Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 309, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 252
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. 3. Internationaler Congress für angewandte Chemie in Wien. Der Congress, welcher vom 27. Juli bis 3. August währte und von 765 Theilnehmern besucht war, gliederte sich in folgende zwölf Sectionen: I. Allgemeine analytische Chemie und Instrumentenkunde; II. medicinische, pharmaceutische und Nahrungsmittelchemie; III. Agriculturchemie; IV. Zuckerindustrie (Stärke- und Traubenzuckerfabrikation); V. Gährungsindustrie mit den Subsectionen Bierbrauerei und Malzfabrikation und Spiritus- und Presshefeindustrie; VI. Chemie des Weines; VII. Chemische Industrie der anorganischen Stoffe; VIII. Metallurgie, Hüttenkunde und Industrie der Explosivstoffe; IX. Chemische Industrie der organischen Stoffe mit den Subsectionen Chemie der Theerindustrie und der textilen Veredelungen, Chemie der Fette, Oele und Schmiermaterialien, Papier- und Celluloseindustrie, Gerberei und Leimfabrikation; X. Chemie der graphischen Gewerbe; XI. Unterrichtsfragen und allgemeine Angelegenheiten der Chemiker; XII. Elektrochemie. Ausserdem fanden auch Sitzungen der Patentcommission und der Rauch- und Abwassercommission statt, welche unabhängig von den Sectionen tagten. Präsident des Congresses war Regierungsrath Prof. Dr. v. Perger, Generalsecretär Director F. Strohmer. Einzelne der Sectionen hatten ein grosses Arbeitsprogramm zu erledigen, nachdem zahlreiche Referate vorlagen. Die wissenschaftlichen Berathungen wurden eingeleitet durch den Vortrag von E. Buchner „Ueber zellenfreie Gährung“, welcher in der ersten allgemeinen Sitzung stattfand. Hierauf constituirten sich die Sectionen, welche alsdann in die Berathungen eingingen, und mögen an dieser Stelle nur die Resolutionen und Thätigkeitsberichte hervorgehoben werden, welche gewissermaassen den Verlauf und den Erfolg der Berathungen des Congresses charakterisiren. Die Verhandlungen der Section I über die Aichung von Messgefässen und Gewichten bilden den Schluss zu den Beschlüssen des 2. Internationalen Congresses für angewandte Chemie zu Paris 1896. Dieselbe Section fasste auch Beschlüsse, welche die Uebelstände im Reagentienhandel beseitigen sollen. Das Organisationscomité des nächsten Congresses ist zu ersuchen, die Frage einheitlicher Titersubstanzen auf die Tagesordnung zu setzen. Section II verhandelte über die Feststellung einer Nomenclatur für Albumosen und Peptone. Section III beschäftigte sich neben Fragen der Moorcultur mit der Stallmistdüngerfrage und weiter mit der Wichtigkeit der Probenahme und der Festsetzung einheitlicher Methoden für die Handelsdünger, wobei entsprechende Resolutionen gefasst wurden. Section IV hat sich hauptsächlich mit der Kritik und Discussion neuerer Fabrikationsmethoden und auffallender Erscheinungen im Zuckerfabrikationsbetriebe beschäftigt. Ferner gelangte auch eine Resolution in Bezug auf die Qualitätsbestimmung des Runkelrübensamens zur Annahme. Section Va stellte eine internationale Vereinbarung bezüglich der Ausführung der Malzuntersuchung auf. Section Vb fasste eine Resolution in Bezug auf die einheitliche Methode zur Triebkraftbestimmung der Hefe und der Verwendung des Spiritus zu allen industriellen, namentlich aber zu Koch- und Brennzwecken, wobei bei letzterer Resolution den Regierungen ganz besonders empfohlen wurde, die industrielle Verwendung von Spiritus in