Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 309, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 118
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. VIII. Internationaler Schiffahrtscongress in Brüssel. Die Tageszeitungen berichten über die am 25. Juli erfolgte Eröffnung des Internationalen Binnenschiffahrtscongresses das Nachstehende. Alle europäischen Staaten einschliesslich Monacos waren officiell auf dem Congress vertreten; ferner hatten die Vereinigten Staaten, Japan und der Congostaat ihre Betheiligung angemeldet. Deutschland hatte nicht weniger als 22 officielle Vertreter entsendet; unter diesen sind zu nennen: der Rheinstrombaudirector Müller, der Elbstrombaudirector Hoffgen, der Rheinschiffahrtsbevollmächtigte Hessens Freiherr v. Biegeleben, der preussische Ministerialdirector Schultz. Mehr als 1000 Delegirte aus allen Ländern waren zur Eröffnung des Congresses eingetroffen. Minister Debruyn begrüsste den Congress Namens der Regierung Belgiens. Der Präsident Helleputte legte die Aufgaben des Wasserbaues in vier Sprachen, Französisch, Deutsch, Holländisch und Englisch, dar. Dann antworteten Vertreter auswärtiger Regierungen; Namens Deutschland zeigte Ministerialdirector Schultz, was in Deutschland, insbesondere in Preussen, für den Wasserbau geschehen und was weiter geplant sei. Insbesondere erörterte er die Nothwendigkeit des Dortmund-Rheinkanals und des Mittellandkanals. Die zur Discussion gestellten Hauptpunkte bezogen sich auf die Flusskanalisirung, die Binnenschiffahrtskanäle, die Flüsse, auf welche Ebbe und Fluth wirken, die Seekanäle, die Seehäfen und die Schiffahrtsabgaben. Ueber jeden speciellen Punkt lagen 3 bis 6 Referate von Fachleuten verschiedener Länder vor; so über die Ausnutzung der Wehrgefälle zu Kraftzwecken die Berichte des königl. Geheimen Bauraths Räder aus Potsdam, des Chefingenieurs für die Pariser Brücken undChausseen Hirsch und des Ingenieurs Marten aus London; über Speicher und Schuppen in Seehäfen im Allgemeinen lag eine Studie von dem Oberingenieur der Stadt Hamburg F. Andreas Meyer vor; über dieselbe Frage, mit besonderer Berücksichtigung von Havre, das Referat der Ingenieure dieser Stadt, Vétillart und Ducrocq, die Rotterdamer Verhältnisse wurden von dem dortigen Chefingenieur G. J. de Jongh beleuchtet, die Amsterdamer von dem dortigen Director der öffentlichen Arbeiten Lambrechtsen van Ritthem. Von allgemeinerem Interesse für Deutschland dürfte dann weiter ein Bericht des Hamburger Wasserbaudirectors Buchheister „über die Grösse und das Verhältniss der einzelnen Theile eines Seehafens mit besonderer Berücksichtigung der Hafenanlagen von Hamburg“ sein. Ueber dieselbe Frage mehr im Allgemeinen schrieben der Ingenieur der Stadt Brügge Nyssens-Hart, der Chefingenieur für Brücken und Chausseen Ad. Guérard aus Marseille und der bereits erwähnte Rotterdamer Chefingenieur G. J. de Jongh. Der Nation ihrer Verfasser nach entfielen 20 der Referate auf Frankreich, 18 auf Deutschland, 15 auf Belgien, 7 auf Holland, 5 auf England, je 2 auf Russland und Oesterreich und je 1 auf Ungarn und die Vereinigten Staaten. Accumulatorenwagen für Landstrassen. Gegenwärtig ist in Hagen (Westf.) Ingenieur Sarasin mit Versuchsfahrten mit einem neuen von ihm construirten Accumulatorenwagen für Landstrassen beschäftigt. Der Wagen, dessen Untergestell später für einen Omnibus dienen soll, ist mit Strassenbahnaccumulatoren der Accumulatorenfabrik A.