Titel: NEUERE ROHÖLMOTOREN.
Autor: Ch. Pöhlmann
Fundstelle: Band 326, Jahrgang 1911, S. 641
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NEUERE ROHÖLMOTOREN. Von Dipl.-Ing. Ch. Pöhlmann, Charlottenburg. (Fortsetzung von S. 631 d. Bd.) Poehlmann: Neuere Rohölmotoren. Die Diesel-Motorenanlage des Warenhauses Hermann Tietz in München, an welcher die auf Seite 630–631 erwähnten Versuche vorgenommen wurden, zeigt ein Blick auf Fig. 19. Fig. 23 stellt die bislang größte Diesel-Motorenanlage dar, welche von der M. A. N. für die elektrische Zentrale der Kiewer Stadteisenbahn geliefert wurde. Fig. 20 gibt eine treffliche Illustration zu der ausgezeichneten Regulierfähigkeit der Augsburger Motoren. Textabbildung Bd. 326, S. 641 Fig. 19. In neuerer Zeit hat die M. A. N. den eben besprochenen Typ für Preßschmierung eingerichtet und als raschlaufenden Diesel-Motor auf den Markt gebracht. Auch wurde die Type einer gründlichen Umarbeitung unterzogen, um an überflüssigem Gewicht zu sparen, was namentlich für den Export nach Rußland, wo jetzt die Zölle auf Maschinen eine außerordentliche Höhe erreicht haben, von Wichtigkeit ist. Textabbildung Bd. 326, S. 642 Fig. 20. Textabbildung Bd. 326, S. 642 Fig. 21. Den eben besprochenen Bauarten ganz ähnlich sind die Ausführungen der Gasmotorenfabrik Deutz und der Maschinenfabrik Benz-Mannheim. Fig. 21, 22, 24 und 25 zeigen Diesel-Motoren der Gasmotorenfabrik Deutz. Dieselben werden in Größen von 20 bis 1000 PSe gebaut. Die sämtlichen Typen sind mit liegenden Verbundkompressoren versehen. Zwei-, Drei- und Vierzylindermaschinen erhalten einen Zwillingsverbundkompressor, der in einfacherer Weise, als es bei den meisten Augsburger Typen der Fall ist, durch eine gewöhnliche Stirnkurbel angetrieben werden kann. Auch sonst zeigt der Motor ein sehr gefälliges und elegantes Aussehen. Der Brennstoffverbrauch beträgt je nach Größe 180–200 g f. d. PSe und Stunde. Fast die gleiche Bauart zeigen die Motoren von Benz. Nur wird hier die Regelung der Brennstoffzufuhr in anderer, höchst einfacher Weise bewirkt. Das Saugventil der Brennstoffpumpe wird durch ein Exzenter gesteuert, welches direkt vom Achsenregler verstellt wird, wodurch der Schluß dieses Saugventils zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt eintritt (Fig. 27). Einen Rohölgleichdruckmotor von durchaus eigenartiger Konstruktion und, nach den bisher damit vorgenommenen Versuchen zu schließen, von größter Wirthschaftlichkeit hat die Güldner-Motoren-Gesellschaft, Aschaffenburg, auf den Markt gebracht. Sie hat sich nicht damit begnügt, wie die meisten Firmen des Diesel-Konzerns, einfach den Augsburger Motor mit geringen Abweichungen zu kopieren, sondern hat einen durchaus selbständigen Typ nach Art ihrer bisher gebauten Sauggasmotoren geschaffen (Fig. 28). Grundplatte, Gestell, Zylinder und Zylinderkopf sind ähnlich wie beim Augsburger Motor, doch ist die Steuerung in vollkommen neuer Weise durchgebildet worden (Fig. 26). Die Steuerwelle ist nicht, wie sonst allgemein üblich, in Supporten am Zylinder gelagert, sondern in einem kastenförmigen Ausbau des Gestells unterhalb der Gallerie. Die Steuerung ist also von ebener Erde aus zugänglich, und der Maschinist hat nicht nötig, sich häufiger auf der Gallerie aufzuhalten, da sich oben keine zu kontrollierenden Teile befinden. Textabbildung Bd. 326, S. 643 Fig. 22. Ueber der Steuernockenwelle in Fig. 26 ist eine Welle sichtbar, welche die von den Nocken betätigten Schwinghebel trägt. Der Anlaß- und Brennstoffhebel sind exzentrisch auf ihr gelagert und können durch Verdrehen eines Handrades am Ende der Welle in Anlaß- bezw. Betriebsstellung gebracht werden. Die Enden dieser Hebel betätigen die Steuerungsstangen, welche letzteren wiederum die eigentlichen Ventilhebel bewegen. Die vom Regler beeinflußte Regulierwelle geht gleichfalls durch das Maschinengestell