Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 326, Jahrgang 1911, S. 365
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Dampfturbinen für Abdampfverwertung. Die moderne Zweidruckturbine in Verbindung mit absetzend arbeitenden Hüttenwerksmaschinen ist erheblich ökonomischer als der Betrieb mit Zentralkondensation. In Verbindung mit einem Dampfsammler wird ein Dampfverbrauch annähernd wie bei ständig umlaufenden Maschinen erreicht. Auch mit einer vorgeschalteten Hochdruckstufe zur Verarbeitung von Frischdampf bei Abdampfmangel sollte ein Wärmespeicher nicht fehlen, um den Betrieb so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten. Zweckmäßig wird die Abdampfturbine für die größte vorkommende Abdampfmenge bemessen und für die Regel mit Zusatz von Frischdampf betrieben; läßt sich die Belastung der Abdampfturbine immer auf genügender Höhe halten, so kann der Wärmespeicher ziemlich klein ausfallen. Statt einer reinen Frischdampf- und einer reinen Abdampfturbine wird man zweckmäßig eine einzige Zweidruckturbine wählen, deren kleinste Dauerbelastung der größten Abdampfmenge entspricht; für größere Turbinenbelastungen und bei geringerer Abdampfmenge, wird dann Frischdampf zugesetzt, den die Zweidruckturbine ökonomisch verarbeiten kann. Die Zweidruckturbine für Abdampfverwertung wird fast von allen Dampfturbinenfirmen gebaut, und zwar meist mit einem Geschwindigkeitsstufenrad im Hochdruckteil und mit einem vielstufigen Niederdruckteil nach dem Gleich- oder Ueberdruckprinzip. Die Ueberdruckturbine gewährt einen hohen Wirkungsgrad, ohne daß im Niederdruckteil die ihr anhaftenden Mängel, Spaltverlust, zunehmende Schaufellänge usw., hier besonders nachteilig auftreten. Verwandt mit der Abdampfturbine ist die Gegendruck- und Anzapfturbine für Dampfentnahme zu Heizzwecken; bei ersterer ohne, bei letzterer mit Anschluß an eine Kondensation. Die Hochdruckstufe wird durch einen gewöhnlichen Regulator beeinflußt, während für die Niederdruckstufe der Druck in der Heizleitung selbsttätig konstant gehalten wird. Bei geringer Leistung und gleicher Heizdampfmenge muß bei einer Gegendruckturbine Frischdampf unter reduziertem Druck zugesetzt werden; bei größerer Leistung der Turbine und geringerem Heizdampfbedarf muß der überschüssige Dampf ins Freie gelassen werden; in beiden Fällen tritt also ein unwirtschaftliches Arbeiten ein. Bei Parallelbetrieb mit anderen Turbinen gibt man letzteren einen kleineren Ungleichförmigkeitsgrad, damit die Gegendruckturbine möglichst wenig von den Belastungsschwankungen berührt wird. Die Anzapfturbine wird angewendet bei geringerem Bedarf an Dampf für Heizzwecke als für Krafterzeugung, und wenn zeitweise, z.B. im Sommer, überhaupt kein Heizdampf benötigt wird. Die Regelung geschieht hier ebenso wie bei der Zweidruckturbine durch einen gewöhnlichen Geschwindigkeitsregulator, der auf die Hochdruckstufe einwirkt; außerdem noch durch einen Druckregler an der Anzapfstelle. Sinkt die Belastung und damit der Druck an der Anzapfstelle, so schließt der Druckregler das Ventil nach dem Niederdruckteil so weit, bis der Heizdampfdruck wieder seine normale Höhe erreicht hat. Bei ganz geringer Leistung schließt sich das Ventil nach der Niederdruckstufe ganz, und es muß reduzierter Frischdampf zum Heizen zugefügt werden. Bei größerer Heizdampfentnahme sinkt der Zwischendruck, und das Schließen des Niederdruckventils bedingt Geschwindigkeitsabnahme der Maschine, worauf der Tourenregulator der Hochdruckturbine mehr Frischdampf zuführt. Beim Parallelarbeiten erhält zweckmäßig wieder die Anzapfturbine den größeren Ungleichförmigkeitsgrad, beim Parallelarbeiten einer Gegendruck- und Anzapfturbine übernimmt die letztere als die ökonomischere Maschine die Belastungsschwankungen. Bei einer Abdampfturbine liegen die Verhältnisse anders. Diese muß den Abdampf der Primärmaschinen möglichst vollständig verarbeiten und durch eine möglichst empfindliche eigne Regelung die Belastungsschwankungen des Netzes von den Primärmaschinen