Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 111
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Bücherschau. Bücherschau. Grundlagen des Eisenbahnsignalwesens für den Betrieb mit Hochgeschwindigkeiten unter Berücksichtigung der Bremswirkung. Von Dr.-Ing. Hans A. Martens. Mit 17 Tafeln. Wiesbaden 1909. C. W. Kreidel. Die Abhandlung geht von dem Grundgedanken aus, daß es die erste Aufgabe der Signale sein muß, dem Lokomotivführer Befehle über die bei einem Signal anzunehmende Geschwindigkeit zu erteilen. Aus diesem Grunde wird auf Beobachtungsfahrten auf Lokomotiven der größte Wert gelegt, weil nur sie den richtigen Maßstab über den Wert eines Signalsystems zu geben mögen. Ein Signalsystem wird insbesondere für Hochgeschwindigkeiten um so sicherer Irrtümer des Lokomotivpersonals ausschließen, je mehr es sich durch allergrößte Einfachheit auszeichnet, und von diesem Gesichtspunkt aus baut der Verfasser sein Neuerungssignalsystem auf. Unter Hochgeschwindigkeiten werden dabei Geschwindigkeiten über 100 km/Std. verstanden, als Höchstgeschwindigkeit ist für die Untersuchungen 120 km/Std. angenommen. Die Abhandlung stellt sich die Aufgabe, die notwendigen Signalbefehle und ihre Gestaltung zu unzweideutig wahrnehmbaren Signalbildern mit großer Fernsichtbarkeit zu entwickeln, dabei aber der bedeutsamen Wechselwirkung zwischen Signalwesen und Bremswirkung die gebührende Beachtung zu schenken. Bei Erörterung der Bremswirkung wird besonderer Wert auf den Einfluß der Bremsverzögerung auf den Reisenden gelegt, ein Gesichtspunkt, dem bei der bisherigen Entwicklung der Bremssysteme wohl kaum Beachtung geschenkt worden ist. Auf Grund der vom Verfasser angestellten Versuche wird als zweckmäßige Bremsverzögerung für Betriebsbremsungen 0,6 bis 0,7 m/sec2, für Notbremsungen 1,0 m/sec2 in Vorschlag gebracht. Im weiteren erörtert der Verfasser die Bremswirkung bei vollkommener Bremsung, bei Bremsung mit unveränderlichem Bremsdruck und bei Zweistufendruckbremsung und gelangt dadurch zu dem Schlusse, daß die Zweistufendruckbremsung als brauchbare Bremsart für den Betrieb mit Hochgeschwindigkeiten bezeichnet werden kann. Es wird weiter darauf hingewiesen, daß an Stelle verwickelter Bremseinrichtungen einem Hilfsmittel immer noch nicht die genügende Beachtung geschenkt ist: dem Sandstreuer. Er muß nicht nur als Lokomotivsandstreuer, sondern auch als Einzelsander an jedem Zugelement zur wirksamen Unterstützung beim Bremsen ausgebildet werden; die gesteigerte Reibungswertziffer erhöht beträchtlich die Bremswirkung und verringert dadurch den Bremsweg. Besonderer Wert wird auch der Aufstellung eines Bremsmerkzeichens in Bremswegentfernung vor dem Hauptsignal zugemessen, dem gleichzeitig die Aufgabe zufällt, als Signalankündiger zu wirken. Nach Erörterung der Bremswege, deren richtige Wertung von höchster Bedeutung ist, wenn es sich darum handelt, einen Zug mit Sicherheit vor dem Haltsignal zum Stillstand zu bringen, werden die Anforderungen an ein Neuerungssignalwesen einer sehr vertieften, kritischen Betrachtung unterzogen. Besonders eingehend beschäftigt sich die Abhandlung mit dem Vorsignal, das im heutigen Betriebe schon von allergrößter Bedeutung ist und auch so von Wilson, Ulbricht und dem Lokomotivführerpersonal selbst gewertet wird. Mag auch die Form, zu der Verfasser gelangt, nicht vielleicht die endgültige sein, so weist sie doch mit Nachdruck auf zwei Aufgaben des Vorsignals hin: Fernsichtbarkeit des Tagsignals und Möglichkeit der Darstellung der Vorbereitung auf Ablenkung, also des dritten Begriffs. Die Ergebnisse der Untersuchungen haben den Verfasser zu Vorschlägen für ein Neuerungssignalsystem geführt, dessen wesentliche Grundsätze nachstehend genannt seien: Es gelten nur Flügelsignale für Haupt- und Vorsignale, letztere erhalten eine unbewegliche Erkennungsscheibe am Mast. Alle Hauptsignale sind Einflügler. Alle Hauptsignale haben Vorsignale, die Ausfahrsignale in der Regel nicht auf Stationen, wo alle Züge halten. Das Ausfahrvorsignal wird für gewöhnlich mit dem Einfahrhauptsignal zum sogenannten Doppelsignal vereinigt. Die Wegesignale fallen fort, als Ersatz werden am Einfahrsignalmast Fahrstraßentafeln angebracht, die nach Bedarf durch Gleisnummertafeln an den Einfahrverzweigungsstellen zu ergänzen sind. Es ist streng zu unterscheiden zwischen Signal und Merkzeichen; für letzteres ist bei Dunkelheit, wenn erforderlich, weißes oder signalfremdes Licht anzuwenden. Hauptsignal Signalbegriff Bei Tage Bei Dunkelheit Halt (1) Flügel wagerecht Doppelrot i. Senkrechtlage Langsam (2)     „    schräg abwärts Grün Freie Fahrt (3)     „         „    aufwärts