Titel: POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Fundstelle: Band 326, Jahrgang 1911, S. 541
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. Polytechnische Rundschau. Elektrische Hochöfen zum Schmelzen der Eisenerze werden in Trollhattan in Schweden verwendet. Die elektrische Kraft stammt von der staatlichen Wasserkraftanlage zu Trollhattan. Der dreiphasige Wechselstrom von 10000 Volt Spannung passiert einen dreipoligen Umschalter von 20000 KW Kapazität. Wenn der Strom die Meßtransformatoren passiert hat, wird er, nachdem eine Nebenleitung zu einem Dreiphasentransformator für die Motore und die Beleuchtung abgezweigt worden ist, durch einen zweiten automatischen kleinen Umschalter von gleicher Konstruktion wie der erste und von da aus zu den Hochofentransformatoren geleitet. Die Relais zu den beiden Umschaltern sind so eingerichtet, daß das kleinere für normale Ueberlastung, das größere für Kurzschluß dient. Es werden zwei Hochofentransformatoren von je 1000 KWSt. mit einer Ueberlastungsfähigkeit bis zu 1375 KWSt. verwendet, welche an das 10000 Volt Dreiphasensystem angeschlossen sind. Um eine Zerstörung der Wände der Schmelzzone sowie der Kohlenelektroden hintanzuhalten, wird der elektrische Lichtbogen durch die aus dem Schacht abgesaugten Gase (Temperatur 200°) gekühlt. Zu diesem Zweck werden die letzteren, nachdem sie einen Entstaubungsapparat passiert haben, durch einen Ventilator in ein ringförmig um den Ofen laufendes Rohr gedrückt, aus welchem sie in den Schmelzraum strömen. (Engineering, 16. Juni 1911.) ––––– Ein neuer Gaswäscher,Patent Kubierschky. Dem Apparat liegt folgender Gedanke zugrunde: Wird ein Gas gewaschen oder gekühlt, so ist damit stets eine Erhöhung seines spezifischen Gewichtes verbunden. Läßt man in einem Gaswäscher das frische Gas unten einströmen, so fällt es dem letzteren sehr schwer, das schon gekühlte, also schwerere Gas nach oben zu verdrängen und dabei noch den Widerstand des entgegenströmenden Wassers zu überwinden Es werden sich infolgedessen mehr lokale Strömungen ausbilden, die das tische Gas an irgendeiner Stelle ungewaschen nach oben führen, während das gewaschene und gekühlte Gas sich unten im Apparat sammelt. Der Apparat von Kubierschky benutzt nun gerade den Unterschied im spezifischen Gewicht der frischen und der gewaschenen Gase, um eine einwandfreie Führung des zu waschenden Gases zu erzielen. Der Wascher ist durch mehrere horizontale Zwischenböden in Kammern getheilt, die das Gas der Reihe nach durchströmen muß. Diese Zwischenböden sind mit kleinen Oeffnungen versehen, die zwar der Kühlflüssigkeit, nicht aber dem Gas den Durchtritt gewähren. Das Gas strömt in jede Kammer zunächst von oben ein. In dem Maße, wie es von der niederträufelnden Kühlflüssigkeit abgekühlt wird, sinkt es nach unten und macht oben dem frischen Gas Platz. Durch Oeffnungen im unteren Theil der Kammer entweicht es sodann in einen nicht mit Wasser berieselten Steigschacht, der in dem oberen Theil der darüberliegenden Kammer mündet. Es ist klar, daß das Waschen und Kühlen des Gases auf diese Weise sehr rationell erfolgt. Das Gas hat dabei auch keinen nennenswerten Widerstand durch das rieselnde Wasser zu überwinden, da es in der Hauptsache ja mit diesem strömt. Durch die vorzügliche Kühlung kann auch eine weitgehende Zerstäubung des Gases erreicht werden, da letzteres sich um so vollkommener vollzieht, je tiefer das Gas abgekühlt wird. Eine weitere vortheilhafte Verwendung hat der Kubierschkysche Apparat als Kondensator gefunden. Bei der Kondensation von Abdampf im Gegenstromkondensator tritt ein allmähliches Schwererwerden des Dampfluftgemisches ein. Der leichtere Wasserdampf wird niedergeschlagen, und die Luft kühlt sich weiter ab, wobei; ihr spezifisches Gewicht zunimmt. Der Apparat von Kubierschky