Titel: | DER LOKOMOTIVBAU AUF DER INTERNATIONALEN INDUSTRIE- UND GEWERBE-AUSSTELLUNG IN TURIN. |
Autor: | Schwickart |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 705 |
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DER LOKOMOTIVBAU AUF DER INTERNATIONALEN
INDUSTRIE- UND GEWERBE-AUSSTELLUNG IN TURIN.
Von Schwickart,
Ingenieur in Cöln-Kalk.
SCHWICKART: Der Lokomotivbau auf d. Internat. Industrie- u.
Gwerbe-Ausstellung Turin.
Inhaltsübersicht.
Die Internationale Industrie- und Gewerbe-Ausstellung in Turin
bietet eine günstige Gelegenheit die Fortschritte des Lokomotivbaues zu studieren.
Neben bekannten Typen mit zum Teil interessanten Neuerungen, sind die vom Auslande
u.a. ausgestellten 2-C-1 Lokomotiven erwähnenswert. Güterzug- und Kleinbahnmaschinen
sind ebenfalls wirksam vertreten. Ueber die konstruktiven Einzelheiten, sowie die
Leistungen der einzelnen Lokomotiven wird im folgenden berichtet.
–––––
Das 50 jährige Bestehen des Königreichs Italien gab den Anlaß, in diesem Jahre in Turin eine Internationale Industrie- und
Gewerbe-Ausstellung zu eröffnen als eine Huldigung der einzelnen Nationen.
Damit war der Großindustrie und dem Gewerbe Gelegenheit geboten, den mit den Jahren
gewachsenen regen geschäftlichen Verkehr mit Italien zu zeigen und durch Beschicken
der Ausstellung ihre Interessen zu fördern. Im ganzen entstand dadurch ein
zusammenhängendes Bild des italienischen Bedarfs. In diesem Sinne ist es nur
begreiflich, daß schon wieder eine Ausstellung zustande kam, und daß ein großer Teil
der dort zu sehenden Fabrikate für Italien bestimmt ist.
In folgendem berichten wir kurz über den Bau der auf der Ausstellung vertretenen
Lokomotiven.
Textabbildung Bd. 326, S. 705
Fig. 1.Rostanordnung Bauart „Menner“ (Längsschnitt).
I. Die Lokomotiven der deutschen Firmen.
Einen Ueberblick über die ausgestellten Lokomotiven und deren Hauptabmessungen geben
Tab. 1 und 2.
Ferner sind eine feuerlose Lokomotive
Nr. 24, 0–B–0 von J. A. Maffei, München und eine Preßluftlokomotive Nr. 25, 0–C–0 von A. Borsig, Berlin, ausgestellt.
Diese Abteilung bietet eine Menge neuer Typen sowie neuzeitiger Verbesserungen an
bekannten. Vor allem aber ist die große Anzahl Kleinbahnlokomotiven, die in Brüssel
vermißt wurden, bemerkenswert. An Hand der von den Firmen in liebenswürdiger Weise
zur Verfügung gestellten Unterlagen gibt der Verfasser im folgenden eine
Beschreibung der einzelnen Lokomotiven.
A. Personen- und
Schnellzuglokomotiven.
1. 2–C–1 Vierzylinder-Verbund-Heißdampf Schnellzuglokomotive
der Württembergischen Staatsbahnen (Maschinenfabrik Eßlingen,
Eßlingen).
Dem Bauprogramm lag zugrunde: Beförderung von Schnellzügen von 350 t Wagengewicht
auch bei ungünstigster Witterung auf ‰ Steigung mit 100 km/Std., auf 10‰ in der
Geraden mit 60 km, in Krümmungen von weniger als 700 m Radius mit 55 km/Std. Die
Höchstgeschwindigkeit soll 110 km betragen. Eine eingehende Beschreibung verlohnt
sich nicht, da eine solche mehrfach schon erschienen ist. Hervorzuheben ist die
Rostanordnung, Bauart „Menner“. Nach Fig. 1
erfolgt die Dampfzuleitung durch das Rohr b zu den
Abzweigungen c. Von da führt je eine Längsbrause d links und rechts des Kipprostes zwischen den
Roststäben und parallel zu diesen liegend durch, deren Austrittsöffnungen
Tabelle 1.