-G. in Hagen (Westf.) ausgerüstet; es wird die gleiche Type verwendet, wie auf den Strassenbahnen in Berlin, Hannover und Turin. Die Spannung der Batterie beträgt 150 Volt; die Ladung reicht für eine Fahrt von 15 km aus. Angetrieben wird der Wagen von einem 8pferdigen Elektromotor mittels Kette. Die Maximalgeschwindigkeit beläuft sich auf 15 km. (E. T. Z.). Fortschritte in der Acetylenindustrie. Mit der diesjährigen, vom 28. Juni bis 2. Juli in Nürnberg abgehaltenen 38. Jahresversammlung des Deutschen Vereines von Gas- und Wasserfachmännern war eine Acetylenausstellung verbunden. Auf dieser zeichnete sich durch seine gute Ausführung der auf dem Principe des Zuführens von Carbid ins Wasser beruhende Apparat des Acetylenwerkes Augsburg Keller und Krappich aus. Nach demselben Grundprincip war die 60flammige Anlage ausgeführt, welche die Allgemeine Carbid- und Acetylen-Gesellschaft Berlin im Betriebe vorführte. Diese Firma wendet den Pictet'schen Apparat an, der an Einfachheit der Construction und Bedienung und an Sicherheit des Betriebes kaum zu übertreffen sein dürfte. Viel Interesse erregte bei den anwesenden Fachleuten die Vorführung des Reinigungsverfahrens derselben Firma, dessen Wirkungsweise in sehr anschaulicher Weise durch Einschalten von verschiedenen Reagentien vor und nach der Reinigung vorgeführt wurde, so dass sich jeder von der absoluten Reinheit des Gases überzeugen konnte. Auch die neuen Leucht- und Heizbrenner, sowie Löthkolben derselben Firma fielen durch ihr gutes Functioniren auf. Die bekannte Gasbrennerfirma Jean Stadelmann und Co. in Nürnberg zeigte eine vollständige Zusammenstellung ihrer bewährten Specksteinbrenner für Acetylen. Auch die Société Internationale de l'Acétglène war gut vertreten. Sonst hatten von Acetylenfirmen noch die Internationale Gesellschaft für Beleuchtung Hera in Berlin, die Deutsche Acetylengasgesellschaft, die Deutsch-Oesterreichisch-Schweizerische Acetylengasgesellschaft in Lindau, H Daut in Nürnberg und Schwandt und Post in Fulda ausgestellt. Die Hauptschwierigkeit der Anwendung des Acetylens als Triebkraft lag bisher in der gefahrlosen Erzeugung einer lichtlosen Flamme; gegenwärtig soll dieselbe durch die neueren Untersuchungen und Constructionen der Berliner Allgemeinen Carbid- und Acetylengesellschaft überwunden sein. Das Acetylen kommt jetzt auch für Kraftmaschinen, ähnlich dem gewöhnlichen Steinkohlengas, in Verwendung. Um seine Triebkraft voll auszunutzen, muss man es derart mit Luft mischen, dass es mit nichtleuchtender Flamme verbrennt. In diesem Falle entsteht eine weit grössere Hitze als bei der Verbrennung des Steinkohlengases, und deshalb erlangen auch die Verbrennungsproducte eine viel bedeutendere Explosivkraft. Da die Acetylenentwickelung nicht an den Ort gebunden ist, so eignet sich das betreffende Gas als Triebkraft vorzugsweise da, wo keine Gasanstalten in der Nähe sind, und wo der Motorenbetrieb nicht in einem so grossen Maasstabe eingerichtet werden kann, dass sich die Anlage eines elektrischen Betriebes lohnen würde. Wie uns des weiteren mitgetheilt wird, soll sich die entleuchtete Flamme des Acetylens gut zur Hartlöthung eignen. Ihre Temperatur ist so hoch, wie man sie sonst nur mittels eines besonderen Gebläses erreichen kann. Mit dem von der Berliner Allgemeinen Carbid- und Acetylengesellschaft gelieferten Acetylenbrenner soll eine Temperatur von nahezu 2000° entwickelt werden können. Da die Heizkraft des Acetylens etwa 2½mal so gross ist wie diejenige des Steinkohlengases, so ist sein Verbrauch in demselben Maasse geringer, und damit sind es auch die Kosten der Hartlöthung. Eine für das Acetylengewerbe bedeutungsvolle Erfindung soll nach Gastechniker C. A. Weber in Zürich gelungen sein. Das neue Gas konnte bisher nur in offenen, mehr oder weniger russenden Flammen verwendet werden. Weber hat einen Brenner construirt, der, mit einem Auer'schen Glühkörper versehen, das an und für sich schon sehr helle Auer-Licht an Leuchtkraft übertrifft und weniger Gas erfordert als die bis jetzt bekannten Acetylenbrenner. Es möge noch hinzugefügt sein, dass nach Mittheilung des Patentbureaus Carl Fr. Reichelt in Berlin Russ von Acetylenflammen sich gut zur Herstellung von Farbstoffen und Buchdruckerschwärze eignet. Acetylen gibt, wenn mit rauchender Flamme verbrannt, ein 3- bis 4mal grösseres Quantum Russ, als eine gleiche Menge Mineralöl. Der Acetylenruss zeichnet sich durch seine absolut schwarze Farbe aus, die nicht die geringste Beimischung von Braun aufweist. Er ist frei von theerigen Beimengungen, die in Lampenschwarz oder gewöhnlichem Russ stets in mehr oder weniger grosser Menge zu finden sind. Die Strassenbahnunternehmungen der A. E. G.