gestattet eine sehr tiefe und verhältnismäßig widerstandslose Abkühlung der Luft und hat in zahlreichen Ausführungen seine Brauchbarkeit für diesen Zweck erwiesen. (Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 3. Juli 1911.) ––––– Das englische Schlachtschiff „Herkules“, bisher das größte Schiff der englischen Marine, ist am 15. Juni d. J. von der Admiralität abgenommen worden, also zwei Wochen vor dem auf den 1. Juli festgesetzten kontraktlichen Ablieferungstermin. Der „Herkules“ hat eine Länge über alles, von 156 m, eine Breite von 26 m, einen Tiefgang von 8,25 m und eine Wasserverdrängung von 20000 t. Er besitzt Parsons-Turbinen von 28700 PS in Vierwellenanordnung. Die erzielte Geschwindigkeit betrug über 21,5 kn. Die Armierung besteht aus 10 Stück zwölfzölligen Geschützen in 5 Türmen und 16 Stück vierzölligen Geschützen in theilweise sehr gut gedeckter Aufstellung. Die Panzerung ist in der Wasserlinie 11'' stark, darüber 8''. Nach vorn und achtern nimmt die Stärke der Panzerung zunächst auf 4'', dann auf 3'' und zuletzt bis auf 2'' ab. Die Türme sind mit einer 11'' Panzerung versehen. (Engineering, 16. Juni 1911.) ––––– Eine neue Räderverzahnung System Humphris ist in den umstehenden Fig. 1, 2 und 3 zur Darstellung gebracht. Der Grundgedanke der schon im Jahre 1885 gemachten Erfindung ist, den ungleichförmigen Angriff des Zahndruckes, wie er bei gewöhnlichen Zahnrädern infolge eingetretener Abnutzung vielfach auftritt, zu vermeiden. Insbesondere war man auch bestrebt, einen guten mechanischen Wirkungsgrad zu erzielen, der auch nach eingetretener Abnutzung erhalten blieb. Textabbildung Bd. 326, S. 542 Fig. 1. Textabbildung Bd. 326, S. 542 Fig. 2. Textabbildung Bd. 326, S. 542 Fig. 3. Die Hauptvortheile der neuen Verzahnung sind folgende: Bei der Humphris-Verzahnung liegen die Mittelpunkte der Krümmungsradien der Zahnflanken auf derselben Seite. Die Größe der einander berührenden Flächen erscheint dadurch, sowie auch durch das seitliche Umfassen des Rietzels durch das Zahnloch bedeutend vergrößert, der Zahndruck also vermindert. Es besteht also in weit geringerem Maße wie bei den anderen Verzahnungen die Gefahr, daß das Schmiermaterial durch den Zahndruck aus den Berührungsflächen herausgedrängt wird. Die Verzahnung wird ohne Spiel ausgeführt. Der Rietzelkann dabei bedeutend breiter sein als das Zahnloch; da die Zahnlochwand beinahe einen Querschnitt gleicher Festigkeit für Biegung vorstellt, so kann dieselbe in der Theilkreislinie bedeutend kleiner gehalten werden als t/2. Gewöhnlich macht man die Stärke des Rietzels = 0,7 der Umfangstheilung und den kleinsten Materialquerschnitt zwischen zwei Löchern = 0,3 der Theilung. Der Zahnfuß wird = ¼ der Zahnhöhe genommen. Der Zahn (Rietzel) ist also in der Richtung des Zahndruckes bedeutend stärker als ein gewöhnlicher Zahn. Ein weiterer Vortheil dieser Verzahnung ist, daß unterschnittene Zähne nicht vorkommen. Aendert sich die parallele Lage der Räderachsen, so kann dadurch niemals ein Ecken der Zähne eintreten. Die Wälzungsflächen zeigen vielmehr stets ein sattes Aufliegen. Versuche, welche zur Ermittelung der Lebensdauer derartiger Räder angestellt wurden, ergaben außerordentlich günstige Resultate, so daß sie in dieser Beziehung den übrigen Rädern in keiner Weise nachstehen. Die Erzeugung der Zähne geschieht nach dem Abwälzverfahren, indem das zu bearbeitende Rad sich auf dem fest gelagerten, nur rotierenden Fräser abwälzt. Die Fabrikation der Räder gestaltet sich äußerst vortheilhaft. Man kann die einzelnen Zähne bei großen Rädern für sich herstellen und mittelst Konus und Keil in den Radkranz einsetzen, wodurch die Zähne leicht auswechselbar werden; man kann die Zähne bis tief ins Material hinein härten, ohne ein Zerspringen des Radkranzes befürchten zu müssen. Ausgeführte Räderanlagen zeigten einen bemerkenswerten ruhigen und gleichmäßigen Gang, wodurch Abnützung und Reparaturkosten in mäßigen Grenzen gehalten werden. Auch die Zahnlöcher können, wie Fig. 3 zeigt, mit leicht ersetzbaren Metallbuchsen oder Buchsen aus gehärtetem Material armiert werden. Die erzielten Wirkungsgrade bewegen sich bis hinauf zu 97%. [Zeitschrift für praktischen Maschinenbau. 