Textabbildung Bd. 326, S. 706
Gattung; Heißdampf; Naßdampf;
Aussteller; Empfänger; Personen- und Schellzuglokomotiven; Maschinenfabrik
Eßlingen; Württembergische Staatsbahnen; Sächsische Maschinenfabrik, Chemnitz;
Sächsische Staatsbahnen; Berliner Maschinenbau-A.-G.; Preußisch-hessische
Staatsbahnen; Breslauer A. G., Breslau; Krauß & Co., München; Bayerische
Staatsbahnen; Hannoversche Maschinenbau-A.-G.; Italienische Staatsbahnen;
Güterzuglokomotiven; J. A. Maffei, München; Henschel & Sohn, Kassel;
Rumänische Staatsbahnen; Orenstein & Koppel (Arthur Koppel); A. Borsig,
Berlin; Sardinische Eisenbahn; Nebenbahnlokomotiven; Type Ciriè-Lanzo; Francesco
Cinzano & Cie, Turin; Società Nazionale in Iseo; Rangierlokomotiven; Unione
Zucckeri, Mailand; Straßenbannlokomotiven; Tramvie Vicentine Vicenza; Type
Società Vicentine; Schmalspurlokomotiven; Société Decauville, Rom-Paris
Diese Lokomotive wurde zurückgezogen.
in die Durchbrüche der Roststäbe einmünden und den Dampf über
die ganze Breite des Rostes durchstreichen lassen. Die Regelung der Dampfzuführung
geschieht mittels des Ventils h (½ '' 1. W.). Nach
Angabe ist der Dampfverbrauch sehr gering. Durch die Durchbrechung der Roststäbe
ergibt sich erhöhte Luftzuführung, damit Kühlung des Rostes. Der durch die
Dampfbrause zugeführte Sauerstoff und Wasserstoff bewirkt eine rationelle
Brennstoffausnutzung und eine Steigerung der Dampferzeugung. Ebenfalls vermindert
der durchströmende Dampf ein Verschlacken und Anbacken der Kohlen an den Roststäben,
die hierdurch eine größere Lebensdauer erhalten. Ueber die im August 1909 gemachten
Versuchsfahrten sei erwähnt: Auf der Strecke Mühlacker-Ulm (134 km) wurden vier
Versuchsfahrten unternommen mit 308, 373, 408 und 478 t Zuglast hinter dem Tender,
deren Mittelwerte in Tab. 3 wiedergegeben sind.
Die durchschnittliche Kesselspannung betrug 15 at, die Spannung im Hochdruckzylinder
13,6 at, im Niederdruckzylinder 4 at. Der Wirkungsgrad der gesamten Maschine stellt
sich nach der Tabelle zu 75 v. T. Kessel sowohl wie Maschine arbeiteten
zufriedenstellend. Bei 500 kg Kohlen f. d. qm Rostfläche wurden 3660 kg Wasser
verdampft, womit der Dampfverbrauch 7,8 kg/PS beträgt.
Der Tender ist nicht ausgestellt.
2. 2–C–0 Vierzylinder-Verbund-Heißdampf-Schnellzuglokomotive
der Kgl. Sächsischen Staatsbahnen (Sächsische Maschinenfabrik, vorm. Rich.
Hartmann, Chemnitz).
Die Sächsischen Staatsbahnen beschafften in den Jahren 1904/05 2–C–0 Vierling
Heißdampflokomotiven. Im Betriebe sollen diese Maschinen gegenüber der 2–B–1
Vierzylinder-Verbund-Naßdampfschnellzuglokomotive keine wesentliche
Kohlenersparnisse f. d. t/km ergeben haben, weshalb 1907/08 2–C–0
Verbund-Heißdampflokomotiven in Auftrag gegeben wurden, die den geliegten
Erwartungen auch entsprachen. Beide Ausführungen zeigten den Nachteil eines relativ
großen Eigenwiderstandes, daß im Gefälle mit Dampf gefahren werden mußte. Zudem
zeigten sich häufige Anbrüche an den Kurbelzapfen der Kropfachsen. Nach diesen
Beobachtungen entschloß sich die Sächsische Staatsbahnverwaltung 1909 2–C–0
Zweizylinder-Heißdampf-Schnellzuglokomotiven mit Zwillingswirkung zu beschaffen, von
denen eine Maschine in Brüssel ausgestellt war. Es ist auffallend, daß die
Bahnverwaltung auch mit dieser Maschine schlechte Resultate erzielt haben will,
während andere Bahnverwaltungen nach eingehenden Versuchen von ihrer
Wirthschaftlichkeit überzeugt sind. Bei der in Turin ausgestellten Maschine (Fig. 2) ist man
Tabelle 2. Hauptabmessungen.
