Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 768
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Bücherschau. Bücherschau. Deutscher Ausschuß für Eisenbeton, Heft 5.Versuche mit Eisenbetonsäulen. Reihe I und II, ausgeführt im Königlichen Materialprüfungsamt zu Groß-Lichterfelde-West. Bericht erstattet von Professor M. Rudeloff, Geh. Regierungsrat, Direktor im Königl. Materialprüfungsamt. Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn, 1910. Preis 6 M. Die in diesem Berichte beschriebenen Versuche sind in den Jahren 1907-1909 durchgeführt und zerfallen in zwei Reihen I und II. Die I. Reihe enthält Vorversuche, die II. Reihe Ergänzungsversuche. Die Versuche der Reihe I sollten Aufschluß über die zweckmäßigste Form der Querbewehrung in Eisenbetonsäulen geben. Die Säulen sind in einer Mischung 1: 4 hergestellt und in einem Alter von 45 Tagen geprüft. Für jede Versuchsgruppe mit gleicher Bewehrung sind drei Parallelversuche vorgesehen. Die Druckfestigkeit des Betons mit 9,5 v. H. Wasserzusatz betrug i. M. 189 kg/qcm nach 45 Tagen, mit 7,5 v. H. Wasserzusatz nach 28 Tagen 264 kg/qcm. Die 2 m langen Säulen mit 900 qcm Betonquerschnitt hatten vier Längseisen von 16 mm φ und Rundeisenbügel von 7 mm φ in 20 cm Abstand, in 13 fach verschiedener Anordnung. Teils wurden vier Umfangsbügel, zwischen je zwei benachbarten Längseisen gespannt, in den verschiedensten Formen, teils einfache alle Längseisen umschlingende Bügel, teils Diagonalbügel verwendet, teils wurde eine gemischte Anordnung gewählt. Diese Bügel wurden, wie es in der Praxis üblich ist, nicht mit den Längseisen durch Bindedraht oder dergl. verbunden. Hierdurch entstand beim Stampfen eine Verschiebung der Bügel bis zu 10 cm gegen die beabsichtigte Lage. Ferner wurden die Säulen im Freien unter den verschiedensten Witterungseinflüssen gestampft. Man näherte sich hierdurch in den Versuchen den praktischen Verhältnissen. Die Verschiedenheit der Bügellagen scheint jedoch weder die Lage des Bruchquerschnittes noch die Größe der Bruchlast beeinflußt zu haben. Dagegen sind die Witterungsverhältnisse von viel bedeutenderem Einfluß auf die Festigkeit der Säulen. Ihr Einfluß auf die Festigkeit ist viel größer, als der Einfluß der verschiedenen Bewehrungen, so daß das Ergebnis der Versuche bezüglich der Beurteilung der verschieden Bewehrungsarten nicht ganz sicher ist. Bei größerer Luftfeuchtigkeit ist die Säulenfestigkeit geringer als bei größerer Trockenheit. Bei allen Versuchen tritt der Bruch am Säulenkopf ein. Die stehend gestampften Säulen hatten, wie durch besondere Versuche dargelegt ist, am Fuße größere Dichte als am Kopf, wodurch diese Erscheinung vielleicht erklärt werden kann. Bei gleicher Bewehrung hat die Säule größerer Dichtigkeit auch die größere Bruchlast. Im einzelnen sind noch folgende Ergebnisse besonders hervorzuheben: 1. Die Längsbewehrungen tragen nicht wesentlich zur Erhöhung der Tragfähigkeit bei. 2. Durch die Längsbewehrung wird der Druckelastizitätsmodul der Säule erhöht. 3. Die Verteilung der Spannungen zwischen Beton und Eisen ändert sich sowohl mit wachsender Belastung, als auch bei wiederholter Belastung derart, daß der auf das Eisen entfallende prozentuale Anteil zunimmt. 4. Beim Entlasten entstehen zwischen beiden Stoffen Wechselspannungen, im Eisen Druckspannungen, im Beton Zugspannungen. 5. Das Verhältnis der Verkürzung zur Querdehnung beträgt im Mittel etwa 6,5. 