fernhalten. Eine Regulierung mit geringen Tourenschwankungen ist aber hier schwierig, weil der Regulator nach vollem Oeffnen des Niederdruckventils noch einen weiteren Tourenabfall zum Oeffnen des Hochdruckventils braucht. Trotzdem muß der Gesamtungleichförmigkeitsgrad der Maschine kleiner sein als derjenige der parallelarbeitenden Maschinen. Auch beim Uebergang vom Frischdampfbetrieb zum reinen Abdampfbetrieb wird nur eine Tourenschwankung von 1 bis 2 v. H. eintreten dürfen, wenn dieselbe für die parallelarbeitenden Maschinen 34 v. H. beträgt. Bei ständiger Verbindung des Dampfsammlers mit der Turbine kann bei Frischdampfbetrieb bei einem Unterdruck in der Zwischenstufe das Vakuum durch eintretende Luft verschlechtert oder bei einem Ueberdruck in der Zwischenstufe Dampf in den Dampfsammler treten. Um die erwähnten Nachteile zu vermeiden, werden bei einer Konstruktion von Rateau Frischdampf- und Abdampfventil so miteinander verbunden, daß letzteres geschlossen ist, wenn ersteres ganz geöffnet ist. Hierbei wird die Zuschaltung von Frischdampf durch einen Druckregler in der Abdampfleitung besorgt; der Tourenregulator ist also entlastet. Bei normalem Druck im Dampfsammler wird nur das Niederdruckventil vom Regulator verstellt. Bei Abnahme dieses Druckes schließt der Druckregler das Niederdruckventil und öffnet das Frischdampfventil. Bleibt dabei die Belastung konstant, so geschieht die Umschaltung, ohne daß der Regulator in Tätigkeit tritt. Bei Belastungsänderung werden beide Ventile entsprechend der Belastung geöffnet oder geschlossen. Bei der von den Bergmann-Elektrizitätswerken ausgeführten Regulierungseinrichtung steht sowohl das Niederdruck- wie das Hochdruckventil unter dem Einfluß des Touren-Regulators, und zwar bildet immer das eine Ventil den festen Drehpunkt für den Regulatorhebel bei der Verstellung des andern Ventiles. Außerdem steht das Niederdruckventil noch unter dem Einfluß eines Druckreglers, welcher bei sinkendem Druck im Dampfsammler (schon bei einer Aenderung um 1/10 at) das Niederdruckventil vermittels einer Hilfssteuerung schließt. Hier arbeiten ebenfalls Druck- und Geschwindigkeitsregulator zusammen. Auch bei der Reguliereinrichtung für Zweidruckturbinen der Gütehoffnungshütte, deren Maschinen im Hochdruckteil ein zweikränziges Curtis-Rad mit Düsen- oder Drosselregulierung haben und im Niederdruckteil als Ueberdruckturbine ausgebildet sind, ist für die Belastungsänderung ein Tourenregulator, für die Aenderung der Abdampfmenge ein Druckregler angeordnet. Bei sinkender Tourenzahl öffnet der Regulator das Niederdruckventil allmählich bis zu seiner höchsten Stellung. Es stößt dann der Endpunkt der Ventilstange gegen einen vom Druck im Dampfsammler betätigten Schwimmer; dadurch wird auch das Frischdampfventil geöffnet. Je mehr der Druck im Dampfsammler sinkt, um so früher kommt die Ventilstange des Niederdruckventils zum Anschlagen und das Frischdampfventil zum Oeffnen. Ist kein Abdampf vorhanden, so steht der Schwimmer so tief, daß sich das Niederdruckventil überhaupt nicht öffnen kann und der Regulator nur das Frischdampfventil beeinflußt. Bei einer andern Anordnung der Reguliereinrichtung der Gutehoffnungshütte sind zwei Ventilgruppen, bestehend aus Niederdruck- und damit starr verbundenem Hochdruckventil, die eine zur Betätigung durch den Tourenregulator, die andere durch den Druckregulator vorgesehen. Bei hohem Sammlerdruck, wobei nur mit Abdampf gearbeitet wird, sind beide Niederdruckventile offen; das eine vom Tourenregulator betätigte hebt und senkt sich entsprechend der Belastung, mit ihm das angehängte Frischdampfventil, das aber ohne Einfluß ist, weil das andere vom Druckregler betätigte Frischdampfventil geschlossen ist. Bei fehlendem Abdampf ist das vom Druckregler betätigte Niederdruckventil geschlossen, das anhängende Frischdampfventil ganz geöffnet. Die andere Ventilgruppe wird vom Tourenregulator verstellt. Bei geringem Sammlerdruck wird mit Frischdampf und Abdampf gearbeitet; dabei ist die unter dem