Lokomotiven
Lokomotive Nr
1
2
3
4
5
6
Gattung
2 – C – 1
2 – C – 0
2 – C – 0
2 – B – 0
1 – C – 2 T
0 – C – 0 T
Zylinderdurchmesser
mm
2 × 4202 × 620
2 × 4302 × 620
4 × 430
4 × 550
2 × 530
2 × 370
Kolbenhub
„
612
630
630
630
560
550
Treibraddurchmesser
„
1800
1885
1980
2100
1500
1520
Laufraddurchmesser
„
1000
1045
1000
1000
960
–
Schleppraddurchmesser
„
1240
–
–
–
960
–
Fester Radstand
„
3800
4100
4700
3000
3600
3600
Ganzer Radstand
„
11040
8450
9100
8100
9150
3600
Dampfüberdruck
kg
15
15
12
12
13
12
Feuerbüchsheizfläche
qm
15
12,83
13,57
12,05
10,32
6,2
Rohrheizfläche
„
193
133,42
140,68
124,93
100,62
73
Ueberhitzerheizfläche
„
53
41
52,9
40,32
35
–
Gesamtheizfläche
„
261
187,25
207,15
177,3
145,94
79,2
Rostfläche
„
3,95
2,75
2,61
2,3
2,34
1,3
Leergewicht
t
75,9
67,8
70,7
56,4
68
29,4
Dienstgewicht
„
85
74,02
77,72
62
92
38,3
Adhäsionsgewicht
„
47,6
47,6
50,92
35
48
38,3
Wasservorrat
cbm
–
–
–
–
14
4,5
Kohlenvorrat
kg
–
–
–
–
4500
1700
Tender
Raddurchmesser
mm
1000
1000
1000
–
–
Fester Radstand
„
1550
1800
1550
–
–
Totaler Radstand
„
4600
5600
4600
–
–
Leergewicht
t
21,5
24,87
21,5
–
–
Dienstgewicht
„
46,8
61,87
50,24
–
–
Wasservorrat
cbm
20
21
30
21,5
–
–
Kohlenvorrat
kg
5500
5000
7
5
–
–
Textabbildung Bd. 326, S. 707
Fig. 2.
deshalb wieder zur Vierzylinder-Verbundanordnung in Verbindung
mit Heißdampf übergegangen. Der Raddurchmesser ist von 1570 mm auf 1885 mm erhöht
worden; man hat der Maschine damit mehr den Charakter einer Schnellzuglokomotive
gegeben. Durch die Anwendung der Verbundanordnung ist der Kesseldruck von 12 auf 0
at gestiegen, so daß der Kessel schwerer und infolge häufiger Undichtigkeiten
größere Unkosten entstehen. Die Zugkraft beträgt
Z=0,5\,.\,12\,.\,\frac{55^2\,.\,60}{157}=6900
bei der Zwilling-Heißdampflokomotive und
Z=0,4\,.\,15\,.\,\frac{68^2\,.\,63}{188,5}=9200
bei der Verbundlokomotive, demnach 32 v. H. größer.
Programmäßig soll die 2–C–0 Vierzylinder-Verbundlokomotive
a) 420
t
Wagenzug
auf
10
v. T.
mit
45
km,
b) 240
„
„
„
10
„
„
60
„
befördern.
Diesen würde nach v. Borries eine Zugkraft von
a) 1113
+ 490 + 4940
=
6543 kg,
b) 792
+ 602 + 3140
=
4534 kg
entsprechen.
Tabelle 3.
Wagen-gewichtt
Steigungv. T.
vkm
Füllungv. H
Luftl.
Indiz.LeistungNiPS
LeistungamZughakenNzPS
Indiz.ZugkraftZikg
ZugkraftamZughakenZzkg
Ver-dampfungs-heizflächeNi/qmPS
Rauch-kammer
Feuer-büchse
.
mmWS
1
373
7,95
80
62
120
50
1870
1400
6320
4750
9
2
408
3,26
91
56
130
60
1760
1320
5220
3900
8,5
3
408
7,85
73
64
160
80
1830
1400
6770
5200
8,8
4
408
7,95
74
62
125
55
1785
1340
6520
4900
8,6
5
478
3,26
89
57
125
55
1860
1420
5790
4400
8,9
6
478
7,85
62
63
150
80
1780
1400
7650
6000
8,6
7
478
7,95
65
64
115
45
1700
1320
7060
5500
8,2
8
478
22,4
38
70
60
30
1230
810
8750
5750
5,9
Die Leistungen betragen 1100 PS resp. 1000 PS, oder 6,3 resp. 5,8 PS/qm Heizfläche.