Doppgrün. i. Senkrechtlage Vorsignal Vorbereitung auf (1)          „           „   (2)          „           „   (3) Die gleichen Flügelstellg.wie am Hauptsign., ergänztdurch die feste Erkennungs-scheibe (FlügelvorsignalD. R. G. M. 355601). DoppelgelbGrün-gelbDoppelgrün inSchräglage Vereinigtes Einfahr-Haupt- und Ausfahr-Vorsignal. Bei Tage: Die beiden Flügel in beliebiger Zusammenstellung obiger sechs Signalbegriffe des Haupt- und Vorsignals, jedoch unterer Vorsignalflügel in Wagerechtlage verriegelt, solange oberer Hauptsignalflügel Halt zeigt. Bei Dunkelheit: nur für freie Durchfahrt durch eine Station: Dreifachgrün in Senkrechtlage; freie Einfahrt und langsame Ausfahrt: Doppelgrün und gelb in Senkrechtlage, gelb als Unterlicht. Nichtständige Langsamfahrstellen werden gekennzeichnet: Bei Tage Bei Dunkelheit Langsamvorsignal: Gelbe runde Scheibe mit weißem      Rand Gelbgrün in Senkrechtlage, Gelb        als Oberlicht. Anfangssignal am Beginn der Stelle: Grüne dreieckige Scheibe mit      weißem Rand. Einfachgrün. Endmerkzeichen am Ende der Stelle: Aufrechtstehende rechteckige      Tafel, weiß mit schwarzem      Rand. Blau oder durchscheinendes E. Den Schluß der Abhandlung bilden vergleichende Beurteilungen verschiedener, z.B. dänischer, belgischer, österreichischer, schweizer Signalordnungen, sowie von Neuerungsvorschlägen an der Hand von Grundsätzen, die als Leitsätze internationaler Gültigkeit für die Signaltechnik anzusehen sind. Wegen des inneren Zusammenhanges mit dem Stoff der Abhandlung konnten Betrachtungen über „Einrichtungen zur Unterstützung oder zum Ersatz der Deckungssignale“, „Vorbeugen des Haltsignals an Bahnhofseinfahrten“ und „allgemeine Vorschriften für die Regelung der Zugfahrt“ nicht aus der Erörterung gelassen werden. Hierbei ist beachtenswert, welcher Wert auf das Vorbeugen des Haltsignals gelegt wird, ferner der Gedanke, wie jedes Haltsignal für einen fahrplanmäßigen Zug zu eingehender Prüfung der Betriebs- und Dienstverhältnisse auf dem Bahnhof führen sollte, damit betriebliche Mißstände beseitigt und Nachlässigkeiten im Stationsdienst geahndet werden können. Alles in allem liegt hier eine großzügige Arbeit internationalen Gepräges vor, die in wohldurchdachter, scharfer und logischer Entwicklung Vorschläge zu einer Neugestaltung des Signalwesens bringt, die der ernstesten und aufmerksamsten Beachtung aller Eisenbahnbetriebstechniker wert sind. In der neueren deutschen Fachliteratur findet sich kaum ein ähnliches Werk, das in dieser Weise den Stoff in den wichtigsten Fragen des Signalwesens zusammengetragen und gesichtet hätte. Jeder, dessen Tätigkeit mit dem Eisenbahnbetriebe zusammenhängt, wird die Arbeit mit viel Genuß lesen und aus den eingehenden Erörterungen und Klarstellungen betriebstechnischer Begriffe und Fragen von neuen Gesichtspunkten aus und aus den eingestreuten vielfachen Anregungen reichen Gewinn schöpfen. Der reiche Literaturnachweis macht das Buch besonders wertvoll. Möchte das gediegene Werk den Anlaß zu den verschiedenen in ihm angeregten Versuchen geben, namentlich aber zu ausgiebigen Versuchen mit dem Neuerungssignalsystem des Verfassers. Als besonderes Verdienst der einem neuzeitlichen und auf einem Teil der bestehenden Eisenbahnlinien wohl betriebstechnisch möglichen Schnellverkehr Rechnung tragenden Schrift dient hervorgehoben zu werden, daß sie allgemein gültige Grundlagen für ein einheitliches Signalwesen zu schaffen versucht und damit neue Wege weist zu der von allen Eisenbahnverwaltungen erstrebten Erhöhung der Betriebssicherheit. Und so möge das Werk nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland die wohlverdiente Würdigung finden. Büllingen (Eifel). Friedrich Jaehn, Eisenbahn-Bau- u. Betriebsinspektor. Bei der Redaktion eingegangene Bücher. Die Legierungen, ihre Herstellung und Verwendung für gewerbliche Zwecke. Von G. Fermum, Fachlehrer in Magdeburg. Mit 29 Abb. Bd. 137 der Bibliothek der gesamten Technik. Hannover. Dr. Max Jänecke. Preis geb. M. 3,20. Die binären Metallegierungen, Von Dr. K. Bornemann, Privatdozent an der technischen Hochschule Aachen. Mit 38 Tafeln, enthaltend etwa 400 Abb. und einem Ableselineal. Teil 1. Halle a. S. 1909. Wilhelm Knapp. Kalkulation und Generalienberechnung der Sägewerke und Holzbearbeitungsbetriebe. Von Max Dribbusch, Direktor der Phönix A.-G. in Oberhausen i. Rhld. Berlin 1910. Julius Springer. Preis geh. M 1,–. Lehrbilder und Leitsätze für die praktische Zimmerei. Ein Lehrbuch für die praktische Lehre und ein Lehrbuch für Zimmerkonstruktionen. Von Architekt Ad. Henselin, Berlin. 1. Teil. Fachwerk und Zwischendecke. Berlin 1910. A. Seydel.