Titel: POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Fundstelle: Band 326, Jahrgang 1911, S. 620
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. Polytechnische Rundschau. Die Flugmotoren der österreichischen Daimler-Aktiengesellschaft, eine in der letzten Zeit außerordentlich erfolgreich gewesene Type, behandelt ein Aufsatz von Fr. W. Seckatz, Aachen. Fig. 1 zeigt die Ansicht eines Motors von 120 mm Bohrung und 140 mm Hub, welcher bei 1400 Umdr. i. d. Min. 65–70 PS leistet und ohne Kühler 95 kg wiegt. Die Zylinder sind wie bei den meisten neueren Flugmotoren nicht paarweise als Block gegossen, sondern einzeln. Die Kurbelwelle ist dementsprechend fünfmal gelagert und nicht, wie bei den Vierzylinder-Automobilmotoren, nur dreimal. Die Kurbelwellen sind desachsiert angeordnet, um die Kolbenreibung zu vermindern. Die Wassermäntel der Zylinder bestehen aus galvanisiertem Kupferblech. Die Kurbelwelle besitzt auf der einen Seite einen Flansch, auf der anderen einen durchgehenden Wellenstumpf; dadurch ist die Möglichkeit gegeben, den Propeller auf jeder beliebigen Seite des Motors anzuordnen. Die Ventile zeigen die in neuerer Zeit üblich gewordene hängende Anordnung mit einem einzigen Kipphebel. Kühlwasserpumpe, Schmierapparat und Magnetdynamo werden durch besondere Querwellen angetrieben. Textabbildung Bd. 326, S. 621 Fig. 1. Textabbildung Bd. 326, S. 621 Fig. 2. Textabbildung Bd. 326, S. 621 Fig. 3. Textabbildung Bd. 326, S. 621 Fig. 4. Besondere Sorgfalt ist der Schmierung des Motors gewidmet: Alle empfindlichen Teile sind hier vollkommen vermieden, so daß eine außerordentlich große Zuverlässigkeit der Schmierung erzielt wird. Die Schmierpumpe ist in den Fig. 2, 3, 4 dargestellt. Zu jeder Schmierstelle am Motor gehört eine kleine Pumpe im Schmierapparat, bestehend aus zwei Zylindern mit den Kolben p. und q. Der Kolben q ist gewissermaßen ein Zubringerkolben und der Kolben p der eigentliche Druckkolben. Der Zweck dieser Anordnung war, die sonst bei derartigen Apparaten verwendeten Rückschlagventile und Federn zu vermeiden. Die Druckleitung K ist in jeder Lage der beiden Kolben p und q vom Oelbehälter vollkommen dicht abgeschlossen. Durch Drehen der Schraube R können die einzelnen Durchflußmengen reguliert werden. Der Vergaser zeigt wenig Abweichungen von den üblichen Daimler-Kolbenvergasern. Der Motor befand sich eingebaut in den Etrich-Rumpier-Eindecker von Vollmöller, der an dem großen deutschen Rundflug teilnahm. Bekanntlich fuhr auch der vorjährige Sieger der Prinz Heinrich-Fahrt mit diesem österreichischen Daimler-Flugmotor. ––––– Eine interessante Flügelverwindung zeigt die neue Flugmaschine von Robitzsch. Die umstehende Figur (S. 622) stellt das rechte äußere Ende der rechten Tragfläche vor. H H ist der hintere Holm der Tragfläche, an welchem die beiden in der Ruhe aufeinander liegenden Eschenholzfedern c c befestigt sind. Die Tragflächen sind doppelseitig bespannt, und zwar ist die obere Bespannung an den oberen Eschenholzfedern, die untere Bespannung an den unteren Federn befestigt. Von den Endpunkten der federnden Eschenholzbiegen laufen Zugdrähte nach den Ringen m bezw. n, von wo aus die Steuerungsdrähte v w über die Rollen x x1 und y y1 nach den Steuerhebeln am Pilotensitz geführt sind. In der Ruhelage legen sich die beiden verwindbaren Flächen während des Fluges glatt aufeinander. Wird durch Verstellen der Steuerhebel an den Drähten v w ein Zug ausgeübt, so werden die Eschenholzbiegen mit den daran befestigten Verwindungsflächen a b nach oben bezw. unten ausgebogen. Diese doppelte Verwindung der Bespannungsflächen setzt sich bis zum inneren Ende der Drahtflächen fort, so daß die Linien der Verwindung sehr schlank ausfallen. Die Steuerung ist so eingerichtet, daß entweder die oberen oder die unteren Bespannungsflächen oder beide zugleich oder auch beide verschieden stark verwunden werden können. Textabbildung Bd. 326, S. 622 Soll z.B. eine Wendung gemacht werden, so werden auf der betreffenden Seite beide Tragflächen