weitgehendster Weise zu unterstützen. Beide Subsectionen erkannten auch die hohe Bedeutung der Buchner'schen Forschungen „Ueber zellenfreie Gährung“ und erhoben gemeinsam mit Section VI den Antrag zum Beschluss, dass der Gebrauch der Bezeichnung: Bier und Wein für Getränke, welche nicht mit Hefe vergohren sind, unstatthaft ist. Section VI hat eine Commission zur Ausarbeitung einheitlicher, international gültiger Methoden der Untersuchung und Beurtheilung des Weines bestellt, und betrachtet hierfür das den Vereinbarungen der österreichischen Versuchsstationen und den deutschen amtlichen Vorschriften zur Untersuchung des Weines Gemeinsame als die geeignete Grundlage. Weitere Resolutionen dieser Section beziehen sich auf die Untersuchung des Weines. Section VII hält im Interesse der allgemeinen Feuersicherheit eine Erhöhung des Flammpunktes des Erdöls für sehr erstrebenswerth, obwohl die wirthschaftliche Möglichkeit der Herstellung eines derartigen Productes noch als eine offene Frage zu bezeichnen ist. Section VIII erachtet es mit Rücksicht auf die Industrien der Explosivstoffe, sowohl aus sicherheitlichen Gründen, als aus solchen der allgemeinen Wohlfahrt für zweckmässig, dass internationale Vereinbarungen angebahnt werden, welche betreffen: 1) die Einführung einer allgemeinen Unfallstatistik auf dem Gebiete der Explosivstoffe erzeugenden und verwendenden Industrien, die Festsetzung der diesbezüglichen einheitlichen Durchführungsmethode und die Schaffung eines zur Handhabung dieses Dienstes geeigneten internationalen Organs. 2) Die Anbahnung einheitlicher, allgemein gültiger Untersuchungs- und Prüfungsmethoden für Explosivstoffe und Explosivmittel überhaupt, und speciell die Festsetzung solcher für die Explosivstoffe und Explosivmittel, welche in Gruben mit durch Schlagwetter gefährdetem Betriebe anzuwenden sind. 3) Die internationale Prüfung aller gelegentlich der Vereinbarungen ad 1 und 2 dieser Resolution sich sonst noch ergebenden, etwa inBetracht zu ziehenden oder zu realisirenden internationalen Maassnahmen. Die verschiedenen Subsectionen der Section IX haben eine Reihe von Resolutionen gefasst, welche sich auf die Untersuchung des Indigos, der technischen Analyse der Fette, des Talges, der Verwendung der Spicköle für technische Zwecke, der Schädlichkeit und der Verwerthung der Abwässer der Cellulosefabriken (diese Frage ist derzeit als ungelöst zu betrachten) und der Analyse der Gerbmaterialien beziehen. Section X beschäftigte sich mit Fragen der graphischen Gewerbe, der Prüfung der Lichtempfindlichkeit photographischer Trockenplatten und der Vermeidung von Verletzungen der im Handel erscheinenden Magnesiumbeleuchtungspräparate. Section XI widmete sich dem Studium der Unterrichtsfragen. Section XII erklärt sich mit folgenden, von einer Commission der deutschen elektrochemischen Gesellschaft ausgearbeiteten und angenommenen Bezeichnungen einverstanden: 1) Die Leitfähigkeit ist in Ohm und Centimeter auszudrücken; Einheit der Leitfähigkeit besitzt also ein Körper, der in der Form eines Cylinders von 1 qc Grundfläche und 1 cm Höhe den Widerstand 1 Ohm besitzt. 2) Moleculare Leitfähigkeit ist die unter ad 1 festgesetzte Leitfähigkeit eliminirt durch die Anzahl der in 1 cc gelösten Grammmolekeln. 