21. Juni 1911.] ––––– Die Vereinigung der Verwaltungs-Ingenieure des Heizungsfaches hielt am 11. Juni nachmittags um 3 Uhr in dem neuen Rathause zu Dresden ihre 5. Hauptversammlung ab. Daselbst hielt Herr Stadtbauinspektor für Heizungsanlagen Schmidt, Dresden, einen Vortrag über die Fernwarmwasserpumpenheizung im neuen Dresdener Rathaus. Redner erinnerte an die vielen Bedenken, die gegen dieses neue Heizsystem aus Laien- und Fachkreisen geäußert worden sind. Das erste Betriebsjahr hat jedoch den praktischen Beweis erbracht, daß die Heizung im neuen Rathaus allen Anforderungen an bequeme Bedienung, genaue Regelung der Zimmertemperatur und sparsamen Betrieb entspricht. Das Rathaus enthält über 700 zu heizende Raume mit 176000 cbm Rauminhalt; 1070 einzelne Heizkörper vermitteln die Wärmeabgabe in den einzelnen Raumen, Fluren usw. Zur Erwärmung stehen 10 Kessel von je 41 qm Heizfläche zur Verfügung. Von Anfang November bis Ende März sind die Feuer Tag und Nacht in Betrieb gehalten worden, so daß jederzeit in allen Raumen eine gleichmäßige Wärme herrschte. An den übrigen Tagen, im Herbst und Frühjahr, ist nur in den Morgenstunden geheizt worden. Für diese Dauerheizung haben sich die neuen Schrägrostfeuerungen für städtischen Gaskoks über Erwarten gut bewährt. Die Pumpenanlage, die das warme Wasser durch die Heizungsröhren in der ähnlichen Weise wie das Herz das warme Blut durch die Adern des Körpers drückt, hat ohne Betriebsstörung gearbeitet. Der Brennmaterialverbrauch hat nur 14 Pfg. pro cbm Rauminhalt und Jahr betragen und wird voraussichtlich im nächsten Jahre noch weiter heruntergehen. Im Anschluß an diesen alle Anwesenden sehr interessierenden Vortrag fand eine mündliche Aussprache statt, die im wesentlichen zu folgenden Ergebnissen führte: 1. Der Dauerbetrieb ist die für Bedienung, Regelung und wirthschaftliche Ausnutzung günstigste Betriebsform. Gegen diese Erfahrung als solche wurde kein Widerspruch erhoben, nur wurde bemerkt, daß bei Krankenhäusern und bei Anlagen mit großen Ferndampfleitungen mit Unterbrechung des Betriebes Ersparnisse nachzuweisen seien. 2. Als Feuerung für mehrtägigen Dauerbetrieb hat sich die Fickelsche Schrägrostinnenfeuerung mit niedrigen Brennschicht bewährt. Auf Anfrage konnte mitgetheilt werden, daß die Feuerung von jeder Kesselschmiede ausgeführt werden kann. Irgend ein Patentschutz lastet nicht auf der Erfindung. 3. Die Aufstellung der Pumpen im Vorlauf ist unbedenklich. Auf eine Anfrage, ob sich nicht in der Saugleitung bei 100 Grad Vorlauftemperatur Dampf bilden würde, wurde darauf hingewiesen, daß sich Dampf erst bei einer Temperatur bilden kann, die der Verdampfungstemperatur entspricht. Da in der Höhe der Pumpen ein Wasserdruck von 33 m herrscht, so kann sich dort Dampf erst bei 145 Grad C. bilden. Eine Saugarbeit leisten die Pumpen nicht, da das Ausdehnungsgefäß an der Saugseite angeschlossen ist. 4. Im Tagesbetrieb ist ein und derselbe Pumpendruck möglichst während der ganzen Heizperiode gehalten worden. Die Raumtemperatur ist somit nur mittels Aenderung der Wassertemperatur geregelt worden. Bei dem Hochheizen am Morgen ist mit höherem Pumpendruck gearbeitet worden. Die Wahl verschieden großer Pumpen wurde als eine Betriebskomplikation betrachtet, die durch die Ersparnisse nicht genügend gerechtfertigt sei. 5. Unter bewohnten Raumen sind ganz besonders ruhig gehende Motoren und Pumpen zu wählen. Nach anderwärts gemachten Erfahrungen ist dabei besonders auf geringe Tourenzahl zu kommen. Auch scheinen sich die neuen Aufzugsmotore, besonders eingekapselt, hierfür gut zu bewähren. 