-Berlin. Der nach dem Stande vom Juli 1898 bearbeiteten Zusammenstellung von durch die Allgemeine Elektricitätsgesellschaft in Berlin erstellten bezw. im Bau begriffenen elektrischen Strassenbahnen mit oberirdischer Stromzuführung entnehmen wir folgende interessante Daten: Als erste nach dem System der Firma ausgeführte Anlage wurde im Sommer 1891 die Stadtbahn Halle mit 25,5 km Gleislänge dem Betriebe übergeben; letzterer wird mittels 45 Motor- und 27 Anhängewagen unterhalten. Bis Januar 1898 hat in 27 deutschen und 7 ausserdeutschen europäischen Städten die Betriebseröffnung stattgefunden; 8 neue Strecken in deutschen Städten, 11 in anderen Städten Europas und 2 neue Anlagen in Amerika sind noch im Bau begriffen. Von den letzteren zeichnet sich durch ihre Grösse die in Angriff genommene Strassenbahn in Santiago de Chile aus, deren Betrieb mit einer Dampfmaschine von 2000 und drei Dampfmaschinen von je 1000 erfolgen und durch 340 Motor- und Anhängewagen bewältigt werden soll. Die Gesammtgleislänge der gebauten Anlagen beträgt 1095 km, die Anzahl der Motorwagen 1861. Für alle Bahnen ist eine Betriebsspannung von 500 Volt gewählt. 20 Strecken sind noch in Vorbereitung begriffen; 12 derselben werden Erweiterungen von bereits ausgeführten Bahnen sein. Elektrische Beleuchtungs- und Kraftübertragungsanlage in der Berliner Velvetfabrik von M. Mengers Söhne.Ausgeführt von der A. E. G. Berlin. Der gesammte Antrieb der Velvetfabrik erfolgte bisher durch zwei ziemlich entfernt von einander liegende Dampfmaschinen, von denen die kleinere eine Leistung von 30 i hatte, während die grössere, eine alte Balancier-Maschine, 70 i zu leisten vermochte, wobei sie einen Dampfverbrauch von 38 k für 1 /Std. aufwies. Eine elektrische Anlage Hess aus zwei Gründen wesentliche technische und wirthschaftliche Vortheile erwarten. Einmal konnten die beiden kleinen unökonomisch arbeitenden Dampfmaschinen durch eine einheitliche Dampfdynamostation ersetzt werden, während andererseits an Stelle der langen mehrfach winkligen Haupttransmissionen die elektrischen Zuleitungen zu treten hatten. Die grosse Anzahl der Motoren, welche, wie es bei Spül- und Färbereibetrieb u.s.w. sich nicht umgehen lässt, vielfach der Feuchtigkeit, sowie Staub und Schmutz ausgesetzt sind, bedingte für die gesammte Anlage die Anwendung von Drehstrom. Die Primärstation besteht aus einer Drehstromdynamo O2000 für 190 Volt und einer Erregergleichstrommaschine S100 für 110 Volt. Angetrieben werden diese Maschinen durch eine Verbunddampfmaschine der Görlitzer Maschinenbau-Gesellschaft und Eisengiesserei, welche bei 120 Umdrehungen in der Minute, 530 mm bezw. 800 mm Cylinderdurchmesser und 800 mm Hub, eine Leistungsfähigkeit von 320 besitzt. Der Antrieb selbst erfolgt durch 13 Seile von je 45 mm Durchmesser. Die Dampfmaschine ist mit Collmann-Steuerung versehen und arbeitet mit Condensation bei einer Dampfspannung von 7 at Ueberdruck. Von der Dampfmaschine wird der Strom nach zwei Schalttafelnfür die Beleuchtungs- bezw. Kraftanlage geführt, von welchen die einzelnen Hauptleitungen nach dem Werke abzweigen. Für die Motoren ist dabei fast ausnahmslos Gruppenbetrieb vorgesehen, da fast alle Maschinen mit keinen oder verhältnissmässig nur geringen Arbeitspausen arbeiten. Der Antrieb selbst erfolgt mit Ausnahme eines kleinen Ventilators mittels Riemens. Ausser den genannten Motoren ist noch eine umfangreiche Beleuchtungsanlage