Titel: Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung in Brüssel 1910.
Autor: A. Linker
Fundstelle: Band 326, Jahrgang 1911, S. 317
Download: XML
Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. Von Dr.-Ing. A. Linker, Kiel. (Schluß von S. 302 d. Bd.) Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet usw. Auch die internationale Maschinenhalle bot vieles Sehenswerte. So bemerkte man in der Schweizer Abteilung u.a. eine neue Zugbeleuchtungsanlage von Brown, Boveri & Co., Baden (Schweiz), die eine Verbesserung der s. Zt. von Aichele (E. T. Z. 1905, S. 95) angegebenen Anordnung ist. Das Prinzip des Systems besteht darin, durch Einwirkung eines Spannungsrelais den Widerstand der Erregerwicklung bei verschiedenen Geschwindigkeiten zu verändern, so daß eine konstante Spannung von der Maschine geliefert wird. Durch entsprechende Schaltelektromagnete wird außerdem ein Ueberladen der Akkumulatorbatterie durch Spannungserniedrigung vermieden, sowie bei Stillstand der Wagen die Maschine von der Batterie abgeschaltet. Sehr reichhaltig an großen elektrischen Maschinen war der Stand der belgischen Firma Ateliers de Constructions Electriques de Charleroi, Société Anonyme. Darin befanden sich u.a. ein Motorgenerator für 1100 KW Leistung, bestehend aus einem synchronen Drehstrommotor für 1300 PS, 3000 Volt, 50 Perioden/Sek., 420 Umdr./Min., mit einer vierpoligen Erregermaschine für 30 KW bei 230 Volt, 130 Amp. Der Gleichstromgenerator gab 2200 Amp. bei 500 Volt Spannung ab. Ein anderes Aggregat von 1350 KW diente zur Speisung eines Fördermotors für Bergbau mit 1050 PS bei 500 Volt, 2610 Amp. und 54 Umdr./Min. Von den französischen Fabrikaten war besonders bemerkenswert ein großer Turbogenerator für Dreiphasenstrom mit Kompoundierung. Er leistete etwa 1600 K V A bei 10000 Volt, 1500 Umdr./Min. und lieferte den Strom für den Betrieb der großen Maschinenhalle. Die Turbine war von Du Jardin & Cie, Lille, nach dem System Oliron gebaut und leistete 2000 PS. In dem italienischen Teil der Maschinenhalle war die Firma Tost, Mailand, vertreten mit einer großen Turbine zum Antrieb eines Dreiphasengenerators von Brown, Boveri & Co., Mailand, für 3000 KW, 3800 Volt, 1260 Umdr./Min., 610 Amp./Phase, 42 Perioden/Sek. Von den niederländischen Firmen hatte die Elektrotechnische Industrie (Willem Smit & Co.) in Slikkerveer bei Rotterdam einen großen Gleichstromgenerator mit Wendepolen ausgestellt. Die Magnetwicklung ist dabei zur Vergrößerung der Kühlflächen unterteilt. Ferner befand sich daselbst ein Kaskadenumformer nach dem System Arnold, Bragstad, la Cour der fü. das Gemeinde-Elektrizitätswerk Nymegen bestimmt ist Der Generator war für 300 KW, 650/750 Volt, 4 60/400 Amp. bei 750 Umdr., der Motor für 6200 Volt, 50 Perioden/Sek. mit sechs Polen gebaut. Die elektrische Kupplung beider erfolgte zwölfphasig. Dieser Typus von Maschinen hat den Zweck, Wechselstrom in Gleichstrom umzuwandeln, und besteht aus einem Induktions-Asynchronmotor, der mit einem Gleichstromgenerator nicht nur mechanisch, sondern auch elektrisch gekuppelt ist. Diese Anordnung hat gegenüber dem Motorgenerator mit Synchronmotorantrieb mannigfache Vorteile: 1. Der Apparat kann ohne besondere Hilfsvorrichtung nur durch Anlaßwiderstand in Gang gesetzt werden. 2. Da etwa nur die Hälfte der Leistung mechanisch, die andere dagegen wegen der elektrischen Kupplung transformatorisch auf die Gleichstromseite übertragen wird, kann der Motor leichter gebaut werden. Ebenso kann die Gleichstrommaschine kleiner als eine normale bemessen werden, da sie nur bei einer Periodenzahl arbeitet, die der Hälfte derjenigen der Primärseite entspricht, somit in bezug auf Funkenbildung günstiger ist. 3. Der Wirkungsgrad ist höher als beim Synchronmotor-Aggregat. Die Maschine kann auch als Gleichstrom-Wechselstromumformer und als Perioden und Phasenzahltransformator verwendet