Diese Leistungen bei 2,1 resp. 2,8 Umdr. i. d. Sek. reichen nicht an die einer
Zwillings-Heißdampflokomotive heran. Wenn die 2–C–0 Zwillings-Heißdampflokomotive
der Sächsischen Staatsbahnen unter den gleichen Annahmen wie a und b bei kleineren
Rädern eine größere Umdrehungszahl i. d. Sek. hat, dabei ihre Verdampfungsheizfläche
um 10 v. H. größer ist, so dürfte hierin der Grund der Unwirthschaftlichkeit zu
suchen sein.
Textabbildung Bd. 326, S. 708
Fig. 2a. Steuerungsschema.
A = Zwischenwelle; B =
Nachfüllschieber; C = Steuernde Kante des Nachfüllschiebers, D = Hauptschieber,
E = Gesteuerte Kante des Hauptschiebers, I Steuernde Kante des Hauptschiebers
für Nachfüllvorrichtung.
Außer dem Triebwerk entsprechen die übrigen Teile im wesentlichen denen der in
Brüssel ausgestellten Maschine. Die Rostfläche ist mit 2,75 qm um 0,5 qm, die
Heizfläche mit 187,25 um 16 qm verkleinert. Die Anzahl der Rauchrohre beträgt 24
Stück von 119/127 , die der Siederohre 144 Stück von 45/50 mm . Der
feste Achsstand ist von 3500 auf 4100, der gesamte von 7200 auf 8450 mm vergrößert.
Der Ausschlag des Drehgestells von 38 gibt diesem die Möglichkeit, die Maschine in
Kurven bis 180 m zu führen, ohne Anlaufen der ersten Kuppelachse an der
Außenseite.
Die Hochdruckzylinder liegen innen, die Niederdruckzylinder außen und greifen
sämtlich auf die erste Kuppelachse an. Um Anbrüche an den Kurbelzapfen vorzubeugen,
ist die Kropfachse aus Nickelstahl und nach Frémont
ausgeführt. Frémont beseitigt die Rißbildungen, indem er
die Verbindung mit dem Kurbelblatt aufhebt. Die Kurbelblätter sind rund mit einem
ovalen mitten beigedrücktem Ausschnitt in der Mitte. Die Firma Krupp in Essen, die das alleinige Ausführungsrecht des Patents für
Deutschland und Oesterreich besitzt, hat eingehende Versuche mit diesen Achsen
angestellt, die zu Gunsten der Frémont-Achse ausgefallen
sind. Beim Eintreiben von Keilen zwischen die Kurbelblätter zeigte sich bei den
Kurbelblättern ohne Ausschnitt schon bald ein Bruch in der Hohlkehle des
Kurbelarmes, während bei denen mit Ausschnitt erst viel später Anrisse in den
Kurbelblättern und als Fortsetzung achsial im Zapfen eintraten.
Die Dampfverteilung erfolgt bei sämtlichen Zylindern durch Kolbenschieber. Die
Hochdruckschieber haben eine innere Einströmdeckung von 37 mm und eine
Ausströmdeckung von 6 mm. Die Abdichtung des Kolbenschiebers
Tabelle 4.
Steuerung
Textabbildung Bd. 326, S. 709
Füllung der Nachfüllvorrichtung
v.H.; Vorwärts; Rückwärts; Zugehörige Füllung im Niederdruckzylinder;
Hochdruckfüllung; Voröffnung; Größte Oeffnung für den Dampfeintritt; Verhältnis
der größten Oeffnung zum Zylinderquerschnitt; Größte Oeffnung des
Dampfeingangskanals f.d. Dampfaustritt; Füllung; Vorausströmung; Kompression;
Voreinstromung; Schieberhub; Steinbewegung; Der Stein bewegt sich aus dem
Kulissenmittel nach oben im Maximum
erfolgt nach Bauart Fester. Der
Niederdruck-Kolbenschieber wurde nach Angaben der Bahnverwaltung zweiteilig
ausgeführt. Die zwei Hälften werden durch eine Plattfeder gegen die Schieberbüchsen
gepreßt, Kolbenringe sind nicht vorgesehen. Die Schieber arbeiten mit äußerer
Einströmung und besitzen in der oberen Schieberhälfte einen Trick-Kanal, während der
Verbindungskanal in der unteren Hälfte liegt. Die Heusinger-Steuerung bewegt die äußeren Niederdruckschieber; die
Uebertragung auf die inneren Hochdruckschieber erfolgt durch Zwischenwelle. Die
Anordnung und Dampfverteilung der Steuerung zeigt Fig.