von 20 Bogenlampen und 1200 Glühlampen vorhanden. Wie uns mitgetheilt wird, hat die Anlage bisher zu keinerlei Betriebsstörungen Veranlassung gegeben. Erzeugung des Diamantes. Die Methode, nach welcher es Quirino Majorana gelang, aus Kohlenstoff künstliche Diamanten zu erzeugen, ist im Princip diejenige von Moissan, Anwendung einer sehr hohen Temperatur und eines grossen Druckes. Erstere erzeugt er durch den elektrischen Lichtbogen, letztere durch die Explosion von Schiesspulver. (E. T. Z., 1898 S. 157.) Ein Hohlcylinder aus Stahl enthält einen Kolben, welcher bei der Explosion von Pulver nach abwärts gestossen wird. Zum Schutze des Cylinders dient eine Anzahl verbolzter Eisenringe, und oben ist ein eisernes Verschlusstück. Der Kolben hat einen stählernen Ansatz von 1 cm Durchmesser, in welchen ein Kohlestückchen von etwa 2 g Gewicht aus Bogenlampenkohlen eingepasst ist. Unterhalb dieser Kohle ist wieder ein Stahlcylinder, in den das Kohlestückchen bei der Explosion hineingestossen wird. Der ganze Apparat ist stark genug, dass auf den Kolben ein Druck von 5000 at ausgeübt werden darf. Das Kohlestückchen wird mittels eines doppelten Lichtbogens erhitzt. Die Entzündung des Schiesspulvers wird durch einen Platindraht bewirkt, den man durch einen elektrischen Strom zum Glühen bringt. Nach Anwendung verschiedener Säuren kamen theils undurchsichtige, theils durchsichtige Theilchen von hohem Lichtbrechungsvermögen zum Vorschein, welche ihrem specifischen Gewichte, ihrer Härte und krystallinischen Structur nach genau dem wirklichen Diamant gleich waren. Rr. Bücher-Anzeigen. Dächer im Allgemeinen. – Dachformen. – Dachstuhlconstructionen. Von Dr. Eduard Schmitt und Theodor Landsberg, grossh. hess. Geh. Bauräthe und Professoren an der technischen Hochschule zu Darmstadt. 23½ Bogen Lex.-Octav. Mit 712 in den Text eingedruckten Abbildungen und 2 in den Text eingehefteten Tafeln. Des „Handbuchs der Architektur“ III. Theil 2. Band 4. Heft. Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung (A. Kröner) in Stuttgart. Preis geheftet 18 M. In Halbfranz gebunden 21 M. Im ersten Theile dieses Heftes weiden die verschiedenen Formen der Dächer wohl zum ersten Mal erschöpfend und durchweg systematisch vorgeführt. Die beigefügten Beispiele sind auch nicht, wie sonst üblich, schematisch erfunden, sondern zum allergrössten Theile ausgeführten Gebäuden entnommen. Eine völlig neue und überaus eigenartige Behandlung erfahren im zweiten Theile die Dachstuhlconstructionen. Die Art und Weise, wie diese wichtigen Theile der Gebäude in den bestehenden Büchern über Bauconstructionslehre, über Zimmerkunst u.s.w. behandelt worden sind, ist vollständig verlassen, und auf Grund neuester theoretischer Untersuchungen und dem Stande der modernen Bautechnik entsprechenden Anschauungen ist ein ganz neuer Weg eingeschlagen worden. Dabei werden nicht allein bereits ausgeführte Constructionen berücksichtigt, sondern es werden auch die Mängel der seither üblichen Ausführungen untersucht und Vorschläge für die Verbesserung solcher Anlagen gemacht. Aber auch völlig neue Untersuchungen und Vorschläge für die Construction (wie z.B. die Untersuchung hölzerner Thurmdächer an der Hand der neueren Theorien über das räumliche Fachwerk, Vorschläge zur Verbesserung der Construction von Sägedächern u.s.w.) enthält das vorliegende Heft. Das Ziel des letzteren ist, die bisher vielfach übliche Art des- Entwerfens zu beseitigen, welche darin besteht, dass man einfach ein annähernd ähnliches Dach in der Litteratur aufsucht und so gut oder so schlecht, als es eben geht, copirt. Jedes neue Dach soll als ein Individuum für sich angesehen, als solches berechnet und construirt werden. Die Baukunst der Renaissance in Frankreich. Von Dr. Heinrich Baron von Geymüller, Architekt, Corresp. Mitglied des Institut de France in Paris. 