werden. Zur genaueren Orientierung über diese sehr vorteilhafte Maschinengattung verweise ich auf die Broschüre: „Der Kaskadenumformer“ von E. Arnold und J. L. la Cour (Erike, Stuttgart). Hinter der belgischen Haupthalle befand sich eine Sonderausstellung elektrischer Maschinen und Apparate, in der die Ateliers de Constructions, Charleroi, außer Generatoren, Motoren und dem Hochspannungsprüfraum einen Fördermotor für Bergwerksbetrieb mit selbsthätiger Druckknopfsteuerung im Betriebe vorführten. Daß man bestrebt ist, die elektrischen Generatoren zur Beleuchtung von Automobilen auszunutzen, zeigte die Auto-Dynamo von Jos. de Coster & Co., Thildonck (Wespelaer), Belgien. Das Schaltungsschema der Anordnung zeigt Fig. 28. Der Automobilmotor, welcher mit etwa 1500 bis 5000 Uml./Min. arbeitet, treibt den normal für etwa 2200 Umdr./Min. gebauten Anker A des Nebenschlußgenerators durch ein Vorgelege an. Ist die Geschwindigkeit am kleinsten, dann liegt die Schleiffeder s des Nebenschlußregulators r auf dem Kontakt o, wodurch das Magnetfeld M den normalen Erregerstrom erhält. Mit steigender Geschwindigkeit des Fahrzeugmotors bewegt der Zentrifugalregulator R mittels des um a drehbaren Hebels H die Schleiffeder s nach dem Kontakt 1, 2, 3, 4 usw., wodurch Widerstände in den Magnetkreis eingeschaltet werden, die so unterteilt sind, daß trotz verschiedener Motorgeschwindigkeit die Klemmenspannung des Ankers konstant bleibt. Als Reserve dient eine Akkumulatorenbatterie. Die Generatoren werden für 20 bis 160 Watt Leistung 4 bis 16 Volt, 5 bis 10 Amp. gebaut. Textabbildung Bd. 326, S. 318 Fig. 28.Schaltung der Autodynamo. Zum Schluß wollen wir noch eine Methode zur Erzeugung von Elektrizität durch eine von Windkraft betriebene Maschine betrachten, wie die auf der Plaine des Sports ausgestellte Anlage des Ingenieurs R. van Sante, Wetteren (Belgien), zeigte. Bei allen Anordnungen zur Ausnutzung der veränderlichen Windkraft für den Elektrizitätsbetrieb kommt es in erster Linie darauf an, die durch die Veränderlichkeit des Windes möglichen Störungen zu vermeiden. Welche Hilfsmittel dazu verwendet werden, habe ich in einigen Abhandlungen (Elektr. u. Masch.-Betr. 1910, Heft 6, 7, 8) über Windkraftelektrizitätswerke angegeben. Da nach den Angaben der belgischen Firma die Konstruktionen auf Grund der bisher ältesten Erfahrungen ausgeführt sein sollen und die Anordnungen von den bisher bekannten abweichen, mögen dieselben etwas eingehender betrachtet werden. Das ausgestellte Windkraft-Elektrizitätswerk ist ein vervollkommnetes System einer schon im Jahre 1897 auf der Brüsseler Ausstellung vorgeführten Anlage, die damals wenig beachtet wurde. Dei Windmotor hat eine Leistung von 6 PS bei 6 m Windgeschwindigkeit und trägt ein Rad von 4,9 in mit festen Flügeln aus verzinktem Stahlblech bei einer beaufschlagten Schaufelfläche von 12 qm. Durch eine Zahnradübertragung mit etwa 40 fachem Uebersetzungsverhältnis wird ein zweipoliger, mit einer zusätzlichen Hauptschlußwicklung versehener Gleichstrom-Nebenschluß-Generator von spezieller Bauart angetrieben. Die Zusatzwicklung wirkt der Nebenschlußwicklung entgegen, um bei höherer Geschwindigkeit das Ansteigen der Spannung und gleichzeitig des Stromes durch äquivalente Schwächung des Feldes zu verhindern. Fig. 29 zeigt das Schaltungsschema eines nach obigem Prinzip gebauten Windkraft-Elektrizitätswerks. Die Wirkungsweise ist dabei folgende: Angenommen, der Schalter S stehe durch seine Kontaktreihe I mit den Schleiffedern 1–5 in Verbindung und der Windmotor sei in Ruhe. Dann werden die Lampen L von der Akkumulatorenbatterie B I direkt gespeist, während B II über die Kontakte 3, 5, a, b, den kleinen Widerstand r1 und Kontakte 4, 2 dazu parallel liegt. Der Widerstand r2 hat den Zweck, eine merkliche Spannungserhöhung an den Lampen durch die vorher aufgeladene Batterie B II zu verhindern. Sobald nun der