2a und Tab. 4.
Die Steuerung des Hochdruckschiebers ergibt bei voll ausgelegter Kulisse eine Füllung
von nur 55 v. H. des Kolbenweges. Auf diese Weise ergab sich ein größerer
Schieberweg bei niederen Füllungsgraden und größere Kanalöffnungen für den
eintretenden und austretenden Dampf, wodurch die Drosselung des Dampfes gemindert
wurde.
Um beim Anfahren die erforderlichen Füllungen von 80–85 v. H. zu erhalten, sind
Nachfüllschieber nach Lindner in die Verteilungsschieber
eingebaut, die bei Füllungen über 55 v. H., also nach Abschluß der
Verteilungsschieber, dem Hochdruckzylinder Frischdampf zuführen. Fig. 2a zeigt die Anordnung des Nachfüllschiebers und
läßt die kleinen Querschnitte der Zugangsöffnungen erkennen. Durch Versuche wurde
festgestellt, daß diese Querschnitte zum sofortigen Anfahren genügen und ein
plötzliches und zu weit gehendes Ansteigen der Zugkraft beim Anfahren ausschließen.
Dieses würde beim gemeinschaftlichen Anziehen zweier unter 90° versetzter Kurbeln
eintreten. Andererseits lassen sich die Perioden des gemeinschaftlichen Anziehens
zweier versetzter Kolben erheblich verlängern und sich hierdurch die anfängliche
Anzugskraft des nach Abschluß der gemeinschaftlichen Periode allein zum Anzug
gelangenden Kolbens wesentlich erhöhen.
Allerdings wird beim Fahren während der Expansionsperiode etwas Dampf nachströmen,
ohne jedoch die Schaulinie merklich zu beeinflussen oder schädliche Wirkung zu
zeigen. Bei voll ausgelegter Steuerung wird ein Kreuzhahn geöffnet, der Frischdampf
in den Verbinder und vor die Niederdruckkolben strömen läßt.
Die in Fig. 3 dargestellten Diagramme lassen
erkennen, daß die Anzugskraft gleichmäßiger ist, die Sicherheit des Anfahrens und
Vermeiden des Schleuderns gegeben ist. Die Einströmquerschnitte werden bis 31 v. H. die
Ausströmquerschnitte um 32 v. H. vergrößert. Die Dampfersparnisse sind derart, daß
bei üblichen Füllungen von 20–25 v. H. mit einer um 5 v. H. geringeren Füllung
gefahren werden kann.
Textabbildung Bd. 326, S. 710
Fig. 3.Lokomotive Nr. 2.
Steuerung ohne Nachfüllung;
Steuerung mit Nachfüllung. Kanaleröffnung, sowie Anzugskräfte bei voll
ausgelegter Steuerung und größtem Schieberhube = 136 mm. Schaulinie der
Anzugskräfte unter Berücksichtigung der Treibstangenlänge. – Zeunersche
Schieberschaulinie ohne Berücksichtigung der Treibstangenlänge.
Zylinderdurchmesser d = 610 mm. – Kolbenhub h = 630 mm. – Treibraddurchmesser D
= 1885 mm. – Dampfüberdruck p = 12 at. – Länge der Treibstange L = 1210 mm.
Größte Anzugskraft eines Kolbens auf den Radumfang übertragen, ohne
Berücksichtigung der Treibradlänge. Adhäsionsgew. = 47700 kg ⅕ d. Adh. = 9540
kg. Maßstab für Adhäsionsgew, und Anzugskräfte 1080 kg – 1 mm. Umfang des Ein-
und Ausströmkanals = 51 cm, dargestellt für eine 2–C–0
Zweizylinder-Zwillings-Heißdampflokomotive; Füllungsgrad; Schieberhub;
Kanaleröffnung; Querschnitt für den Dampfeintritt qcm; Austrittskanaleröffnung
bei Beginn des Kolbenhubes
Abgebremst werden mit einer Westinghouse-Schnellbremse durch sechs vor den gekuppelten Rädern angeordnete
Bremsklötze 32000 kg gleich 66 v. H. des Adhäsionsgewichts und durch vier Klötze
11820 kg gleich 44 v. H. der Drehgestellast.
(Fortsetzung folgt.)