Verbindungen von Metallen angewendet, die in der Massenfabrikation bisher durch Schweißen im Feuer oder durch Hartlöten ausgeführt wurden und die an die Schweißmaschine herangebracht werden können. Sodann bildet die elektrische Punkt- und Nahtschweißung für die gesamte Blechindustrie einen Ersatz für das Nieten und die übrigen Verbindungsarten. Sodann folgte ein Vortrag von Dr. Ludwid Michaelis über „Sauerstoff im Dienste der Metallindustrie“. Zum Schweißen von Metallen mit Sauerstoff gehört eine Flamme, die stark reduzierende Eigenschaften haben muß, um die Wirkung des bei der Verbrennung von Wasserstoff gebildeten Wasserdampfes aufzuheben. Die Wasserstoff-Schweißung arbeitet mit reinen Gasen und gut ausgebildeten Vorrichtungen im allgemeinen einwandfrei, hat aber den Nachteil, daß die Flamme eine verhältnismäßig niedrige Temperatur hat. Infolgedessen läßt sie sich nur auf Metalldicken bis 6 mm anwenden. Die Azetylen-Sauerstoff-Schweißung, allgemein „autogene Schweißung“ genannt, arbeitet nach zwei Verfahren, von denen das eine Azetylen in verdichtetem Zustand und das andere Azetylenerzeuger verwendet. Das verdichtete Azetylen, das unter dem Namen Dissousgas im Handel ist, bietet alle Vorteile eines guten Schweißverfahrens: Reinheit der Gase, bequeme Vorrichtungen, weite Verwendbarkeit, gut ausgebildete Brenner. Im Gegensatz dazu leidet das Schweißen mit Gas aus dem Gaserzeuger oft an schlechten Erzeugerkonstruktionen, die minderwertiges Gas liefern. Der Vortragende erläuterte sodann an Hand praktischer Vorführungen, auf welche Weise die einzelnen Metallarten mit der Schweißflamme bearbeitet werden. Man kann sogar Aluminium und Nickel autogen schweißen. Ganze Industrien haben bereits ihre Arbeitsverfahren auf die Azetylen-Sauerstoff-Schweißung begründet, z.B. die Fahrradfabrikation und die Herstellung von Rohren. Andererseits ist die autogene Schweißung bei Ausbesserungen vorzüglich verwendbar, insbesondere auch bei Dampfkesseln. An einem Kessel der Hamburg-Amerika-Linie ist z.B. eine 30 m lange, 28 mm breite Schweißnaht vorzüglich gelungen. Auch das Schneiden von Metallen mit der Azetylen-Sauerstoff-Flamme gewinnt immer mehr an Bedeutung, vor allem deshalb, weil man das zu schneidende, oft sehr unhandliche Stück nicht mehr zu befördern braucht, sondern den Brenner und die übrigen Geräte an das Arbeitsstück heranbringen kann. Das Verfahren wird noch dadurch vereinfacht, daß man Sauerstoff in fester Form verschicken und in den Geräten verwenden kann. Eine Gefahr für die autogene Schweißung liegt nur darin, daß leicht minderwertige Vorrichtungen in den Handel gebracht werden können, weshalb man sich auf die Apparate von erprobten Firmen beschränken müsse.