6. In den Leitungen und Absperrorganen sind selbst bei stärkstem Betriebe keinerlei Geräusche zu hören. 7. Die Führung der Vertheilungsleitung mit Umkehr für die den Kesseln naheliegenden Stränge, jedoch ohne Umkehr für die entfernteren Stränge, hat vollkommen genügt 8. Die Berechnung mit Langschen Koeffizienten hat günstige Ergebnisse gezeitigt. 9. Die Wahl der genauen Durchmessermaße für die Berechnung macht bei kleinen Rohrweiten mehr aus als die Wahl der verschiedenen Reibungskoeffizienten. 10. Die Entlüftung hat selbstätig am letzten Fallstrang und am höchsten Punkt der Vertheilungsleitung stattzufinden. 11. Die Abkühlung des Wassers in den Vorlaufleitungen ist bei den entferntesten Heizkörpern ohne Einfluß gewesen. 12. Die generelle Regelung ist für den praktischen Betrieb vollkommen zufriedenstellend durchzuführen gewesen. 13. Durch genaue Durchführung der generellen Regelung ist eine nachweisbare Brennmaterialersparnis nicht eingetreten. Bei Niederdruckdampfheizungen sind nach Spangler durch Einbau von selbsttätigen Temperaturreglern 70 v. H. erspart worden. 14. Die Bedienung ist, wenn durch Einführung der Pumpenheizung verschiedene Blockstationen in eine Zentrale vereinigt werden können, billiger wie bei Schwerkraftheizung. 15. Die Rentabilität stellt sich um 4,5 v. H. günstiger gegen die Schwerkraftheizung. In der Rentabilitätsberechnung unter B. Anlagekosten muß bei a. Rohrleitung 1. Ventile das Anlagekapital 140000 M statt 40000 M eingesetzt werden. Ferner wurde darauf hingewiesen, daß, sofern der Eigentümer der Pumpenheizung gleichzeitig Eigentümer des Elektrizitätswerkes ist, er sich den Strom in der Rentabilitätsberechnung nur als Mehrbetriebskostenpreis zu berechnen braucht. 16. Für Städte- und Distriktsheizungen unter Ausnutzung der Abwärme von Kondensationsmaschinen bietet die Warmwasserpumpenheizung günstige Vorbedingungen. 17. Die an der Rathausheizung gefundenen Ergebnisse lassen sich nicht ohne weiteres verallgemeinern. ––––– Das Technische Museum für Industrie und Gewerbe in Wien veröffentlicht soeben einen künstlerisch ausgestatteten Aufruf, dem wir entnehmen, daß das sechzigjährige Regierungsjubiläum Seiner Majesät des Kaisers Franz Josef I. der österreichischen Industrie den Anlaß bot, unter Mitwirkung des Staates und der Stadt Wien dieses neue Museum zu errichten. Das eine Fläche von 20000 Quadratmetern bedeckende Museumsgebäude, dessen Grundsteinlegung am 20. Juni 1909 erfolgte, wird sich nun bald gegenüber dem Schlosse Schönbrunn erheben. Das Technische Museum soll die Entwicklung der industriellen und gewerblichen Arbeit und die Großtaten der Technik in geschichtlicher Reihenfolge zeigen; es will aber auch den technischen Leistungen unserer Zeit gerecht werden und durch periodische Fachausstellungen die Fortschritte auf diesem Gebiete fördern. Ein ansehnlicher Sammlungsbestand ist bereits gesichert, denn die Einverleibung umfangreicher und wertvoller staatlicher Sammlungen, die bisher zerstreut angeordnet waren, steht unmittelbar bevor. An die Vertreter der technischen Wissenschaft, der Industrie und des Gewerbes ergeht der Ruf, an dem Werke mitzuarbeiten und ihm bei der Beschaffung und Auswahl der Museumsobjekte ihre Unterstützung angedeihen zu lassen. Zur vorläufigen Aufbewahrung und Sichtung der einlangenden Sachspenden hat die Staatsverwaltung geräumige Hallen in der Rotunde im K. K. Prater bereitgestellt. Die Namen der Spender werden durch Aufschriften an ihren Widmungen und durch ein Gedenkbuch festgehalten. Nähere Aufschlusse ertheilt die Geschäftsstelle des Technischen Museums, Wien, I, Ebendorferstraße Nr. 6.