gleichmäßig nach oben und unten verwunden. Handelt es sich hingegen nur um die Erhaltung der Querstabilität, so wird nur die obere oder untere Fläche verwunden. Durch gleichzeitiges Verwinden sämtlicher Bespannungen an beiden Flügeln läßt sich eine symmetrische Bremswirkung erzielen, welche beim Landen und bei Gleitflügen von Vorteil sein dürfte. Die letztere Verwendung erinnert etwas an die gleichzeitig nach oben und unten öffnenden doppeltwirkenden Fallschirme, die früher bei Schwebeflügen aus dem Freiballon Verwendung fanden. Durch geringe Verwindung sämtlicher Tragflächen läßt sich ferner die Fluggeschwindigkeit vermindern. Dasselbe Prinzip der doppelten Flächenverwindung ist zur Höhensteuerung des Apparates benutzt worden. Die Schwanzfläche besitzt ebenfalls zwei Bespannungen, von denen die eine nach oben, die andere nach unten verwunden werden kann. Die Verwindung der oberen Bespannung bewirkt ein Steigen, die der unteren ein Senken der Maschine. Gleichzeitige Verwindung beider Flächen dagegen erzeugt wiederum eine Bremswirkung. [Zeitschr. für Flugtechnik und Motorluftschiffahrt 1911, Heft 13.] ––––– K. K. Technologisches Gewerbe-Museum. Der Jahresbericht über das Schuljahr 1910/11, der XXXII. seit dem Bestände des Institutes, erstattet vom Direktor, Regierungsrat Georg Lauboeck, bietet einen Rückblick auf die im Berichtsjahre entfaltete vielseitige Tätigkeit an der Anstalt, verzeichnet die im Laufe des Jahres eingetretenen Verfügungen und Begebenheiten, zeigt die ununterbrochen aufsteigende Linie der Frequenz der Unterrichtsabteilungen und Versuchsanstalten, gewährt überhaupt nach vielfachen Richtungen hin tieferen Einblick in den Betrieb und die Leistungen der Anstalt. Speziell hervorgehoben erscheinen außer der Wirksamkeit des Instituts die organisatorischen Aenderungen, die baulichen Erweiterungen, die mannigfachen Adaptierungen und die vom Ministerium für öffentliche Arbeiten durch Gewährung eines außerordentlichen Zuschusses vollzogene Ausgestaltung der Unterrichts- und Versuchsanstalten einerseits mit Lehrmitteln, andererseits mit maschinellen Einrichtungen der verschiedensten Art. Aus dem Bericht sind ferner die Tätigkeit des Kuratoriums, die Personalstatistik, die Schülerunterstützungen und Schülerexkursionen, die erhaltenen Zuwendungen und Besuche, der Bibliotheksbestand, die Frequenz der Unterrichts- und Versuchsanstalten zu ersehen. Der Bericht gibt weiter Aufschluß über den Besuch der 20 Speziallehrkurse mit Abend- und Sonntagsunterricht und über die Lehrkurse für Papierindustrie, für Artilleriemeister, für Kesselheizer und Dampfmaschinenwärter und für Automobilwagenlenker. In bezug auf die Organisation der Anstalt ist besonders die Umgestaltung der bisherigen niederen und höheren Fachschule für Bau- und Maschinenschlosserei in eine höhere Fachschule für Maschinentechnik mit fünfjähriger Studiendauer zu vermerken, die mit Beginn des kommenden Schuljahres vollzogen wird. Durch die Einführung dieses neuen Lehrplanes ist diese Zentralanstalt des gewerblichen Bildungswesens in die Lage gekommen, in ihren Unterrichtsanstalten nunmehr vollkommen gleichartig gegliederte und gleichwertige höhere Fachschulen, und zwar für Maschinentechnik und Elektrotechnik an den beiden Sektionen, zu besitzen. Endlich verfügt das Museum durch die Erweiterungen der Schülerlaboratorien über Einrichtungen, durch welche die Vornahme von Experimenten, Messungen und die Ausführung von praktischen Versuchsreihen wesentlich gesteigert werden konnte, eine Förderung, welche für die Schüler von ganz besonderem Werte ist. Alle Unterrichtsabteilungen zusammengenommen waren von 1603 Schülern besucht, wovon 675 auf die Fachschulen mit ganztägigem Unterricht, 928 Frequentanten auf die Speziallehrkurse entfallen. Im Berichtsjahr standen an der Anstalt 121 Personen in Verwendung. Der Jahresbericht, dem mit Befriedigung die gedeihliche Entwicklung der Tätigkeit an der Anstalt zu entnehmen ist, wird Interessenten auf Wunsch von der Direktion zur Verfügung gestellt.