Anker A des Gleichstrom-Generators durch den Windmotor in allmählich schneller werdende Umdrehung versetzt wird, steigt infolge der Erregung durch die Nebenschlußwicklung wn bei entsprechend eingestelltem Nebenschlußregulator rn die Spannung. Die Nebenschlußwicklung N des selbsthätigen Schalters A S ist nun so dimensioniert, daß sie etwa beim Anwachsen der Maschinenspannung über einen gewissen Wert der Batteriespannung ein genügend starkes magnetisches Feld erzeugt, um den Eisenkern k nach oben zu ziehen. Dabei werden die Kontakte ab geöffnet und cd geschlossen. Es fließt jetzt der Hauptstrom über die dickdrähtige Wicklung H zur Verstärkung der anziehenden Kraft von N durch die Widerstände r2 und r1 Kontakt 4 nach 2 und verteilt sich hier über 1 nach den Lampen und zur Batterie B I. Allmählich wird B I aufgeladen, so daß die Maschine die Lampen allein speist. Textabbildung Bd. 326, S. 318 Fig. 29.Schaltung eines Windkraft-Elektrizitätswerks. Gleichzeitig kann auch von e aus über 5, 3 die Batterie B II mit einer um den Spannungsverlust in r1 r2 höheren Spannung geladen werden. Wenn nun bei weiterer Geschwindigkeitszunahme die Maschine das Bestreben hat, eine höhere Spannung zu liefern, dann würde sie einen stärkeren Strom erzeugen, der bei e teils nach B II zur Ladung der Batterie, teils über r2 r1 nach 2 fließen würde. Hier teilt sich wieder der Zweigstrom in der Weise, daß die Batterie B I wegen ihres relativ kleinen Widerstandes gegenüber dem Lampenstromkreis den größten Teil des Stromes erhielte und dadurch ebenfalls aufgeladen würde, während der Strom in der Verbrauchseitung nur unwesentlich erhöht würde. Dieses Ansteigen des von der Maschine gelieferten Stromes kann jedoch trotz ziemlich starker Geschwindigkeitszunahme nur geringfügig sein, denn der Hauptstrom durchfließt noch die Zusatzwicklung wz, die der Nebenschlußwicklung entgegenwirkt und so dimensioniert ist, daß sie die von der Geschwindigkeitssteigerung erwartete Spannungserhöhung durch ein äquivalentes Gegenfeld nahezu beseitigt. Die Regulierung der Wirkung der Zusatzwindungen wz erfolgt durch einen Parallelwiderstand rh. Ermäßigt sich nun die Geschwindigkeit des Windmotors so weit, daß die Maschinenspannung anfängt unter einen gewissen Wert zu sinken, dann fällt in AS der Kern k herunter, öffnet den Hauptstromkreis des Generators und schließt über a b den Widerstand r2 kurz, so daß nur r1 wirksam bleibt. Dieser Widerstand verhindert bei dem jetzigen Parallelarbeiten der beiden Batterien in den Lampen ein unangenehm bemerkbares plötzliches Ansteigen des Stromes und zwischen den Batterien einen hohen Ausgleichstrom, Da die Wicklung N des selbsthätigen Schalters A S dauernd an die Maschine angeschlossen ist, verbraucht sie bei ungünstiger Geschwindigkeit nutzlos Energie. Um diesen Verlust auf ein Minimum zu reduzieren, wird N durch einen ähnlich wie A S gebauten Schalter von hohem Nebenschlußwiderstand eingeschaltet. Zu erwähnen wären noch die Stellungen II–IV des Schalters S. In II und IV sind die Lampen ausgeschaltet und die Batterien zur Ladung parallel geschaltet. In Lage III sind die Wirkungen von Batterie I und II vertauscht. Vergleicht man dieses System mit den in Deutschland üblichen, so stellt sich heraus, daß das belgische den Nachteil zweier Batterien besitzt, wodurch Anlage und Amortisationskosten steigen. Ferner ist der Anschluß der Nebenschlußwicklung N an die Maschine ein Mangel, der sich darin äußert, daß der Ausschalter A S die Maschine immer bei einer gewissen Spannung bezw. Geschwindigkeit des Windmotors unabhängig von dem Ladezustand der Batterie anschließt, während der Schlüssel von la Cour und ähnlich wirkende Apparate den Generator erst dann mit der Batterie verbinden, wenn seine Spannung etwas höher als die des Akkumulators ist Was die Betriebssicherheit jedoch anbetrifft, so kann man beide Systeme als gleichwertig ansehen.