Einfluß des Druckreglers stehende Ventilgruppe halb geöffnet die andere Gruppe öffnet und schließt sich je nach Belastung. Druckregler und Tourenregler sind hier vollständig getrennt; für Abdampf- und Frischdampfbetrieb wird hier nur etwa der gleiche Muffenhub bezw. Tourenabfall erforderlich. Die Gutehoffnungshütte verwendet wie alle anderen Firmen eine Oeldruckhilfssteuerung bei ihrer Regulierung, jedoch mit einer etwas anderen Rückführung des Steuerschiebers in die Mittellage; es stecken nämlich Steuerschieber und Steuerkolben ineinander, so daß bei einer durch die Bewegung des Steuerschiebers bewirkte Veränderung in der Lage des Steuerkolbens ersterer immer wieder seine Mittellage zu den Durchtrittsöffnungen einnimmt. Eine ähnliche Anordnung benutzt die Firma zu einer weiteren Vereinfachung der Regulierung von Zweidruckturbinen, wie es aus Fig. 1 hervorgeht. Der kleine Steuerkolben d steht unter dem Einfluß des Tourenregulators; die mit Oeffnungen versehenen Büchsen g und h können vom Druckregler verstellt werden, und zwar mit Hilfe eines Zahnstangengetriebes, durch welches die mittlere unverschiebliche Büchse w gedreht wird. Die Unterkanten der Büchsen g und h haben steile Gewindeflächen und heben und senken sich bei einer Drehung von w unter dem Einfluß eines auf ihnen lastenden Federdruckes. Durch diese gegenseitige Bewegung von Steuerschieber und -Büchsen wird das Drucköl je nach der Belastung und nach der vorhandenen Abdampfmenge bald unter den Steuerkolben des Frischdampf-, bald unter denjenigen des Abdampfventils geleitet bezw. das dort vorhandene Drucköl abgeleitet und so der nötige Dampf für beide Betriebsarten zugelassen, wobei der Tourenregulator unabhängig ist von dem Rückdruck des Druckreglers für den Dampfsammler. Bei Dampfsammlern mit beweglicher Glocke wird der Druck konstant gehalten und kann daher nicht in der vorbeschriebenen Weise für die Regulierung verwendet werden. Man benutzt dann die Bewegungen der Glocke dazu. Textabbildung Bd. 326, S. 367 Fig. 1. Die A. E. G. hat bei ihren Zweidruckmaschinen einen vom Tourenregulator verstellten Hilfssteuerschieber und in der Druckölleitung einen weiteren Steuerschieber, der das Drucköl zuerst unter den Steuerkolben des Abdampfventils und später bei höchster Lage desselben auch unter denjenigen des Frischdampfventils treten läßt. Ein Druckregler in der Abdampfleitung schließt selbsttätig bei Unterschreitung eines gewissen Druckes im Dampfsammler diesen von der Turbine ab, damit bei Frischdampfbetrieb kein Dampf in den Sammler gelangen kann; auch schließt sich das Ventil im selben Maß als die Abdampfmenge abnimmt, unter Konstanthalten des Druckes im Dampfsammler. Da dieses Druckreglerventil mit einer Hilfsölsteuerung (vom Dampfdruck im Sammler betätigt) versehen ist, kann es auch als selbsttätiges Absperrventil im Falle einer Störung in der Oellieferung oder bei unzulässiger Tourensteigerung dienen. Der Tourenregulator erhält ein großes Arbeitsvermögen und einen Ungleichförmigkeitsgrad für den Uebergang vom Frischdampf- zum Abdampfbetrieb von nur 1 v. H. Es soll sogar bei einer Anlage beim Umschalten von Abdampf auf Frischdampf nur eine Tourenänderung von 0,3 v. H. erreicht worden sein. (Grunewald.) [Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1911, S. 210–215, S. 247–254 und S. 378 bis 388.] M. Wasserturbinen von A. Riva & Co. auf der Weltausstellung in Brüssel. Die Konstruktionswerkstätten von A. Riva & Co. in Mailand stellten in Brüssel eine einfache Francis-Turbine mit Spiralgehäuse aus, von welcher im ganzen vier Stück für das Werk Cedegolo der Società Elettrica Bresciana in Brescia geliefert werden. Diese Turbinen leisten bei einem Gefälle von 95 m und einer normalen Wassermenge von 3000 l i. d. Min. bei 504 Umdr. i. d. Min. je 3200 PS und haben 1100 mm Laufraddurchmesser. Die Laufräder sind fliegend auf der Welle angeordnet und mit hydraulischem Druckausgleich versehen. Das Wasser wird durch ein mit 18 Schaufeln versehenes Leitrad eingelassen, welches