3) Die zur Abscheidung eines Grammäquivalentes erforderliche Elektricitätsmenge, also 96540 Coulombs, ist als Abkürzung mit F. (in Erinnerung an Faraday) zu bezeichnen. Die Section beschliesst ferner, keine weiteren Schritte in dieser Angelegenheit zu thun, sondern die weiteren Beschlüsse der deutschen elektrochemischen Gesellschaft abzuwarten. Die Patentcommission hat beschlossen, dass an den Hochschulen entsprechend gehaltene Vorlesungen eingerichtet werden mögen, um den Studirenden, die sich später wissenschaftlichen Berufen widmen, Gelegenheit zu geben, sich mit dem Patentwesen, dem Muster- und Markenschutzwesen vertraut zu machen. Die Vorlesungen sollen auch Praktikern zugänglich sein. Das Präsidium dieser Section wird ferner beauftragt, eine gemischte Commission von Chemikern, Fabrikanten, Apothekern, Juristen und Aerzten einzusetzen, welche die Frage des Patent- und Wortschutzes für Arzneimittel studiren, und darüber dem nächsten Congress berichten soll. Der nächste internationale Congress findet im J. 1900 in Paris statt; zum Präsidenten des vorbereitenden Organisationscomités wurde Prof. Moissan in Paris gewählt. A. St. Prüfung des Heizwerthes von Kohle mit Röntgen'schen Strahlen. Eine Entdeckung von grosser Tragweite soll nach Industries and Iron Caryl D. Haskins in Philadelphia gemacht haben, wonach sich der Brennwerth der Kohle durch eine Untersuchung mit Röntgen'schen Strahlen leicht ermitteln lässt. Der Brennwerth der Kohle steht in einem zuverlässigen Zusammenhang mit dem Aschengehalt derselben. Eine Kohle, die viel Asche zurücklässt, hat einen verhältnissmässig geringen Gehalt an brennbaren Bestandtheilen und umgekehrt. Eine Bestimmung des Aschengehaltes der Kohle kann nun mit ziemlicher Genauigkeit bei einer Durchleuchtung mit Röntgen'schen Strahlen gewonnen werden. Der Schatten, den ein Stück Kohle von gegebener Grösse und Dicke auf dem fluorescirenden Schirm hervorruft, steht hinsichtlich seiner relativen Tiefe in directem Zusammenhang mit der Menge des ascheerzeugenden Stoffes der in dem Kohlenstück enthalten ist. Wenn man nun von einer Reihe von Kohlenproben, deren Aschengehalt bekannt ist, den Schatten daneben auf den Schirm fallen lässt, so kann man leicht ermitteln, welcher dieser Proben die zu untersuchende Kohle in ihrer Zusammensetzung am nächsten steht. Man kann durch dieses Verfahren, das an die Bestimmung des Zuckergehaltes der Rüben durch das Polariskop erinnert, sofort den Aschengehalt der Kohle auf den Centner mit einer ziemlichen Genauigkeit angeben, ohne erst Heizversuche anstellen zu müssen. (Die Brauchbarkeit des Verfahrens bedarf jedenfalls einer Bestätigung durch sorgfältige Versuche. D. R.) Bücher-Anzeigen. Lehrbuch der technischen Chemie von Dr. H. Ost, Prof. der technischen Chemie an der Hochschule zu Hannover. Hannover. Gebr. Jänecke. 211 Abbildungen. 7 Tafeln. 710 S. Preis brosch. 12 M. Das Buch enthält in klarer, übersichtlicher Darstellung sämmtliche Kapitel der anorganischen und organischen chemischen Industrie nebst einem Schlusskapitel: Metallurgie (bearbeitet von Prof. Kolbeck). Die vorliegende dritte Auflage ist wesentlich verbessert worden, fast jedes Kapitel ist neu bearbeitet. Unterstützt wurde der Verfasser bei der Bearbeitung der neuen Auflage durch Precht (Kaliindustrie), Seyferth (Explosivstoffe), Wehmer (Gährungsgewerbe) und Nietzki (Farbstoffe), v. Cochenhausen (Färberei und Zeugdruck). Im Uebrigen sind die Ergebnisse der neuesten Versuche und Erfahrungen – soweit dieselben überhaupt zugänglich – bis auf die jüngste Zeit berücksichtigt. Das Buch ist in erster Linie zur Einführung in das Studium der technischen Chemie