1. Heft: „Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils.“ 21 Bogen Lex.-Octav. Mit 66 Abbildungen im Text und 1 Farbendrucktafel. Des „Handbuchs der Architektur“ II. Theil 6. Band 1. Heft. Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung (A. Kröner) in Stuttgart. Preis geheftet 16 M. In Halbfranz gebunden 19 M. Der Autor bezeichnet die Renaissance als die Anwendung der Architekturformen des klassischen Alterthums und ihrer Principien in einem neuen Geiste und ihre Anwendung auf das Zeitalter nach der Gothik. Er warnt vor Verwechselung der Renaissance mit den vorhergehenden Erscheinungen verschiedener Reveils oder Revivals und der „Naissance“, der Geburt des Gothischen. Ebenso warnt er vor Verwechselung der letzten Blüthe eines Stils, des Gothischen in Flandern und Burgund mit dem Beginne einer neuen Kunst der wirklichen Renaissance, und hebt den Unterschied zwischen der Renaissance als italienischer Nationalstil von ihrer Erscheinung als „Weltstil“ hervor. Dem entsprechend dehnt der Verfasser für Frankreich die Renaissance von der Zeit Karl III. etwa bis zum Ende der Rococoströmung des Stils Ludwig XV. aus. Er kennzeichnet die französische Renaissance als einen französisch-italienischen Compromiss, und legt in überzeugender Weise, Schritt für Schritt, dar, wie die italienische Renaissance allmählich in die Baukunst Frankreichs eingedrungen ist, dort, dem Geiste der französischen Nation und den Bedürfnissen entsprechend, umgestaltet worden ist, und wie so ein Baustil geschaffen wurde, der – streng genommen – noch in der heutigen Architektur Frankreichs fortlebt. Der Autor, ein hervorragender Kenner der italienischen Renaissance, der während mehr als drei Jahrzehnten in Frankreich gelebt hat, gehört deshalb sicherlich zu den Wenigen, welche berufen sind, die Baukunst der Renaissance in Frankreich in Wort und Bild zu schildern. In dem soeben erschienenen ersten Heft wird die historische Entwickelung dieses Baustils vorgeführt; das zweite Heft wird den stilistisch ästhetischen Theil, die religiöse und die Profanarchitektur, den inneren Ausbau, die Decoration u.s.w. enthalten. Der Gummidruck (directer Pigmentdruck). Eine Anleitung für Amateure und Fachphotographen. Von J. Gaedicke, Photochemiker. Mit mehreren Figuren im Text und 2 Tafeln. Berlin. Verlag von Gustav Schmidt (vorm. Robert Oppenheim). Preis geheftet 2,25 M., gebunden 2,70 M. Die Unklarheit, welche über den Charakter des Gummidruckverfahrens und besonders über den praktischen Werth herrscht, dürfte durch dieses Buch beseitigt werden. Die meisten bisher veröffentlichten Gummidrucke zeigten ein so grobes Korn, dass man sich nur von der Anwendung für grosse Formate etwas versprechen konnte. Der Verfasser ist jedoch durch eigene Versuche zu ganz anderen Ergebnissen gekommen und hat festgestellt, dass der Gummidruck ein ungemein vielseitiges, dem Charakter und dem Format einer Aufnahme beliebig anzupassendes Verfahren ist, welches nicht nur für den Amateur, sondern auch für den Fachphotographen eine grosse Bedeutung haben dürfte. Die in Facsimilelichtdruckreproduction vorgeführten Gummidrucke zeigen die künstlerische Wirkung des Verfahrens in der Porträtphotographie. Verfasser lässt in dem Buche alle Theorie bei Seite, gibt vielmehr eine leichtverständliche zuverlässige Anleitung, die es jedem ermöglicht, das Verfahren mit Erfolg anzuwenden. Leçons sur la théorie des Marées, professées au collège de France par M. Lévy. Première partie. Théories elémentaires formules pratiques de prévision des marées. Paris. Gauthier-Villars et fils. Quai des Grands-Augustins 55. S. 1 bis 298 in Quart. In demselben Verlag erschien: Cours de Mechanique de l'Université de Gand par J. Massau, ingénieur des ponts et chaussées. Ier fascicule: geometrie symbolique, statique, cinematique. 3e édition 1891. S. 1 bis 365 in Quart autographirt.