durch einen Oeldruckregulator eingestellt wird. Außerdem hatte die Firma eine kleine Francis-Turbine für 30 m Gefälle und 5 PS-Leistung bei einem Wasserverbrauch von 18 l i. d. Sek. ausgestellt, sowie eine kleine Pelton-Turbine mit Nadelregulierung für 5 PS-Leistung bei 2500 Umdr. i. d. Min. und 200 m Gefälle. (Hofer.) [Zeitschr. f. d. gesamte Turbinenwesen 1911, S. 104 bis 106.] H. Versuche an einem 6000 KW-Turbo-Alternator. Die Dampfturbine ist gebaut von Richardsons, Westgarth & Co., Hartepool, nach Zeichnungen von Brown, Boveri & Co. in Baden. Sie ist eine reine Parsons-Turbine mit zwei getrennten Gehäusen für die Hoch- und Niederdruckstufen, letztere im hinteren Teile mit geteiltem, gegenläufigem Dampfstrom. Sie ist gebaut für eine maximale Leistung von 9000 PSe bei einem Dampfüberdruck von 13 at und einer Ueberhitzung von 90°. Der Alternator erzeugt Dreiphasenwechselstrom und leistet bei normaler Belastung 7000 KVA bei einem Leistungsfaktor von 0,9. Die Spannung beträgt 5750 V. Der Oberflächenkondensator hat etwa 120 qm Kühlfläche und arbeitet mit Kühlwasser von 7°. Bei den Versuchen wurden folgende Ergebnisse erzielt: Leistung                                               KW 4256 5600 6257 Umdrehungen i. d. Min 1210 1210 1210 Dampfdruck vor der Turbine           kg/qcm 13,5 13,3 13,3 Dampftemperatur                                 ° C 285 286 291 Druck im Kondensator             abs. mm/Hg 20 22 22,5 Temperatur im Kondensator                 ° C 23 24,5 24,5 Temperatur des Kühlwassers Eintritt 6,7 6,7 6,7          „          „         „           Austritt 10 11 11,7 Dampfverbrauch i. d. Std.                      kg 23900 30700 34000 Dampfverbrauch für 1 KW/Std.              kg 5,63 5,48 5,39 Dampfverbrauch für 1 KW/Std. auf 90°    Ueberhitzung und 730 mm Vakuum um-    gerechnet                                          kg 5,48 5,35 5,35 Die Versuche wurden im normalen Betriebe nach einer Betriebszeit von fünf Monaten vorgenommen, während welcher keinerlei Veränderungen an der Maschine stattfanden. Siezeigen, daß die Oekonomie sich nach längerem Betrieb nicht geändert hat. [Engineering 1911, S. 314.] M. Woltmann-Wassermesser mit auswechselbarer Meßtrommel. Die bekannten Woltmann-Wassermesser werden in der Regel in Trinkwasserleitungen zwischen zwei Absperrschiebern derart eingebaut, daß unmittelbar an dem Messer ein Stopfbüchsenrohr angebracht wird, damit der Wassermesser, wenn er gereinigt oder nachgeprüft werden soll, leicht im ganzen herausgehoben werden kann. Textabbildung Bd. 326, S. 368 Fig. 1. Diese Anordnung, welche sich für Leitungen bis zu 300 mm lichter Weite in der Praxis bewährt hat, weil bis dahin der Messer von zwei Arbeitern ohne Mühe herausgehoben werden kann, ist für größere Leitungen von 400 bis 750 mm und darüber nicht mehr anzuwenden. Die schweren Messergehäuse können nur mit großem Zeitaufwand ausgebaut und herausgehoben werden, so daß man die Pumpen stillsetzen, die Arbeit also in den Nachtstunden ausführen muß. Wesentlich erleichtert wird der Vorgang durch die in Fig. 1 wiedergegebene Messerbauart der Siemens & Halske A.-G., Berlin-Nonnendamm. Der Unterschied gegenüber der üblichen Konstruktion besteht lediglich darin, daß die Meßtrommel in das Gehäuse von oben direkt eingesetzt ist und nach Entfernen des Deckels mit zwei in die Oesen eingehängten Haken im ganzen herausgehoben werden kann. Da das schwere Gehäuse an seiner Stelle verbleibt, so fällt die lediglich für den Ausbau des Gehäuses erforderliche Stopfbüchse fort; außerdem braucht der Schacht nicht mehr für das Gehäuse, sondern nur für den Deckel bemessen zu werden. Falls die Wassermessung nicht unterbrochen werden darf, kann mann eine Reservetrommel in Bereitschaft halten. Das Auswechseln der Meßtrommel wird dann ohne bemerkenswerten Zeitverlust erfolgen können. Auch die Genauigkeit der Wassermessung wird verbessert, da durch die Anordnung des Flügelrades in einer besonderen Trommel seine zentrale Stellung in der Leitung stets gewahrt bleibt. H.