bestimmt, wozu wir es warm empfehlen. Die Ingenieur-Mathematik in elementarer Behandlung von G. Holzmüller. Leipzig. Verlag von B. G. Teubner. I. Theil. S. 1 bis 540. Geb. 5 M. Die Meinungsverschiedenheiten über die Verwendung höherer oder elementarer Mathematik wollen wir hier nicht berühren. Die Freunde elementarer Behandlung werden dem anerkannten Lehrer für die Herausgabe seines Werkes dankbar sein, nicht weniger auch die grosse Zahl Studirender, denen die höheren Rechnungsverfahren verschlossen sind. Die einfache klare Darstellung, durch die sich der Verfasser auszeichnet, wird nicht verfehlen, auch diesen Technikern das volle Verständniss zu erschliessen.Wir verweisen hier auf die weitverbreitete Technische Lehrbibliothek von Lauenstein, die nur die elementare Mathematik und mit vorzüglichem Erfolge benutzt. (Bergsträsser's Verlag.) Eingesandt. Technische Hochschule Karlsruhe. Die in den letzten Jahren ausgeführten, zum Theil grossartigen Neubauten können nunmehr als vollendet bezeichnet werden. Der sogen. Aulabau mit der grossen prachtvoll geschmückten Aula (im decorativen Theil eine Stiftung von Freunden, Gönnern und zahlreichen ehemaligen Studirenden) nimmt im unteren Stockwerk die mathematischen und graphischen Fächer, sowie die Zoologie und Kunstgeschichte auf, während der ganze obere Stock der Abtheilung für Architektur zugewiesen ist. – In einem besonderen freistehenden Bau ist die Elektrotechnik untergebracht, die sich – ausser durch zahlreiche sonstige zweckmässige Einrichtungen – namentlich durch ihren geräumigen Maschinensaal vortheilhaft auszeichnet. – Ein dritter freistehender Bau ist für das Botanische Institut bestimmt, an das sich noch ein besonderer Versuchsgarten anschliesst. Die Neubauten des grossen chemischen Laboratoriums und der elektrischen Centrale, mit denen in nächster Zeit begonnen wird, werden die Gesammtanlage vollenden, die in ihren vielen Haupt- und Unterabtheilungen mit ihren neuzeitigen rationellen Einrichtungen den weitgehendsten Ansprüchen gerecht zu werden geeignet ist. Chemisches Laboratorium zu Wiesbaden. Im Sommersemester 1898 war das Laboratorium von 38 Studirenden besucht. Der Heimath nach vertheilen sich dieselben wie folgt: Aus dem Deutschen Reich waren 26, aus Oesterreich 3, aus England 4, aus Brasilien 2, aus Luxemburg, aus Russland und aus Bulgarien je 1. Assistenten waren im Unterrichtslaboratorium 3 und in den Versuchsstationen (Untersuchungslaboratorien) 23 thätig. In dem Lehrkörper der Anstalt sind Veränderungen nicht vorgekommen. Demselben gehören ausser den Directoren, den Herren Prof. Dr. H. Fresenius, Prof. Dr. W. Fresenius und Prof. Dr. E. Hintz, noch an die Herren Dr. med G. Frank, Dr. W. Lenz, Dr. L. Grünhut und Architekt J. Brahm. Am 25. und 26. Mai 1898 konnte das Laboratorium die Feier seines fünfzigjährigen Bestehens unter allseitiger lebhafter Antheilnahme begehen. Der Anstalt ist die Weitergewährung der Staatssubvention zugesichert und auch die Berechtigung zur praktischen Ausbildung von Nahrungsmittelchemikern für die Hauptprüfung unter der gegenwärtigen Leitung wieder ertheilt worden. Ausser wissenschaftlichen Arbeiten wurden im Sommersemester 1898 zahlreiche Untersuchungen im Interesse des Handels, der Industrie, des Bergbaus, der Landwirthschaft, der Gesundheitspflege, der Justiz und der Verwaltung in den Versuchsstationen (Untersuchungslaboratorien) ausgeführt. – Das nächste Wintersemester beginnt am 17. October d. J.