hindurch und regelt den Schluß des Saugventils, der am rechtsseitigen Steuerwellenende angebrachten Brennstoffpumpe. Wenn der Steuerungskasten durch den dazugehörigen Deckel abgeschlossen ist, ist von den einzelnen Wellen, Steuerscheiben und Zwischenhebeln so gut wie gar nichts zu sehen, weshalb die Maschine äußerlich einen sehr einfachen Eindruck macht. Der Einblaskompressor ist bei Einzylindermaschinen auf einem Ausbau der Grundplatte montiert und wird direkt von der Kurbelwelle angetrieben, Bei Zwillingsmaschinen ist derselbe auf einem eigenen Bockgestell angebracht und direkt mit der Kurbelwelle gekuppelt. Damit ist auch die Möglichkeit gegeben, daß bei größeren Anlagen sämtliche Maschinen ohne Kompressor ausgeführt werden und eine besonders angetriebene Kompressorzentrale sämtliche Motoren mit Einblas- und Anlaßluft versorgt. Textabbildung Bd. 326, S. 644 Fig. 23. Die Güldnerschen Motoren komprimieren nur auf etwa 32 at und nicht, wie sonst üblich, auf 34 at. Der mittlere indizierte Druck ist deshalb ziemlich niedrig, im Mittel 6,44 at bei Normallast und 7,54 at bei annähernd voller Belastung. Die natürliche Folge davon ist eine weigehende Ueberlastbarkeit. Während ein Augsburger Textabbildung Bd. 326, S. 645 Fig. 24. Textabbildung Bd. 326, S. 645 Fig. 25. Textabbildung Bd. 326, S. 645 Fig. 26. Tabelle 3. Prüfungswerte für Leistung und Verbrauch eines 2 × 60 pferdigen Diesel-Motors von Güldner. Ordnungsnummer des Versuchs I II III IV V VI VII VIII IX Zahl der Umdrehungen in einer Minute 177,5 180,1 182,4 185,1 187,2 185,4 182,6 180,4 173,5 Indizierter Druck im Zylinder Nr. 1120 in kg/qcm 6,13 4,98 4,15 Indizierter Druck im Zylinder Nr. 1121 in kg/qcm 6,63 5,425 4,22 Indizierte Leistung in beiden Zylindern in Pferdestärken 167,8 138,5 113,2 Indizierter Leistungsverbrauch der Luftpumpe in Pferdestärken 4,79 4,79 4,79 Indizierte Gesamtleistung der Maschine in Pferdestärken Ni. 163,01 133,81 108,31 Belastung der Bremse am Hebelarm 2,36 m in kg 287,67 224,82 173,40 120,85 69,35 120,85 173,40 224,82 287,67 Gebremste Leistung in Pferdestärken (Nb) 168,3 133,4 104,2 73,7 42,8 73,8 104,4 133,6 164,5 Effektiver Leistungsverbrauch der Luftpumpe (Nl) 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 Effektive Gesamtleistung der Maschine in PS Ne = Nb – Nl 161,3 126,4 97,2 66,7 35,8 66,8 97,4 126,6 157,5 Treibölverbrauch während des Versuchs in kg 10 15 10 15 5 5 5 11 16 Treibölverbrauch für 1 Pferd der effektiven Leistung in kg/Std. 0,203 0,1875 0,196 0,209 0,248 10,1935 0,182 0,185 0,199 Wirkungsgrade: Indizierte Leistung in Heizwertprozenten des Treiböls 43,6 44,3 49,1 Effektive Leistung in Heizwertprozenten des Treiböls 31,2 33,8 32,3 30,3 25,5 32,8 34,8 34,3 31,8 Wärmeaufnahme des Kühlwassers in Heizwertprozenten d. Treiböls 25,3 24,8 24,6 33,4 40,2 41,4 32,4 29,1 26,2 Effektive Leistung in v. H. der indizierten Leistung 77,5 72,7 61,5 Textabbildung Bd. 326, S. 646 Fig. 27. Motor um rd. 20 v. H. überlastet werden kann, wurden bei Güldnerschen Motoren Ueberlastungen bis zu 35 v. H. erzielt. Der Motor eignet sich also vorzüglich für Betriebe, in denen vorübergehend ein großer Mehrbedarf an Leistung auftritt. Der Brennstoffverbrauch dieser Maschinen muß als außerordentlich günstig bezeichnet werden. Er übertrifft nach den von der Firma mitgeteilten beglaubigten Resultaten teilweise die besten bisher erzielten Leistungen. Textabbildung Bd. 326, S. 647 Fig. 28. Tab. 3 gibt einen Auszug aus dem Prüfungsprotokoll einer vom Geh. Hofrat E. Brauer, Karlsruhe, ausgeführten Untersuchung eines 120 PS-Zwillings-Güldner-Motors. Der Treibölverbrauch bezieht sich auf Paraffinöl vom spez. Gewicht 0,865 und einem unteren Heizwert von 9979 WE. An einem anderen 300 pferdigen Zwillingsmotor wurde von Professor Josse, Charlottenburg, ein Verbrauch von 162 g i. d. PSe und Stunde gemessen. (Fortsetzung folgt.)