6. Querbewehrung mit einfachen Rundeisen aus einem Stück liefert höhere Bruchlasten, als solche aus Doppelbügeln in Schleifenform. Eine Häufung von Bügeln an einer Stelle (Umfangs- und Diagonalbügel gleichzeitig) vermindert die Bruchfestigkeit. Um den Einfluß der Witterung und der ungenauen Bügellage auszuschalten, wurde noch eine Versuchsreihe II durchgeführt, bei der auch spiralbewehrte Säulen (beton fretté, System Considère) geprüft wurden. Die Bügel wurden an den Längsstangen in 15 cm Abstand befestigt. Sämtliche Säulen wurden in geschlossenem Raum hergestellt und 45 Tage alt geprüft. Die Säulen waren nur 90 cm hoch. Der Wasserzusatz betrug 8,2 v. H., wodurch die Eigenfestigkeit des Betons auf i. M. 242 kg/qcm gesteigert wurde. Das Verhältnis der Zusammendrückung gegen die Querdehnung war gegen früher geringer und betrug höchstens 2,7. Die Bügelanordnung war 7 fach verschieden. Zu jeder Gruppe gehörten fünf Probekörper. Verwendet wurden Umfangsbügel in Schleifenform, einfache Umfangsbügel, Diagonalbügel, eine gemischte Anordnung dieser Formen, kreisförmige Bügel, Spiralumwicklung und zum Vergleich überhaupt keine Bügel. Im letzten Falle war die Bruchfestigkeit am geringsten (172 kg/qcm), bei der Spiralumwicklung am höchsten (206 kg/qcm). Umfangsbügel in Schleifenform zeigten sich günstiger, als einfache Umfangsbügel, am besten von allen Bügeln waren die Kreisringbügel (200 kg/qcm), durch die nahe zu die mit Spiralumwicklung erzielte Festigkeit erreicht wurde. Die Frage, welche Querbewehrung die beste ist, wurde durch diese Versuche noch nicht restlos gelöst, da die Ergebnisse beider Reihen sich teilweise widersprechen und das Bild bei den Versuchen der Reihe I durch die Witterungseinflüsse verwischt wird. Es werden also noch weitere Versuche nötig sein, um die Frage zu klären. Der große Wert der Abhandlung wird jedoch durch dieses Endergebnis in keiner Weise beeinträchtigt. Für den studierenden und in der Praxis stehenden Ingenieur findet sich in der Arbeit eine Fülle von Wissensstoff zusammengetragen, der in klarer Weise aus den mühevollen Versuchen erarbeitet, gesichtet und kritisch beleuchtet ist. Fehlergebnisse werden ohne weiteres zugestanden und nur allgemeine Folgerungen gezogen, soweit sie wirklich durch die Versuche einwandfrei gedeckt sind. Besonders aufmerksam gemacht sei auf die große Liste der durch die Feininstrumente beobachteten Längs- und Querdehnungen, die für das Studium des Dehnungsgesetzes, dessen mathematische Behandlung für den Theoretiker einen großen Reiz hat, wichtig ist, ferner auf die Beschreibung der sorgfältigen Meßmethoden und der hierzu verwendeten Instrumente, auf den Nachweis des großen Einflusses der Witterung auf die Festigkeit der Eisenbetonkonstruktionen, der gegenüber bauliche Einzelheiten in der Anordnung der Bewehrung zurücktreten und auf die hier nachgewiesene weniger große Ueberlegenheit der spiralumwickelten Säulen über die gewöhnlichen Eisenbetonsäulen. Die Veröffentlichung gehört wegen ihrer Gründlichkeit und Klarheit zu den besten Arbeiten, die wir auf diesem Gebiete haben, und wird daher allen weiterarbeitenden Ingenieuren zum Studium aufs dringendste empfohlen. Weiske. Bei der Redaktion eingegangene Bücher. Clemens Winklers praktische Uebungen in der Maßanalyse. Vierte Auflage. Bearbeitet von Dr. Otto Brunck, Professor der Chemie an der Bergakademie, Freiberg. Mit 27 Abb. Leipzig 1910. Arthur Felix. Preis geh. M 7,20, geb. M 8,–. Der Kautschuk und seine Prüfung. Von Prof. Dr. F. Hinrichsen und Dipl.-Ing. K Memmler. Ständige Mitarbeiter am Königl. Materialprüfungsamt zu Groß-Lichterfelde. Mit 64 Abb. Leipzig 1910. S. Hirzel. Preis geh. M 8,–, geb. M 9,–.